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Amts- und Anzeige-Patt für Vitddad und Umgebung.

Erscheint DtenStag, Donnerstag u. Samstag.

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Uro. 1AV.

Samstag, 28. Oktober 1893.

29. tatifgang.

Wür ttemberg.

Stuttgart, 23, Okt. Der Finanz­minister gab einer Deputation von Weinpro­duzenten die Zusicherung, Württemberg werde wie Hessen und Baden die Interessen der Weinproduzenten in Berlin vertreten.

Der Futtermangel scheint nicht mehr groß zu sein. Die wmtt. Notstandskommission hat Mühe, die angekauften Vorräte abzusetzen, namentlich ist es schwer, den Mais an den Mann zu bringen.

S t u t t g a r t, 26. Okt. Der hiesige älteste Möbeliransporteur C. Rockenbauck hat sich heute m seiner Wohnung im Herd­weg erhängt. Als Motiv wird Kummer über den vor nicht langer Zeit erfolgien Tod seines Sohnes, sowie Krankheit angegeben.

Liebenzell, 24. Okt. Anläßlich der Vollendung des Umbaus unserer Kirche durch die Staatsfinanzverwaltung haben die bürger­lichen Kollegien einstimmig beschlossen, dem hie­sigen ersten Stadtpfarrer Weitbrecht als Zeichen aufrichtiger Dankbarkeit für seine vielen Mühen, die er anläßlich dieses von ihm ins Leben gerufenen Bauwesens hatte, sowie in Würdigung seines nahezu 20jährigen segens­reichen Wirkens hier das Ehrenbürgerrecht der Stadt zu verleihen. Eine Absendung der bürgerlichen Kollegien, unter Führung von Stadtschultheiß Schneider, hat heute die von einem Künstler angefertigte Urkunde in feier­licher Weise übergeben. Der Gefeierte, über­rascht und hocherfreut von dieser ihm erwie­senen Ehre, dankte gerührt in längerer Rede. Die Einweihung der Kirche wird am kommen­den Sonntag in feierlicher Weise stattfinden.

Horb, 23. Okt. Mit dem gestrigen Sonntage nahmen die durch den hiesigen Ge­werbeverein eingeführtenLehrlings-Abende" ihren Anfang. Es wird von jetzt an den Lehrlingen hiesiger Stabt jeden Sonntag von 59 Uhr und jeden Dienstag von 79 Uhr im Volksschulgebäude ein geheiztes Zimmer zur Verfügung gestellt, woselbst sich dieselben mit lehrreichen Büchern oder mit Spielen unter­halten können. Mitglieder des Gewerbe-Ver­eins führen abwechslungsweise die Aufsicht. Der erste gestrige Abend war von ca. vierzig Lehrlingen besucht.

Ebingen, 24. Okt. Gestern Morgen ist der Herausgeber und Redakteur desNeuen Albboten", Robert Göbel gestorben. Göbel war ein eifriges und rühriges Mitglied der württ. Demokratie und als solches weit über die Grenzen seiner Heimat hinaus bekannt.

Aalen. Die Kassenschrank-'u. Schloß­fabrik von I. Oster tag hier ist auf der Weltausstellung in Chicago für solide, exakte und gediegene Ausführung der ausgestellten

Kassenschränke und zugehörigen Sicherheits- und Kombinationsschlösser preisgekrönt worden.

Saulgau, 25. Okt. In große Ver­legenheit kam ein hiesiger Kaufmann, der auf dem Bahnhof einen Waggon Mostobst ver­kaufte. Sämtlicher Most wurde ihm zur Ver­fügung gestellt, da er infolge eines eckelerre­genden (wahrscheinlich Karbol- oder Erdöl-) Geschmackes gänzlich ungenießbar war. Wahr­scheinlich wurde vor Verladung des Obstes der Waggon nicht gehörig gereinigt.

Heidenheim, 26. Okt. Zwei hier lebende Brüder, Cigarrenmeister Theilacker und Bezirkskrankenkassier Theilacker erhielten die freudige Botschaft, daß jeder von ihnen sowie noch 3 weitere Geschwister, von einem Vetter in Amerika je das Sümmchen von 100,000 Mk. erben.

R un öscha u.

Pforzheim, 25. Okt. Man sollte es nicht glauben, daß ungeachtet der vorgerückten Jahreszeit und der niederen Temperatur immer noch gebadet wird, schreibt der ,Pf. Anz." Am sogen.Hammergumpen" kann man tag­täglich 23 Personen baden sehen und zwar bei jeder Witterung. Die Zuschauer überläuft eine Gänsehaut, wenn diese Eisbären in die erfrischende Flut" steigen. Und da redet man von einer Verweichlichung unseres Ge­schlechts.

