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Uro. 94.
Dienstag, 15.
August 1893.
29. laki-gang.
Württemberg.
Stuttgart, 9. Aug. Die Vereine und Einzelmitglieder des württembcrgifchen Kriegerbundes werden an der Kaiserparade, die am 14. September auf dem Exerzwrseld bei Cannstatt stattfindet, offiziell teilwhmen und dem Kaiser und obersten Kriegsherrn, sowie dem König als Prottkror des Bundes, ihre Huldigung darbringen.
Heilbronn, 11. Aug. (Strafkammer.) Heute vormittag 8 Uhr wurde in der Verhandlungssache gegen den Oberbürgermeister Hegelmaier und Stadtpfleger Füger wegen falscher Beurkundung im Amt fongefahren. In einem sehr eingehenden und durchdringenden Vortrag schloß sich der Staatsanwalt nach Berücksichtigung der in den Gutachten der beroen Psychiater zu Tage getretenen Momente für und wider die Zurechnungsfähigkeit des Oberbürgermeisters Hegelmaier dem Gutachten d>s Geh. Rats Dr. Schule in Jllen- nau an und sprach als seine offene (Überzeugung aus, caß der Angeklagte Hegelmaier zwar Abnormitäten zeige, seine Geisteskraft aber vollständig intakt sei. Alan habe ihn daher als zurechnungsfähig zu behandeln. Die Plai- doyers nahmen den ganzen Vormittag in Anspruch. Um 12 Uhr war die Verhandlung zu Ende.
— Hegelmaier wurde zu einer Gefängnisstrafe von 3 Monaten, Füger zu einer solchen von 1 Monat und 10 Tagen verurteilt. Die durch die Verbringung Hegelmaiers nr die Irrenanstalt Jllenau erwachsenen Kosten hat Hegtlmmer selbst zu tragen.
— Das Urteil gegen Hegelmaier und Füger,das abends 6Uhr bekanntgegeben wurde lautete Hegelmaier wird zu 3 Monaten Gefängnis, Füger zu 1 Monat und 10 Tagen Gefängnis verurteilt; die Kosten der ärztlichen Untersuchung in Jllenau hat Hegelmaier selbst! zu tragen. Auf Grund der eruierten That- sachen wurde angenommen, daß beide Angeklagte als zu der Aufnahme öffentlicher Urkunden befugte Beamte und innerhalb ihrer Zuständigkeit in dem Protokoll rechtlich erhebliche Thatsachen vorsätzlich und gemeinschaftlich falsch beurkundet haben, Vergehen gegen Z 348 des Strafgesetzbuchs. Bezüglich der Zurechnungsfähigkeit Hegelmaiers hat sich das Gericht durchaus dem Gutachten des Geheimerats Schüle von .Jllenau angeschlossen und angenommen, daß derselbe sowohl zur Zeit der That als heute geistig normal sei. Bei Ausmessung der Strafe wurde für Stadtpfleger Füger als strafmildernd der Umstand angerechnet, oaß er sich durch die wiederholte
Weigerung Hegelmaiers, zur Vornahme der einzelnen Akte zu erscheinen, in einer Zwangslage befunden habe, weshalb er nur zu der gesetzlich zulässigen Mindeststrafe verurteilt wurde. Bei Hegelmaier wurde dagegen als Strafverschärfungsgrund angenommen, daß er wiederholt seine Pflicht zu erfüllen versagt habe, weshalb auch sein Verschulden schon in Rücksicht auf feine juristische Bildung ein viel' schwereres sei.
Heidenheim, 10. Aug. Der hiesige Geweibeverein unternahm vom 6.—8. Aug. einen Ausflug nach Nürnberg. Unter der sachkundigen Führung der Vorstände des Nürnberger Gewerbevereins, des Komm.Rats Hcinrichsen und des Kassiers Maser, wurden die Hauptsehenswürdigkeiten der außerordentlich gewerb- und industriereichen und auch an geschichtlichen Erinnerungen so viel bietenden, jetzt nahezu 150000 Einwohner zählenden Stadt besichtigt. Die Teilnehmer an dem Ausfluge waren von der charakteristischen Schönheit Nürnbergs, von dem lebhaften Fremdenveriehr und der reichen Fülle interessanter Sehenswürdigkeiten dort überrascht.
