419

Theater ist ja seit Jahren Niemand krank geworden, also wird gerade beule auch nichts passieren. Wenn übrigens wirklich etwas Vorkommen sollte, so magst Du immer nach einem zweiten Arzt schicken, oder Du labt den Patienten mit einer Droschke ins nächste Krankenhaus fahren. Wenn aber blos Je­mandem übel wird, weil's zu heiß ist oder wegen der schlechten Luft, die heute natür­lich in dem vollgepfropften Theater sein wird, na, da läßt Du ihn einfach an die frische Atmosphäre befördern und spritzest ihm kaltes Wasser ins Gesicht, kannst ihn auch mal Salmiak oder Essig riechen lassen.

Du hast ja einen Samariterkursus mit­gemacht, da weißt Du ja um so besser Bescheid! Wenn ich früh fertig sein sollte, komme ich noch und erlöse Dich. Sonst treffen wir uns nachher im Cafs Bauer, damit Du mir er­zählst, wies gegangen! Adieu, besten Dank im Voraus; also ich verlasse mich auf Dich, adieu!" Und fort war er.

Ich sah nach der Uhr; wenn ich hin wollte, war es die höchste Zeit. Entschlossen eilte ich zum nächsten Droschkenhaltcplatz. Die letzten Bedenken schwanden vor dem Bewußt­sein, meinem Freunde einen großen Dienst zu leisten.

Kutscher, nach dem Opernhause, aber schnell, ich muß zum Anfang da sein!" sst ckaots,!

Der erste Akt von Tristan und Isolde war vorüber. Wieder und wieder wurde die ge-; feierte Primadonna von dem begeisterten Publi­kum gerufen. Endlich verstummten auch die eifrigsten Beifallklatscher allmählich. Ich er­wachte wie aus einem Taumel, warhaftig, ich hatte ganz vergessen, daß ich heute nicht als Privatmann im Theater war, sondern die hoch­wichtige Stelle eines Theaterarztes auszu- füllen hatte. Im Anfang war mir doch recht schwül zu Muthe und ich wirklich nahe daran gewesen, umzukehren als mich der Thürschließer, nachdem er meine Einlaßkarte gesehen, mit tiefem Bückling begrüßte.

Ihr Diener, Herr Doktor, da vorn, gleich rechts ist Ihr Platz!"

Wenn jemand etwas lauter sprach oder wenn ein Sitz mehr als gewöhnlich klappte.

fuhr ich schreckhaft zusammen. Doch allmäh­lich, als sich so gar nichts ereignete, kehrte meine Ruhe zurück, und als der erste Akt und auch der Zwischenakt glücklich vorüber waren, fühlte ich mich schon ziemlich sicher.

Eben wollte die Primadonna mit ihrem Ge­sang im zweiten Akt beginnen, da, ein leiser Aufschrei, dem sofort ein stärkerer folgte; un­willig sieht man sich nach der Störung um. Einzelne erheben sich ängstlich von ihren Stühlen, das Spiel auf der Bühne stockt. Unheilahnend war ich bei Beginn der Unter­brechung aufgesprungen.

Da naht auch schon der Theaterdiener.

Herr Doktor, bitte schnell nach der an­deren Parquetseite, eine junge Dame ist ohn­mächtig geworden." ,

Mit oer dumpfen Ergebung, die ein zum Hängen Verurteilter auf dem Wege zum Richt­platz haben muß, ging ich zu dem Orte des

Unheils.

Ein junges Mädchen lehnte bleich mit ge­schlossenen Augen in dem Parquettsitze, um­ringt von einer Schaar Theaterbediensteter und neugieriger Zuschauer. Ueber sie gebeugt, ver­suchte eine ältere Dame, ihre Mutter, die Ohn­mächtige durch Liebkosungen wieder ins Leben zurückzurufen.

Wir wollen die Kranke, wenn Sie es gestatten, aus dem Zuschauerraum entfernen," schnarrte der Polizeilieutenant, der nunmehr höflichst hinzutrat. Ein Schreck durchfuhr mich, als ich die Uniform erblickte, im ersten Augen­blicke dachte ich, der Beamte wolle mich ver­haften; ja das böse Gewissen!