Auf dem bad. Schwarzwald haben die Vorboten des Winters schon Ein­zug gehalten. Auf mehreren Gipfeln liegt, wie von dort gemeldet wird, bereits Schnee.

Bischofs he im, 22. Okt. Zur War­nung für solche, welche ihre Freude daran finden, Radfahrer zu belästigen, sei hier mit­geteilt, daß ein hiesiger Metzger von der Straf­kammer in Zabern wegen Mißhandlung eines Radfahrers aus Epfig zu 5 Monaten Ge­fängnis verurteilt worden ist. Letzterer be­gegnete dem Metzger Ende Juni d. I. auf der Straße bei Bernhardsweiler, als dieser mit einem Kalbe aus Goxweiler kam. Ob­wohl nun der Radfahrer dem Metzger bis auf die andere Seite der Straße auswich, fiel dieser über ihn her und schlug ihn unter der Angabe, er habe ihm das Kalb scheu gemacht, nieder, so daß er längereZeit arbeitsunfähig war.

Berlin, 24. Okt. Die von den Schaff­nern auf der Stettiner und Nordbahn ver­übten Betrügereien haben zur Verhaftung von über 30 solcher Beamten und zahlreicher Vieh­händler, sowie anderer Personen geführt, die ständig auf genannten beiden Bahnen reisten und fast regelmäßig keine Fahrkarten lösten, sondern die Schaffner bestachen. Kriminal- Kommissar Zillmann, welcher zur Aufdeckung der Betrügereien Monate brauchte, ist 40mal

ohne Fahrkarte gegen Trinkgeld zwischen Stettin und Berlin gefahren. Die Untersuchung scheint einen weit größeren Umfang anzunehmen, als die Anfang des Sommers aufgedeckten Be­trügereien auf der Hamburg-Berliner Bahn.

Berl i n, 26. Okt. Das Ergebnis der Finanzminister-Konferenz ist. wie offiziös mit- getheilt wird, daß die vollste Einigung hin­sichtlich der Reicksfinanzentwürfe erzielt wurde. Betreffs der Tabakfabrikat- und der Börsen­steuer sei völlige Uebereinstimmung vorhanden. Bezüglich der Weinsteuer sei eine Beseitigung der einzelnen Meinungsverschiedenheiten zwar nicht gelungen, aber man sei gestern auch hier zu einer Einigung gekommen. B züglich der Börsensteuer seien die gemeldeten Steuersätze unrichtig.

DieN. A. Z." versichert, daß auch nach Einführung der Fabrikatsteuer die bis­herigen 4- bezw. 5-Pfennig-C>garren in der gleichen Größe und Güte geliefert werden könnten. Auch der landesübliche Rauchtabak, wovon das Päckchen jetzt 12 Pfennig koste, werde nur 1 Pfg. teurer werden, da ja die jetzige Steuer wegfalle und der Zoll ermäßigt werde. Auch der stärkste Pfeifenraucher werde nicht mehr als 1,20 Mk. auf dem Brand­altar des Vaterlandes jährlich opfern müssen.

Eine große öffentliche Versammlung von Handwerksmeistern und Gewerbetreiben­den hat nahezu einstimmig beschlossen, den Reichstag zu ersuchen: »Das Alters- und Jnvaliditäts-Versicherungsgesetz dahin abzu­ändern, daß die Beitragszahlungen der Ar­beitgeber und Arbeitnehmer ganz aufhören dafür aber von jedem Staatsangehörigen, je nach der Höhe seines Einkommens progressiv gesteigert, eine allgemeine Staatsrentensteuer ,u erheben sei und jedem bedürftigen Staats­angehörigen das Recht eingeräumt werde, mit dem 60. Jahre eine Staatsrente von mindestens einer Mark den Tag zu beziehen."

Berlin, 26. Okt. Ein besonders krasser Fall unschuldiger Verurteilung wird aus Dresden berichtet. Dort war vor 12 Jahren ein Kassierer, ein jetzt 75jähriger Mann, wegen angeblicker Unterschlagungen zu einem Jahr Gefängnis und 5000 Mk. Schaden­ersatz verurteilt worden. Ein Beamter der Brandkasse hatte die Bucker revidiert und das Vorhandensein derUnterschlagung" fest­gestellt. Nun hat jetzt ein Sekretär des Finanzministeriums eine Nachrevision aufs allergenaueste vorgenommen und gefunden, daß alle Eintragungen von 1869 bis 1881 auf den Pfennig stimmten. Dieser Fall be­weist aufs neue das dringende Bedürfnis nach gesetzlicher Entschädigung für unschul­dig Verurteilte. Rätselhaft bleibt allerdings, wie die Verurteilung ohne Nachprüfung der einen Feststellung hat erfolgen können.