— Domes kugelsicherer Panzer hat der Regierung noch nicht Vorgelegen. Der Vertreter Domes in Berlin gibt das bekannt.
Berlin, 6. Mai. In einer großen Versammlung der Antisemiten wiederholte der Antisemit Schwennhagen die Beschuldigung gegen den Finanzminister Miquel, welche bereits Ahlwardt in den verschiedenen Reichstagssitzungen vorgebracht hat: Der Staat und das deutsche Volk seien bei der Gründung der Braunschweiger, Rumänischen und Gotthardt-Bahn durch die Schuld Miquel's um ungeheure Summen geschädigt worden.
— Die Pariser Presse bespricht schadenfroh die voraussichtliche Verwerfung der deutschen Militärvorlage. Der „Rappel" sagt: Wenn die Vorlage verworfen wird, schwindet das, Brestige des Kaisers, und das ist uns durchaus nicht unwillkommen. „Republ. Franc." meint, eine äußerst schwere Krisis stehe bevor.
— Der zurückgekehrte Afrikareisende Dr. Karl Peters teilte dem Leipziger Verein für Handelsgeographie und Kolonialpolitik mit, er beabsichtige, sich um ein Reichstagsmandat zu bewerben.
Schwerin, 6. Mai. Wegen Soldatenmißhandlung wurden 3 Unteroffiziere zu 1 bis 2*/s Jahren Gefängnis verurteilt.
Hamburg, 6 Mai. In der Unter- suchungs-Affaire gegen Eisenbahnschaffner welche sich dadurch, daß sie Personen ohne Fahrkarte durchließen, eine Nebeneinnahme verschafften, wurden bereits 17 Personen verhaftet.
Kiel, 4. Mai. „Der „Kieler Zeitung" zufolge würde das Ruderboot des Schiffsjun- gen-Schulschiffes „Moltke" von dem Dampfer „Helene" anzerannt. Wie verlautet, sind mehrere Schiffsjungen ertrunken.
Kiel, 4. Mai. Em schreckliches Unglück hat sich, wie schon gemeldet, gestern Nachmittag auf unserer Fährde ereignet, indem eine Anzahl Schiffsjungen in den Wellen einen jähen Tod gefunden haben. Am Mittwoch Nachmittag werden nämlich stets die jungen Leuts an Bord des „Moltke", ihres Schulschiffs an Land geführt, um einen Ausflug zu machen. Dieses Mal hatten sie in 3 von von einem kleinen Dampfer remorquierten größeren Booten Platz genommen und sollten bei Dietrichsdorf in der Jnnenföhrde an Land gesetzt werden, waren auch ihrem Ziel schon nahe, als der nach Königsberg bestimmte Dampfer „Helene" das letzte der 3 Boote anrannte und zum Kentern brachte. Die Katastrophe soll dadurch herbeigeführt worden sein, daß dieses letztere sich in dem Augenblick von der Trosse, die es mit den beiden anderen Jollen verband, losmachte, als eben die „Helene" herankam. 20 Schiffsjungen stürzten ins Wasser, 7 davon ertranken, ein weiterer brach ein Bein. Die Leichen von mehreren der Verunglückten konnten bisher geborgen werden, nach denjenigen der übrigen ist man noch auf -er Suche. Dieses Ereignis hat naturgemäß in unserer Stadt große Aufregung verursacht.
Paris, 5. Mai. Cassagnac greift heftig die Polizei wegen der am 1. Mai an Abgeordneten vorgekommenen Mißhandlunge», deren Schuld nicht erwiesen war, an. — Zwei Gründer des Comptoir Parisien sind flüchtig geworden. Deponenten verlieren große Summen von 1—400,000 Franks. Die Passiv« sind noch nicht ermittelt.
Belfort, 4 Mai. Ein Großseuer zerstörte eine große Niederlage von Baumwoll- Abfällen; der Schaden wird auf eine halbe Million geschätzt.
Antwerpen, 5. Mai. Im Genieregiment ist eine Meuterei ausgebrochen, die Sob
daten verweigern den Dienst, weil sie angeblich durch schlechte Nahrung geschwächt seien.
Antwerpen, 5. Mai. In einem Aufsehen erregenden Prozeß gegen Militärpersonen wegen Unterschlagung und Fälschung wurden der Adjutant Draily zu 4 Jahren Gefängnis, der Sergeant-Major Mülckens zu 9 Monaten und Degradirung verurteilt; die silbrigen Angeklagten wurden freigesprochen, aber dem Dis- ciplinargericht überwiesen.
Aus Petersburg, 5. Mai, wird gemeldet.- In einer Gemeinde des Atkar'schen Kreises sind 12 Menschen in einem Schneesturm umgekommen. — Die Wolga ist bei Jaroslaw unter starkem Eisgang 3 Met r über die normale Höhe gestiegen.
Belgrad, 5. Mai. Der Artillerieoberst Pantelitsch ist gestern als Spesialgesandter des Königs von Serbien nach Berlin abgercist. Pantelitsch überbringt ein eigenhändiges Schreiben des Königs Alexander an den Kaiser Wilhelm, worin erstercr seine Thronbesteigung anzeigt und die Hoffnung ausdrückt, daß der deutsche Kaiser das große Wohlwollen, das die Hohenzollern von jeher Serbien und der Dynastie Obrenowitsch dargebracht hätten, auch ihm werde zu Teil werden lassen.
AuS Genua, 4. Mai, meldet man der „Fr. Ztg.": Der Millionär Cavaliere Nicola Curro, Chef eines Großhandlungs-Hauses, und sein Sohn gerieten gestern Abend mit ihrem Diener Orsini in Streit. Letzterer stürzte auf den alten Herrn los, der Sohn konnte die Streitenden nur schwer trennen und den Diener hinausschaffen. Dieser kehrte aber bald zurück und streckte Vater und Sohn mit 5 Revolverschüssen nieder. Der Sohn starb auf dem Transport zum Spital; der Vater liegt hoffnungslos darnieder, Der Mörder wurde verhaftet.
