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Uro. IIS.
Donnerstag,
5. Oktober 1863.
29. tatii'gang.
Wür ttemberg.
— Am Samstag war das Volksfest von der Witterung begünstigt und der Besuch von stütz bis Mittags schon ein sehr guter, während er sich am Nachmittag und namentlich Abends so steigerte, daß oft nicht durchzukommen war. Am Sonntag wäre bei guter Witterung das Leben des Hauptfesttages wohl weit überboten worden, denn trotz des schlechten Wetters und teilweise strömenden Regens waren der Platz, die Schaubuden, namentlich aber die Wirtschaftsbuden den ganzen Tag gut besucht, am Nachmittag sogar überfüllt. Das Aussehen der Heimkehrenden infolge des schlechten Wetters und des Schmutzes spottete vielfach jeder Beschreibung. Der Straßenbahnverkehr war an den 5 Volkssesttagen ein nie dagewesener. Vierzig Wagen hatten die Volksfestbesucher von früh bis abends vom Charlottenplatz nach Berg zu bringen.
Neuenbürg, 2. Okt. Während der letzten Wochen wurde die am Westabhang des Schloßberges, inmitten des Friedhofes überaus malerisch gelegene frühere Burgkapelle zu St. Georg, die bei ungünstigem Wetter als Friedhofkapelle dient, einer gründlichen Ausbesserung unterzogen. Es war dies schon lange ein Notwerk, da das hübsche Kirchlein sehr vernachlässigt war, aber wegen der bedeutenden Kosten wurde cs immer wieder verschoben. Bei der Ausscheidung des Kirchenvermögens wurde zwischen dem Kirchengemeinderat und der Gemeindevertretung ein Uebereinkommen getroffen, das die Ausführung des längst gehegten Planes ermöglichte. Das Holzwerk und das zum Teck sehr schöne Gebälk wurde ausgebessert, der Kirchenboden neu mit Steinplatten belegt. Mit schonender Hand wurden die Zeugen einer ruhmreichen Vergangenheit, Grabsteine früherer Burgvögte, Untervögte, Forstmeister, Burgpfarrer und ihrer Angehörigen, die teilweise zum Bodenbelag und als Schlußsteine der zahlreichen Grüfte dienten, vor der Zerstörung bewahrt, indem sie an den Seitenwänden des Chors aufgestellt worden sind. Die Grabsteine haben mit Ausnahme eines einzigen keinen künstlerischen Wert, doch verdienen sie als Urkunden zur Geschichte der Burg und Stadt „Nuvenburg" pietätvolle Schonung. Unter den Burgvögten sind namentlich die Familien derer von Sachsenheim, Gültlingen, und Wöllwarth vertreten. Auch der Grabstein eines Pfarrers Kaspar Reiner, der „60 Jahre gepredigt und nach vielen Gefahren in Christi Gnad starb im 86. Jahre", fand sich. Die Kapelle wird schon in Urkunden vom Anfang des 14. Jahrhunderts ge-' nannt.
Liebenzell, 2. Okt. In vergangener Nacht wurde der hiesige Löwenwirt von seiner Ehefrau mit dem Beil erschlagen. Die Thä- terin ist verhaftet. Das Gericht begab sich bereits heute früh hieher zu näherer Feststellung der schrecklichen That. Der Getötete war erst seit Mai verheiratet. Ein häuslicher Zwist hatte stattgefunden.
— Dem Pforzh. Beob. wird des Näheren belichtet: Am Sonntag, so wird erzählt, habe Löwenwirt Faas sich am Abend seinen Gäste» gegenüber sehr erregt gezeigt, so daß eine kleine Streiterei die Folge gewesen sei. Um 11 Uhr habe die Polizei abgcboten, woraus die Gäste sich entfernten. Etwa um 1^/i Uhr rief die Frau dem Bäckerknecht, es sei ein Unglück passirt, ihr Mann sei die Stiege herabgefallcn. Alsbald rief sie auch die Verwandten herbei. Die Lage des Ermordeten und seine Verwundungen wäre» jedoch der Art, daß der Sturz von der Treppe ausgeschlossen war und der Verdacht gegen die Frau sofort Platz griff, worauf sie verhaftet wurde. Faas soll 8 Hiebe auf dem Kopfe haben, vavon einige mit scharfem, einige mit stumpfem Instrument; außerdem eine Verletzung an der Hand. Die genaue Untersuchung soll ergeben haben, daß die Hiebe von der Schneide- und Rückseite eines Beils im Hause herrührteu, das an seinem Platze lag, aber schwache Blutspuren zeigte. Auch an der Schürze der Verhafteten, die noch naß war, weil erst in der Nacht frisch gewaschen, sollen Blutspuren uachzuweisen gewesen sein. Mau hört, daß Faas seine Frau nicht gut behandelt hatte und ein sehr aufgeregter Mensch gewesen sei, so daß die erst im Juli d. I. geschlossene Ehe nicht glücklich war. Der Frau, einer Pfälzerin, wird bisher nichts übles nachgesagt.
