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55 Jabrcn die Wilhelmsbrücke in Cannstatt von König Wilhelm I. eröffnet wurde, und brachte einen Trinkspruch auf die Stadt Cannstatt aus.
Gmünd, 27. Sept. Anfangs dieses Monats ging in unserer Stadt das Gerücht um, es seien in verschiedenen hiesigen Bijou-^ teriefabriken von dort beschäftigten Kaufmanns- lchrlingen (alles Söhne hier in gutem Ansehen stehender Familien) Diebstähle verübt worden wobei es sich uw Beträge von <a. 800 Mark handle. Wie nun der Schw. B. aus zuverlässiger Quelle erfährt, ist jetzt zuständigerseits in dieser Angelegenheit Untersuchung eingeleitet worden. Der Hauptbeteiligte soll bereits „übers Wasser" verduftet sein.
H e i d enh e i m, 19. Sept. Die Mäuseplage ist Heuer so groß, daß an die Herbstsaat nicht gedacht werden kann. Auf einem zwei ein halb Morgen großen Acker wurden in Sachsenhausen an einem Tag etwa 700 Stück gefangen, (bis zu 24 Stück in einem Nest). Nachdem der Acker angesät war, wurden mittelst Fallen an einem Tag nochmals 152 Stück, hierauf 18 und zuletzt noch 22 Stück gefangen.
Hrilbronn, 27. Sept. Der Beginn der Lese des Frühgewächses wurde in heutiger Gemeinderatssitzung auf Donnerstag den 28. Sept. festgesetzt. Die allgemeine Lese wird sich hieran anschlicßen. Von Ende der Woche ab kann Weinmost gefaßt werden. Eine so frühe Weinlese dürfte in diesem ganzen Jahrhundert nicht zu verzeichnen sein.
Calw, 25. Sept. Heute Montag morgen wird die Nachricht hier verbreitet, daß in vergangener Nacht die Nehmühle abbrannte. - Vom Besitzer Joh. Gg. Rentschler war auf heute der Verkauf der Fahrnis anberaumt.
Ulm, 27. Sept. In der heutigen Hauptversammlung des evang. Kirchengesangvereinstags begrüßte Staatsminister Dr. v. Sarwey den Verein im Namen Sr. Maj. des Königs, Prälat Dr. v. Müller im Namen des Konsistoriums, ferner sprach Prälat Dr. v. Lechler im Namen des Kirchensprengels und der Diözese. Den Hauptvortrag hielt Stadtpfarrer Pezold über Gemeindegesang beim Gottesdienst.
Rundfcha n.
Karlsruke, 25. Sept. Heute vormittag wurde hier das in den Anlagen der Kriegsstraße errichtete Denkmal für den Frhrn. Drais, den Erfinder des Fahrrades, feierlich enthüllt, wobei Gewerbeschuldirektor Catian die Festrede hielt. Der Bürgermeister Lauler übernahm das Denkmal in den Schutz der Stadt. Der Festplatz und ein großer Teil der Stadt waren festlich beflaggt.
Karlsruhe, 27. Sept. Die Fahrräder sind, wie das Bezirksamt in Ausführung der ortspolizeilichen Vorschriften der Straßen- u. Fahrpolizeiordnung bestimmt, binnen 3 Wochen mit Nummern zu versehen. Radfahrer, welche nach dieser Frist im Stadtgebiet ohne Nummer angetroffen werden, haben Bestrafung zu gewärtigen.
Baden-Baden, 26. Sept. Fürst Menchikoff, der seit vielen Jahren hier auf seinem Landsitz lebte, ist heute Vormittag in Folge eines Schlaganfalles verstorben. Der Fürst war noch bei den letzten Trabrennen in Iffezheim, d<e er mit Interesse verfolgte, da er seine vorzüglichsten Traber rennen ließ. Mit ihm schied abermal ein hier hochgeschätztes Glied der russ. Kolonie. Jedem Besucher Baden-Badens war seine originelle Troika mir dem Kutscher in russischer Nationaltracht und seine herrlichen Viereizüge be
kannt. Sein Marstall war eine Sehenswürdigkeit.
