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zu dürfen, dem gegenüber die für musikalische Genüsse leidenschaftlich empfängliche Amalie ihre Zurückhaltung aufgab.

Viktor Graf begriff seinen Vorteil sehr schnell. An kräftiger Unterstützung fehlte es ihm nicht. Werner hatte bald heraus- gefunden, welch ergiebiger Born sich für ihn in der stets vollen Börse des jungen Amerika­ners erschloß. Er erwies sich dankbar dafür. Viktor machte, von dem Onkel auf alle nur erdenkliche Weise unterstützt, immer größere Fortschritte in Amaliens Gunst. Er wußte sie zu schätzen. Die schönsten und teuersten Blumen wurden von ihm mitten im Winter gekauft und der schönen Nichte des Freundes gebracht, welche sie anfangs zagend, aber allmäiig mit wachsender Freude annahm. Die Eitelkeit that auch das ihrige, und be­kam durch den Neid der Kolleginnen, wenn der duftende Schmuck vor dem Busen Amaliens prankte, noch weitere Nahrung.

Dennoch hielt das Mädchen an ihrer Liebe zu Gottlob und, wie sie wenigstens glaubte, an ihre» gelobten Grundsätzen fest. Das Gift griff aber langiam und mit harm­losen Prickeln um sich, so daß sie die Ge­fährlichkeit desselben gar nicht empfand. Es fiel ihr nicht auf, daß die Liebe und Hoffnung athmenden Briefen des Verlobten sie nicht mehr wie früher mit fast überirdischer Wonne beglückten, und daß sie zu ihren Antworten immer mehr Zeit brauchte. Während sonst das Herz wie ein überwällenden Strom sich ergossen, fand sie jetzt für das, was sie sagen wollte, nur mit Mühe die richtigen Ausdrücke. Auch die stets begehrlicher wer­denden Blicke des Doktors und dessen immer freiere Bewegungen beachtete sie nicht, oder entschuldigte dieie ben mit der Einrede, daß dieselben, wie der Onkel ihr täglich versicherte, znm guten Ton gehören, indem Nwmand, wie ihr auch das Beispiel ihrer Kolleginnen zeigte, etwas Anstößiges sah.

So kam es, daß ihr das zu Weihnachten geschenkte Brillantkreuzchen fast als ein schul­diger Tribut des reichen Verehrers erschien und sie einige Wochen später die zu ihrem! Geburtstag gespendete» goldenen Armspangeu I

mit einem dankbaren Lächeln annahm. Auch an einigen durch den Onkel veranstalteten Spazierfahrten beteiligte sie sich gerne, ob­gleich sie recht gut wußte, von wem eigent­lich die Einladung kam.

Es konnte nicht fehlen, daß dieses gren­zenlose Glück derhergelaufenen Land­pomeranze," wie Amalie heimlich von den Genossinnen tituliert wurde, das Mißfallen und den Neid der letzteren zu errege» be­gann. Sie stellten ihr ein Bein, wo sie konnten, und erreichten auch mehr als ein­mal den Zweck. Amalie beklagte sich bei dem Onkel und von diesem wurde augen­blicklich Wandel geschafft. Er pflog mit dem Dienstherr» unter vier Augen ein kurzes Gespräch.

Zwei Tage später rückte die schöne Nichte zur Büffetdame vor und war dadurch allen weitern Belästigungen mit einem Schlage entrückt. Sie brauchte nun die Gäste nicht mehr zu bedienen und nur das hübsche Neben­zimmer, in welchem das Piano stand, und wo Graf und Werner ihren Sekt zu trinken pflegten, blieb auf den ausdrücklichen Wunsch der beiden unter ihre spezielle Obhut gestellt.

Amalie gewöhnte sich mehr und mehr an das angenehme und aufregende Leben. Im glichen Maße schwand die Erinnerung an dw für dis Zukunft gefaßten Pläne und alles was damit im Zusammenhang stand. Nur jedesm l, wenn ein'Biief von Gottlob eintraf, wurde sie aus ihrer Gleichgiltigkeit anfgernttelr und dann regten sich wohl auch Gedanke», welche sie mit ihrer genußreiche» Behaglichkeit in beunruhigendem Widerspruch fand. Diese Empfindung hatte namentlich der letzte Brief des Verlobten geweckt, der zwar keine Anklage, aber doch manchen stumme», und wie sie selbst gestehen wußte, berechtigten Vorwurf zwischen den Zeilen ent­hielt. Und gerade diesen Brief hatte der Doktor gelesen und dadurch in so rücksichts­loser Weise das Geheimnis ihres Herzens entweiht. Sie war ernstlich böse geworden und wer weiß, was geschehen wäre, hätte nicht der Amerikaner an dem Onkel und ihrem eigenen allzuweit fortgeschrittenen Flot­

tersinn zwei wirkungsvolle Fürsprecher ge­habt. Unter deni Einfluß derselben ver­wandelte sich die beschämenve Regung in übermütigen Trotz und schlug statt zu heil­samer Umkehr zu führen in das Gegenteil um.

(Fortsetzung folgt.)

Vermischtes.

Der Sultan ist ein nobler Mann. Er hat dem deutschen Reichskanzler zum Geburts­tage den Osmanieh-Orden in Brillanten ge­schickt. Die Brillanten zum Orden las der Sultan selbst aus und wählte so kostbare Steine, daß der Orden einen Wert von 100 000 Franken hat. Als Begründung zu dem Ge­schenk ist in einem Handschreiben des Sultans angegeben, er wolle den ersten Diener seines Freundes und diesen selbst ehren.

Das Facsimile eines Ministers a. D. wird soeben in dem italienischen BlatteNa­poli" veröffentlicht, in welchem derselbe an Tanlango das Ersuchen richtet, ihm zu den 156 000 Lire, welche er der Banca Romana schuldete, noch 50 000 Lire anzuborgen und zwar 30 000 Lire sogleich und 20000 später. Dieser Brief war auf einem mit dem Staats­wappen gezierten Papier geschrieben.

(EinWienerHochstabler verhaftet.) In Chicago ist letzter Tage ein Bürger der schönen Kaiserstädt an der Donau, Namens Jacques Licco Adutt, angeblich der Sohn eines angesehenen Bankiers in Wien, auf die Anklage verhaftet worden, Wechsel im Betrage von 50,000 Dollars auf die öster­reichisch-ungarische Baak in Wien gefluscht zu haben Die Verhaltung erfolgte auf Requi­sition der österreichischen Regierung. Seine Auslieferung dürfte sich jedoch verzögern, da bei Durchsuchung seiner Effekten Pretiosen und Juwelen im Werthe von mehreren Tausend Dollars gefunden wurden, welche W rthsachen' Adutt unverzollt eingeschmuggelt hat. Er soll die Juwelen in London und Liverpool auf nicht ganz aufgeklärte Weiseerworben" haben.

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