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L7ro. 32.

Scrrnstclg, 18. März 1893.

29. lalingang.

Wochen-Rurr-schau.

Peinliches Aufsehen in ganz Württem­berg erregt es, daß bei der letzten Beratung des Militäretats im Reichstag schon wieder schwere, im württembergischen Armeekorps vor­gekommene Mißhandlungen von Soldaten bezw. Soldatensträflingen aufgedeckt wurden. Nicht unter den Enthüllungen als solchen, sondern unter den enthüllten Thatsachen leidet nicht blos der Ruf unseres Armeekorps, sondern auch der ganzen deutschen Armee. Der würt- tembergische Kriegsminister hat die Akten be­züglich des Majors Herbert, des Direktors des Festungsgefängnisses in Ulm nunmehr eingefordert und Herbert dürfte nun wohl rasch pensioniert werden. Aber im Volke hält man die Pensionierung nicht für eine genügende Sühne und man sagt sich auch allgemein, daß der Kriegsminister schon vor den erwähnten Reichstagsverhandlungen gegen Herbert Hütte Vorgehen können und sollen, da dessen Angelegenheit schon seit Monaten die öffentliche Meinung beschäftigt, dem Kriegs­minister also nicht unbekannt geblieben sein kann. Offiziere, welche ihre Strafbefugnisse überschreiten, züchten durch ihre Barbareien Sozialdemokraten in ungezählter Menge und schon aus diesem Grunde sollte den Soldaten­mißhandlungen ein kräftiger Riegel vorgescho­ben und wenigstens ein abschreckendes Exempel statuiert werden, welches dann weit mehr er­zielen würde als hundert Verfügungen der oberen Kommandobehörden.

Das deutsche Kaiserpaar wird sich im April wie es heißt in Begleitung des Reichs­kanzlers Grafen Caprivi nach Rom begeben, um an der silbernen Hochzeitsfeier des italie­nischen Königspaares teilzunehmen. Das Kai­serpaar will bei dieser Gelegenheit auch dem Papste einen Besuch machen und letzterer kann dann in Anwesenheit der Kaiserin doch wohl kaum ein politisches Thema anschlagen. Der Reichstag hat bekanntlich in erster Lesung die Militärvorlage der verbündeten Regierungen abgelehnt. Wie es heißt, wollen nun die Nationalliberalen und das Zentrum für die zweite Lesung Vermittlungsvorschläge einbringen. Ob solche der Regierung aber annehmbar erscheinen, bleibt vorerst noch fraglich. Verneinenden Falles muß vernünftiger Weise entweder der Reichstag aufgelöst werden oder der Reichskanzler zurücktreten. Man darf sich nicht verhehlen, daß die politische Lage bei einem Nichtzustandekommen der Militärvorlage sich gefahrdrohend zuspitzen kann. Franzosen und Russen müssen ja dadurch nur ermutigt werden, uns anzugreifen. Die Franzosen suchen schon lange einen Ausweg aus ihrem

Panamaskandal und die Russen sind uns auch nicht günstiger gesinnt worden durch die ge­steigerten deutschen Anforderungen bezüglich eines Handelsvertrags mit Rußland. Die preußische Regierung hat im Gegensatz vom Reichskanzler den Wünschen der deutschen Landwirte wenigstens intnrekt dadurch Rech­nung getragen, daß sie die deutschen Gegen­forderungen so erhöhte, daß Rußland sie schwerlich bewilligen wird, wodurch von den deutschen Landwirten ja das gefürchtete Unheil abgcwendet wird.

In Frankreich ist eine partielle Mi­nisterkrisis ausgebrochen, indem der Justiz­minister Bourgois vom Amte zurücktrat und zwar infolge der Enthüllungen der Baronin Cottu. Aus Angst vor einer Kammerauflö- sung und vor einer Wiederherstellung der Monarchie in Frankreich hat nun zwar die Deputiertenkammer mit einer schwachen Mehr­heit von 65 Stimmen dem Ministerium ein Vertrauensvotum erteilt und Bourgeois ließ sich deshalb zum Wiedereintritt in das Kabi- net bewegen; aber die Thatsache bleibt bestehen, daß die republikanische Negierung bereits da­rauf verzichtet hat, sich und ihre Anhänger rein zu waschen und deshalb nur noch nach Mitschuldigen unter den Mitgliedern der mo­narchistischen Parteien sucht.

