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Amts- und Anzeige-Patt für Vitdbad und Umgebung

Erscheint Dienstag, Donnerstag u Larnstag.

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Dienstag, 24. Kktobev 1893.

29. takiMNg.

Württemberg.

Stuttgart, 18. Okt. Der württ. Schutzvereiu für Handel und Gewerbe hat in seiner Thätigkeit, dem geschäftlichen Schwin­del in jeder Art cntgegenzutreten, neuerdings einen großen Erfolg zu verzeichnen. Es ist jetzt einige Monate her, daß der genannte Schutzverein in allen Blättern des Landes eine öffentliche Warnung ergehen ließ gegen einen Reisenden, der namentlich die kleinen Geschäftsleute mit betrügerischen Schluß­scheinen über gemachte Bestellungen in Seife und Parfümerieeu bedeutend prellte und gleichzeitig nach Ermittlung der bezüglichen Werkaufsfirma Strafanzeigen bei verschiedenen Staatsanwaltschaften erstattet hat. Wie nun derFrkf. Ztg." aus Berlin telegraphirt wird, sind die beiden Inhaber der Seifen­fabrik Wissing und Co. in Berlin und Leipzig namens Mosesmann und Wissing nebst 8 Angestellten wegen der eingangs erwähnten großen Betrügereien gegen Provinzialkundeu verhaftet und das Neichsbankdepot Moses­manns, der, wie dieFrkf. Ztg." hinzufügt, Stammgast auf den Rennplätzen war, in Höhe von 300000 Mk. beschlagnahmt. Schon vorher hatte sich ein gleichfalls auf Veranlassung des württ. Schutzvereins für Handel und Gewerbe verhafteter Reisender dieser sauberen Firma, wohl derselbe, der tn Württemberg seinen Raubzug ausführte, im Gefängnis erhängt.

Stuttgart, 20. Okt. Wie wir hören, soll von seiten desevangelischen Bundes" in Anbetracht der in Württemberg herrschend» Thronfolge-Verhältnisse den zusammentretenden Landständen eine Petition um Revision des Z 76 der Verfassung bezüglich der soge­nannten Religionsreversalienzugehen. Die Verfassungs-Verhältnisse haben sich seit jener Zeit so verändert, daß eine Revision jenes Paragraphen unerläßlich erscheint. Es könnte, so wird von jener Seite ausgeführt, bei Un­terlassung der Revision der Fall eintreten, daß ein katholischer Landesfürst das Kirchenregiment über die evangelische Landeskirche ausübte und zwar nicht in freiem Verkehr mit den Behör­den, sondern durch Vermittlung des wahr­scheinlich gleichfalls katholischen Kultmini­sters, welchem es frei stünde, die Uebermitt- lung eines von den kirchlichen Behörden zur Entschließung des Landesherrn gestellten An­trags zu unterlassen oder diese Entschließung in weitgehendster Weise zu beeinflussen. Die Delegierten-Versammlung desevangelischen Bundes" wird am 2. Nov. in Stuttgart tagen und in dieser Angelegenheit, deren Re­ferat dem Präsidenten von Schad-Ulm über­tragen ist, Stellung nehmen. (Schw. B.)

Die neue Stuttgarter Stadtanleihe ist glänzend verlaufen. Eine Million Mk. war von der Stadt zum Kurs von 103*/^ Prozent aufgelegt und 1,854,000 Mk. wurden gezeichnet, so daß eine namhafte Reduktion stattfinden muß. Auch die neuen Heilbronner Stadtobligationen werden gerne gelüst.

Cannstatt, 20. Okt. Gleichsam als Andenken an die vergangenen Fest­wochen hat der rührige Verlag von Emil Geiger (L. Bosheuyers Buchhandlung) hier ein Gedenkblatt:Cannstatt und Umgebung aus der Vogelschau" erscheinen lassen. Das Blatt ist nach der Natur hübsch gezeichnet und sauber in Farbe» lithografirt aus der Kunstanstalt von Greiß und Schneider hier hervorgegangen.

Wildberg, 20. Okt. Gestern abend gerieten 2 Brüder, Söhne des Kaufmanns und Oekonomen G. Bräuning hier, aus einer geringfügigen Ursache in Streit, wobei der eine dem andern ein Tranchiermesser in den Leib stieß, so daß an dem Aufkommen des Ver­letzten gezweifelt wird. Der Thäter, ein verschlos­sener, arbeitsscheuer Mensch, ist verhaftet und wurde heute an das K. Amtsgericht eingeliefert. Derselbe zeigt keine Spur von Reue über seine allem Anschein nach vorsätzlich ausgeführte ruchlose That. Die Teilnahme mit dem allgemein be­liebten, im vorigen Herbst vom Militär als Unteroffizier entlassenen, schwer verwundeten jungen Mann ist groß.

