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Nro. 3S.
Württe mb erg.
Stuttgart, 1. April. In Betreff der Besteuerung von Erbschaften, welche verschollenen Württembergern zufallen, dürfte nachstehende Weisung des Steuerkollegiums, um in dieser Sache eine einheitliche Behandlung lherbeizusühren und nachdem seiten- der württem- belgischen Steuerbehörden verschiedenartige Auffassungen zu Tag« getreten sind, von Interesse sein. Nach dieser Weisung sind diejenigen verschollenen Württemberger, welche ihr württem-' belgisches Staatsbürgerrecht nicht völlig aufgegeben haben, als württembergische Staatsbürger zu behandeln und demgemäß die ihnen zufallenden Erbschaften von dem AbwesenhcitS- pfleger in vollem Umfange zur Besteuerung zu fatieren. In Bezug auf diejenigen Württem- berger. welche Ihr Staatsbürgerrecht vollständig verloren haben, wurde verordnet, daß solchen Verschollenen zufallende Erbschaften als selbständige Steuersubjekte ebenfalls von den Kuratoren in vollem Umfange zu fatieren sind, bis der Erbschaftsantritt erwirkt werden kann.
Tübingen, 1. April. Heute kommen Leim Bataillon ein mit Zivilversorgung ange- pellter Feldwebel, 13 einjährig-freiwillige Unteroffiziere, 9 einjährig-freiwillige Gefreite und 3 Gemeine zur Entlassung. Unter den Gefreiten befinden sich 6 Mediziner, welche vor ihrer Beurlaubung noch befördert worden waren. Sämtlichen Einjährig-Freiwilligen, welche an -er Reserveoffiziers-Aspirantenprüfung teilgenommen hatten, konnte das Befähigungszeugnis zuin ReserveoffizierSaspiranten erteilt werden.
Tübingen,^ April. Gestern morgen entstand im Staatswald, Vi Stunden von Bebenhausen rin Waldbrand, welcher jedoch nachmittags besonders mit Hilfe der Hagellocher Feuerwehr glücklich gelöscht wurde. Abgebrannt sind 12 Morgen eines etwa 20jährigen Forchenbestandes, welcher durch Schneedruck niedergelegt und größtenteils «erkauft war.
Neuenbürg, 1. April. Dem Fischzüchter Finkbeiner hier ist in seinem Fischweiher bei -er Sensenfabrik in einer der letzten Nächte wieder ein Quantum Fische entwendet worden. Die Thäter sind noch nicht ermittelt. — In Ottenhausen steht ein Pflaumenbaum beim Hause des Johann Gg. Kiefer, Küfermeister, in voller, prächtiger Blüte.
Biberach, 30. März. Eine hiesige Familie wurde gestern Abend unvorhergesehen rasch in tiefe Trauer versetzt. Der Frau dcS Hauses wurde von einem Geschästsmanne Geld überbracht. Während sie nachzählte, erhaschte das am Tisch befindliche einzige Kind ein Drer-
Donnerstcrg. 6. ApriL 1893.
Markstück und schob es so in den Mund, daß das Geldstück im Schlunde stecken blieb. Noch ehe der zu Hilfe gerufene Arzt erschien gelang es zwar noch der Mutter des Kindes, das Geldstück loS zu machen, allem ohne den erhofften Erfolg. Sofort schwoll das Hälschen des Kindes so heftig an, daß trotz aller angewandten ärztlichen Hilfe der Tod durch Ersticken nach kurzer Zeit eintrat.
Rundschau.
Karlsruhe, 1. April. Von einem traurigen Geschick ist die Familie des Schneidermeisters Ludwig Mark hier betroffen. In einem Zwischenraum von zwei Wochen starben Tochter und Sohn, dann machte die Mutter, welche Hebamme war, ihrem Leben durch Karbol ein gewaltsames Ende und jetzt ist auch der Mann seiner Frau gefolgt. Das Motiv das den Mann veranlaßte, ebenfalls durch Karbol seinem Leben ein Ende zu bereiten, soll Geistesgestörtheit sein.
— Die Pläne für die Murgthalbahn sind im wesentlichen fertig gestellt, die Verhandlungen zur Offenlegung derselben werden demnächst stattfinden. Schwierigkeiten ergeben sich uur hinsichtlich der Abzweigung von der Station Gernsbach durch die Gemarkung Gernsbach, doch sind in dieser Beziehung Verhandlungen im Gange, die voraussichtlich bald zum gewünschten Ergebnis führen werden, so daß in einigen Wochen mit dem Bau der Bahn wird begonnen werden können.
