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Nro. 73.

Dienstag. 27.

Juni 1893.

29. Isln'gang.

Württemberg.

Stut gart, 24. Juni. (Schwurgericht.) Gestern hatte das Schwurgericht einen langen Tag. Erst Nachts 10 Uhr zogen sich die Geschworenen zur Beratung zurück. Angeklagt wegen 2 Verbrechen wider die Sittlichkeit war der nahezu 70jähr. verheir. Kaufmann Jakob Bodenheimer hier; die Oeffentlichkeit war aus­geschlossen. Es waren 26 Zeugen und ein Sachverständiger zu vernehmen, so daß die Plaidoyers erst abends 8 Uhr begannen. Die Sffentl. Anklage vertrat St.A. Burk; die Ver­teidigung hatten die R.A. v. Schad und Haußmann übernommen. Der gegen 11 Uhr Nachts verkündigte Spruch der Geschworenen lautet Freisprechung von 1 Verbrechen und Schuldig des 2. Vergehens wider die Sittlich­keit, unter Annahme mildernder Umstände, woraus Bodenheimer zu 1 Jahr Gef. und 3 Jahre Ehrenverlust verurteilt wurde; l?/, Monate Untersuchungshaft wurden in die Strafe eingerechnet. Bodenheimer wurde gegen 10 000 Mk. Kaution aus der Haft entlassen.

Stuttgart, 24. Juni. Eine derge­wichtigsten" Personen Stuttgarts dürfte die Köchin im Bachnerschen Restaurant sein, die­selbe wiegt 279 Pfund!

Bei der vorgenommenen zweiten höheren Dienstprüfung im Departement des Innern ist u. a. E. Nau von Dobel für befähigt erkannt worden.

Höfen, 23. Juni. An einem hiesigen Neubau trieben sich gestern mehrere Schul­knaben herum. Von einem Maurer von Schwann, der am Bau beschäftigt war, wurden die Knaben weggejagt. Einer der Knaben warf einen Stein nach dem Maurer. Dieser ergriff ebenfalls einen Stein und warf damit einen Knaben unglücklicherweise an die linke Schläfe. Da Lebensgefahr vorhanden ist, wurde der Maurer in Untersuchungshaft nach Neuenbürg verbracht.

Unterreichenbach. Das 3. Gaufest des Enz- und l-Nagoldgau - Sängerbundes, verbunden mit Wettgesang der Gauvereine, kann als vorzüglich gelungen, von präch­tiger Witterung begünstigt, bezeichnet wer­den. Der freundliche Sängerstreit ergab fol­gendes Resultat: Für vorzügliche Leistung unter Direktion des Hrn. Bachmaier aus Pforzheim erhielt die Freundschaft Unterreichen­bach den 1. Preis. Der 2. Preis fiel dem Sängerbund Birkenfeld nebst einem prächtigen Pokal zu. Den 3. Preis errang der Licder- kranz Engelsbrand, den 4. Liederkranz Calm­bach, den 5. Sängerbund Grunbach und den 6. Preis der Arnbach-Sängerbund.

Hirsau. Herr Pfarrer vr. Klaiber hier ist für seine Bemühungen um Auffindung des

Grabes des Herzogs Berthold I. von Zäh­ringen (ff 1078) in der Aureliuskirche dahier (vergl. Beil. z.Staatsanz." v. 25. Mai- 1892) von Sr. König! Hoheit dem Groß­herzog von Baden mit dem Ritterkreuz 1. Klasse mit Eichenlaub des Zähringer Löwenordens ausgezeichnet worden.

N a g o l d, 22. Juni. Der landwirt­schaftliche Verein hat wegen der großartigen Futternot Versuche gemacht, fremdes gutes Futter um billigeren Preis als in unserer Gegend herbeizuschaffeu. Er ließ in Oest- reich und in Ungarn Heu auskaufen und hieher bringen. Bis jetzt sind 3 Waggon jähriges ausgezeichnetes östreichisches Gebirgs- Heu und 1 Waggon ungarisches Heu ange­kommen. Elfteres kostet per Zentner 6 letzteres 5 ^ 60 Pfennig. Dieser Preis ist immerhin einige Mark billiger als bei uns.

