4

Amts- und Anzeige-Natt für Wildbad und Umgebung.

Erscheint Dienstag, Donnerstag u. «anrstag.

Der AbonnementS-Preis beträgt incl. dem jeden SamStag beigegebenen Allnstrirten Sonntagsvlatt für Wildbad vierteljährlich 1 10 monatlich

40 Pfg.; durch die Post bezogen im Oberamts- Bezirk 1 30 ^ ; auswärts 1 ^ 45 Be­

stellungen nehmen alle Postämter entgegen.

!! Der Jnlertionspreis beträgt für die kleinspaltige

Zeile oder deren Raum bei Lokal-Anzeigen 8 Pfg-, bei auswärtigen 10 Pfg. Dieselben müiftn spä­testens den Tag zuvor Morgens 8 Uhr aufgegeben werden. Bei Wiederholungen entsprechender Ra­batt. Stehende Anzeigen nach Ueberrinkunft. Anonyme Einsendungen werden nich:oerücksichtigt.

Uro. IIS.

Donnerstag,

5. Oktober 1863.

29. tatii'gang.

Wür ttemberg.

Am Samstag war das Volksfest von der Witterung begünstigt und der Be­such von stütz bis Mittags schon ein sehr guter, während er sich am Nachmittag und namentlich Abends so steigerte, daß oft nicht durchzukommen war. Am Sonntag wäre bei guter Witterung das Leben des Haupt­festtages wohl weit überboten worden, denn trotz des schlechten Wetters und teilweise strö­menden Regens waren der Platz, die Schau­buden, namentlich aber die Wirtschaftsbuden den ganzen Tag gut besucht, am Nachmittag sogar überfüllt. Das Aussehen der Heim­kehrenden infolge des schlechten Wetters und des Schmutzes spottete vielfach jeder Beschreib­ung. Der Straßenbahnverkehr war an den 5 Volkssesttagen ein nie dagewesener. Vier­zig Wagen hatten die Volksfestbesucher von früh bis abends vom Charlottenplatz nach Berg zu bringen.

Neuenbürg, 2. Okt. Während der letzten Wochen wurde die am Westabhang des Schloßberges, inmitten des Friedhofes über­aus malerisch gelegene frühere Burgkapelle zu St. Georg, die bei ungünstigem Wetter als Friedhofkapelle dient, einer gründlichen Aus­besserung unterzogen. Es war dies schon lange ein Notwerk, da das hübsche Kirchlein sehr vernachlässigt war, aber wegen der bedeutenden Kosten wurde cs immer wieder verschoben. Bei der Ausscheidung des Kirchenvermögens wurde zwischen dem Kirchengemeinderat und der Gemeindevertretung ein Uebereinkommen getroffen, das die Ausführung des längst ge­hegten Planes ermöglichte. Das Holzwerk und das zum Teck sehr schöne Gebälk wurde ausgebessert, der Kirchenboden neu mit Stein­platten belegt. Mit schonender Hand wurden die Zeugen einer ruhmreichen Vergangenheit, Grabsteine früherer Burgvögte, Untervögte, Forstmeister, Burgpfarrer und ihrer Angehö­rigen, die teilweise zum Bodenbelag und als Schlußsteine der zahlreichen Grüfte dienten, vor der Zerstörung bewahrt, indem sie an den Seitenwänden des Chors aufgestellt worden sind. Die Grabsteine haben mit Ausnahme eines einzigen keinen künstlerischen Wert, doch verdienen sie als Urkunden zur Geschichte der Burg und StadtNuvenburg" pietätvolle Schonung. Unter den Burgvögten sind na­mentlich die Familien derer von Sachsenheim, Gültlingen, und Wöllwarth vertreten. Auch der Grabstein eines Pfarrers Kaspar Reiner, der60 Jahre gepredigt und nach vielen Ge­fahren in Christi Gnad starb im 86. Jahre", fand sich. Die Kapelle wird schon in Urkun­den vom Anfang des 14. Jahrhunderts ge-' nannt.

Liebenzell, 2. Okt. In vergangener Nacht wurde der hiesige Löwenwirt von seiner Ehefrau mit dem Beil erschlagen. Die Thä- terin ist verhaftet. Das Gericht begab sich bereits heute früh hieher zu näherer Feststel­lung der schrecklichen That. Der Getötete war erst seit Mai verheiratet. Ein häuslicher Zwist hatte stattgefunden.

