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Thüre geklopft. Er fuhr zusammen; der Schneider, dachte er. Aber er hatte sich geirrt. Auf sei» etwas zaghaftes Herein trat Ler Briefträger ins Zimmer, der ihm einen Brief überbrachte. Er war von seinem Onkel Ferdinand und enthielt die Mitteilung, daß -ihn dieser, auf einer Geschäftsreise begriffen, 4 M anderen Tage besuchen werde.
Herr stuck. zur. Erich Fischer machte ein nachdenkliches Gesicht. Ja, eS gab noch ein Schicksal, das sich um arme Musensöhne -kümmerte Das sab er jetzt. Denn, daß der Onkel Ferdinand Asche lassen mußte, war so klar, wie das römische Recht, wovon er allerdings bis heute noch keine Ahnung hatte.
Er überlegte. Er wußte aus Erfahrung, daß es nickt seicht war, seinen Onkel anzu- pumpen; denn er war, wie er in seiner burschikose» Art sich auszudrücke» beliebte etwas hartleibig. Vor allen Dingen mußte «r ihm zu imponiren suchen, und zu diesem Behufe begab er sich zu seinem Korpsbruder Franz Sturm, mit dem edel klingenden Beinamen Storch.
„Storch," begann er, als er in dessen elegant eingerichtetes Zimmer trat, „Du ninßt mir deine Bude überlassen."
„Wie soll ick das verstehen?" fragte chieser.
„Du mußt ansziehen und mich in Deinem Zimmer de» Wut spie en lassen."
„Warum?"
„Mein Onkel kommt, und ich will ihm imponiren."
„Ach so! Reich?"
„Wohlhabend."
„Wann?"
„Morgen."
„Schön."
Am andern Morgen prangte an der Wohnung des Studenten Franz Sturm eine Visitenkarte unseres Freundes Erich Fischer, während dieser in Büchern förmlich vergraben hinter dem Tische saß und fleißig zu arbeiten schien. Es war ein hartes Stück Arbeit. Jeden Augenblick konnte sein Onkel kommen, und der mußte ihn doch bei der „Arbeit" überrasche». Und dabei sahen ihn die alten Schmöker an, als seien sie die personifizierte Langeweile. Endlich hörte er Schritte auf der Treppe, und nun nahm er das Collegienheft seines Freundes zur Hand und schrieb darin herum, als sei das seine tägliche Uebung.
Ganz vertieft in seine Arbeit, merkte er gar nicht, daß sein Onkel bereits im Zimmer stand, und erst als dieser ihn anredete, blickte er auf.
Ein freundliches Lächeln verklärte das Antlitz des jungen Mannes, als er seinen Onkel so frisch und blühend vor sich stehen sah, und dann bat er mit größter Liebenswürdigkeit um Entschuldigung, daß er ihn nicht vom Bahnhofe abgeholt habe. Aber es sei nicht seine Schuld, oenn der Onkel
t hatte ihm leider nicht mitgeteilt, mit welchem Zuge er kommen werbe.
Inzwischen war er bemüht, seinem Gaste Ueberzieber, Hut und Stock abzunehmen, wobei er bemerkte, daß der Onkel fragende Blicke auf seine Umgebung werfe. „Äha," dachte er, „die Wirkung kommt schon;" und wirklich, es dauerte auch nickt lange, als der Besuch, nachdem er sich niedergelassen und ein Glas Wein ans dem Vorrat des Studenten Franz Sturm zn sich genommen, plötzlich bemerkte: „Aber sag'mal mein Junge, Du bist hier ja beinahe fürstlich eingerichtet. Soviel ich weiß, bist Du doch nicht in, stände, solchen Luxus zu treiben."
„Da hast Du recht, lieber Onkel," erwiderte der N>ffe; „aber siehst Du, der Zweck heiligt die Mittel. Ich wohne so luxuriös, um repräsentieren zn können. Ich habe nämlich die Absicht, mich später hier als Rechtsanwalt nieder zu lassen, und da ist es für mein Fortkommen von äußerster Wichtigkeit, wenn man mich bereits als Student als solide», ordentlichen Menschen kennen lernt."
Herr Ferdinand Brandt und Co., Hafer und Gerste «u Ki-os, machte verwunderte Augen. Die ganze Familie sprach über das Lotterleben seines Neffen, und er hatte hier den Beweis vor fick, daß er ein strebsamer Mensch sei. Na, seine lieben Verwandten sollten sich wunder», wenn er erst wieder nach Hause gekommen, ihnen den Standpunkt klar machte.
Nur begriff er nicht, wie sein Neffe es fertig brachte, mit denjenigen Mitteln, die ihm seine Mutter znkommen lasse» konnte, so elegant zu wohnen.