Freiburg i. Br., 26. Sept. Gestern hat sich auf dem Gipfel des Feldbergs der erste Schnee gezeigt, während in den Thälern die Trauben eingeheimst werden.
Mannheim, 26. Sept. Der Südd. Tabaks-Z. werden aus Berlin die Grundzüge des neuen Tabaksteuerentwurfs gemeldet. Hiernach sind die Grundzüge folgende: eine Umsatzsteuer auf Cigarren von 40°/» ferner eine Umsatzsteuer auf Cigaretten und Schneidtabake von lOO"/«, Aufhebung der Jnlandsteuer, Rückvergütung des Tabakzolls und der Tabaksteuer für vorhandene Fabrikate und Rohtabake, Kontrole der Bücher bei den Tabakpflanzern, Tabakhändlern und Tabakfabrikanten. Das Gesetz wurde von der Tabakkonferenz in Berlin einstimmig abgelehnt, wird aber trotzdem von der Regierung vorgelegt werden.
Berlin. Der Polizeipräsident von Berlin zog auf Weisung des Ministers des Innern die jetzt auf 2 Uhr Nachts festgesetzte Schließung der Wiener Kaffeehäuser wieder zurück.
— Die Hamburger Nachrichten schreiben in ihrer letzten Nummer: Wir sind heute in der Lage, unseren Lesern die freudige Mitteilung machen zu können, daß Fürst Bismarck wieder hergestellt ist und bereits in den nächsten Tagen in Friedrichsruh eintreffen dürfte. Der Fürst hat der ihm lieb gewordenen Gewohnheit, den Herbst in Varzin zu verleben, für diesmal entsagt, weil die Reise dorthin nach 'eben beendeter Rekonvalescenz ärztlicherseits als zu weit und zu anstrengend widerraten wurde. In Friedrichsruh wird der Empfang des Fürsten, der Frau Fürstin, sowie der gräflich Herbertschen und der gräflich Rantzauschen Familie, welche zum Besuch eintreffen, eifrig vorbereitet. Wir beschränken uns für heute darauf, den in ganz Deutschland und darüber hinaus verbreiteten Wünsch Ausdruck zu geben, daß der wiedergenesene greise Fürst die Fahrt von Kissingen glücklich zurücklegen und in Friedrichsruh die frühere Frische und Gesundheit recht bald und auf hoffentlich lange Jahre hinaus wiedererlangen möge!
London, 27. Sept. Die Times meldet aus Aokohama vom lö.ds.: Durch starke Ueberschwemmungen wurden in Gefu mehrere 1000 Häuser zerstört, zahlreiche Familien sind obdachlos, 50 Personen wurden beim Einstürzen der Häuser getötet. — In Hongo- wanji wurde der Tempel durch Feuer zerstört.
— Die Times meldet aus Philadelphia: Die Hüttenarbeiter von Pittsburg willigten in die lOprozentige Lohnherabsetzung ein.
Ber mischt es.
— Vor den Hausirern mit Leinenwaren ihre Kunden zu warnen, empfiehlt der „Con- fektionär" den Detail-Geschäften in kleinen Städten. Es ist nämlich ein neuer Schwindel aufgetaucht. Seit einiger Zeit werden mit Quecksilber-Appretur versehene Handtücher, Tischtücher und Servietten von haustrenden Händlern zum Kauf angeboten. Durch die Appretur wird bewirkt, daß die an und für sich aus geringem Material leicht gewebten Stoffe eine größere, aus Täuschung berechnete Schwere und ein viel reineres, glänzenderes Aussehen als die wirkliche reelle Ware an- nehmen. Um zum Kauf zu reizen bieten die Hausierer ein nur allerdings ganz geringes Quantum reeller Ware zu einem Spottpreise an, nm alsdann mit Leichtigkeit die Schwindelware zu veikaufe,'. — Wer Bedarf Hai,
kaufe in Geschäften am Platze, er kauft vorteilhafter und giebt sein Geld nicht für Schundware an Auswärtige aus.
