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Greifswald, 17. Olt. Auf das gräflich Blücher'sche Ehepaar in Wietzow wurde durch den herrschaftlichen Gärtner ein Mord­anschlag verübt. Der Graf ist tot, die Gräfin schwer verwundet. Der Mörder entleibte sich dann selbst.

Krefeld, 16. Okt. Samstag Abend 11^/rUhr stieß der London-Vlisfinger Schnell­zug mit dem Personenzug Krefeld-Kempen kurz vor Krefeld zusammen. Von den Passagieren wurden 7 verletzt, vom Zug­personal 13, darunter der Lokomotivführer schwer.

Kiel, 14. Okt. An 800 Arbeiter sind zur Zeit in der nächsten Umgebung von Levensau bei Kiel mit den Fundirungsar- beiten für die Pfeiler der Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal beschäftigt, die mit­samt ihrer schon vollendeten Schwester bei Grünthal im Westen zu Len kühnsten Brücken­bauwerken im deutschen Vaterlande überbaupt zahlen wird. Die Levensauer Brücke soll der Ueberführung der Kiel-Eckernsörde-Flens- burger Eisenbahnlinie über den Nord-Ostsee- Kanal dienen und eine solche Höhe über dessen Wasserspiegel erhalten, daß unsere größten Kriegsschiffe mitsammt ihrer voll­ständigen Takelage darunter binfahren können, ohne auch nur im Geringsten behindert zu sein.

Paris, 16 Okt. Der russische Admiral Avellan teilte dem hiesigen russischen Gesand­ten Baron v. Mohrenheim mit, er werde am 17. Okt., vormittags 9 Uhr 20 Minuten mit seinem Generalstab und den > auserwähl­ten Offizieren in Paris eintreffen. Der Ad­miral und sein Gefolge werden am Lyoner Bahnhof in 32 Wagen abgeholt werden. Nachmittags findet der Empfang beim Prä­sidenten Carnot statt. Seit gestern wird an der Ausschmückung der Straßen auf das lebhafteste gearbeitet. Auf den Boulevards sammeln sich ungeheure Menschenmengen. Der Verkehr ist häufig vollständig unterbrochen; die Begeisterung nimmt stündlich zu. Am 24. Okt. wird Admiral Avelane im Restau­rantDe la Paix" dem Ministerium, dem Generalrat der Seine, dem Gemeinderat von Paris und den Offizieren der Armee und Marine ein großes Bankett geben.

17. Okt. Admiral Avellan und die russischen Offiziere sind heute vormittag um 9 Uhr hier eingetroffen. Auf der Fahrt vom Lyoner Bahnhof über die großen Boulevards nach dem Cercle Militair wurden sie mit großem Jubel und den Rufen: Vivs I» ILussis! be­grüßt. Die Russen, auf die der Empfang sichtlich tiefen Eindruck machte, erwiderten die Rufe mite Vivs la. dranes! Man schätzt die Menge, der bei dem Empfang am Lyoner Bahnhof anwesenden Personen auf 100,000. Der Einzug verlief, soweit bekannt, ohne Zwischenfall.

Parts, 11. Okt. Dem Vernehmen nach ist dem Marschall Mac Mahon von dem Minister des k. italienischen Hauses ein Tele­gramm zugegangen, worin König Humbert dem Marschall anläßlich besten Erkrankung seine Teilnahme bezeugt. Die halbamtlichen Blät­ter erklären, die Meldung desFigaro", daß rin englisches Geschwader demnächst Cherbourg besuchen werde, für falsch.

Toulon, 15. Okt. Zum venetianischen Feste sind alle Schiffe mit bunten Laternen geschmückt, die französischen und russischen Pan­zerschiffe illuminiert. Die russischen Schiffe werfen Ströme elektrischen Lichts ans Ufer. Auf den Jeafquais finden Straßenbälle statt. Abends kamen einige russische Matrosen ans Land, sie wurden begeistert empfangen, tau­fend Hände streckten sich ihnen entgegen,

Frauen umgrmten sie; die Matrysen zirku­lierten die Stadt am Arm französischer See­leute und Soldaten. Die Offiziere der rus­sischen und französischen Schiffe statteten sich gegenseitig Besuche ab.

Genf, 16. Okt. Die Menge des neuen Weins in der Umgebung ist so ungeheuer, daß wegen Mangels an Fässern die Wein­lese noch nicht fertig geworden ist. Die Einkellerung ist an verschiedenen Orten noch unmöglich. In Crepy (Hochsavoyen) wurde neuer Wein zu 12 Franken der Hektoliter angeöoten, in Genf zu 18, 20, 21 bis 25 Franken.

Charleroi, 10. Okt. Infolge des gestrigen Beschlusses des Kowites der Ritter der Arbeit hat der iAusstand in Charleroi, Catetineau, Gilly, Marchienes, Montigny heute wieder begonnen. 8Ö0Ö Arbeiter feiern.

Ko nstantinope l, 7. Okt. Die viel­besprochene Frage des Verbleibens des General­majors von der Goltz im türkischen Dienst ist zur Erledigung gelangt. Herr von der Goltz bleibt im türkischen Dienst unter den nämlichen Bedingungen wie bisher und mit halbjähriger Kündigung. Der Sultan hat eine 5jährige Verpflichtung verlangt, auf die der General nicht eingehen wollte, nur auf 3 Jahre höchstens wollte er sich bineen in Hinsicht auf seinen Wiedereintritt in den deut­schen Dienst. Goltz bezieht nach wie vor ein Jahresgehalt von 40,000 Fr., dazu die so­genanntenTain" (Nation), deren Betrag in Geld sich auf ungefähr 6- bis 7000 Fr. be­laufen dürfte. Wenn der Hauptbetrag eine Erhöhung erfordern sollte, so wird dieselbe wohl auf Grund einer freien Entschließung des Sultans erfolgen. Von deutscher Seite ist dem General ein unbegrenzter Urlaub ge­geben mit dem Rechte des Wiedereintritts in die Armee; auf den gegenwärtigen Kontrakt­abschluß hat die Regierung keinen Einfluß ge­nommen.

