Amtliche und Privat-Anzeigen.

W i l d b a d.

Aufforderung

zur Fatierung des Kapital-, Renten-, Dienst u. Bernfs-Einkommens zur Versteuerung auf 1. April 1893/94.

Unter Bezugnahme auf die im Staatsanzeiger Nr. 78 erschienene Bekannt­machung des K. Steuerkollegiums, Abteilung für direkte Steuern, sowie die auf den Fasfionsbogen selbst enthaltene Belehrung werden sämtliche Steuerpflichtige des Oberamtsbezirks zur alsbaldigen und vollständigen mündlichen oder schrift­lichen Angabe ihres Einkommens bei der Ortssteuerkommission ihres Wohnorts hiemit aufgefordert.

Zugleich wird ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß derjenige, welcher sein der Besteuerung unterliegendes Einkommen ganz oder teilweise verschweigt, neben Nachholung der verkürzten Steuer den zehnfachen Betrag derselben zu Lezahlen hat.

Die durch gänzliche oder teilweise Verschweigung des steuerbaren Einkom­mens begangene Verfehlung wird jedoch dann straffrei gelassen, wenn von den Steuer- oder Fassionspflichtigen, bevor eine Anzeige der Verfehlung bei der Be­hörde gemacht wurde oder ein strafrechtliches Einschreiten erfolgte, die unterlassene oder zu nieder abgegebene Erklärung (Fassion) bei einer Aufnahmebehörde oder bei einer dieser Vorgesetzten Steuerbehörde nachgetragen oder berichtigt und hie­durch die Nachforderung der sämtlichen nicht verjährten Steuerbeträge ermöglicht wird.

Nach dem Tode eines Steuerpflichtigen, welcher infolge unterlassener oder un­vollständiger Fassion keine oder zu wenig Einkommenssteuer entrichtet hat, sind dessen Erben bezw. deren gesetzliche Vertreter verpflichtet, innerhalb 6 Monaten vom Tode des Erblassers an gerechnet, bei dem Bezirkssteueramt das nicht oder in zu geringem Betrage fatierte Einkommen, soweit die Steuer nicht am Todes­tage des Erblassers verjährt ist, anzumelden. Ferner sind die Erben, insoweit sie durch die Erbschaft bereichert sind, schuldig, das dreifache der von dem Erblasser nicht entrichteten und nicht verjährten Steuerbeträge nach dem Verhältnis. , ihrer Erbanteile zu ersetzen.

Unterbleibt die Anmeldung oder wird sie unvollständig abgegeben, so ver­fallen die Erben, bezw. solche gesetzliche Vertreter derselben, welche an der Erb­schaft vermögensrechtlich beteiligt sind, nach Verhältnis der Erbanteile in die Strafe des lOfachen Betrages der zurückgebliebenen, nicht verjährten und von ihnen durch die Unterlassung oder die Unvollständigkeit der Anmeldung verkürzten Stcuerbeträge, andere gesetzliche Vertreter der Erben unterliegen einer Ordnungs strafe bis zu 300 Mk.

Der Gewerbs- und Handelsstand wird noch besonders darauf aufmerksam gemacht, daß die Beiziehung zur Gewerbesteuer von der Fatierung der verzins­lichen Aktiven und Ausstände nicht befreit, daß vielmehr die verzinslichen oder diesen gleich zu achtenden Kapitalien als solche zu versteuern sind.

Ferner wird darauf hingewiesen, daß durch Gesetz vom 30. März 1872 die Steuerfreiheit der Renten und Dividenden aus den der württb. Gewerbesteuer unterliegenden Aktien-Unternehmungen und ebenso die Steuerfreiheit des aus dem Ausland fließenden Kapital- und Renteneinkommens aufgehoben worden ist.

Schließlich wird noch beigefügt, daß die Verpfändung von verzinslichen Forderungen von der Fatierung und Versteuerung des vertragsmäßigen Zinsen nicht befreit und daß verzinsliche und unverzinsliche Zielforderungen der Kapitals­steuer unterliegen und zu fatieren sind.

Zur Fassion verpflichtet das Recht zum Bezug, es ist z. B. eine von Mar­tini 1892 an verzinsliche an Martini 1893 zahlbare Zinsforderung auf den 1. April 1893 zu fatieren.

Die Steuerpflichtigen haben die Fassionen selbst zu unterzeichnen. Die Be­vollmächtigten der im Auslande sich aufhaltenden Steuerpflichtigen und die Pri­vatvermögensverwalter haben den Fassionen Vollmachten in Original oder beglau­bigter Abschrift unter Angabe der Giltigkeitsdauer beizuschließen. Die gesetzlichen Stellvertreter bedürfen einer Vollmacht nicht.

Da mit dem 1. April d. I. eine neue Etatsperiode beginnt, so muß Heuer speziell fatiert werden, d. h. es genügt nicht an der Erklärung, daß das Einkom­men dem des Vorjahrs gleich geblieben sei.

Vorstehende Aufforderung wird hiemit zur allgemeinen Kerntnis gebracht mit dem Anfügen, daß die Fassionen am

Freitag und Samstag de« S. «uv V. Mai d. I.,

je morgens von 812 und nachmittags von 36 Uhr im Parterrelokal des Rathauses entgegengenommen werden.

Wer an den genannten Tagen nicht fatiert, wird gegen ein Ganggebühr von 20 Pfg. besonders vorgeladen.

Wildbad, den 29. April 1893.

Ortssteuerkornrnisfion:

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