— Ein Händler in Mühlhausen hat kürzlich von einem anderen, ihm befreundeten Händler folgende Postkarte erhalten: „Geehrter Hr. S.I Alle Schweine auf den Bahnbof bestellt. Sie erwarte ich auch da. Kann erst morgen kommen, weil Personen» zug keine Ochsen mitnimmt. Rindvieh im Preis gestiegen. Seben Sie sich vor; wenn Sie Ochsen kaufen, denken Sie an mich.
— Aus Rom wird berichtet: Ein zehnjähriges Mädchen ging dieser Tage nach der Arbeitsstelle seines Vaters, um ihm das Essen zu bringen. Heber die Margheritabrücke kommend, kletterte es aus Spielerei auf das Geländer und versuchte darauf weiter zu gehen. Nach wenigen Schritten verlor es das Gleichgewicht und stürzte in den Tiber. Während die Menschen am Ufer ratlos hin und herliefen und niemand sich zu einer rettenden That entschließen konnte, sprang ein starker Hunv dem Kinde nach, faßte es am Kleid und zog es nach dem Ufer, wo es sich rasch wieder erholte. Dieser Hund hatte das Kino auf seinen Gängen zum Vater kennen gelernt, und dasselbe seine Zuneigung dadurch erworben, daß es dem schlecht gehaltenen Tiere jedesmal etwas zu fressen gab. Nun hatte es feine Dankesschuld abgetragen.
(Der Grund.) Lieutenant (in der Jnstruktionsstunde): Warum ist es den Vorposten verboten, zu rauchen?" Gemeiner Pfiffig: „Damit es der Feind nicht riecht
— Pater Tellies, der Beichtvater Ludwig LIV. von Frankreich, sagte zu einem jungen Gascogne'schen Geistlichen, der ihn um eine Pfründe bat: „So lange ihr Herren etwas sucht, ist unser einer gut genug, hat man euch aber gesättigt, so vergeßt ihr uns'". — „Fürchten Sie das nicht," erwiderte der AbbL, „ich bin unersättlich!"
— Kunstfreund: Haben Sie denn schon die Kunst-Gallerie besucht, gnädige Frau ? Frau Huber: Nein! — Wir besuchen überhaupt nie die Gallerie, sondern geh'n immer nur in die Loge!
(Auch ein Zeichen der Zeit.) Taschendieb (aus dem Jahrmarkt:) „Na, da hört sich doch alles auf, jetzt Hab' ich bereits das dritte leere Portemonnaie erwischt.
(Erbsünde.) A.: „Was ist eigentlich Erbsünde?" — B.: „Wenn ein alter Onkel, auf dessen Erbschaft man zuverlässig gerechnet, plötzlich nochmals heiratet'"
Herb st-und Marktberichte.
Stuttgart, 28. Sept. Wilhelmsplatz: 10 000 Ztr. württ. Mostobst, Preis per Ztr. gem. Mk- 3.—, Aepfel 3.40 Mk. bis 3.60 Mk.
Tübingen, 27. Sept. Heute wurde wieder viel Obst, insbesondere Birnen auf den Markt gebracht. Die Mostbiruen kosteten 2 Mk. 50 Pfg. bis 2 Mk. 80 Pfg., die Knausbirnen 1 Mk. 80 Pfg. bis 2 Mk. 20 Pfg. und die Aepfel 2 Mk. 80 bis 3 Mk. per Ztr. Die Birnen müssen rasch gemostet werden, da sie fast zu reif waren.
Neustadt a. d. H., 25. Sept. Wegen des am Freitag niedergegangenen Hagelwetters wurde in vielen südpsälzischen Weinorten die sofortige Weinlese angeorvnet.
Aus Elsaß-Lothringen, 23. Sept. In Lochringen ist die Weinlese zum Teil in vollem Gange, zum Teil bereits beendigt. In den besseren Lagen bei Metz wiegt der N-ue 95—98 Grad. Im Elsaß hält man mit der Weinlese noch zurück.