Amts- und Anzeige Mt für Wil-baL und Umgebung.

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Samstag, 1. ArrLi 1893.

29. lalil'gang.

Württemberg.

_ Se. Maj. der König hat die Kolla­boratorsstelle an der Lateinschule in Altensteig dem Kollaboraturkandidaten Bolay, Amtsvcr- weser auf dieser Stelle, übertragen.

Frie'or ichs haf en, 27. Juni. Heute nachmittag 4 Uhr ist der Sonderzug mit II. MM. dem König und der Königin und der Prinzessin Pauline hier eingetcoffen. Die allerhöchsten Herrschaften hatten den geplanten feierlichen Einzug bei der erstmaligen Ver­legung des Hoflagers hieher abgelehnt; doch klangen olle Glocken und es ertönten Böller­schüsse, als der Zug in die reichgeschmückte Bahnhofhalle einsuhr. Aus dem Vorplatz und im Wartsaal hatten sich junge Damen mit reichen Blumensträußen, das k. Poulinenstift, die Beamten, die Geistlichkeit und die bürger­lichen Kollegien, endlich die Schulen und viele Einwohner Ungesunden; ein von dem Stadt- Vorstand ausgebrachtes Hoch wurde mit Be­geisterung den Majestäten zu gerufen. Diese begrüßten sodann die ihnen persönlich Be­kannten und fuhren hierauf durch die reichbe­flaggte Stadt nach dem schönen Schloß.

Die mürtt. Eisenbahnverwaltung wird auch Heuer in den Monaten Juli nnd August Sonderzüge mit ermäßigten Fahrpreisen aus- sühren und zwar von Stuttgart nach Freuden­stadt, Alpirsbach und Schramberg am 23. Juli, nach Wildbad am 13. August.

Stuttgart, 28. Juni Dem verstor­benen, langjährigen Vorstand der deutschen Turnerschaft, Rechtsanwalt Theodor Geor gii von Eßlingen, soll von der deutschen Turner­schaft ein Denkmal errichtet werden. Der Ausschuß der deutschen Turnerschaft wird in der Sitzung zu Regensburg am 18. und 19. Juli darüber beschließen.

28. Juni. Das Konsistorium hat dem Gesuch der württ. Volksschullehrer um Gleichstellung in Sachen der Ferientage mit den höheren Anstalten dahin entsprochen, daß den Volksschulen eine Steigerung der Ferien­tage bis zu 50 Werktagen gestattet wurde; zur Bedingung ist jedoch hiebei gemacht, daß die Weihnachtsferien sich auf die ganze Zeit vom Christfest bis Neujahr und die Oster­ferien auf die ganze Zeit vom Gründonners­tag bis zum Ostermontag erstrecken. Im üb­rigen kann die Verteilung den lokalen Ver­hältnissen entsprechend vorgenommen werden.

Stuttgart, 26. Juni. Zu einer Ver­sammlung zur Besprechung über die Organi­sation des Mittelstandes waren auf heute Abend die selbständigen Handwerker und mittleren Kaufleutc in die Siegelberger Bierhallc einge­laden worden und das außerordentlich zahl­reiche Erscheinen zeigte zur Genüge, daß die

Notwendigkeit einer solchen Organisation seitens der Beteiligten allgemein anerkannt wird. Herr Schreinermeister Keßler eröffnete die Versamm­lung, betonte die Notwendigkeit des Zusammen­schlusses der dem Mittelstand angehörenden Bürger, seien es nun Bauern, Kaufleute oder Handwerker und erteilte dann dem Herrn Albert Treiber das Wort. Redner führte aus, daß der Mittelstand, den einzelnen poli­tischen Parteien nachlaufend, sich seither gegen­seitig bekämpft habe, und deshalb stets als Aschenbrödel behandelt worden sei. Um den Mittelstand vor dem drohenden Ruin zu be­wahren und ihn zu erhalten und zu kräftigen sei es notwendig das Parteigezänke aufzugeben und sich zu einer wirtschaftlichen Vereinigung zu verbinden und mit vereinten Kräften Schulter an Schulter mit allen Angehörigen den ver­schiedenen Klassen des Mittelstandes die be­rechtigten Forderungen an Gesetzgebung und Verwaltung nachdrücklich geltend zu machen. Zur Erringung dieser Ziele sei ein selbst- thätiges Eingreifen Aller erforderlich. Ein allgemeiner Beifallssturm der Anwesenden be­kundet , das Einverständnis mit dem Gehörten. Herr Bäckermeister Kälberer betonte sodann daß die politischen Parteien auf dem Gipfel angekommen, durch wirtschaftliche zu ersetzen seien und rief den Versammelten zu:Hand­werker aller Branchen vereinigt euch!" Der Sekretär des Schutzvereins für Handel und Gewerbe forderte die Anwesenden auf mit genanntem Verein gemeinsame Sache zu machen. Derselbe zählte bereits viele Handwerker zu seinen Mitgliedern und sei jetzt schon durch ganz Württemberg srganifirt Von anderer Seite wurde empfohlen zunächst eine Anzahl von Handwerkern zu bestimmen, die Vorberathungen, welche zur Gründung einer Vereinigung führen sollen, vorzunehmen hätten. Dieser Vorschlag fand den Beifall der Versammlung und es wurden gegen 20 Handwerker der verschieden­sten Branchen gewählt um über die Angelegen­heit im Benehmen mit dem Schutzverein zu belachen und sodann einer demnächst einzu- berufenden weiteren Versammlung die Resul­tate zur Entscheidung vorzulegen.

