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NrO. VI.
Aonnsrrstcrg, 22. Juni 1893.
29. latn-gang.
Württe ur der q.
Stuttgart, 20. Juni. Eine Abordnung, bestehend aus dem Kammerpräsidenten v. Hohl, Vizepräsident Dr. Göz, Landtags- Abgeordneter Stockmayer, begaben sich, dem Vernehmen nach, heute Nachmittag zu dem Minister des Innern, um Maßregeln in Anregung zu bringen, welche geeignet sind, der Notlage der Landwirtschaft, hervorgerufen durch Futtermangel abzuhelfen.
Cannstatt, 19. Juni. Gestern abend 7 Uhr belustigten sich junge Leute mit Nachenfahren auf dem Neckar, wobei ein Fräulein von einem Nachen iu den andern umsteigen wollte. Infolgedessen schlug der Nachen um und die Insassen fielen in das Wasser. Drei hievon konnten sofort durch andere Schifffahrende gerettet werden, während die 17 Jahre alte Adelheid Siller von Luv- wigsburg erst nach einer halben Stunde aufgefunden wurde. Die alsbald von 2 Aerzten angestellten Wiederbelebungsversuche waren ohne Erfolg.
Schwann, 19. Juni. Der hiesige Militärverein beabsichtigt in 3 Wochen sein Fahnenweihsest abzuhalten und hat auch teilweise schon Vorbereitungen hiezu getroffen. Wie verlautet, haben nun die bürgerlichen Kollegien in Unbewacht der allgemeinen Notlage und der ungünstigen Aussichten in Folge der anhaltenden Trockenheit cs für ihre Pflicht gehalten, den Militärverein zu veranlassen, seine Fahnenweihe bis zu einer gelegeneren Zeit zu verschieben.
Altensteig, 18. Juni. Schon dieses Frühjahr versuchten die hiesigen Milchverkäufer einen mäßigen Aufschlag (von 13 auf 14—15 Pfg.) der Milch eintreten zu lassen, konnten ihn aber nicht durchsetzen. Gestern nun ließen sie nach vorausgegangener Versammlung bekanntmachen, daß das Liter Milch vom 20. Juni ab statt 13 und 14 Pfennig nun 18 Pfg. koste. Daß ein Aufschlag bei den teuren Futterpreisen und dem herrschenden Futtermangel gerechtfertigt ist, wird auch von dm Konsumenten anerkannt. Die Verkäufer verpflichten sich bei einer Strafe von 50 Mk. keine Milch billiger als 18 Pfg ab- zugebm.
Tübingen. (Schwurgericht.) In der Strafsache gegen den verh. Oberholzhauer Wilhelm Karl Schneider von Egenhausen, wohnhaft in Splelberg, wegen Brandstiftung, verneinten die Geschworenen die Frage wegen vorsätzlicher Brandstiftung und bejahten diejenige auf Fahrlässigkeit, worauf Schneiver zu 5 Monaten Gefängnis, auf welche 3 Monate der Untersuchungshaft angerechnet wurden, verurteilt wurde.
N u n dscha u.
Pforzheim, 17. Juni. Heute Nacht starb eine Frau Hey, auf dem Waisenhaus- platz wohnhaft, an den Folgen einer Blutvergiftung. Dieselbe verletzte sich vor einigen Wochen an einem Finger durch Abreißen eines Fadens, wobei sie eine kleine, kaum sichtbare Schnittwunde erhielt. Gleich darauf hatte die Frau Wäsche zu waschen und zu bläuen, wodurch die Wunde verunreinigt wurde und / Blutveigiftung eintrat. Die Schmerzen steigerten sich immer mehr und wurde ärztliche Hilfe in Anspruch genommen; zuerst wurde ein Finger abgenommen, dann die ganze Hand, unv heute sollte der Arm amputiert werden, doch der Tod erlöste tie arme, vor Schmerzen fast wahnsinnig gewordene Frau heute Nacht.
Knittlingen, 17. Juni. Infolge von Wahlstreiligkeften kam es am Abend des Wahltages zu einer Schlägerei, bei der ein hiesiger Mann so schwere Kopfverletzungen erhielt, daß er schwerlich mit dem Leben davonkommen wird.
Gondelsheim, 17. Juni. Der Orts- geistliche, Pfarrer I., weicher nahezu 40 Jahre hier amtierte, beendigte gestern sein Leben durch Selbstmord; derselbe hat sich in der Dienstbotenkammer auf dem Speicher des Pfarrhauses erhängt.