London, 3. Mai. Der „Standard" meldet aus Shanghai: Furchtbare Ueber- schwemmungen des gelben Flusses zerstörten mehrere hundert Ortschaften. Tausende von Menschen sind umgekommen.
— In Konstantinopel befinden sich zur Zeit die beiden Admirale, die das franz. Mittelmeergeschwader befehligen, sowie mehrere höhere Offiziere desselben. Der Sultan hat sie freundlich empfangen und den Offizieren wie den Mitgliedern der franz. Botschaft hohe Orden verliehen. Noch vor dem Empfange durch den Sultan haben verschiedene russischfranzösische Verbrüderungsfeste stattgefunden. Der russische Militärattache, Oberst Peschkoff, veranstaltete nämlich zu Ehren der französ. Offiziere an Bord des russischen Stations- schiffeS Clochid einen Lunch, worauf die russischen Gastgeber von den französischen Offizieren an Bord des Stationsschiffes Pötrel geladen wurden. Bei beiden Gelegenheiten wurden Toaste auf den Zaren und die Zarin, auf den Präsidenten der Republik und auch auf die unzertrennliche Bundesgenossenschaft der beiden Armeen und Flotten und ihre künftigen Siege ausgebracht, die mit großer Begeisterung ausgenommen wurden.
Chicago, 2. Mai. Auf dem Gebiet der Industrie gebührt Deutschland die.Palme, obgleich auch Großbritannien gutes geleistet hat. Auch Frankreich und Japan erregen Interesse. Mehr als 30 ausländische Journalisten wohnten der Eröffnungs-Feierlichkeit bei, unter ihnen viele Engländer und Deutsche. Einige, die aus Furcht, tm Menschengewühl zu ersticken, auf die Estrade des Präsidenten sich gedrängt hatten, wurden durch die Polizei entfernt; auch wurden mehrere Personen ver-
TnkHMudrs.
Dorf und Stadt.
Eine einfache Erzählungaus dem Lebend. M.B.
(Fortsetzung.)
„Du hast Recht," entgegnete er, „der gute Bursche wurde ohne Zweifel durch die -Sehnsucht wieder über das Meer und in die Heimat getrieben, die er wahrscheinlich mit dem Entschlüsse, nie mehr heimzukehren, verließ. Er vergaß eben auch das Liedlein nicht: „An meinem Herzen ist der schönste Ort."
Die Thüre ging auf und unter Weinen und Lachen zog Amalie den vor Freude und Glück strahlenden Gottlob in das Zimmer herein.
Der Bursche wurde von dem Hausherrn m>t einem kräftigen Handschlag und durch den ihm unbekannten Rentner sogar mit einer herzlichen Umarmung begrüßt. Auch Frau Anna eilte, von Amalie benachrichtigt, mit den Kindern herbei. Da gab es denn ein Fragen und Erzählen, daß die Zeit im Fluge verging und Gottlob vor lauter Glück und Wiedersehensfreuve seine Pferde samt dem Holzwagen vergaß. In dieser Hinsicht hatte jedoch Arnold bereits Vorsorge getroffen. Die Pferde waren im Stalle untergebracht und das Holz wurde durch einige seiner Leute in die Remise geschafft. Man ließ den Burschen nicht fort, bis von seiner Serie eine vollständige Beichte über alles Thun und Treiben seit jenem verunglückten Besuch in der Stadt abgelegt war.
Gottlob sträubre sich nicht. Er hatte eigentlich nicht viel erlebt, aber doch genug, um die Erfahrung zu machen, daß die Heimat immer das schönste Plätzchen bleibt, auch wenn sie nicht alle Wünsche erfüllt.
Mit blutendem Herzen war er nach jener peinliche > Szene bei dem Waldschlößlein heimwärts geeilt. Er dachte nicht mehr an den eiugeleiteten Kauf. Auch als später wieder die Ruhe bei ihm einkehrte und eine kühlere Ueberlegung an die Stelle der Erbitterung trat, ließ sein Stolz die von dem sehnsuchtsvollen Herzen stürmisch begehrte Annäherung nicht zu. Alles war ihm entleibet. Ein unerträglicher Zwiespalt trieb ihn hin und her. Da hörte er von dem Auswauderungsplan einer größeren Anzahl seiner Landsleute. Eine Idee erwachte in ihm. Sie bekam schnell eine greifbare Gestalt. Er beschloß, die Heimat ebenfalls zu verlassen, die ihm nach seiner Meinung außer schmerzlichen Erinnerungen doch nichts mehr bot. Er reiste mit den Gefährten nach der neuen Welt ab. Drüben ging es ihm, da er ein nettes Sümmchen bares Geld mitgebracht hatte, gerade nicht schlecht. Besonders gut aber auch nicht. Er hatte eine Farm kaufen wollen, doch bald herausgefunden, daß dabei eine schamlose Prellerei gegen ihn in Szeue gesetzt war. Noch rechtzeitig zog er die Hand von dem unsauberen Handel und kam in Folge dessen mit einem blauen Auge davon.
Nun verdingte er sich bei einem Farmer als Knecht. In dieser Stelle erhielt er zwar einen hohen Lohn, mußte aber auch von morgens früh bis spät in die Nacht hinein so angestrengt arbeiten, daß schließlich selbst sein kräftiger Körper Not litt. Auch verschiedenes Andere behagte ihm nicht. Von einer Geselligkeit, einem gemütlichen Zu»