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spötischer Miene in einiger Entfernnng aus­gestellt hatte.

Das ist ganz ungeschickt," nahm die 'Erstere, die Hand des Burschen wieder er­greifend, das Wort.Das gute Malchen hätte gewiß eine rechte Freude gehabt. Aber so geht es, wenn man gar so schön ist. Da reißen die jungen Herren sich um einen, so daß man nicht weiß, wo man aufangen soll. Ihre Braut kann davon erzählen. Sie brauchte nur die Finger auSznstrecken und an jedem hing ein Galan. Natürlich geht der Bräutigam vor. Das versteht sich von selbst. Es schadet auch gar nichts, wenn der übermütige Doktor auch einmal schnarr- maulen muß. Ich will Ihnen einen Rat geben, Herr. Gehen Sie nach dem Wald- fchlößlein hinauf. Es ist ja nichts weit. Dort treffen Sie jedenfalls Ihren Schatz. Sie brauchen nur nach dem Doktor Viktor Graf oder dem Inspektor Werner zu fragen. Diese Beiden sind so bekannt, daß man Sie schon zurecht weisen wird. Andernfalls sehen Sie, wie ich schon vorhin bemerkt habe, das Malchen heute nicht mehr. Wenn der Herr Inspektor und der Amerikaner so recht im Zug sind, hören sie nicht so bald auf, und demMalchen kommt es in lustiger Gesellschaft auf eine Nacht auch nicht an. Warum auch? Sie hat es hier wie eine Prinzessin, der Niemand etwas einredet und die auistehen kann, wenn sie will. Was wird sie Augen machen, wenn sie so unvermutet ihren Bräu­tigam sieht I"

Das Mädchen hielt plötzlich inne. Sie besaß gerade kein böses Herz, aber die Ge­legenheit, der bevorzugte» und beneideten Kollegin eins zu versetzen, war zu verfüh­rerisch gewesen. Sie mußte benützt werden. Dennoch fühlte sie jetzt Mitleid mit dem Burschen, als sie sah, welch' furchtbaren Eindruck ihre Worte auf ihn gemacht hatten.

Gottlob wartodtenbleich geworden. Seine Lippen bebten. Nur mit Müh: hielt er die Thränen zurück. Um den Aufruhr in seinem Innern zu verbergen, itand er auf und wandte sich ab. Eine Zeitlang schaute er durch das Thürfenster auf die Straße hin­aus. Er wurde ruhiger. Mit Gewalt drängte «r das tiefe Weh in seinem Herze» zurück.

Ja dem Wrldschlößlein werde ich Ama­lie finden?"' fragte er nach einer Weile mit möglichst unbefangenem Ton, sich seinem Platz wieder nähernd, die Kellnerin, welche nut dem Blumenstrauß spielte, den er in seiner Aufregung, ohne es zu wissen weggelegt hatte,können Sie mir sagen, wo der nächste Weg dahin führt?"

Das Mädchen schaute ihm forschend in das erregte Gesicht. Es schien ihr nun selbst leid zu sein, daß sie geplaudert hatte. Sie wies ihn in der zuvorkommensien Weise zurecht und knüpfte schließlich mit verlegenem Lächeln die Bitte daran, er möge doch Ama­lien nicht verraten, daß sie aus der Scbule geschwatzt habe, es sei ja nicht so böse ge­meint gewesen und überhaupt die ganze Ge­schichte seiner ganzen Verstimmung nicht wert.

Gottlob knüpfte keine weitere Bemerkung daran. Er nahm seinen Schirm und den Blumenstrauß an sich und schritt nach kurzem Gruße, die Hälfte des bestellten Weins stehen lassend, auf die Straße hinaus. Ohne Zögern s chlug er den ihm bezetcbueteu Weg nach dem Waldschlößche» ein. Bald hatte er die letzten Häuser der Stadt hinter sich. Bereits winkte der schöne Bau aus dem im üppigsten Frühlingsschmuck prangenden Wäld­chen herab. Süß dufteten die Blumen an den Bäumen uud Rebgeländen, wo man die ersten zarten Blättchen hervorsprießen sah; Lerchen wiegten sich in der Luft und schmet­terten ihre Jubelhymnen zum Himmel empor. Bunte Schmetterlinge flatterten von Blume zu Blume, von Strauch zu Strauch. Sie wetteiferten mit den geschäftigen Bienlein, deren einförmiges Summen sich mit den, leisen Zirpen der Heimchen zu einem eigen­artigen Konzert umwob.

(Forisctzung folgt.)

Vermischtes.

Einer der ältesten Bürger Stuttgarts, Schuhmachermeister Matthias Nagel, welcher sich rühmen darf, nie krank gewesen zu sein, beging dieser Tage seinen 9l. Geburtstag.

