breiter der neuerdings erschienenen „Glößschen antisemitischen Bilderbogen* Nr. 9, auf welchem der Reichskanzler unter anderem mit einer Jüdin zusammen Droschke fahrend dargestellt ist, strafrechtlich verfolgt. Bereits hatte der bekannte antisemitische Buchhändler Deweld eine Ladung vor den Strafrichter.
Berlin, 1. Aug. Das deutsche Kolo- nialbl. entnimmt einem Privatbriefe des Majors v. Wißmann, daß aus Njidge kommende Leute erzählen, Emin Pascha habe westlich von Nyanza den Araber Said-Bm-Abev getroffen. Der Araber habe, weil Emin am Viktoria-See angeblich 3 Araber hinrichten ließ, ihn mir der ganzen Karawane niedermachen lassen.
— Der deutsch-russische Zollkrieg scheint von beiden Seiten mit großer Scharfe geführt werden zu sollen. Die neuesten Depeschen aus St. Petersburg lassen keinen Zweifel darüber, daß Rußland die von Deutschland beschlossene Erhöhung des Zolles auf russische Provenienzen um 50 °/o mit sehr empfindlichen Gegenmaßregeln beantworten wird. Wir glauben übrigens nicht, daß sich die russische Landwirtschaft für die Errungenschaften der Witte'schen Wirtschaftspolitik zu bedanken haben wird. Die Statistik des Warenaustauiches zwischen beiden Ländern zeigt deutlich, daß Rußland durch den Zollkrieg den größten Schaden erleiden wird. Die Einfuhr aus Rußland nach Deutschland betrug im Jahr 1391 578 M>ll. Mark, die Ausfuhr aus Deutschland nach Rußland nur 145 MR. Mark. Von der russische» Einfuhr waren Werte von etwa 400 Will, zollpflichtig, darunter landwirtschaftliche Erzeugnisse mit ca. 321 Millionen. Die russische Volkswirtschaft hat demnach das größte Interesse an der Offenhaltung des deutschen Marktes, zumal die Erfahrungen, welche gelegentlich der russischen Getreideausfuhrverbote im Jahr 1891/92 gemacht worden sind, gelehrt habeir, daß Deutschland in der Deckung seines Einfuhr- bedarfs an Brotfrüchten durchaus nicht auf die russischen Produkte angewiesen ist.
Sprottau, 1. Aug. Heute Mittag fuhr ein Bl'tzschlag in das Stallgebäude der Artilleriekaserne Ein Kanonier blieb tot, 3 wurden betäubt.
Paris, 2. Aug. Nach Erfüllung der von Siam geforderten Garantien und nach Aufhebung der Plokade wird Admiral Human auf Weisung von hier dennoch vorläufig in den siamesischen Gewässern verweilen.
— In Frankreich sucht man den Zollkrieg zwischen Deutschland und Rußland schleunigst auszubeuten. Eine Dampfschifffahrtsgesellschaft, die ihren Sitz in Dünkirchen hat, läßt ankündigen, ihre erste Reise nach Petersburg finde am 12. Aug. statt; sie werde während der ersten 3 Monate die Handlungsreisenden französischer Häuser, die sich mit ihr verständigen wollen, unentgeltlich mit 1000 Kilogramm Gepäck hin und her befördern.
London, 1. A»g. Nach einer Meldung der Times aus Buenos-Aires vom 31. Juli dauert wider Erwartung die aufständische Bewegung in den Provinzen Buenos-Aires und Santa Fe fort. Die Aufständischen nahmen die meisten Städte ohne größeres Blutvergießen ein. Ernstere Kämpfe werden in La Plata erwartet, da General Costa über 2000 Mann gut bewaffnete Truppe» verfügt und die Aufständischen fast ebenso stark sind. Santa Fe wird belagert. Die Aufständischen bewilligten dem Gouverneur eine Mündige Frist, sich zu ergeben. In La Plata wurden zahlreiche Aufständische gefangen genommen.