Unterreichenbach, 27. Juni. Heute früh nach 1 Uhr erscholl dahier der Schrcckens- ruf »Feuer!" Alsbald tönten die Feuersig­nale und die Kirchenglocken in die Nacht hin­ein. In dem von 4 Familien bewohnten Doppelhaus des Sägers Peter Nothfuß (in unmittelbarer Nähe des Gasthauses z Lamm hier gelegen) war auf noch nicht aufgeklärte Weise Feuer ausgebrochen. Die hiesige Feuer­wehr griff thatkräftig ein und sonstige Be­wohner, namentlich die weibliche Bevölkerung, trug fsiißig Wasser herbei. DaS gefährdete Gasth. z. Lamm konnte gerettet werden. Zu

i verhindern war nicht, daß das Rothfuß'sche ^ Anwesen niederbrannte. Der Gesamtschaden s beträgt etwa 12 000 Mk. Die Wasserleitung was nicht unerwähnt bleiben soll, bewährte sich aufs beste. Das Feuer soll in einer Holzkammer, die mit Reisig angefüllt war, ausgebrochen sein.

Nagold, 28. Juni. Die Sägmühle von Werkmeister Wilhelm B enz mit kleinerem Dampfbetrieb ist gestern Nachm, abgebrannt. Das nahestehende Wohnhaus war in Gefahr, ist aber gerettet.

Nagold, 27. Juni. Am vergangenen Donnerstag Abend wurde das Elektrizitäts­werk der Stadt Nagold in Betrieb gesetzt; es arbeitet vom ersten Augenblick an tadellos» Das von Herrn Klingler von der unteren Nagoldwasserkraft aus betriebene Elektrizitäts­werk ist vor kaum 2fli Monaten begonnen worden und heute sind sämtliche Hauptlei­tungen gezogen und in 70 Häusern über 400 Lampen und 7 Elektromotoren von 15 Pfst. anqeschlossen. Die Anlage ist nach dem Drei­leitersystem gebaut mit einer Dynamo von 240 Volt Spannung und einer Akkumula­torenbatterie, aus 132 Elementen bestehend, von welcher aus erst die 3 Leitungen abzwei- gen. Die Hauptleitung ist geführt zu 2 Verteilungspunkten, welche unter sich durch eine Ringleitung wieder miteinander verbun­den sind. In der nächsten Zeit ist noch eine größere Anzahl Glühlampen anzuschließen und es wird auch wohl das Lehrerseminar und die Präparandenanstalt von der günstigen Gelegenheit, eine gute und zweckmäßige Be­leuchtung zu bekommen, bald Gebrauch machen. Ausgeführt wurde das Elektrizitätswerk durch die elektr. Abteil, der Maschinenfabrik Eßlingen.

Da manche Landwirte, besonders ärmere Leute, an der gemeinsamen Bestellung von Futtermitteln sich nicht glauben beteiligen zu können, weil ihnen das nötige Geld fehlt, seien sie hiemit auf die Fürsorge der K. Re­gierung verwiesen, wonach unverzinsliche oder doch nieder verzinsliche Vorschüsse aus öffent­lichen Mitteln mit entsprechend weit bemessenen Rückzahlfristen gewährt werden. Wer solche braucht, hat sich an die Gemeindebehörden zu wenden. Sicherlich werden solche Bedürftige der K. Regierung dafür Dank wissen, daß es ihnen auf diese Weise ermöglicht wird, ihr Vieh zu erhalten, das sie jetzt oder wenigst-ns bis zum Winter zu Schleuderpreisen verkaufen und im kommenden Frühjahr wieder zu außer­ordentlich hohem Preise ersitzen müßten.

Der Bodenseestand hat sich in den letzien 3'Tagen um 18 Centimeter ge­hoben; es beweist das, daß das Erdreich ge­sättigt ist und die fallenden Regenmengen den Flußläufen folgen. *