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finden Bismarck» täglich- wenn auch langsam, besser gehe. Gestern machte der Fürst wieder eine Ausfahrt in den Wald.
— Zu dem Angriff des Generals von Kirchhofs auf den Redakteur des „Berliner Tageblattes" Dr. Harich bemerken die „Münch. N. Nachr." Die Handlungsweise des Offiziers kann man nicht billigen; sie verdient entschiedene Zurückweisung und wird vor Gericht wohl auch ihre Strafe finden. Wohl aber erscheint die furchtbare Erregung, welche den Offizier zu der bedauerlichen That ver- ünlaßte, menschlich begreiflich, ja entschuldbar, wenn man die näheren Umstände der ganzen Geschichte ins Auge faßt. In einem Blatte, Las sich selbst der weitesten Verbreitung rühmt, erscheint eine hämische Notiz, welche der Ehre eines jungen Mädchens zu nahe tritt. Die intimsten Vorgänge des Familienlebens werden da vor das Forum der Oeffentlichkeit gezerrt, die nicht nur nicht das geringste Interesse an der Angelegenheit hat, selbst wenn sie Wort für Wort wahr wäre, sondern der auch jede Möglichkeit fehlt, eine Kontrolle über die Richtigkeit der Nachricht zu üben. Wir haben hier also Klatsch, und zwar der gemeinsten Art, verschlimmert gerade durch die weite Verbreitung, deren sich das Blatt rühmt. Das Verfahren eines Blattes aber, das in dieser Weise der niedrigsten Sensationslust dient, ist nicht Preßfreiheit, sondern Preßfrechheit, und gegen diese Art der Preßthätigkeit soll und muß die gesamte anständige Presse schon im Interesse ihres Standes scharfe Verwahrung einlegen.
Hamburg, 12. Okt. Der Mörder eines gestern in einem Abort der Susannenstraße ermordet aufgefundenen 5jährigen Mädchens wurde in der Person eines 17jährigen Bäckerknechts verhaftet; er soll die grausige That bereits eingestanden haben.
Amsterdam, 9. Okt. Dem „I. W. T." wird gemeldet. Die Zeugenaussagen in der Mordangelegenheit ergaben, daß de Iong seine letzte Frau Marie Schmitz zwischen den Ortschaften Larenberg und Bossum im Dickicht ermordete. Der Mörder entkleidete das Opfer vollständig, zog ihm sogar die Strümpfe aus und machte ein Packet aus den Kleidern, die er sodann in Larenberg versetzte. Den Leichnam versenkte de Jong in den nahen Fluß. Heute fand im Arnheimer Gefängnis die Konfrontierung des Frauenmörders mit seinem Vater und Bruder statt. De Jong stellte sich verrückt und erklärte, keinen von ihnen zu kennen. Im Gefängnis ist de Jong überaus heiter und versichert gegenüber den Wächtern, das Gericht sei „ihm nicht gewachsen."
— Das „Amtsblatt" meldet, daß Lord Eligin zum Vizekönig von Indien ernannt worden ist.
London, 11. Okt. Daily News meldet die Zahlungseinstellung der Rhederfirma Stru- more u. Comp. Die Passiva betragen 100 000 Pfund Sterling. Die Blätter führen den Zusammenbruch auf die Börsenspekulation eines FirmenmitgliedcS zurück.
London, 10. Okt. Der Stamm des päpstlichen Vermögens ist in englischen Banken und in englischem Hausbesitz angelegt und sein hieraus fließendes Einkommen beläuft sich auf fast 5 000 000 Lstrl. (100 Millionen Mark).
Chicago, 10. Okt. Das gestern zum Gedenktag des Brandes von Chicago veranstaltete Fest in der Ausstellung zog 713,646 zahlende Besucher an; mit den Freikarten waren es 751,026. Der stärkste Tagesbesuch der Pariser Ausstellung war 397,150 gewesen. Gestern wurven 4 Personen getötet und 22
verwundet; viele Zugereist« sind obdachlos geblieben. Die Ausstellung ist nunmehr schuldenfrei.
