Arbelterwohiiungen aus Mitteln der Anstalten.
Berlin, 25. März. Man glaubt, daß die Militär-Vorlage in der zweiten Hälfte des April im Reichstage zur entscheidenden Beratung kommt. Nach der Ablehnung dürfte sofort die Auflösung des Reichstags erfolgen.
Paris, 26. März. Die Güter von Reinach und von Herz wurden beschlagnahmt.
Paris, 27. März. Die Polizeipräfektur giebt die Verhaftung des Anarchisten Mathieu, des Urhebers der Explosion im Restaurant Very in Samt-Michel (Aisne) bekannt.
— Der Temps meldet die Verhandlungen »lit Columbia über die Verlängerung der Konzession des Panamaskandals nehmen guten Fortgang; die am 28. ds. erlöschende Frist dürfte verlängert werden.
Brüssel 26. März. Die internationale Konferenz zur Organisation eines Sozialisten-Kongresses i» Zürich ist heute Vormittag zusammengetreten. Deutschland ist durch Bebel und Liebknecht vertreten. Die Sitzung wurde vollständig durch die Berathung der Bestimmungen für den Kongreß in Zürich ausgefüllt, der vom 6. bis 13. August stattsinden soll.
Lüttich, 27. März. Das Schwurgericht verurtheilte heute die Anarchisten Petit und Cybers wegen Ermordung des Rentiers Fresart zu lebenslänglicher Zwangsarbeit.
Rom, 26. März. Bei der gestrigen Spazierfahrt des Königs nach der Villa Borghese warf ein Individuum ein Packet mit Unrath in den königlichen Wagen. Der Attentäter wurde sofort verhaftet; er erwies sich als ein klerikaler Fanatiker, welcher gegen den König demonstriren wollte. Derselbe nennt sich Louis Berardi, ist 31 Jahre alt und war im Jahre 1882 vom Schwurgericht wegen Meuchelmordes zu siebenjährigem Zuchthaus verurtheilt worden. Nach seiner Entlassung war er nach Amerika ausgewandert und seit kurzer Zeit wieder nach Nom zurückgekehrt.
Rom, 27. März. Wie eine zweite ärztliche Untersuchung ergab, leidet der Atten- thäter Berardi an Verfolgungswahn. Er verweigert die Nahrungsaufnahme.
Von der Schweizergrenze, 25. März. Eine in der Schweiz in guter Stellung sich befindende schön gewachsene Schwarzwälderin ließ sich durch einen Agenten verleiten, ihre Stelle aufzugeben und eine bessere in Holland anzunehmen. Sie war versehen mit einem Reisebillet bis Mainz, wo sie ein versiegeltes Schreiben abzugeben hatte. In dem Hause, in welchem sie letzteres abgab, traf sie noch ein Mädchen, ahnte ihre holländische Zukunft und es gelang ihr die Flucht. Der Schweizer Agent verlangt jetzt von ihr den Rückersatz des Fahrgeldes. Dieser Fall giebt gewiß den Mädchen, denen ihre Würde heilig ist, Anlaß, Vorsichtig vor solchen Verlockungen zu sein.
— Fürst Ferdinands Hochzeit findet am 10. April in Biareggio statt. Sein Gesundheitszustand kann demnach kein schlechter sein.
Konstantinopel, 28.März. Königin Natalie stattete gestern dem Sultan in Anwesenheit des Großvczirs einen Besuch ab, den der Sultan erwiederte. Die Besuche trugen den herzlichsten Karakter. Der Sultan bedauerte, die Königin wegen des Ramazanfestes nicht zum Essen laden zu können und verlieh derselben den Großkorton des Schefakatordens in Brillanten. Die Königin nimmt heute den Thee beim Großvezier ein und speist morgen beim russischen Botschafter Nelidow.
— Die Königin Natalie ist hier eingetroffen und von der serbischen Gesandtschaft empfangen worden. Im Namen des Sultans
wurde die Königin von dem Zeremonienmeister l und General Achmet Pascha begrüßt. Am j Dienstag erfolgt die Weiterreise nacy der Krim.
Lissabon, 27. März. Einer Depesche aus Rio zufolge haben die Regierungstruppen die Insurgenten in die Flucht geschlagen.
London, 25. März. Der Tod des Herzogs von Bedford ist eine schmerzliche Ueberraschung für die Kaiserin Friedrich, bei welcher der Herzog mit seiner Gemahlin eine Stunde später im Buckinghampalast speisen sollte.
Riga, 25. März. Der protestantische Pastor Maier wurde wegen Trauung eines russisch-orthodoxen Landmannes mit einer Protestantin, der geistlichen Würde entkleidet und zu vier Monaten schweren Kerkers verurteilt.
Aus Amerika, 25. März. In Memphis und Tennessee hat ein furchtbarer Wirbelwind große Verheerungen angerichtet. Im Thals des Missisippi sind die Städte Tunika und Eveland fast gänzlich zerstört. In Wisconsin wüthet seit Mittwoch ein furchtbarer Sturm. Die Verbindung mit Milwauke ist ganz unterbrochen.
Washington, 26. März. Der brasilische Gesandte Baron Andrada ist in der ver- gangenenNacht infolge Schlaganfalls gestorben. — Der amerikanische Ministerresident in Port- au-Prince hat telegraphisch hieher gemeldet, daß Aufständische aus San Domingo das Gebiet der Republik Haiti betreten haben. Haitische Truppen seien denselben an die Grenze entgegengeschickt.
