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Ms- und Anzeige-M für «Wad und Amgebung

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Uro. IIS.

Donnerstag, 12. Oktober 1893.

29. tatifgang.

Württemberg.

Stuttgart, 9. Okt. Ihre Maj. die Königin hat für die Aermsten der von der Futternot Betroffenen 3000 Mk. gespendet und dieselben dem Verein für außerordentliche Notstandsfälle auf dem Lande zur Verteilung überwiesen.

Die kirchliche Feier des Geburtstags I. M. der Königin wurde heute hier in allen Kirchen begangen. Am Festgottesdienst in der Stiftskirche nahmen die bürgerlichen Kol­legien, die sich vom Rathaus aus im Zuge dahin begaben teil.

Stuttgart, 9. Okt. An den Ehren­bürger der Stadt Stuttgart, den Fürsten B i s- marck ist heute Vormittag 9 Uhr folgendes Telegramm abgegangen: Seiner Durchlaucht dem Fürsten Bismarck, Friedrichsruhe. Die Stadtgemeinde Stuttgart sendet ihrem ruhm­reichen und hochverehrten Ehrenbürger durch Vertreter hiemit die herzlichsten Glückwünsche zur Wiedergenesung mit dem Wunsche, es möge die Gesundheit von Euer Durchlaucht in der gewohnten Häuslichkeit der Heimat sich rasch weiter kräftigen und befestigen. Ober­bürgermeister Rümelin. Bürgerausschußobmann Karl Schott.

Die Stadtgemeinde.Stuttgart legt bis zum 13. d. M. einschl. eine Rate von 1 Milk. Mark ihres neuen 4proz. Anlehens von 1891 zum Kurs von lOZi/« Proz. zur allgemeinen Zeichnung auf. Das Anlehen unterliegt vor dem Jahr 1901 weder der Tilgung noch der Verlosung. Die Ausfolge der Obligationen findet am 18. Okt. bis 11. November d. I. statt.

Cannstatt, 10. Okt. Der Beginn des Herbstes wurde heute früh 4 Uhr nach althergebrachter Sitte eingeläutet und von 5 Uhr an durch die Weinberghüter an geschossen. Die Weinberge stehen hier sehr schön, sind vollständig gesund und noch gut belaubt. Die Güte ist vorzüglich, während die Menge in einzelnen Lagen zu wünschen übrig läßt, doch giebt es immerhin noch mehr als einen halben Ertrag. Von Ende dieser Woche an kann Wein gefaßt werden.

Der überaus trockene Sommer hat die in unseren hochgelegenen Schwarzwald- orten schwebende Wasserfrage in.Fluß gebracht. Die Leitung in Birkenfeld kann noch vordem Winter benützt werden, während die Gemeinden B i e s e l s b e r g und Kapfen­hardt sich zu gemeinsamer Ausnützung einer, Quelle zusammengethan haben. Auch in dem 700 Meter hoch liegenden Lang enbrand ist nun eine Leitung aus dem Forellenbach- thal beschlossen worden.

Lrebenzell, 7. Okt. Es herrscht hier vielfach die Ansicht, daß die Frau des er­

mordeten Wirihs nicht die Thäterin sei son- !dern eine dritte Person, die mit oder ohne Vornnssen der Frau das Verbrechen verübt habe. Die Frau selbst hat noch kein Geständ- niß abgelegt. Hoffentlich gelingt es dem Ge­richt, den wahren Thatbestand in Bälde zu ermitteln.

Heidenheim, 9. Okt. Eine unange­nehme Ueberraschung wurde einem hiesigen Wirthe zu theil, welcher eine Wagenladung neuen Wein aus Baden erhielt. Bei der An­kunft stellte sich heraus, daß ein Faß mit 1600 Liter, gerade die feinste Qualität ent­haltend, in Folge Verstopfung des Gährspun- dens zersprungen war und der ganze Inhalt verloren ging. Es möge dieser Fall gerade in jetziger Zeit zu doppelter Vorsicht beim Verladen von neuem Wein dienen.

Rundschau.

Pforzheim, 10. Okt. Die feierliche Beisetzung der Gebeine, der bei dem Brand­unglück in Salmbachso elend umgekommenen Kinder der Ferienkolonie fand heute vormit­tag 11 Uhr auf dem hiesigen Friedhof statt. Zur Aufnahme der Gebeine ist von dem hie­sigen städtischen Hilfsverein ein Sarg ange- j schafft worden, der von 4 Kindern getragen wurde. Am Grabe sprachen Stadtpfarrer Klein und Stadtpfarrer Pyszka, Oberbürger­meister Habermehl legte einen Kranz nieder.