Dem Pforzh. Beob. wird des Näheren belichtet: Am Sonntag, so wird erzählt, habe Löwenwirt Faas sich am Abend seinen Gäste» gegenüber sehr erregt gezeigt, so daß eine kleine Streiterei die Folge gewesen sei. Um 11 Uhr habe die Polizei abgcboten, woraus die Gäste sich entfernten. Etwa um 1^/i Uhr rief die Frau dem Bäckerknecht, es sei ein Unglück passirt, ihr Mann sei die Stiege herabgefallcn. Alsbald rief sie auch die Ver­wandten herbei. Die Lage des Ermordeten und seine Verwundungen wäre» jedoch der Art, daß der Sturz von der Treppe aus­geschlossen war und der Verdacht gegen die Frau sofort Platz griff, worauf sie verhaftet wurde. Faas soll 8 Hiebe auf dem Kopfe haben, vavon einige mit scharfem, einige mit stumpfem Instrument; außerdem eine Ver­letzung an der Hand. Die genaue Unter­suchung soll ergeben haben, daß die Hiebe von der Schneide- und Rückseite eines Beils im Hause herrührteu, das an seinem Platze lag, aber schwache Blutspuren zeigte. Auch an der Schürze der Verhafteten, die noch naß war, weil erst in der Nacht frisch ge­waschen, sollen Blutspuren uachzuweisen ge­wesen sein. Mau hört, daß Faas seine Frau nicht gut behandelt hatte und ein sehr aufgeregter Mensch gewesen sei, so daß die erst im Juli d. I. geschlossene Ehe nicht glücklich war. Der Frau, einer Pfälzerin, wird bisher nichts übles nachgesagt.

Rundschau.

Pforzheim, 2. Okt. Gestern tagte in Baden-Baden die 1. Generalversammlung des Süddeutschen Eisenbahnreform-Vereins. Trotz dem ungünstigen Regeuwetter hatte sich doch eine sehr große Anzahl Mitglieder aus den einzelnen Sektionen eingefunden. Es waren vertreten: Baden-Baden, Karlsruhe, Mann­heim, Pforzheim, Stuttgart, Wildbad. Der Verband reisender Kaufleute in Leipzig hatte telegraphisch einen Delegierten herbefohlen. Leider mußte der geplante festliche Empfang am Bahnhof der Witterung wegen unterbleiben und alles begab sich sofort in den Ritter, wo nach kurzem Imbiß gegen 10 Uhr die Vor­beratungen der Ausschußmitglieder begannen. Kurz nach 11 Uhr wurde die Generalversamm­lung von Hrn Rechtsanwalt Jakob eröffnet.

Hr, Windecker-Baven hieß die Gäste im Na­men der Stadt willkommen. Ursachen, Zweck und Ziel der Reformbestrebungen wurden in längeren und kürzeren Ausführungen von den Herren Dr. Jakob-Pforzheim, Prof. Böthling- Karlsruhe, Dr. Frühauf-Karlsruhe, Professor Heimburger-Karlsruhe, Hofacker-Stuttgart, R.» Anwalt Groß-Pforzheim, Dr. Sülzle-Karls- ruhe dargelegt und über einzelne Punkte de­battiert. Vor allem sind die markige, prak­tische Rede Hrn. Dr. Jakobs und die form­vollendete an allgemeinen Gesichtspunkten reiche Rede Hr». Prof. Böthlings hervorzuheben, welche beide die der Sache noch ferner stehen­den in der Versammlung rasch und genau über den Stand der Dinge unterrichteten. Ein­stimmig wurden schließlich folgende Resolu­tionen angenommen: 1. Einführung der 3. Wagenklasse für alle Züge (auch Schnellzüge). 2. Einführung von Kilometerbilleten. 3. Ein­führung von Abonnementskarten, ähnlich den jüngst in Belgien zur Anwendung gebrachten. 4. Verlängerung des Alters für Kinderbillete, von 615 Jahren. Es folgte noch eine kurze Beratung über einige Statutenänder­ungen und die Neuwahl des Ausschusses. Als Ort der nächsten General-Versammlung wurde Karlsruhe bestimmt.

Kiss in gen. Die Nachricht von der Hinausschiebung der Heimreise Bismarcks wird durch dieHamb. Nachr." bestätigt, welche unterm 30. Sept. schreiben:Unsere neuliche Mitteilung über die bevorstehende Rückkehr des Fürsten Bcsmarck haben wir heute dahin zu ergänzen, daß der Fürst nach seiner Erkrankung noch immer nicht die Körpcr- kräfte wieder gewonnen hat, die zu einer so laugen Reise wie von Kisstngen nach Fried­richsruh notwendig sind. Es wird aus ärztlichen Gründen dringend gebeten, von Ovationen und private» Begrüßungen auf den Stationen, sowie am Ankunftsort abzu­sehen."

DerN. Fr. Pr." in Wien wird aus Kisstngen geschrieben: Es steht außer allem Zweifel, daß der Fürst ein schweres Krankenlager hinter sich bat; er siebt sehr eingefallen aus und ist ein hinfälliger Greis geworden. Am Dienstag unternahm er eine Spazierfahrt. Zwei Diener geleiteten ihn die Treppe herunter; beim Einsteigen in den Wagen bleibt das Hausthor geschlossen, da­mit das Publikum nicht sieht, mit welcher Anstrengung der Fürst die Viktoria-Chaise besteigt. Er grüßt mit der linken Hand, die rechte kann er nicht erheben; er ist au­genblicklich sogar außer Stande, seinen Na­men zu schreiben, woraus mau schließt, daß die Gerüchte von einem Schiaganfalle, der

/