Amts- und Auzrigc-Dtatt für Mtddad und Umgebung.

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Uro. S3.

Dienstag,

9. War 1893.

29. latingang.

Württemberg.

Stuttgart, 5. Mai. DerStaats­anzeiger für Württemberg" veröffentlicht die Pensionierung des bisherigen württemb. Ge­sandten v. Maucler in Wien und die Ernenn­ung des bisherigen Petersburger Gesandten v. Varnbüler zu dessen Nachfolger.

Stuttgart, 5. Mai. Heute früh halb 3 Uhr hat sich ein verh. Versicherungsbeamter, welcher von seiner Frau getrennt leben soll, in seiner Wohnung in der Thorstraße er­schossen. Derselbe hatte vorher sein Wohn- und Schlafz>mmer mit in Erdöl getränkten Papierfetzen angezündet, auch sämtlichen Inhalt der Schränke rc. mit Erdöl übergossen. Es brannten sämtliche Möbel, der Inhalt der Schränke, Plafonds, Vorhänge, der Inhalt der Wäsche- und Klciverschränke, Kommode und Betten. Die Berufsfeuerwache wurde^ gerufen und löschte das Feuer rasch, so daß dieselbe um 3 Uhr 17 Min. wieder einrücken konnte. Ein Feuermann wurde als Sicher­heitswache bis 5 Uhr morgens an Ort und Stelle belassen.

Stuttgart, 5. Mai. Die Stuttgar­ter Schützengilde veranstaltet zu Ehren der zu Anfang d. I. erfolgten Vermählung Sr. K. Hoh. des Herzogs Albrecht von Württemberg mit I. Kaiser!. Hoh. der Herzogin Margarethe von Oesterreich vom 14. bis 16. Mai auf dem Schützenhause ein F-stschießen.

Neuenbürg, 5. Mai. Herr Oberamts­arzt Dr. Fischer hier ist schwer an Unterleibs­und Lungenentzündung erkrankt, wohl infolge Erkältung anläßlich nächtlichen Berufsgängen. Gestern wurden 2 auswärtige Aerzte von Pforzheim und Wildbad telegraphisch an das Krankenlager des Patienten berufen.

Calw, 4. Mai. Heute Abend 6 Uhr ertönten die Feuerzeichen wiederholt. In der mechanischen Kratzenfabrik von Baumann, 1 Lm oberhalb der Stadt an der Nagold gelegen, war ein gefährlicher Brand ausgebrochen. Das Feuer entstand in einem Arbeitssaal, ohne Zweifel durch Selbstentzündung und verbreitete sich schnell auch in die weiteren Säle. Die rasch herbeigeeilte Feuerwehr warf solche Was- scrmaffen in die brennenden Räume, daß das große Gebäude äußerlich erhalten blieb, aber der Schaden, der an den Maschinen und an dem Gebäude selbst durch Feuer und Wasser ange­richtet wurde, namentlich aber der durch die Be­triebsstörung entstehende, ist auf jeden Fall ein bedeutender.

Calw. Bienenzüchter dürfte interessieren, daß am letzten Samstag, den 29. April, bei Oekonom Schneider auf Hof Georgenau der erste junge Schwarm ausgeflogen ist. Auch von da und dort hört man von jungen >

Schwärmen, die die wochenlange günstige Wit­terung und die Heuer außergewöhnlich vorge­schrittene Flora gezeitigt hat.

Regierungspräsident v. Luz inReut- lingenist an Lungenentzündung erkrankt. Dis letzte Nachricht lautete, daß das Fieber nach­gelassen habe, aber eine nicht unbeträchtliche Schwäche zurückgeblieben sei.

Hall, 6. Mai. In dem Weiler Wol- pertsdoif, Gem.Bez. Thüngenthal, ist gestern zur Mittagszeit das Vieh- und Waschhaus des Bauern Häußermann samt Vorräten an Früch­ten eingeäschert worden.

Bietigheim, 3. Mai. Die Aussich­ten auf einen reichen Ertrag unserer Weinberge mehren sich von Tag zu Tag, da dank der günstigen Witterung viele Stöcke, die auszu­bleiben drohten, reichlich Zweige treiben und sich auch schöner Fruchtansatz zeigt. Noch herr­licher stehen die Obstbäume, sie zeigen eine Blüthenpracht, wie seit 20 Jahren nicht mehr. Für unsere ausgetrockneten Wiesen wäre jedoch ein baldiger warmer Regen zu wünschen, zu­mal der Zentner Heu bereits 5 kostet.