In dem kleinen Dorfe Hochkircht zwischen Bautzen und Lübau (Kgr. Sachsen)

wurde bekanntlich am 14. Okt. 1758 Fried» rich der Große von dem österreichischen Feld­marschall Daun überfallen und erlitt eine ziemlich empfindliche, von seinen Gegnern aller­dings nur in beschränktem Maß ausgenützte Niederlage. Von diesemUeberfall bei Hoch» kirch" trug das Gotteshaus des Dorfes bis auf den heutigen Tag die Spuren der durch die Kanonenkugeln angerichteten Schäden. Im Laufe dieses Jahres soll nun die Kirche mit einem Kostenaufwand von 70,000 Mk. um­gebaut werden; das Landeskonsistorium in Dresden hat dazu 6000 Mk. bewilligt.

Deutschlands Hopfenernte be­trug 1892: 483 000 Centner, 1891 .-446 200. 1890: 494600 Centner. Die Haupternte der ganzen Welt betrug 92: 1,531000, 91: 1, 524200, 90. 1,348 600 Centner. Der Verbrauch an Hopfen auf der ganzen Erde wird aber auf 1,806 000 Centner berechnet. Deutschland kann zufrieden sein mit einer Ernte von 483 000 Centnern; es braucht jährlich nur 373 000 Centner.

(Die Kanonen von Monaco.) Der Fürst von Monaco so erzählt uns ein Würtlemberger, der vor einiger Zeit in Monaco weilte hat vor kurzem sich einige Krupp'sche Kanonen neuester Konstruktion angeschafft. Da­ran wäre nun gerade nichts Außergewöhnliches; dermächtige" Fürst ist jedoch mit seinen Kanonen doch im Pech; denn er kann sie nichtprobieren," weil sonst das Geschoß auf französischen Boden niederfällt.

Professor Dr. Reclam äußerte sich s. Zt. in folgender Weise über Apotheker Richard Brandt's Schweizerpillen:Ihre Schweizerpillen haben sich mir namentlich in der Frauenpraxis bewährt und werden (2 Stück eine Stunde nach dem Morgengetränkl gerne genommen: weil sie sicher wirken, ohne Beschwerde zu veranlassen. Auch bei Män­nern mit sitzender Lebensweise oder in höhe­rem Alter kurz bei Trägheit der Darm­bewegung erweisen sie sich als vorteilhaft." Diese Empfehlung macht jede weitere über­flüssig. Die ächten Apotheker Richard Brand- schen Schweizerpillen mit dem weißen Kreuz in rothem Grunde sind nur in Schachteln ä. 1 Mk. in den Apotheken erhältlich.

Amtliche unv Privat-Anzeigen.

W i l d b a d.

ZZekccnnLmcuHung

betr. die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe.

Nach der oberamtlichen Verfügung vom 28. Oktober 1892 darf am Osterfest der Verkauf von Backwaren durch die Bäcker, von Conditorei-Erzeugnissen durch die Eonditoren, oon Fleisch, Wurstwaren und Fett durch die Metzger, von Milch durch die Produzenten und Händler und der Verkauf von Eis und Mineralwasser, sowie di: Beschäftigung der Gehilfen, Lehrlinge und Arbeiter bei diesem Verkauf nur

vormittags von 8S Uhr und abends von 67 Uhr

stattfinden, was hiemit zur Vermeidung von Strafen in Erinnerung gebracht wird.

Den 28. März 1893.

Stadtschultheißenamt.

B ä tz n e r.

FreiM-t FrmiMhr ^

Kommenden

Gründonnerstag den 30. d. Mts.,

nachmittags präzis 2 Uhr

rücken Stab, sämtliche Züge von I bis VII zu einer Uebung aus.

AWW Auf Z 9 der Statuten wird aufmerksam gemacht, ildbad, 26. März 1893.

Das Kommando.

W i I d b a d.

Auf Antrag des K. Kameralamts Neuen­bürg wird am

ScrmsLcrg öen 1. ApviL ö. I.,

vormittags 11 Uhr

auf hiesigem Rathause in einmaligem Auf« streich verkauft:

Parzelle Nro. 553.

4 ar c^ill Wiese in der vorderen Renn­bach neben Heinrich Bott, Schlossermeister und Jakob Bätzner.

Den 27. März 1893.

Ratsschreiberei.

Bätzner.

W i l d b a d.

StraßenSperre.

Wegen Einwalzung der hiesigen Haupts strafe ist dieselbe für die Zeit vom 5 bis 16. April d. I. für sämtliche Fuhrwerke

gesperrt.

Der Verkehr mit Langholzfuhrwerkcn durch die hiesige Stadt ist somit für die gleiche Zeit unmöglich.

Den 24. März 1893.

Stadtschultheißenamt.

Bätzner.