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U'ro. 4S.
Donnerstag, 27. April' 1893.
29. talifgang.
Württemberg.
Stuttgart, 23. April. Der Kommisstonsantrag zu der Exigenz für die Badeanstalt Wildbad (Kap. 117) ist erschienen. Der Echlußantrag lautet: Als Ertrag der Badeanstalt Wildbad mit je '2 230 Mk. anzuerkennen und zu genehmigen, daß hievon 6000 Mark der laufenden Verwaltung überwiesen und 6230 Mk. zur Bildung eines Betriebsfonds verwendet werden, welchem Betriebsfond auch der Barvorrat von etwa 13,000 Mark der Kurtaxkasse zugeschlagen werden soll.
- Oberlehrer Laistner, der Vorstand des Württ. Volksschullehrerverems und Redakteur des Vereinsorgans, der „Volksschule", ist in der Nacht vom 22. auf 23. April im Alter von 74 Jahren verschieden. E ne Lunge n- lühmung machte dem bis in die letzten Wochen noch rastlos thätigen Mann ein Ende. Derselbe hat den Pensionsstand, in welchen er in der nächsten Zeit treten wollte, nicht mehr erreicht. Die württ. Volksschullehrer verlieren in dem Verblichenen einen thatkräftigcn zielbewußten Führer, der auch in trüber Zeit die Selbständigkeit der Volksschule trotz heftigster Angr-ffe unentwegt verfocht. Seine ruhige, klare Schreibweise, sowie seine scharfe, unerbittliche Logik gewannen ihm auch die Achtung seiner Gegner. Unter seiner Führung hob sich der Volksschullehrerverein von 1300 auf 2500 Mitglieder. Seine Verdienste um die Schule durch Herausgabe des Archivs, wie seine Bemühungen um Hebung des Lehrerstandes durch Ausarbeitung von 2 Denkschriften und einer gegenwärtig der Lösung harrenden Petition um Revision des Schulgesetzes von 1836 sichern ihm bei seinen Gegnern wie bei seinen Freunden ein dauerndes Gedenken. Ein arbeitsreiches Leben mit vielen Sorgen, Mühen und Beschwerden, aber auch reich an schönen Erfolgen, hat ein Ende gefunden. Sein Name, „ein Programm", wird auch künftig noch die L hrer Zusammenhalten.
— Auf den württembergischen Eisenbahnen tritt am 1. Ma der Sommerfahrplan in Kraft.
Cannstatt, 24. April. Beim Ausgraben der neu anzulegenden Olgastraße wurden in der letzten Zeit zwei Skelette von Menschen in unbedeutender Tiefe ausgegraben, wovon das eine bronzene Arm- und Fußringe trug. Ebenso wurde am letzten Samstag bei einem Dohlenbau in der Dcckerstraße ein Skelett aufgefunden, bei welchem sich ein Meisel aus der Steinzeit befand. Die anfänglich vermutete Auffindung von Reihengräbern hat sich nicht begründet.
Heilbronn, 25. April. Aus zuverlässiger Quelle wird uns geschrieben, daß O.B.M. Hegelmaier heute noch bereit ist, sei
nem früheren Anerbieten gemäß gegen Gewährung einer Pension von 5000 Mk. freiwillig von seinem Amt zurückzutreten. Billigdenkende werden diesen Betrag nicht zu hoch finden, nachdem H. bekanntlich seiner Zeit eine sichere Laufbahn im Justizdienst nebst der staatlichen Pensionsberechtigung aufgegeben hat. Auch wird sein erbittertster Gegner nicht bestreiten wollen, daß unter seiner Amtsführung die Stadt Heilbronn wesentlich vorwärts gebracht wurde. Eine rasche Erledigung der Angelegenheit in diesem Sinn wäre für alle Teile das Wünschenswerteste.
Calw, 24. April. Im benachbarten Ottenbronn brannte vergangenen Sonntag vormittag das Wohn- und Oekonomie - Gebäude des Michael Kusterer nieder. Der G-bäude- sckad n beträgt ca. 3000 Mark, der der Fahrniß ca. 3500 Mark. Alle Bewohner des Hauses waren zur Zeit des Brandausbruchs abwesend. Vermutet wird, daß derselbe durch Kinder verursacht wurde.