Berlin, 19. Juni. Die unabhängigen Anarchisten, welche sich bei der Hauptwahl der Stimmabgabe enthielte», proklamieren für die Stichwahl Stimmabgabe für die Fraktionellen, da diese ebenfalls Kämpfer für das Proletariat seien.
— Mehrere industrielle Vereinigungen Deutschlands haben den Beschluß gefaßt, eine Eingabe an de» Bundesrat zu richten, worin um Erhöhung der Gewichtsgrenze für einfache Briefe auf 20 Gramm im Weltpostverein oder in Deutschland und Oesterreich gebeten wird. Dieses Vorgehen kann bei der Wichtigkeit der angestrebten Verkehrserleichter- ung nur auf das Angelegentlichste zur Nachahmung empfohlen werden.
— In der Bekleidung und Ausrüstung der Truppen sind durch Kabinetsordres vom 22. Mai und 1. Juni d. I. einige Aenderungen angeordnet worden. Zunächst soll an die Stelle der bisher als zweite Fußbekleidung der Truppen dienenden Schnürschuhe aus wasserdichtem Stoff mit Lederbesatz die Einführung von ledernen Schnürschuhen erfolgen. Ferner sollen die Feldflasche und der Trinkbecher in Zukunft aus Aluminium gefertigt werden Ueber die Beschaffung u. s. w. dieser Gegenstände werden noch weitere Aus- füyrungsbestimmungen ergehen.
I Potsdam, 19. Juni. Heute nacht i entstand im neuen Proviantamt der hiesigen Garnison Feuer, welches dasselbe niederlegte. Ca. 600 Zlr. Brot, sowie ein großer Posten Heu sind verbrannt. Der Schaden ist ein ziemlich bedeutender. Die Feuerwehr war in Thätiakeit bis morgens 5 Uhr. Darauf rückte zur Hilfeleistung eine Kompagnie Gardejäger zur Brandstätte.
Posen, 18. Juni. Aus Schneidemühl meldet die „P. Ztg.": Gestern Nachmittag sank plötzlich der mehrere Meter über der Erde stehende gemauerte Senkbrunnen in die Tiefe hinab, so daß von demselben nichts mehr zu sehen ist. Auch die eisernen Röhren, weiche der Brunnenmacher Beyer aus Berlin zur Absassung der Quelle eingejenkt, sind mit hmabgesunken. Der Giebel eines Hauses ist bereits eingestürzt, andere Häuser sind dem Sturze nabe. Menschen sind »ichi verunglückt. Sachverständige aus Berlin besichtigen den Brunnen.
Magdeburg, 17. Juni. Freitag Morgen 6 Uhr wurde der berüchtigte Wilddieb Goitlieb Schröder aus Fröderstedt im Hofe des Kriminalgerichtsgebäudes auf dem Thränsberg in Magdeburg durch den Scharfrichter Reindel hingerichtet. Schröder der bereits wegen Körperverletzung, Widerstandes gegen die Staatsgewalt, Hausfriedensbruchs, Nötigung und Sachbeschädigung mit Gefängnis, ferner wegen thätlichen Angriffs auf einen Jagdbeamten mit Zuchlhaus vorbestraft war, hatte bekanntlich am Morgen des 3. Juli
1892 in der Förderstedter Feldmark auf dem den Fabrikbesitzern Bennecke, Hecke u. Co. gehörigen Jagdgebiete mit einem doppelläufigen Gewehre den Förster Sauer durch einen Schrotschuß in den Hals und den Jagdaufseher Wendt durch einen Schuß in die Schläfe vorsätzlich und mit Ueberlegung getötet und beide Leichen dann in ein Kornfeld geschleppt. Er war vom Schwurgericht am 11. Januar
1893 zum Tode verurteilt. Punkt 6 Uhr gab der 1. Staatsanwalt Maizier den Befehl zur Vorführung des Verbrechers; zugleich begann das Armesünderglöckchen zu läuten. Schröder, ein früherer Kürassier, eine wahre Hünengestalt, erschien. Tie Frechheit und Gleichgiltigkeit, die er während seines Prozesses gezeigt, schien ihn auch heute nicht verlassen zu haben. Er wurde flugs von den 4 Gehilfen des Scharfrichters ergriffen und dann von Reindcl enthauptet. Die ganze Handlung dauerte' 3 Minuten. Es waren etwa 100 Personen zur Teilnahme an der Hinrichtung zugelassen. Nach Vollziehung des Urteils wurden an den Plakatsäulen Bekanntmachungen angeschlagen, die dem Publikum das Geschehene mitteilten.