Rundschau.
Pforzheim, 2. Okt. Gestern tagte in Baden-Baden die 1. Generalversammlung des Süddeutschen Eisenbahnreform-Vereins. Trotz dem ungünstigen Regeuwetter hatte sich doch eine sehr große Anzahl Mitglieder aus den einzelnen Sektionen eingefunden. Es waren vertreten: Baden-Baden, Karlsruhe, Mannheim, Pforzheim, Stuttgart, Wildbad. Der Verband reisender Kaufleute in Leipzig hatte telegraphisch einen Delegierten herbefohlen. Leider mußte der geplante festliche Empfang am Bahnhof der Witterung wegen unterbleiben und alles begab sich sofort in den Ritter, wo nach kurzem Imbiß gegen 10 Uhr die Vorberatungen der Ausschußmitglieder begannen. Kurz nach 11 Uhr wurde die Generalversammlung von Hrn Rechtsanwalt Jakob eröffnet.
Hr, Windecker-Baven hieß die Gäste im Namen der Stadt willkommen. Ursachen, Zweck und Ziel der Reformbestrebungen wurden in längeren und kürzeren Ausführungen von den Herren Dr. Jakob-Pforzheim, Prof. Böthling- Karlsruhe, Dr. Frühauf-Karlsruhe, Professor Heimburger-Karlsruhe, Hofacker-Stuttgart, R.» Anwalt Groß-Pforzheim, Dr. Sülzle-Karls- ruhe dargelegt und über einzelne Punkte debattiert. Vor allem sind die markige, praktische Rede Hrn. Dr. Jakobs und die formvollendete an allgemeinen Gesichtspunkten reiche Rede Hr». Prof. Böthlings hervorzuheben, welche beide die der Sache noch ferner stehenden in der Versammlung rasch und genau über den Stand der Dinge unterrichteten. Einstimmig wurden schließlich folgende Resolutionen angenommen: 1. Einführung der 3. Wagenklasse für alle Züge (auch Schnellzüge). 2. Einführung von Kilometerbilleten. 3. Einführung von Abonnementskarten, ähnlich den jüngst in Belgien zur Anwendung gebrachten. 4. Verlängerung des Alters für Kinderbillete, von 6—15 Jahren. Es folgte noch eine kurze Beratung über einige Statutenänderungen und die Neuwahl des Ausschusses. Als Ort der nächsten General-Versammlung wurde Karlsruhe bestimmt.
Kiss in gen. Die Nachricht von der Hinausschiebung der Heimreise Bismarcks wird durch die „Hamb. Nachr." bestätigt, welche unterm 30. Sept. schreiben: „Unsere neuliche Mitteilung über die bevorstehende Rückkehr des Fürsten Bcsmarck haben wir heute dahin zu ergänzen, daß der Fürst nach seiner Erkrankung noch immer nicht die Körpcr- kräfte wieder gewonnen hat, die zu einer so laugen Reise wie von Kisstngen nach Friedrichsruh notwendig sind. Es wird aus ärztlichen Gründen dringend gebeten, von Ovationen und private» Begrüßungen auf den Stationen, sowie am Ankunftsort abzusehen."
— Der „N. Fr. Pr." in Wien wird aus Kisstngen geschrieben: Es steht außer allem Zweifel, daß der Fürst ein schweres Krankenlager hinter sich bat; er siebt sehr eingefallen aus und ist ein hinfälliger Greis geworden. Am Dienstag unternahm er eine Spazierfahrt. Zwei Diener geleiteten ihn die Treppe herunter; beim Einsteigen in den Wagen bleibt das Hausthor geschlossen, damit das Publikum nicht sieht, mit welcher Anstrengung der Fürst die Viktoria-Chaise besteigt. Er grüßt mit der linken Hand, die rechte kann er nicht erheben; er ist augenblicklich sogar außer Stande, seinen Namen zu schreiben, woraus mau schließt, daß die Gerüchte von einem Schiaganfalle, der
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