— 50000 Mk. hat der Deutsch-Amerikaner Billard dem Reichskanzler geschickt, damit intelligente, aber unbemittelte Deutsche die Chica- goer Ausstellung besuchen können. Trotzdem der Mann also noch treu zu Deutschland hält, hat er es doch fertig gebracht, seinen gut deutschen Namen „Hilgard" jenseits des Wassers in Billard umzuändern.
Lokales.
Zum Anttzwrt-Artikel in Nr. 36 d. Bl
Dem Einsender der Anfrage in Nr. 35 d. Bl. fällt es trotz der „nötigen Antwort" , die seiner Anfrage von einer Seite zu Teil wurde, an die sie gar nicht gerichtet war, nicht ein, seinen Namen zu nennen. Nachdem er sieht, daß seine Anfrage derartige Aeußerungen zur Folge hat, wird er die Sache zur Behandlung vor einem größeren Forum nach Auswärts senden. —
Die Kraftausdrücke „Dunkelmänner" und Achnliches berühren den Einsender nicht. Eine Anonymität folglich „eine Ehrlosigkeit", liegt nicht vor: Der Proselytenmacher ist hier bekannt und für jeden Inhalt einer Zeitung trägt eine bestimmte Person die Verantwortung.
Dies hier das letzte Wort,
Tukei-Halkndrs.
Dorf und Stadl.
Eine einfache Erzählung aus dem Leben v. M. B. (Fortsetzung.)
Das Mädchen setzte sich, als er bezahlt hatte, zu ihm. Sie steckte ihr Stumpfnäschen in den Strauß. „Ah, ah, wie, fein und prächtig I" lobte sie. „Wo haben Sie nur die herrlichen Blumen gepflückt?"
„Sie wachsen bei uns im Freien,"entgegnete Gottlob treuherzig, „und in solcher Menge, daß mm sie nur abreißen darf im Schwarzwald —"
„Im Schwarzwald unterbrach ihn die Kellnerin, in deren klugem Kopf sofort eine unbestimmte Ahnung ausstieg, und rückte dem Burschen »och näher. „Aus dem Schwarzwald sind Sie? Etwa gar in der Nähe von Freudeustadt oder in jener Gegend zu Haus? es giebt scheint's dort nicht nur schöne Mädchen, auch die Herren sind hübsch I"
Sie hatte mit ihren weichen Händchen die schwielige Rechte Gotilobs ergriffen, und dieser empand einen innigen Druck. Der Bursche dachte in seiner unschuldigen Natürlichkeit nichts besonderes dabei. Ec sah in der Kellnerin eine liebe Freundin seiner Amalie, die nur deshalb so zutraulich gegen ihn war. Das Herz ging ihm auf.
„Ich will es der Jungfer nur gestehen," sagte er, „für wen dieser Straß bestimmt ist. Amalie Zerweck ist hier im Dienst, nicht wahr? Sie ist meine Braut!"
Das Mädchen sprang auf. Ihre Augen leuchteten. Ein Gemisch von Ueberraschung, Schadenfreude, Bosheit, Zorn und Neid zuckte aus den dunklen Sternen hervr.
Ihre Braut wiederholtestegevehnt. „Dann sind Sie wohl der Gottlob Birk . . . '"
„Gottlob Birkhold," korrigirte lächelnd der Bursche. „Amalie hat, wie es scheint, aus unserem Verhältnis kein Geheimnis gemacht. Es war auch nicht notwendig, da es ohnehin nicht mehr lang dauern wird. Es ist gegenwärtig in Baiersbionnn ein Anwesen feil und so billig, daß ich es mit meinem Vermögen fast bar zahlen kann. Ich will mich nun mir Amalie besprechen. Wenn es ihr recht ist, schlage ich ein, und bis auf den Herbst wird Hochzeit gemacht Deshalb kam ich so unvermutet hieher." -
Es entstand eine Weile Pause. DaS Mädchen schaute einige Sekunden lang stumm vor sich hin.
„So, so, heiraten soll das Malchen," sagte sie dann, „Das ist ja sehr hübsch. Was doch das Dämchen für ei» Glücksvogel ist. Wie schade, daß sie gerade heute ihren freien Tag nahm!"
Ein Schatten hatte sich auf das Antlitz der Kellnerin gelegt. Ihre Stimme klang ganz anders als vorher. Doch Gottlob bemerkte es nicht.
„Sie ist nicht daheim?" fragte erbestürzt.
„Nein," erklärte das Mädchen, „sie läßt sich spazieren fahren und kommt wahrscheinlich heute nicht mehr zurück!"
Ein zweites Mädchen in dem gleichen kleidsamen Kostüm, wie das erste, tänzelte heran. Die Gesellschafterin Gottlob's erhob sich und ging ihr entgegen. In Folge dessen sah sie nicht, wie der Bursche bei ihrer Bemerkung die Farbe gewechselt hatte und der Ausdruck einer schmerzlichen Enttäuschung auf seinem Angesicht lag.
Die Mädchen hatten sich in eine Ecke gestellt. S>e kicherten und flüsterten mit einander. Die Zweite klatschte in die Hände und stieß einen Jubelruf aus.
Gottlob hörte es wohl. Er beachtete jedoch das Treiben der Beiden nicht weiter. Er hatte genug mit den eigenen Gedanken zu thun. Erst als die Mädchen auf ihn zukamen und er ihre Anrede vernahm, fuhr er aus seinem Brüten empor.
Die Kellnerin, welche ihm de» Wein gebracht hatte, setzte sich wieder zu ihm, während die Andere sich Mit halb mutwilliger, halb