Mainz, 30. März. Nachdem die Brauereibesitzer die Anrufung des Einigungsamtes ablehnten und beschlossen haben, keinen Sinkenden mehr einzustellin, hat eine Versammlung der letzteren gestern beschlossen, den Boykott über die Wirtschaften aufrechtzuerhalten, die daS Bier aus den gesperrten Brauereien beziehen, und diese Wirtschaften überhaupt zu meiden.
Berlin, 1. April. Die Nordd. A. Z. stellt mit Bedauern fest, daß die französische Regierung der Versuchung nicht widerstehen könne, sich über die Panamaschwierigkeiten durch Ablenkung der Volkslcidenschaften auf Deutsche hinwegzuhelfen, wie durch die Ausweisung zweier deutscher Berichterstatter geschehen fei, obwohl die Grundlosigkeit der gegen dieselben erhobenen Beschuldigungen dar- gethan wurde. Es sei unschwer zu ermessen, was zu erwarten wäre, wenn ernstere Schwierigkeiten durch Ablenkung nach außen beseitigt werden sollten. Darin liege die ernste Lehre der Pariser Vorkommnisse.
Wien, 1. April. Die „Wiener Zeitung" veröffentlicht das Gesetz betreffend die Vereins- thaler österreichischen Gepräges und deren
29. Iski'gang.
Außercourssetzung, sowie das darauf bezügliche
Abkommen zwischen dem deutschen Reich und Oesterreich-Ungarn.
Paris, 1. April. Der „Figaro" veröffentlicht folgende, als Thatsache seines Berliner Korrespondenten vorliegende Nachricht: Die Prinzessin von Sachsen-Meiningen und Prinzessin Aribert von Anhalt, sowie die Gräfin Hubenau beabsichtigten nach Cannes zu reisen, wurden aber durch kaiserlichen Befehl davon abgehalten und begaben sich, ebenfalls auf kaiserlichen Befehl nach Italien.
Pleß, 1. April. Bei einer Bücher« Revision in Neuderun wurde ein großartiger Waarenschmuggel entdeckt. In Folge dessen wurden in Oswiecim sGalizien) Waren im Werte von 40 000 fl. beschlagnahmt. Auch in dem östr. Grenzorte Chrazanow hatten Haussuchungen ein überraschendes Ergebnis.
St. Petersburg, 1. April. Aus TomSk wird über eine furchtbare Tragödie berichtet. 300 Sträflinge, die sich auf dem Marsche nach ihrem Bestimmungsorte befanden, empörten sich gegen ihre Aufseher. 5 Sträflinge gelang es, sich ihrer Fesseln zu entledigen und sich der Waffen einiger Kerkermeister zu bemächtigen. Es entstand ein mächtiger Revolver- und, Messerkampf. Acht Aufseher wurden getötet. Von den Gefangenen fielen 40. Alle anderen wurden wie Tiere gebunden und bis aufs Blut gepeitscht. Am Bestimmungsorte längte nur die Hälfte der Sträflingen an ; die andere Hälfte war infolge der ausgestandenen Leiden auf der Landstraße liegen geblieben.
W a s h i n g t o n, 1. April. Durch den furchtbaren Wirbelsturm im Missisipithal kamen, wie sitzt festgestellt ist, über 100 Menschen um's .Leben. Der materielle Schaden beläuft sich auf mehrere Millionen.
— Einem Privatbrief aus Kairo ist zu entnehmen, daß der Reichskommissar K. Peters überraschend schnell genesen ist; am 16. Tage nach seinem Unglücksfall war der Schienbein- bruch bereits soweit geheilt, daß der Patient das Lager verlassen konnte. In der ersten Hälfte des April gedenkt Peters in Deutschland cinzutreffen.
— Ein Erdbeben hat in Malatia in Mesopotamien stattgefunden. Von 10,574 Häusern sind 2895 vollständig und 5690 größtenteils zerstört; 1900 sind unbewohnbar, 123 Großmagazine mit sämtlichen Waren sind vollständig, 800 teilweise ein Trümmerhaufen. Sämtliche Moscheen, Kirchen, Schulen und Staatsbauten sind zerstört. 130 Personen sind tot, 56 verwundet. Die Bewohner kampieren im größten Elend auf freiem Felde.