New-Iork, 16. Okt. Der Herald veröffentlicht weitere Einzelheiten über die Beschießung von Rio de Janeiro. Die Re­gierungstruppen erlitten bedeutende Verluste. Das aufständische Schiff Aquidabahn eröffnet? das Feuer. Darauf entspann sich ein Kampf um den Besitz der Fabriken von Armaco. Viele Gebäude wurden beschädigt, auch eine große Anzahl Fremder getötet und verwundet. Die Regierungsrruppen erwiderten das Feuer, aber ihre alte Kanonen konnten den Schiffen Mellos keinen Schaden zufügen. Die Auf­ständischen beschaffen alsdann Die Vorstädte von Rio de Janeiro. Der Verlust an Men­schenleben soll beträchtlich sein, obwohl die Regierung dies nicht einräumt.

New york, 16. Okt. Der Sturm vom Freitag abend, vom Golf von Mexiko bis Mainee wütete besonders stark in Baltimore, wo die Lichtdrähte brachen und die Gebäude der Elektrizitäts-Kompagnie in Brand steckten. Das Feuer dehnte sich auf das in der Nähe befindliche Gefängnis aus, worin 544 Sträf­linge sich befanden. Einer derselben ist tot, 20 sind verwundet, die übrigen wurden mit Mühe gerettet.

> Während des Sturmes am Freitag gmg auf dem Eriesee des Transportschiff Dean St. Richmond, wobei 16 Personen ertranken, auf dem Michigansee die Galcotte Minnehahn, wobei 6 Personen ertranken, unter.

Lo k cr Le s.

Wildbad, 18. Okt. Hr. Stadtpfarrer vr. xdil. und tbsol. Carl Braig hatte be­kanntlich den ehrenvollen Ruf an dis Akademie

Münster aus den erledigten Lehrstuhl für Dog­matik und Apologetik angenommen und war im Begriff dahin überzüsiedtln. Nun aber erhielt derselbe, wie dasD. V." mitteilt, dieser Tage einen Ruf aus den durch den Weggang des Professors Hardy (welcher ins Kloster Beuron eintrat) erledigten Lehrstuhl für pro­pädeutische Theologie und Philosophie an der Universität Freiburg i. Br. Daraufhin gab er die Professur in Münster zurück, um die in Freiburg anzunehmen, wohin er demnächst seinen Wohnsitz verlegen wird. Professor Dr. Braig hat sich durch seine Schriften einen angesehenen Namen gemacht.

Wer mischt es.

Seit einiger Zeit befinden sich na­mentlich in Süddeutschland falsche 50-Mark- Scheine im Verkehr.

Der kürzlich in Baden-Baden verstor­bene Fürst Mentschikoff war der letzte seiner Familie. Die Mentschikoffs sind nicht alt geworden. Der erste, der bekannt wurde, war ums Jahr 1700 ein Stall­knecht, dann ein Bäckerbub. Da er äußerst intelligent und noch mehr verschmitzt war, gewann er die Gunst des Generals Le­sort. Dieser nahm ihn zu sich, Ment­schikoff wurde Offizier, dann Unternehmer, dann Millionär und ums Jahr 1720 Fürst. Aber ebensoschnell als er stieg, wurde er ver­nichtet. Im Jahre 1727 wurde er plötzlich nach Sibirien verbannt, während sein unge­heures Vermögen der Krone verfiel. Er ver­fiel in Schwermut und starb im Jahre 1730. Sein Sohn erlangte später einen Teil des Vermögens wieder und er verstand es, das­selbe zu vervielfältigen nnd sich beim Zaren wieder in Gnaden zu bringen. Der letzte Fürst Mentschikoff (eigentlich Menschtschikoff) ist nun dieser Tage in Baden-Baden gestor­ben. Sein nach Millionen zählendes Ver­mögen fällt einem entfernen Verwandten, dem Fürsten Sagarin, zu.

Herbst- und Marktberichte:

S t u t t ga rt, 17. Okt. Wilhelmsplatz 15 00 Ztr. württ. Mostobst, Preis per Ztr. 3 Mk. 20 bis 3 Mk. 50 Pfg. 16. Okt. Zufuhr am Güterbahnhof: 63 Waggon Mostobst, Preis perWaggon 440 520 Mk. per Ztr. 2 Mk. 40 Pfg., bis 2 Mk. 70 Pfg.

Stuttgart. Heslach, 17. Okt. Feil noch r. 24. Hktl. Bergwein (Trollinger), Preis f. 3 Hklt. 200215 Mk.

Cannstatt, 16. Okt. Bei der Ver­steigerung der Gesellschaftsweine wurden folg. Preise erzielt: Kl. In rot (Trollinger) 77 bis 83 Mk., Kl. Ia weiß (Sylvaner) 76 bis 79 Mk., Kl.Ib rot 67 Mk., Kl. Id weiß 66 bis 68 Mk. Kl. II rot 57 bis 64 Mk., Kl. II weiß 50 bis 57 Mk. für je 1 Hktl.

Marbach. Kleinbottwar, 16.Okt. Frhr. v. Brüstelle'sche Weinerlöse: Portugieser 92 Mk., Clevner 126 130 Mk., schwarzer Rißling 91 Mk., Rotwein 101 121 Mk., Weißwein 90 Mk., Rißling 126135 Mk., je für 1 Hktl.

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