Bruchsal, 8. Okt. An Prämien für Wespenvertilgung sind im diesseitigen Amts­bezirk von 22 Gemeinden insgesammt 283ff Mk. für 15117 eingclieferte Nester bezahlt worden.

Karlsruhe, 9. Okt. Wie verlautet, sind die bisherigen Bemühungen und Erheb­ungen seitens der Beteiligten dem Zustande­kommen einer Nebenbahn von Pforzheim über Ellmendingen nach Ettlingen günstig.

Frei bürg, 9. Okt. Die gestern da­hier abgehaltene Versammlung von Weinbauern aus ganz Baden beschloß eine Resolution, die jede Besteuerung des Naturwcines als eine schwere Belastung der Landwirtschaft bezeichnet und eine Reichsbesteuerung des Kunstweins für notwendig erklärt.

Kissingen, 7. Okt. Bismarck fuhr heute Vorm, im offenen Wagen durch die beflaggten Straßen zum Bahnhof. Sein Aussehen ist gut; tiefbewegte Menschenmassen grüßten den Fürsten. Um 11 Uhr 40 Min. Vorm, ist der Fürst nach Friedrichsruhe abgereist.

Berlin, 8. Okt. Gestern früh wurden die Offiziersburfchen Selle unv Heidkamp, Kochstraße 67, wohnend, vergiftet in ihren Betten aufgefunden. Letzterer war bereits tot, elfterer schwer krank. Der Vorfall ist noch nicht aufgeklärt und erregt großes Aufsehen.

Berlin, 9 Okt. Ein hoher, im Ruhe­stand lebender Offizier feuerte in der Woh­nung des Redakteurs des Berliner Tageblatt Harich, auf denselben einen Revolverschuß ab und verwundete denselben leicht. Harich war wegen Aufnahme einer beleidigenden, gegen die Tochter des betreffenden Offiziers gerich­teten Notiz gerichtlich zu 1000 Mark Geld­strafe verurteilt worden.

Der Reichskanzler Graf Caprivi wird im neuestenCorrespondenzblatte" des Bundes der Landwirte in einem Artikel ganz besonders heftig angegriffen. Geradezu wird erklärt, Caprivi muffe vom Platze fort, da er durch seine Handelsvcrrragspolitik die deutsche Landwirtschaft ruiniere. Ferner wird dem jetzigen Kanzler Begünstigung der Bureaukra- tie vorgeworfen, er trage die Schuld daran, wenn das politische Ansehen Deutschlands im Auslande sinke und wenn im Innern die Un­zufriedenheit über dieverbohrte Wirtschafts­politik" der Regierung von Tag zu Tag wachse. Offenbar wird Graf Caprivi ange­sichts dieser Stimmung in den landwirtschaft­lichen Kreisen in der nächsten Reichstagssession eine überaus schwierige Stellung gegenüber den Vertretern der Landwirtschaft haben, be­sonders wenn es bis dahin zum Abschlüsse des deutsch-russischen Handelsvertrags kommen sollte.

Breslau, 8. Okt. Der Vizefeldwebel Thiem vom 10. Grenadierregiment, der in der Neujahrsnacht 1891 seine Geliebte eine Nähterin ermordet hat und vom Kriegsgericht zum Tod verurteilt worden war, wurde ge­stern früh hier hingerichtet. Anwesend war ein Kommando der Infanterie.

Aus Friedrichsruh, 7. Okt. meldet man den Hamb. Nachr.: Der Extrazug, der dem Fürsten Bismark bis Lüneburg entgegen­geschickt worden war, traf 7 Minuten nach 11 Uhr in Friedrichsruh ein. Der Fürst hatte es verschmäht, seinen Salonwagen vor das Schloßthor fahren zu lassen, und verließ den Zug auf dem Stationsbahnhof. Frei und aufrecht verließ der Fürst in einfachem Leib­rock, das Haupt mit der grauen Reisemütze ! bedeckt, den Wagen und ruhigen, sicheren ! Schrittes ging er den neben dem Bahnhofge- , bände harrenden Wagen zu. Wenn auch j jeder Empfang verbeten worden, und für andere als oie nächsten Anwohner unmöglich war, da kein Zug nach 11 Uhr mehr fremde Gäste in der Richtung nach Hamburg be­fördert, war doch ein Kreis treuer Nachbarn in nicht geringer Zahl am'Bahnhof erschienen, die Ankunft des Fürsten zu erwarten, und laut kam die freudige Bewegung zum Aus­druck, den Altreichskanzler so rüstig und gesund nach seiner erst kurz überstandenen Krankheit in Friedrichsruh einkehren zu sehen.