Die Unionisten in England veranstalten in zahlreichen Städten Protestversammlungen gegen Gladstones Homerulebill, welche aller­orten sehr lebhaft sich gestalten. Nun haben auch die Unionisten bei einer Nachwahl einen Sitz tm Unterhaus erobert, der schon lange Zeit unbestritten den Gladstoneanern gehört hatte. Zu diesem Wahlsieg mußten 1600 Wähler ihre frühere Ueberzeugung geändert haben.

In Spanien häufen sich ine republika­nischen und anarchistischen Kundgebungen. In mehreren Städten mußte das Militär ein- schreiten.

Aus Rußland kommen neuerdings Not­standsnachrichten und Meldungen von dem WiederauSbruch der Cholera. Die russische Negierung fährt fort, mit großer Rücksichts­losigkeit vie baltischen Provinzen zu russifi- zicren und die evangelischen Geistlichen da­selbst zu maßregeln.

Cleveland, der neue Präsident der Ver­einigten Staaten, hat den Antrag seines Vorgängers Harrison, die Hawaiischen Inseln zu anektieren, im Senate wieder zurückgezogen und damit gleichzeitig den Plan des Urhebers der Revolution in Hawaii, eines reichen Zucker­fabrikanten, mit den amerikanischen Zuckerfa­brikanten einen sog. Preisring zu bilden, gründlich zerstört.

Wür Itemb erg.

Stuttgart, 14. März. Die Abge­ordnetenkammer nahm heute nach zweieinhalb« monatlicher Vertagung die Berathungen wieder auf. Zunächst will die Kammer den Staats­haushalt für 1893/95 berathen, wobei auch die Gesandtschaftenfrage ihre Erledigung finden wird.

Stuttgart, 15. März. In der heu­tigen Sitzung der Adgeordnetenkammer kam es bei der Generaldebatte zum Finanzetat zu lebhaften Auseinandersetzungen. Der Abge­ordnete Sachs hob die unangenehme Ueber- raschung hervor, welche die Forderung einer Steuererhöhung bereitet habe. Der Abgeord­nete Haußmann verlangte Auskunft darüber, wie die Annahme der Militärvorlage auf die ungünstige Finanzlage Württembergs wirken werde, und plaidierte für die Abschaffung der Gesandtschaften in Wien und München. Sei­nem Versuche gegenüber, den Fall Hegelmaier und die Frage der Verfassungsrevision ein­gehend zu erörtern, verhielt sich das Haus ablehnend.

Stuttgart, 15. März. Nach den Mitteilungen des bekannten Erdbebentheoreti­kers Falb steht uns am nächsten Samstag den 18. März, der zweitstärkste kritische Tag des ganzen Jahres bevor. Die charakteristi­schen Begleiterscheinungen des Tages, nämlich starke Luftbewegungen und intensivere Nieder­schläge, namentlich aber Erdbebenerscheinungen, werden nach Falb schon mit dem 16. März zu Tage treten. Gegen den 24. März er­wartet Falb zunehmende warme Niederschläge.

Die goldene Rose, welche Papst Leo XIII fürdie Herzo gin Albr echt von Württemberg bestimmt hat, ist von Sr. Heiligkeit persönlich geweiht worden.

Der vor einiger Zeit aus dem Stuttgarter Amtsgerichtsgefängnis ausgebrochene Valentin Mölter soll in Innsbruck verhaftet worden sein. Er trug einen eleganten Anzug und hatte den Winter über die Eisbahnen fre­quentiert, wobei er sich als Fabrikantensohn aus Augsburg auSgab. Bei der körperlichen Visitation fand man in seinem Mund eine feine Laubsäge, im Gepäck Einbruchwerkzeuge und eine aus Seite hergestellte Strickleiter. Auch zwei Revolver führte Mölter bei sich. Er hat sich zunächst vor dem Innsbrucker Schwurgericht wegen verschiedener Einbrüche zu verantworten, worauf seine Auslieferung an Bayern und Württemberg erfolgen dürfte.

Alten steig, 14. März. Das 4'/s Jahre alte Bübchen einer hies. Witwe verlor heute nachmittag auf recht bedauerliche Weise das Leben. Es spielte mit Kameraden am