„Das ist ja sehr einfach," erwiderte dieser; „ich lege auf die äußere Repräsentation, wie ich schon einmal bemerkte, den größten Wert. Dagegen bin ich natürlich gezwungen, meine sonstigen Ausgaben auf ein Minimum zu reduzieren. Ich esse sehr einfach und für Bier gebe ich nur in den seltensten Fällen etwas aus. Wein habe ich nur im Hause, um meinen Gäste» — ich verkehre nur mit älteren, einflußreichen Herren — etwas vorsetzen zu können."
Donnerwetter, war das ein Prachtjunge, dieser Erich! Im Leben hätte kein Mensch geglaubt daß er ein so weit voraus sorgender Mensch werden könne. Ja, wie man sich täuschen kann. Doch, da siel ihm ein, daß er seinen Neffen vielleicht störe, und da er noch verschiedene Wege zu besorgen hatte, so beschloß er, jetzt fort zu gehen und am Abend wieder zu kommen, um mit Franz, wie dieser ihm vorgeschlagen, ein Garten- konzert zu hören.
(Schluß folgt.)
V er misch tes.
— (Erfindung eines Stationsanzeigers.) Der in München wohnhafte Hr. Franz Gamp
hatte in seiner früheren Eigenschaft als Be» triebsverwalter einer Lokalbahn viel Gelegenheit, die Wahrnehmung zu machen, daß Fahr» gäste, teils mit der Absicht weniger Kosten zu haben, teils aus Versehen die auf der Karte bezeichnete Endstation überfuhren und darüber zur Rede gestellt, als Entschuldigung vorbrachten, es sei Verpflichtung des Bahn- Personals, die Passagiere an ihrem Bestimmungsort abzusetzen, bezw. auf die Erreichung ihres Reiseziels aufmerksam zu machen. Diesen und ähnlichen Uebelftänden abzuhelfen, dürfte der von Gamp hergestellte patentierte „Sta- tionsanzeiger" genügen, dessen Konstruktion darin besteht, daß derselbe an einer sofort in die Augen fallenden Stelle in einem jeden Koupee angebracht, beim Verlassen emer Station den Namen der nächstkommenden rn deutlich leserlichen Buchstaben angibt. Die Annehmlichkeit dieser Einrichtung erhöht sich noch bei Benützung von Schnellzügen. Hier werden die Nichthalrestellen unberücksichtigt gelaffen; dagegen tritt die Dauer der Fahrt zwischen den einzelnen Stationen und dementsprechend in Zwischenräumen von 10 —15 Minuten die nächste Haltestelle hervor. Ein Bl ck auf den Stationsanzeiger belehrt rascher und sicherer als jedes Fahrplanbuch über die Fahrtdauer und nächste Haltestation. Gegenüber diesen Vorteilen, die zur Bequemlichkeit eines reisenden Publikums wesentlich beitragen, sind die Anschaffungskosten der mehrfach erwähnten Konstruktion unbedeutend, sowie die Raumverhältnisse in keiner Weise störend. Sämtliche Apparate eines Zuges werden von der Zugsmaschine aus in Bewegung gesetzt. Reparaturen sind bei der gediegenen Ausführung des Ganzen fast ausgeschlossen.
— Mehrere Zeitungen machen darauf aufmerksam, daß es für Annoncierende unter Umständen sehr nachteilig sein kann, die Buchstaben-Briefe postlagernd zu verlangen. Durch den Umstand, daß durch die Zeitung die angegebenen Buchstaben und Zahlen, unter welchen die Briefe abzuliefern sind, allgemein bekannt werden, ist es jedem Beliebigen möglich, diese unter den angegebenen Buchstaben eingelaufenen postlagernden Briefe bei dem Postamte zu erheben, da ein Ausweis dazu nicht nötig ist. In den letzten Tagen ist ein Fall voraekommen, der das soeben Erwähnte zur Genüge beleuchtet. Ein junger Mann bewarb sich um eine Stelle, zu welcher Offerten postlagernd einzureichen waren. Was that er? Er hotte sich am nächsten Morgen sämtliche unter so und so eingegangenen Briefe ab, und nun erst sandte er seine eigene Offerte postlagernd an das betr. Postamt. Diese fand dann, weil die einzige, nicht unbegründete Berücksichtigung. Man kann allerdings auf der Post ankündigen, daß nur der Verabreichet einer bestimmten Ausweisung die Briefe in Empfang nehmen darf, da dies aber bei der Post wenig üblich ist, so ist es auch wenig zuverlässig.
Amtliche und Privat-Anzeigen.
kkLiumtk . L. KöM, UM d. Koriin.
Für nur 1 Mk. kann man obige Bezeichnung erproben.
Große Hannoversche Silberlotterie am 4. Juli i Originallos nur 1 Ml- 3223 Gew. Hauptgew. 10,000 Mk. W- S0°/o baar. Jede Liste 15 Pfennig. — Porto 10 Pfg.
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