20. Okt. Der gestern Abend durch seinen Bruder schwer verwundete Louis Bräu­ning ist heute abend halb 9 Uhr seinen Verletzungen erlegen.

Oberndorf, 18. Okt. In unserer Stadt wird es fortwährend ruhiger. Am vergangenen Samstag hat die Waffenfabrik wieder ca. 150 Arbeiter entlassen und täg­lich finden noch Entlassungen in kleinerem Umfange statt. Die größte Mehrzahl der nicht mehr beschäftigten Arbeiter, darunter auch manche die hier ansäßig geworden sind, haben an anderen Orten Arbeit gesucht.

Heidenheim, 20. Okt. Ein seltenes Wild treibt sich gegenwärtig in den Wald­ungen der Reviere Steinheim und Königs­bronn herum, nämlich ein Rudel Hirsche von ca. 1215 Stück. Forstschutzwächter Schick von Bartholomä hat bereits eines der Tiere erlegt; dasselbe wog 150 Pfund.

Rundschau.

Kassel, 20. Okt. Letzte Nacht sind dem Wehlleider Zuchthaus 4 sehr schwere Verbrecher entsprungen, indem sie die Aussetzer überfielen, oie Mauer überkletterten und direkt in den Fuldafluß sprangen. 3 wurden her­

ausgefischt, einer ist entkommen, trotzdem die Wachtposten 4mal geschossen haben.

Berlin, 20. Okt. Der Kaiser verlieh dem bisherigen Kriegsminister v. Kaltenborn- Stachau das Großkreuz des Roten Adlerordcrs mit Eichenlaub und Krone.

General Brönsart von Schellendorf, der neue preußische Kriegsminister, der im Laufe des letzten Jahres wegen schwerer Erkrankung seiner Gemahlin das Kommando des zehnten Armeekorps niederlegte und seitdem zur Dis­position stand, ist der Bruder des früheren Kriegsministers Brönsart von Schellendork, der als Kommandeur des ersten Armeekorps starb. Er galt von jeher für einen der bcdeutensten der jetzt lebenden Truppenführer und soll an allgemeiner Bildung und Begabung seinem verstorbenen Bruder nicht nachstehen.

Der preußische Minister der öffentlichen, Arbeiten hat sämtliche Eisenbahn-Direktionen veranlaßt, sich die Erlernung der Stenografie seitens der Beamten des Bureaudienstes an­gelegen sein zu lassen.

Ueber den Gesundheitszustand des Fürsten Bismarck soll, wie derHamburger Corresp." meldet, Professor Schwenninger geäußert haben: Er sei mit seinem Patienten in jeder Beziehung zufrieden. Eine Consti» tution, die solche Stöße ausgehalten und sie so spurlos überstanden, habe begründete Anwartschaft auf noch gut 10 Jahre kräf­tigster Dauer.

Die deutsche Handelsmarine hat wiederum einen bedeutsamen Zuwachs zu verzeichnen. Der Norddeutsche Lloyd in Bremen hat aber­mals eine neue Linie nach Amerika eingerich­tet. Die Roland-Linie geht Mittwochs von Bremen ab und ist vorwiegend auf den Zwischendecks- und Frachtverkehr eingerichtet. Die Schiffe für die Linie sind neuerbaut, mit ganz vorzüglichen Zwischendeckseinrichtungen versehen und nehmen gar keine Kajütspassa­giere, so daß den Zwischendeckern das mächtige Promenadendeck zur Verfügung steht.

Paris, 18. Okt. Nach einer Meldung des Gaulois werde das russische Mittelmeer­geschwader einenTeil des Winters zwischen Cor- sika und Villafranca bleiben und in der Zwi­schenzeit Fahrten nach den Küsten Griechen­lands und der Türkei unternehmen. Sämt­liche Blätter stellen übereinstimmend den groß­artig erhebenden Charakter des gestrigen Tags, den herzlichen, den russischen Gästen bereiteten Empfang, die Begeisterung der Menge, welche von den russischen Offizieren geteilt wurde, und den friedlichen Charakter der ganzen Kundgebung fest.

Paris, 20. Okt. Bei herrlichem Wetter durchzog gestern Abend der Fackelzug die Boulevards. Die Begeisterung der letzten