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Ber mischtes.
Wie bangten wir im Herbstessturm,
Daß Du uns jäh geraubt —
Gottlob, nun rauscht der Sachsenwald Wie sonst Dir überm Haupt!
Er rausche Stärkung Dir am Tag,
Er rausch' Dir nächtens Ruh,
Er rausch' von Millionen Dir GenesungSgrüße zu.
Ernst Scheerenberg, der bekannte Dichter und warmherzige Verehrer deS Fürsten Bismarck, sandte aus Elberfeld diesen Willkommengruß dem Altkanzler nach FriedrichS- ruh und sprach vabei manch' wackerem deutschen Mann aus der Seele. Fürst Bismarck sandte dem patriotischen Sänger umgehend sein dankendes Amworttelegramm.
— Der große Buchdruckerstrike im Jahr 1891 hat, wie aus den jetzt abgeschlossenen Abrechnungen hervorgeht, die Summe von 2,228,551 Mk. 16 Pf. gekostet. Die in Liquidation befindliche „Central-Jnvaliden- Kasse der Buchdrucker" ist von 85 früheren Mitgliedern, die mit der Neuorganisation nicht einverstanden sind, auf Herauszahlung von 10,980 Mk., sowie auf gerichtliche Verwal- ung des Kaffcnvermögens verklagt worden.
— Ein lustiger Gaunerstreich wurde dieser Tage in Worms verübt. Von zwei fremden Burschen fehlte es dem Einen an Fußbekleidung, Mittel zum Ankauf waren auch nicht vorhanden und so kamen beide nach längerer Berathung auf den Gedanken, folgendes Stückchen auszuführen. Der Eine begab sich in einen Schuhladen, ließ sich Stiefel verlegen und probtrte sie an. Als er eben ein paar passende an den Füßen hatte, trat der andere eiligst in den Laben, versetzte ihm rechts und links ein paar tüchtige Ohrfeigen und ergriff die Flucht. Diese schmähliche Beleidigung konnte sich der zum Tode erschrockene Geschlagene doch nicht ohne Weiteres gefallen lassen. Er besann sich nicht lange und rannte dem Missethäter sofort auf dem Fuß nach. In wilder Flucht sprangen die Beiden die Straße entlang, während der Ladenbesitzer — neugierig darüber, ob der Beleidigte den Thä» ler einholen würde — ihnen nachschaute bis sie in einer Seitengasse verschwunden waren. Der Ladenbesitzer wartet noch heute auf die Rückkehr der Burschen.
(Wackere Schwizer!) Die „Franks. Ztg." brachte nach den großen Korpsmanövern, die im Monat September bei Basel statttfanden, eine ziemlich abfällige Besprechung über das schweizer Militär und seine Leistungen. Darob stieg den Schweizern das Blut gewaltig zu Kopf, und wer wollte es ihnen übel nehmen! Die „Basl. Nachrichten" veröffentlichten in einer der letzten Nummern folgenden gelungenen Brief aus Hindelbank vom 4. Oktober: „Geehrter Herr Redalterl Gestern Abend hat ein Geschäftsreisender im Wirtshaus zu Hindelbank erzählt, daß der, welcher nun schon zum zweiten Male in einem dütschen Blättli unser Militär so herunter gehudelt hat, als ob mir Füsiliere lauter lützli Bürschli und mindere Fäger wären, bei Euch in Basel als Schulmeister angestellt sei und wenn ich es rächt gehört habe, Adam Müller, von Aesch, Kt. Luzern, heiße. Auch gehöre selbiger zu den Sozialdemokraten, wo Alles z'under obsig kehren möchten, das heißt, wenn sie könnten. Der Reisende hat uns dann
das Zeug vorgrlÄm und find ich und meine Kameraden darob gehörig ertaubt. Mir sind dann eins geworden, mir müssen dem Mannli das Gägeirteil bewisen und bitten Euch nun, densälben in Eurem Blatte wissen zu lassen, er möge am nächsten Suntig, nachmittags um 2 Uhr, nach Oberburg kommen. Es werden dann noch viele Kameraden von unserm Bataillon dort sein und dann mag er sich von diesen die 12 mindesten ausläsen und einen währschaften Hosenlupf mit ihnen machen. Wenn er dann nur einen zu bodigen vermag, so mag er rächt haben. Unsere Meitschi freuen sich grusam den Spaß zu sehen, und fözzeln lassen wir Bärner uns von einem Schulmeister noch lauge nicht. Wenn er nun Guraschi hat, so soll er nur kommen und es soll ihm dann weiters kein Leid geschähen. Aber das sag ich Euch noch, Herr Redakter: mir würden in unserm Dorf beim Donner keinen Lehrer dulden, der unser Militär in einem frömden Blättli vor den Dütschen ushunzt. Also nüt für ungut und es grüßt Euch Christian Lä- dermann, Füsilier im Bataillon 30."