Leonberg. Auf eine sehr einfache, aber recht wirksame Weise haben letzte Woche einige hiesige Kaufleute einen Wanderlagerer zum Städtchen hinausgcbracht. Derselbe ließ sich unter dem üblichen marktschreierischen Ne- klamegeschrei im Gasthaus zum Waldhorn nieder. Fünf hiesige Kaufleutc errichteten nun mit obrigkeitlicher Genehmigung um das Wald­horn herum in sogen. Meßbuden Kaufstellen und sie verkauften ihre Waren nicht billiger aber auch nicht teurer als im Ramschwaren­lager, dagegen um manches besser und solider. Das Publikum merkte bald, daß die Wander­lager keine reellen Geschäfte sein können und blieb weg. Der Wanderlagerer aber mußte mit Schaden und Spott von hier wieder ab- ziehen.

Ulm, 21. Juni. Wergzeugfabrikant Georg Ott geht im Auftrag der K. Zentralstelle in Stuttgart und mit Reiseunterstützung aus der Villard'schen Stiftung nach Chicago und reist nächsten Montag über Hamburg dorthin ab.

Rundschau.

Pforzheim, 22. Juni. Die Bijou­terie-Fachausstellung erfreut sich insbesondere von auswärts, namentlich auch von Stutt­gart eines andauernd guten Besuches. In den nächsten Tagen besichtigt dieselbe auch der Großherzog von Baden wahrscheinlich in Gemeinschaft mit dem Erbgroßherzog.

Karlsruhe, 23. Juni. Ein Wahlauf­ruf der Freisinnigen und der Volkspartei for­dert die Parteigenossen im Lande auf, bei den Stichwahlen für Gegner der Militärvor­lage einzutreten.

München, 23. Juni. Neuerdings sind 7 Mann des Leibregiments gestorben. Ter Zugang von Neuerkrankten ist keineswegs ab­

geschlossen. Der M-nagemeister, ein Sergeant, welcher die Mannschaflskost zu probieren hatte, liegt nun gleichfalls im Sterben, ein Beweis, daß blos die Menage (Konserven) die Schuld an den Erkrankungen trägt, diese selbst aber Vergiftungen sind.

Kassel, 23. Juni. Der ungewöhnliche Tiefstand des Fuldaflusses unterhalb Kassel hat ein massenhaftes Absterben der Fische zur Folge. Zentnerweise liegen tote Fische am Ufer. Fischfachmänner schätzen den Verlust auf 200 Ztr. Man befürchtet eine Gesamt- Vernichtung des Fischbestandes.

Berlin, 22. Juni. Die Nordd. Allg. Ztg. teilt sicherem Vernehmen nach mit, der Kaiser werde Ende dieses Monats nach Porsbam zurückkehren und an einem der ersten Tage des Juli den Reichstag per» sönlich eröffnen.

Berlin, 23. Juni. Die Morgenblätter enthalten ein Privattelegramm aus Schneide­mühl, wonach der Schaden nicht auf mehrere Millionen, sondern nahezu auf eine Million geschätzt wurde. Gegenwärtig ist er noch unberechenbar. Der Oberpräsident Posens, Wilomowitz, traf am Donnerstag abend ein. Die Situation wird schon etwas ruhiger aufgefaßt.

Berlin, 24. Juni. Durch die heutige Stichwahl verliert die freisinnige Volkspartei drei Berliner Sitze an die Sozial,l..n. Dresden ging von den Konservativen an die Antisemiten über. Slraßburg, wo Petri (nat.-lib.) gegen den Sozialdemokraten Bebel unterlag, ist durch Hilfe der Ultramontanen an die Sozialisten verloren. Danzig wählte den Führer der freisinnigen Vereinigung Rickert wieder. Krupp (nat.-lib.) gewann von den Ultramontanen den Essener Wahlkreis.

Berlin, 25. Juni. Bis früh 5 Uhr 85 Stichwahlen bekannt, davon Konservative 9, Reichspartei 3, Nationalliberale 19, Frei­sinnige Vereinigung 6, Freis. Volkspartei 11, Süddeutsche Volkspartei 5, Zentrum 6, An­tisemiten 4, Sozialdemokraten 19.

Der Polizei gelang es heute eine Falschmünzerbande bei der Arbeit abzufassen. Ihr Vorrat bestand aus 1055 Mk. bestehend in nachgemachten Ein-, Zwei- und Fünfmark­stücken. Man nimmt bei der Behörde an, daß die Fälscher noch eine Hauptwerkstätte haben, die man ausfindig zu machen sucht.

Aus Harlingen bei Rotterdam sind in den letzten Tagen Hunderte von geschlachteten Schafen eingelroffen, die fast alle wegen ein­getretener Fäulnis für unbrauchbar zum Ge­nuß erklärt worden sind.

In ganz Deutschland mit sehr verein­zelten Ausnahmen ist die Not der Bauern wegen Futtermangels infolge der nicht enden wollenden Dürre auf eine entsetzliche Höhe ge-