London, 2. August. Der Korrespondent des Brüsseler „Globe" will wissen, es sei zwischen Frankreich und England ein geheimer Vertrag bezüglich Siams abgeschlossen worden.
Aus Cristiana, 29. Juli, wird geschrieben : Das durch den großen Erdrutsch verwüstete schöne Bärthal ist jetzt wieder von einer Ueberschwemmung heimgesuchl worden. Tie das Bärlhal durchströmende Bürdalselv ist vurch furchtbare Regengüsse zum Ueberfließen gebracht worden und hat das Thal unter Wasser gesetzt, nachdem sie die Vordämmungen fortgerissen hat. Viele kleinere Brücken sind zerstört worden. Der Wegeaufseher an der Vaterholmsbrvcke hat sich mit Angehörige» und Vieh in größter Hast retten müssen. Kleine Bäche sind zu reißenden Flüssen angeschwollen und haben große Bäume und riesige StOn- blöcke mit hinweggerissen. Große Schwierigkeiten erwachsen durch die Ueberschwemmung dem hier lebhaften Reiseverkehr. Die Reisenden wurden plötzlich überrascht und konnten stundenlang weder vorwärts, noch rückwärts bis Hilfe kam Der Wegeaufseher teilt mit, daß der Weg durch die Ueberschwemung auf mehrere Tage gesperrt sein dürfte.
— In Venedig haben 5 Schwestern Bendama, israelitischer Konfession, die älteste 23 Jahre, die jüngste 18 Jahre alt, durch Kohlenoxydgas gemeinschaftlich sich getötet. In einem zurückgelassenen Briefe haben sie den Tod ihrer Mutter und zerrüttete Vermögensverhältnisse — als Motiv ihrer That bezeichnet.
Athen, 2. Angust. Kronprinzessin Sophie wurde gestern von einem gesunden Prinzen glücklich entbunden.' Das Befindm von Mutter und Kind ist gut.
Petersburg, 2. Aug. Der Regierungsbote veröffentlicht ein Rundschreiben des Finanzministers an die Zollämter, wonach von heute ab eine weitere 50proz. Erhöhung der Einfuhrzölle auf deutsche Waren eintritt, soweit solche bereits durch Gesetz vom 1. Juni Zollerhöhungen unterworfen sind. Diese Maßnahmen treffen nicht Waren, die im Lause des heutigen Tages auf russischen Zollämtern gemeldet sind. Ferner wird ungeordnet, daß von deutschen Schiffen auf 1 Rubel erhöhtes Lastgeld erhoben werde.
Petersburg, 2. Aug. Das Zollde- partemenl schrieb den Hafenzollämtern vor, vom 20. Juli a. St. von Schiffen, die unter deutscher Flagge einlaufen, eine erhöhte Laststeuer, nämlich 1 Rubel pro Last (bisher 10 Kopeken) beim Einlaufen und ebensoviel beim Auslaufen zu erheben.
L c> k cr L e s.
Wildbad, 4. Aug. Das Anwesen des Herr» Stadtschultheiß Bätzner an der alten Calmbacher Straße wurde um den Preis von 54000 Mk. von Herrn Hofphotograph Schmidt und Herrn Stöber käuflich erworben. Die neuen Besitzer beabsichtigen eine Trockenpiatten-Fabrik daselbst eiuzu- richten.
Wilcibsck, 4. H.UZ> -4m uäsbstsu 8orm- tk>,A cksii 6. Huxust Lackst äas allMbrlisLs Lsoslios-Oouosrt 2 »in Lsstsu cksr -Hatsr8tUti!UllA8lrs.886 cksr LismASn Lurbs.pg11g atatt. Dassslbs ivirck Asviss von allsn Rrsuiick.su uuä Olöuusru cksr Ku- pslls trsuckiA bsArüast rvsräsn. Vistst es ibusu ckaeb OlslsAsnlisit, cka.8 säls Lsstrsbon cksr vaollsrsu Litustlsr, iliis Rranbeu 2 U uatsrstütLSU, tbatLrüktiA ru töräoru uuä ibusu rni bsvsiasu, äs.88 ibrs vortrsklliebsu bisiatuuASll aüssiti-x äis ivoblvsräivuts -4n- srbsuuuuA uuä äVüräi^uuA üucksu.