Herbst- und Marktberichte.
S t u t t ga rt, 12. Okt. Wilhrlmsplatz: 10 000 Ztr. württ. Mostobst, Preis per Ztr. 3.— bis 3.50 Mk-, 9. Okt. Zufuhr am Güterbahnhof: 21 Waggon Mostobst, (1 württ., 2 bayr., 8 Hess, 3 östr., 6 schweiz.) — 17600 Ztr. Preis per Waggon 450— 520 Mk. per Ztr. 2 Mk. 40 Pfg., bis 2 Mk. 80
Pfg-
Stuttgart, 12. Okt. (Kartoffel- und Krautmarkt). Zufuhr am Leonhardsplatz: 600 Ztr. Kartoffeln, Preis pr. Ztr. 3 Mk. — bis 3 Mk. 30 Pfg. — Zufuhr am Marktplatz: 5200 Stück Filderkraut, Preis per 100 Stück 18—20 Mk.
Cannstatt, 11. Okt. Lese dauert fort, Verkauf geht bei steigenden Preisen gut, Vorrat noch ziemlich viel.
Obertürkheim, 12 Okt. In den letzten Tagen Käufe bis zu 205 Mk. f. 3 Hktl, rotes und gemischtes Gewächs, weißer, Rißling 210 Mk. f. 3 Hkl.
Eßlingen, 11. Okt. Gesellschaftskelter: Lese beendigt, Preis 185—205 Mk. Eitel'sche Kelter: Verkauf lebhaft, Pr. 170 bis 200 Mk. noch Vorrat.
St. B e r n h a r d, 11. Okt. Lese in vollem Gang, Pr. 160 - 164 Mk., Käufer sind eingeladen.
Liebelsbroun und Kenneburg, 11. Okt. Lese in vollem Gang, Preis 150—160 Mk., Verkauf geht rasch. Rudern, 11. Okt. Lese nahezu beendigt, Preis 170—1^5 Mk., Vorrat 100 Hktl.
lle modernen Kunstseifen enthalten mehr oder weniger Zusätze, die gar nicht in Seife gehören als Thon, Kreide, Talkum, Wasserglas, Kieselerde, Soda rc. rc. Derartige Mischungen erlauben zwar eine Seife billiger zum Verkaufe auszubieten, sind für die Consumenten aber von großem Nachtheii: 1) ist solche Seife minderwerthig und schädlich, 2) zerstört sie n kürzester Zeit völlig die Haut, 3) vermascht sie sich verhäitnißmäßig sehr rasch. Eine Seife, die ganz unverfälscht, ohne Zusatz, ohne Wasserglas, ohne Soda und sich nur sehr wenig abwascht, ist Dveringsseise mit der Enle. In Qualität bessere, Pi eiswürdigere und der Haut zuträglichere Seife existirt nicht. Käuflich in Wildbad bei A. Held, F. Schmelzte, Engross Verkauf: Doertug K Co tu Frankfurt a. M.