Murr, 9. Aug. Durch ein schreckliches Unglück wurde die Familie Rühle von hier heimgesucht. Gestern abend wollte das etwa 8 Jahre alte Mädchen, während der Abwesenheit der Eltern, seinem 1 Jahr alten Brüderchen in einer Spiritusmaschine Milch warm machen. Während das Feuer brannte, goß es Spuitus nach, wobei es jedenfalls auch seine Kleider begoß, denn bald darauf singen dieselben Feuer. Hell brennend sprang das Mädch n auf die Straße, woselbst ihm durch einen in der Nähe arbeitenden Steinhauer sofort Hilfe geleistet wurde, aber leider zu spät. Nach 5 Stunden ist es an den erhaltenen Brandwunden gestorben. Der Schmerz der Eltern und die Teilnahme der Einwohnerschaft ist groß.
Rundschau.
Karlsruhe, 11. Aug. Eine Versammlung des süddeutschen Eisenbahnrelormvereins in Pforzheim drückte ihre Befriedigung über die Einführung der lOtäzigeu Gültigkeit der Retourbillette in Baden aus, bedauert aber den späten Termin des Inkrafttretens der Bestimmung (Oktober). Weiter verlangte die Versammlung dringend die Verbilligung des Fahrgeldes für die Strecke Karlsruhe-Pforzheim.
Würz bürg, 12. Aug. Lieutenant Hoffmeister entfloh gestern aus dem Untersuchungsgefängnis. Derselbe war wegen so
zialistischer Umtriebe in militärischen Kreisen inhaftiert.
Aus Mainz schreibt man: Vom 12 bis 20. August tagt der Zentralvcrbansstag des 23 000 Mitglieder zählenden Deutschen Bäckerverbandes Germania. Gleichzeitig findet in sämtlichen Räumen der Stadthalle im Hallegarten und auf dem anstoßenden Brückenplatze eine int-rnat. Ausstellung für Bäckerei, Konditorei unb verwandte Gewerbe statt.
— Im Rheingau sind die diesjährigen Herbstaussichten ganz vorzügliche, sowohl was Quantität als auch Qualität des „Neuen" anbelangt U. a. heißt es, „daß wir bei fortdauernd günstigen Verhältnissen vielleicht das größte Weinjahr des 19. Jahrhunderts zu erleben haben." Dabei sind die Trauben im Wachstum so weit vorgeschritten, daß schon um die Mitte nächsten Monais l 893er zum Ausschank kommen kann.
Berlin, 10 Aug. Eine große Ein- spruchsversammlung gegen den Züricher Kongreß, zu der die r.volutionären Sozialisten und Anarchisten geladen waren, fand gestern in der Ressource statt. Es waren etwa 1000 Personen anwesend. In den denkbar s chärssten Worten wandten sich die Anwesenden gegen die Tyrannei von Bebel und Singer; letzterer wäre durch die Ausbeulung armer Arbeiterinnen reich geworden. Es gelangte mit allen gegen 150 Stimmen eine Resolution zur Annahme, in welcher die Versammlung bestreitet, daß der Kongreß in Zürich sich Internationaler Sozialisten- oder Arbeiterkongreß nenne. Domela Nieuwenhuis - Holland wird ersucht, diesen Protest unverzüglich dem Kongreß zu unterbreiten.
— Die drei Steuergattungen, hinsichtlich deren man bei der Fnranzm inister-Con- ferenz zu positiven Ergebnissen gekommen ist, sind: die Tabakfabrikatsteuer, die Reichsstempelsteuer und die Weinsteuer. Auch die Wehrsleuer und die Jnseratensteuer sind in den Kreis der Beratungen gezogen worden, aber, vorläufig wenigstens, mit negativem Resultat. Der geplante Zuschlag zur Reichsstempelsteuer wird einerseits in einer weiteren Ausbildung der Börsensteu-r, andererseits in der Einführung der Quittungssteuer bestehen. Ueber die letztere kann mitgeteilt werden, daß sie als progressiv wirkende Wertsteuer nicht gedacht wird, die Abstempelung der Quittungen (dürfte, um die Belästigung des Verkehrs mög- 'lichst einzuschränke.i, einfach durch Aufkleben von Stempelmarken auf die Quittungen durch das Publikum selbst erfolgen. Was die Wein- steuei anbetrifft, so ist zu bemerken, die Rcichsweinsteuer soll eine Luxussteuer sein und weder die Einnahmen der Emzelstaaten aus