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Amts- Md Auzeigk-Dlatt für Wildbad und Umgebung.

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Llro. S1.

Donnerstag,

4. Mai 1893.

29. tatii'gang.

Württemberg.

Stuttgart, 1. Mai. Die Maifeier «ar tagsüber kaum bemerkbar. Gestern abend fand eins große Feier im Zirkusgebäude statt, wo 4000 Personen, darunter 900 Sänger, anwesend waren. Die Versammlung nahm nach der Festrede einstimmig Resolutionen zu Gunsten des Achtstundentages an. Die Ruhe wurde nirgends gestört.

Stuttgart, 2. Mai. (Strafkammer.) Der Apothekergehilfe Ehret zu Eßlingen gab kürzlich einem Mädchen von Obereßlingen eine Schachtel mit Pulvern ab und vergriff sich hie­bei, indeni er statt des, nach dem Rezepte des Arztes für ein ^jähriges Knäblein gefertigten Pulvers dem Mädchen Schlafpulver gab, welche für einen kranken Mann in Eßlingen bestimmt waren. Auffallender Weise bemerkten weder die Eltern des Kindes, noch das abholende Mädchen die falschen Namenszüge der Pulver- fchachtel und gaben dem Kleinen die Pulver ein, welcher nach mehreren Stunden daran ein­schlief, ohne wieder zu erwachen. Als der be­handelnde Arzt den Tod erfuhr, erschien ihm das so auffallend, daß er sofort nachsah und die Verwechslung entdeckte. Der Sachverstän­dige, O.-A.-Arzt vr. Späth von Eßlingen, welcher die Leiche des Kindes sezirt hatte, er­klärte, daß dasselbe allerdings infolge des Schlaf- Pulvers gestorben sei, daß es aber einer Ge­hirnerkrankung, welche es hatte, in Zeit von 6 Wochen doch erlegen wäre. Dies bildete einen mildernden Umstand für das Vergehen des Angeklagten, welcher demgemäß nur zu 14 Tagen Gefängnis verurteilt wurde.

Ministerpräsident Dr. Frhr. v. Mitt­nacht wird sich morgen Mittag mit dem Schnellzug 12 Uhr 38 Minuten nach Berlin begeben.

Neuenbürg, 30. April. Konzertsän­ger Diezel gab heute Nachmittag in der hie­sigen Stadtkirche, unter Mitwirkung des Kir- chen-Chors und einiger Musikfreunde von hier «in überaus gelungenes Kirchen-Concert mit fein ausgewähltcm und vorzüglich durchgeführ- tem Programm. Der Aufschwung, den die hiesige Oberamtssparkasse in der letzten Zeit genommen hatte» hat auch im letztverflossenen Rechnungsjahr unter dem neuen Kassier Holz­apfel angchalten. Im letzten Jahr wurden S60 Sparkassenbücher neu ausgegeben ; es fan­den 5473 Einlagen im Gesamtbetrag von 279,156^2 und 1303 Rückzahlungen im Be­trag von 208 884 statt, so daß die Erspar­nisse ein Mehr von rund 70 000^! betragen.

Neuenbürg, 30. April. Der hiesige Fischer Ludwig Bürkle hat am gestrigen Samstag wieder einen guten Fang gemacht. Es sind ihm 2 Fischottern in die Falle gegangen. Das

Gewicht derselben beträgt 26 Pfund. In der heutigen Generalversammlung der hiesigen freiwilligen Feuerwehr wurde als Commandant des Corps der seitherige, Herr Oberamtsbau­meister Linck einstimmig wieder gewählt, ebenso sämtliche andere Chargirten.

Am 1. Mai d. I. tritt auf der Eisen­bahnstation Rothenbach eine Posthilfstelle in Wirksamkeit.

Heilbronn, 1. Mai. Oberbürger­meister Hegelmaier ist in den letzten Tagen nach Jllenau abgereist, um sich in der dorti­gen Anstalt ärztlicher Beobachtung zu unter­ziehen.

Geislingen, 2. Mai. Gestern traf der württ. Kriegsminister in Begleitung mehrerer höherer Militärs in dem Alborte Nellingen ein, um das Terrain für einen Exerzirplatz von 16000 Morgen zu besich­tigen.