Lm MtsÄ/rermck.
Folgende Aenderungen des Sommerfahrplans sollen für den Winterdienst 1893/94 u. A. eintreten:
Wildbad — Pforzheim.
1) Wie im vorigen Winter soll Werktags ein Arbeilerzug vom 1. Oktober bis 14. März eingelegt werden:
Wildbad . . ab 6.35 vorm.
Pforzheim . an 6.30
2) Der Personenzug 140
Wckdbad . . ab 11.15 vorm.
Pforzheim . an 12.05 nachm,
und der Schnellzug 141
Pforzheim . ab 4.10 nachm.
Wildbad . . an 4.50 „
sollen wie im vorigen Jahr ausfallen.
3) Der Schnellzug 142
Wildbad . . ab 1.20 nachm.
Pforzheim . an 2.00 „
soll, wie im vorigen Winter, in einen Personenzug umg wandelt weiden, mtt Abgang in Wildbad 1.10 nachm., Ankunft in Pforzheim 2.00 nachm.
Mutter Kostn.
Von Hermine Villinger.
(Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.)
„Sie sollen keine Last damit haben, Frau Verwalter, beileibe nicht," ereiferte Mutter Rosin in ihrer treuherzigen Weise, „ich will mir's schon sorgsam aufichreiben jeden Monat, daß Sie's nur 'runterlesen brauchen, was sie mir gefälligst schuldig sind, wenn ich so frei bin, es zu holen; 's ist nur, daß ich's Geld nicht im Haus Hab', denn sonst greift man doch zu, wen» Not an Mann geht, und besser die Versuchung aus dem Weg, als in der Tasch', sagt der Apostel Paulus."
Und Mutter Rosin streckte die Suppe mit etwas Wasser, wendete ihre alten Röcke von einem Jahr zum andern, und setzte unverdrossen Stück für Stück an Steffels verwachsene Kleider. Dabei stoffen den beiden Menschen die Wochen hin wie Tage, denn die Hoffnung auf eine glückliche Zukunft stand ihnen zur Seite, und ließ sie ihr Darben und Mühen kaum empfinden.
Es war au einem wundervollen Spätsommerabend. Mutter und Sohn saßen in der kleinen Küche einander am Tisch gegenüber, Rostn hielt einen langen Boge» Papier i» der Hand, auf dem es verzeichnet war, was sie von der Verwalten» zu fordern hatte. Wie oft schon war sie bei diesem Bogen gesessen und hatte zusammengerechnet, wieviel »och fehlte an der nötigen Summe, und nun waren sie beisammen, die zweihundert Mark!
Steffel saß über seine Zeichnungen gebückt und bemühte sich, den Gleichgiltigen zu spielen; es gelang ihm aber schlecht, denn die Hand welche den Bleistift führte, zeigte sich sehr unsicher, und er mußte immer wieder den Gummi zu Hilfe nehmen.
Die Mutter warf dann und wann einen verstohlenen Blick auf ihn, ließ ihr Mundwerk wie ein Mühlrad gehen, und fuhr sich nur zuweilen ganz schnell mit dem Rücken der Hand über die Wange.
Es war ein Ruhm des Glückes, die kleine sonnendurchglänzte Küche: die Thür stand offen, und ein herrlicher Blumenduft zog vom Gärtchen herein, in dem es buntfarbig durcheinander grünte und blühte, denn Blumen waren Mutter Rosin's Leidenschaft. Ueberall an Küchen- und Stubenfenstern