F r e u d e n st a d t, 25. April. Se. Maj. der König ist soeben in Begleitung Sr. Durchlaucht des Fürsten von Bentheim hier einge- troffen und im Schwarzwald-Hotel abgestiegen. Auf dem Bahnsteig wurde er von der zahlreich versammelten Volksmenge mit begeisterten Hochrufen begrüßt. Der König wird sich noch heute abend zur Auerhahnjagd ins Murgthal begeben.
Ulm, 24. April. Gestern war Oberstaatsanwalt Milz von Stuttgart hier. Es handelt sich um die Berufung eines gewiegten Berliner Detektivs zur Unterstützung der hiesigen Fahndungs-Polizei.
Rundschau.
Karlsruhe, 22. April. In hiesiger Stadt scheint man mit der Eventualität zu rechnen, daß im kommenden Sommer auch bei uns die Cholera austrcten werde. So wurde ein am westlichen Ende der Vorstadt Mühlburg belegenes freistehendes Haus von der Stadtverwaltung gemietet, um im Falle des Auftretens der Epidemie als Absonderungshaus verwendet zu werden.
— Das Kaiserpaar trifft am 2. Mai in Karlsruhe ein und verweilt hier 2 Tage. Der Kaiser unternimmt von hier aus eine Auerhahnjagd.
, — Verhaftet wurde in Karlsruhe der
Sohn eines Holzhändlers von Schwann, der sich mit seinem Vater entzweit und ohne Wissen und Willen desselben 120 bei Kunden eingenommen unv unterschlagen hat.
Hornberg, 23. April. In der vor einigen Tagen abgehaltenen Bürgerausschuß
sitzung wurde die Anlage und Gründung einer elektrischen Beleuchtung für die hiesige Stadt einst mmig beschlossen. Die Arbeiten zur Wasserleitung werden in dieser Woche vollendet, und ist dieselbe fast in allen Häusern eingerichtet. Beive Einrichtungen bezeugen, daß man bei der Stadtverwaltung bestrebt ist, rüstig fortzuschreiten und nicht beim Alten zn bleiben. Vor Allem gebührt hierin dem Bürgermeister der hiesigen Stadt, Herrn Fabrikant Vogel, Anerkennung und Dank, weil durch seine großen Bemühungen es ermöglicht wurde, dieses Ziel zu erreichen.
Würzburg, 24. April. Der aus der Irrenanstalt entlassene Kaufmann Dallert verletzte seine Frau durch Beilhiebe.
Frankfurt, 23. April. Die deutsche Kolonialgesellschaft hält ihre diesjährige Hauptversammlung in Frankfurt, w.il hier auch vor nunmehr 10 Jahren die Gründung des deutschen Kolonialvereins, des Vorläufers der jetzigen Kolonialgesellschaft erfolgt ist. Die Veranstaltungen beginnen am Abend des 25. Mai mit einer geselligen Vereinigung in der „Allemannia"; am 26. Mai findet vormittags eine Vorstandssitzung und nachmittags eine öffentliche Versammlung mit Vorträgen namhafter Forscher im Saalbau statt, und am Nachmittag des 27. Mai ist ebendaselbst die ordentliche Hauptversammlung der Kolonialgesellschaft Den Abschluß bildet am Sonntag, 28. Mai, ein Ausflug zum Niederwald» denkmal.
Aus Halle wird berichtet: Auf der vielbesuchten Rudelsburg ist an der Stelle, wo Franz Kugler im Jahr 1826 das viel gesungene Lied: „An der Saale Hellem Strande" rc. dichtete, ein Erinnerungszeichen angebracht worden.
Straßburg i. E., 21. April. Wegen Verbrechens gegen Z 210 des St.-G.-B. stand heute die Hebamme Schladbach, geb. Rücka von hier vor dem Schwurgericht. Es waren ihr im Ganzen 8 Fälle zur Last gelegt; als Zeugen traten die beteiligten Frauen und Mädchen auf, die von der Strafkammer bereits zu mehrmonatlichen Gefängnißstrafen verurteilt sind. Das Urteil lautete auf eine Gcfängnißstrafe von 12 Jahren.
Berlin, 22. April. Kurz nach Schluß der heutigen Plenarsitzung des Reichstags brachte Abg. Ahlwardt das angekündigte Akten- material und legte dasselbe auf das Bureau im Zimmer des Direktor Knack nieder. Der Berichterstatter meldet, Abg. Ahlwardt wünsche, daß das Material nur dem Präsidenten und den Mitgliedern der Kommission, nicht aber allen Reichstagsmitgliedern zugänglich gemacht werde.