Heilbronn, 5. Mai. Di- Beamten, Meister, Aufseher und Arbeiter der hiesigen chemischen Fabrik, welche schon 5 Jahre und länger im Dienste des Vereins chemischer Fa­briken stehen, wurden auch dieses Jahr durch eine schöne Belohnung erfreut. Unter 100 Personen wurde der Betrag von 5100 Mk. verteilt, der geringste Betrag war 30 Mk.

Rundschau.

Ein Antrag der Handelskammer Pforz­heim auf Zulassung des Sprachverkehrs zwischen Pforzheim und Mannheim sowie Frankfurt a.M. ist von der Poflverwaltung ablehnend beschie- den worden.

Aus Baden, 2. Mai. Der Großher­zog und die Großherzogin haben für die durch das große Brandunglück in Klengen betroffe­nen Einwohner eine einstweilige Gabe von 1000 ^! gespendet. Außerdem hat die Groß­herzogin für den gleichen Zweck dem Frauen - Verein in Villingen neben einer Geldgabe eine größere Partie Frauen- und Kinderwäsche zu­kommen lassen.

Breiten, 4. Mai. Vergangenen Sam­stag wurden dahier 2 Rangierer I. H. und I. A., unter dem dringenden Verdacht, im hiesigen Bahnhof verschiedene Diebstähle von Frachtgütern begangen zu haben, verhaftet.

Frankfurt a. M., 4. Mai. Es fin­den fortgesetzt Verhandlungen wegen Ankauf desFrankfurter Journals" statt. Neuer­dings soll ein Konsortium 50 000 Mk. ge­boten haben.

Aus ^der Oberpsalz, 4. Mai. Der Selbstmord eines Kindes erregt in Neumarkt

Aufsehen. Das 13jährige Mädchen des Ger­bers Neustädter verlor vorgestern abend ein Markstück. Die Mutter, die das Kind über­haupt hart behandelt hat, soll eS heftig geschla­gen und ihm harte Strafen von Seiten des abwesenden Vaters in Aussicht gestellt haben. Das Kind machte sich erneut mit Freundinnen auf die Suche nach dem Geldstück, ohne dieses zu finden. Gestern morgen nun fand man vas Mädchen erhängt auf dem Dachboden des Elternhauses.

Nürnberg, 4. Mai. Eine Angelegen­heit, die viel Staub aufgewirbelt hat und viel­fach in der Presse besprochen wurde, hat heute ihre endgiltige Lösung durch das Urteil der Strafkammer gefunden. Wir meinen den viel­fach erörtetenKatzenbier-Prozeß." Dem Brau­meister einer hiesigen Brauerei war es zur Last gelegt, daß er einen Sud Bier, trotzdem er wußte, daß eine Katze oder ein ähnliches Tier mitgesotten worden war, verkauft hatte. Nach­dem die Strafkammer zuerst auf Freisprechung erkannt hatte, war vom Reichsgericht dieses sprechende Urteil aufgehoben und die jSache zur nochmaligen Verhandlung hieher zurückver­wiesen worden. Heute wurde der Braumeister auf Grund des Nahrungsmittel-Gesetzes zu einer Geldstrafe von 100 verurteilt.

Berlin, 6 Mai. Der Reichstag lehnte in seiner heutigen Beratung der Militär­vorlage den Z 1 des Regierungsentwurfs gegen die Stimmen der Konservativen ab. Hierauf lehnte der Reichstag in namentlicher Abstimmung den Paragraph 1 des Antrags v. Huene mit 210 gegen 162 Stimmen und einer Stimmenenthaltung ab. Der Reichs­kanzler verlas darauf eine kaiserliche Botschaft, in welcher die Auflösung des Reichstags ausgesprochen wird. (Bereits durch Extrablatt bekannt gegeben.)

Die Auflösungdes Reichstags istThatsache geworden .Trotzdem sie schon mehrere Tage in der Luft schwebte, ist sie doch überraschend gekommen. Gerade für heute glaubte man umsoweniger, daß dies verhängnisvolle Ereignis eintreten würde, als die Absicht unverkennbar war, die Abstimmung über die Militärvorlage noch bis Montag hinauszuschieben. Die Chancen der Freunde der Vorlage schienen sich gerade in letzter Stunde noch heben zu wollen, wie die nachfolgenden letzten Nachrichten aus Berlin zeigen und man hoffte auf ein günstiges Re­sultat neu aufgenommencr Verhandlungen mit Mitgliedern des Zentrums und des Fieisinns. Nun aber haben im entscheidenden Augenblicks den Parteien, welche für die Vorlage stimmten, 25 Stimmen an der absoluten Mehrheit ge­fehlt und der Reichskanzler Graf v. Caprivi hat von der kaiserlichen Botschaft, welche den Reichstag auflöst, Gebrauch gemacht.