Gosbach, O.-A. Geislingen. Ein be­merkenswerter Fund wurde dieser Tage in Sontheim, O.-A Münsingen, gemacht. Als nämlich der dortige Totengräber ein neues Grab ansbob, stieß ec auf einzelne Geld­stücke, welche ihn ans die Vermutung brachten, daß hier vielleicht ein größerer Schatz ver­borge» sei. Er forschte nun sorgfältiger nach und entdeckte nun bald in einer seitliche» Vertiefung eine ganze Sammlung alterSilber- münzen, welche hier ohne jede Spur einer Umbüllnng eingebettet waren. Die Münzen, 106 Stück an der Zahl, tragen alle die Jahreszahlen 16201629 und stammen somit aus rer ersten Zeit des dreißigjährigen Krieges; sie sind sämtlich wohl erhalten und haben nur im Lause der Jahrhunderte eine etwas grünliche Färbung angenommen. Das Gepräge ist scharf und sowohl die Wappen als die Umschriften sind deutlich erkennbar.

Münsingen, 30. April. Der 17jäh- rige Zimmermann M. hier wollte heute Nach­mittag in Anwesenheit verschiedener junger Leute seinen geladenen Revolver zeigen. Das Ge­schoß entlud sich und die Kugel drang dem 16jährigen K. Scholl, einzigen Sohn seiner Eltern, in die Brust und konnte bis jetzt nicht entfernt werden, so daß wohl weitere Folgen für den Schwerverletzten zu befürchten sind.

Rundschau.

Karlsruhe, 30. April. Der Stadt­rat hat gestern den Beschluß gefaßt, zur Bei­setzung der Leichs des Schriftstellers Emil Mario Vacano und zur Aufstellung eines Denkmals für denselben, einem Ansuchen des Komitös entsprechend, einen P atz an der Um­fassungsmauer des neuen Friedhofs unentgelt­lich zur Verfügung zu stellen.

Karlsruhe, 1. Mai. Die Ankunft des Kaiserpaares ist nun definitiv festgesetzt. Die Reisedispositionen sind infolge der Vor­gänge im Reichstag geändert. Die Auerhahn­jagd ist aufgegeben. Der Kaiser und die Kai­serin treffen morgen abend halb sieben Uhr hier ein und werden Mittwoch früh die Fahrt nach Berlin fortsetzen. An der Ausschmück­ung der Straßen seitens der Stadt wird eif« rigst gearbeitet; vom Bahnhof bis zum Schloß bilden die Straßen einen Mastenwald, reich bewimpelt mit Flaggen in basischen und deut­schen Farben. Die Stimmung unter den Ein­wohnern ist eine sehr gehobene.

Baden-Baden, 30. April. Gestern ist der Afrika-Reisende Ör. Peters hier ein­getroffen, um eine längere Kur zu gebrauchen.

Pfarrkirchen, 30. April. In Brom­bach brannte heute Nacht ein großes Bauern­gut nieder; es sind 32 Rinder, 14 Pferde, 40 Schweine und sämtliche Fahrgeräte ein Raub der Flammen geworden.

München, 30. April. Das Befinden des Kön'gS Otto, der heute 45 Jahre alt ist, hat sich nach keiner Richtung hin geändert. Es wechselt oft lange andauernde Narrheit mit Zeichen heftiger Erregung. Lichte Momente sollen ab und zu, allerdings nur selten, zu beobachten sein und blitzartig kurze Dauer haben.

Metz, 29. April. Ein junger Russe, Korsakoff, aus einer hohen Petersburger Fa­milie, dessen Vetter Militärattaches einer rus­sischen Gesandtschaft ist, warf sich bei Noveant- unter den Zug und wurde sofort getötet.

Berlin, 1. Mai. Eine Verständigung in der Militärvorlage scheint zustande zu kom­men. Frhr. v. Huene wird einen Antrag einbringen, welcher die Regierungsforderung für das erste Jahr um 30,000 Mann herab­mindert. Die Regierung ist damit einverstan­den. Die Mehrheit im Plenum ist hierfür gesichert, da das Centrum hinter dem Vorschlag Huenes steht.

Die Maifeier ist ruhig verlaufen. In 14 Lokalitäten waren 50 000 Menschen ver­sammelt. Reden von Bedeutung wurden nicht gehalten.

Wien, 1. Mai. Die Zahl der Teil­nehmer an 46 abgehaltenen Versammlungen wird auf 40,000 geschätzt. Die Unabhängi­gen hielten nur 2 Versammlungen ab mit einigen hundert Teilnehmern. In Trupps zu 'hundert Mann zogen die Waffen in den Pra­ter, wo sie mit Weibern und Kindern die Gasthäuser occupierten. Ueberall herrscht Ruhe.

Aus Warschau wird gemeldet: Die Cholera-Nachrichten vom Astrachaner - Gebiet lauten bestürzend. In den letzten Wochen