Ja wohl, sagte ich mit möglichster Würde, bitte, lassen Sie die Kranke schleunigst hin­ausbringen, am besten ist es, wenn uns Nie­mand folgt!" Ich wollte aus mehr als einem Grund möglichst wenig Zeugen haben.

Zwei Theaterdiener faßten die Kranke unter die Arme, die Mutter unterstützte sie. und vorwärts begab sich der kleine Zug, den ich ernst und würdig schloß.

In einem abgelegenen Zimmer betteten wir die Kranke auf ein Sopha. Ich riß die Fenster auf.Diefrische Atmosphäre" meines Freundes.

Amtliche und Privat-An; eigen

Bringen Sie mir schnell kaltes Wasser," wandte ich mich an den Diener.

Ja wohl, sofort!"

In meiner Ratlosigkeit faßte ich wieder nach dem Puls des jungen Mädchens Dem Himmel sei Dank, er schlug, sowie ich das beurteilen konnte, sogar ganz regelmäßig. Mein Samariterkursus kam mir trefflich zu statten.

Kaum harte ich die Kranke mit dem kal­ten Wasser besprengt, als sie auch rascher zu atmen begann, die Augenlider zuckten, die Wangen röteten sich und leise tönte es von ihren L.ppen:Wasser! Wasser!"

Schnell flößte ich ihr den Rest des vor­handenen ein.

Die Mutter geriet vor Freude außer sich, fast hätte sie mich umarmt. Mein schneller Erfolg, den ich wohl größtenteils der frischen Luft zu verdanken hatte, machte mich sicherer. Bringen Sie mir nun schnell etwas Salmiak­geist," wandte ich mich an den dienstbaren Geist,wenn er zu haben ist, oder etwas Lau äs Oologns."

Sofort!"

(Fortsetzung folgt.)

Marktberichte.

Stuttgart, 7. Sept. Wilhe'msplatz: 1000 Ztr. Mostobst, Preis 2 Mk. 80Pfg. bis 3 Mk. Pfg. per Ztr.

Eßlingen, 6. Sept. Dem heutigen Obstmarkt waren 300 Ztr. zugeführt; P.eis pr. Ztr. 3 Mk 20 Pfg bis 3 Mk. 50 Pfg. In Zwetschgen großer Vorrat zu 3 Mk. der Ztr.

Stuttgart, 7. Sept. (Kartoffel- und Krautmarkt). Zufuhr am Leonhardsplatz: 200 Ztr. Kartoffeln, Preis pr. Ztr. 3 Mk. bis 3 Mk. 50 Pfg. Zufuhr am Markt­platz: 4000 Stück Filderkraut, Preis per 100 Stück 1520 Mk.

KarällUrt mmMIielll

Lluobarias- _

ledsb«« m zllm d,

*

Sonntag, den 10. September Im Saale des Gasth. z. kühlen Brunnen

Si!

«

Mj

der

ViläbLäer keuorvsdr ILapsllv

(unter Leitung von W. Wörner) wozu Jedermann höflichst eingeladen wird.

Anfang aöen-s 7"/i WHv. Gntvse ä Person 50 'Ffg. W

Keule Areitag den 8. Sept.

Ir» SssblroL s. ,,Ll1ss»ksd.»

W i l d b a d.

Das Aufziehen und Besorgen der auf dem städtischen Volksschulgebäude befindlichen Turm­uhr kommt am

Montag, den 11. d. Mts., vormittags 10/r Uhr

auf dem hiesigen Rathaus im öffentlichen Ab- streich zur Vergebung.

Den 6. Septbr. 1893.

Stadtschultheißenamt. A.-V. Bätzner.

Stadt Wildbad.

Am Montag den 11. d. Mts., vormittags 11Ve Uhr

werden auf hiesigem Rathaus aus Stadtwald VI. 10 und 11 vordere und Hintere Ebene Kegelthal 2 Loose Reinigungsmaterial flächen­weise versteigert, geschätzt zu ca. 30 Rm. Reis­prügel. Das Material eignet sich teilweise zu Kleinnutzholz.

Den 6. September 1893.

Stadtschultheißenamt. A.-V. Bätzner.