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Auch Arnold lenkte, während der Hotel­wirt in denLöwen" ging, wo er eingestellt hatte, unwillkürlich seine Schritte dahin.

SetneJdec bezüglich der Zukunft des Mädchens

hatte inzwischen eine greifbare Gestalt bekommen und mit einem festen Entschluß trat er ins Haus. Gottlob sah ihn zuerst. Der Bursche kam auf ihn zu. Krampfhaft umschloß er die Hand des Mannes, in welchem er bereits einen wohlwollenden Freund erkannt hatte und heiße Thränen rollten über seine Wangen herab. Er brachte kein Wort über die bebenden Lippen. Es schien, als werde das Gemüt des braven Jungen schon zum Voraus von der Ahnung drohenden Gefahren durchzuckt. Neben dem Tische stand in einer Gruppe von Männern und Weibern der feingekleidete Herr. Er hatte Amalien sanft an sich gezogen und umschloß ihre weiche Gestalt mir seinem Arm. Mit gedämpfter Stimme flüstert er ihr Trostworte zu. Das Mädchen war ganz in Schmerz aufgelöst. Willenlos duldete sie die Liebkosungen des Onkels, der «ine so aufrichtige Teilnahme für sie zur Schau trug. Sie wußte wahrscheinlich gar nicht, was mit ihr geschah. Gleichwohl blieb die Szene nicht unbemerkt. Gottlob richtete seine Augen unwillkürlich immer wieder dahin, und jedesmal, wenn der Herr Vetter mit seinen weißen Händen die Tbränen von den Wangen des Mädchens wegstrich, empfand «r einen Stick in das Herz.

Eine gar kühne Bewegung des eifrigen Trösters gab endlich Amalte das Bewußtsein zurück. Sie machte sich los. Im gleichen Augenblick gewahrte sie Arnold. Sie schritt aus ihn zu. Aufs Neue flössen ihre Thränen. Ein Bild des Jammers stand die arme Waise vor dem selbst auch tief ergriffenen Mann.

Ehe letzterer ein Trostwort fand, hatte sich der feine Herr zwischen ihn und das schluchzende Mädchen gestellt.

Alle Wetter, Herr Arnold," rief dieser mit frivolem Auaenzwinkern,Sie scheinen

ja eine Bekanntschaft meines schönen Väschens zu sein? Sie haben beim Teufel keinen schlechten GeschmackI Ich nehme es Ihnen auch gar nicht übel und bedaure nur, daß die Liaison so traurig abschloß. Uebrtgens dürfte es später wieder Gelegenheit geben, da die Kleine sich nunmehr in die Obhut ihres Onkels begiebt. Nicht wahr, Malchen? Sie kennen mich doch Herr Arnold, Inspektor Eugen Werner! Habe schon verschiedene Male, allerdings ohne besonders bemerkt worden zu sei», das Vergnügen gehabt."

Der Onkel hatte sich abermals der Haud des Mädchens bemächtigt und gegen Arnold eine tiefe Verbeugung gemacht.

Dieser fühlte sich im höchsten Grade peinlich berührt. Er war mit dem Vorsatz gekommen, dem Mädchen, wenn nötig, ein vorläufiges Asyl in seinem eigenen Hause anzubieten, wo ohnehin in der nächsten Zeit zur Unterstützung der Hausfrau eine Stelle frei wurde, dachte aber, nachdem was er gesehen und gehört hatte, nicht mehr daran. Der Gedanke, seinen guten Willen der Kritik eines Mannes wie Werner preisgegeben zu sehen, legte sich wie eine eisige Hand ans sein von Wohlwollen und Mitleid durchglühtes Gemüt. Er verabschiedete sich kurz und selbst Gottlob, der ihn auf den Hof begleitete mußte sich mit wenigen Worten begnügen, in welchen durch die heraufbeschworene Verstim­mung immer noch das Bedauern durckklang.

II.

In einem eleganten Restaurant der Haupt­stadt saßen um die elfte Mittagsstunde zwei Herren beim Wein. Ihre erhitzien Gesichter ließen erraten, daß die auf dem Tisch stehende leere Flasche nicht die einzige war, mit deren Inhalt sie sich gütlich gethan. Sic rauchten, lachten machten schlechte Witze und schienen sich ganz besonders über die Ver­legenheit zu freuen, in welche dabei ein in ihrer Nähe mit Abstäuben der Möbel be­schäftigtes Mädchen geriet.

Nach einer Weile erhob sich der ältere und ergriff das Mädchen beim Arm.Komm

her, Malchen," mahnte er,und thue dem Herrn Doktor Bescheid. Ich weiß nicht, was ich aus Dir machen soll! Den ganzen Tag sind nur fidele Leute um Dich, und doch zeigst Du manchmal ein Gesicht, als habest Du Wermut verschluckt. Stecken Dir denn immer noch die Dorfgrillen imKopf?"

Amalie Zerweck war es, die Tochter der verstorbenen Lehrerswitwe in Thalheim; sie ließ die Arbeit ruhen und richtete ihre großen Augen auf den Onkel. Es lag ein urbeschrciblicher Ausdruck in ihrem Blick. Sie versuchte za lächeln, doch unwillkürlich erschien eine Falte auf der einst so klaren Stirne und ein herber Zug legte sich um ihre» Mund.Laß mich, Onkel," wehrte sie ab.Ich mag keinen Wem. Auch zum scherzen und Lachen bin ich nicht aufgelegt."

Sie wandte sich ab und ging wieder au die Arbeit. Während sie sich niederbückte, fiel ihr, ohne daß sie es bemerkte, ein Papier aus der Tasche. Der Doktor sah es. Er schlich sich in ihre Nähe und hob es unbe­merkt auf. Es war em Brief. Er faltete ihn auf und las. Ein lebhafter Blitz zuckte aus seinen lüsternen Augen.Ha, ha, ha," wandte er sich lachend an den Inspektor, welcher ohne eine Miene zur Abwehr zu machen, dem Beginnen des Gefährten mit hämischem Grinse» gefolgt war,das ist köstlich: Höre nur, Eugen, zu welch' schwung­vollem Pathos sich der mistkundige Anbeter Deines schönen Väschens versteigt:Theure AmalieI Ich bin voller Unruhe. Deine Briefe werde» immer seltener und dann

so kurz und so kühl. Warum?-?"

Er kam nicht weiter. Das Mädchen war mit flammendem Antlitz auf ihn zugesprungen und riß ihm das Papier aus der Hand. Unverschämter," stieß sie über die bebenden Lippen hervor und eilte, die Schürze vor die Augen haltend, laut weinend hinaus.

Der Doktor sandte ihr einen zornigen Fluch nach; Die Empfindung des Onkels aber äußerte sich in einem erzwungenen Lachen.

(Fortsetzung folgt.)

Amtliche unv Privat-A «zeigen.

W i l d b a d.

Mekcrnntmcrchung

betreffend die Vornahme einer freiwilligen Visitation der Maße, Gewichte und Wagen.

Im Laufe dieses oder des nächsten Monats wird Aichmeister Feldw eg von -Calw in Wildbad eine freiwillige Visitation der Maße, Gewichte und Wa­gen vornehmen.

Die beteiligten Gewerbetreibenden werden zur Benützung dieser Einrichtung mit der Belehrung aufgefordert, daß wegen Unrichtigkeiten und sonstigen Borfchriftswidrigkeiten, die sich bei der freiwilligen Visitation der Maße, Gewichte und Wagen ergeben, eine StrafeinfchreitUNg nach § 369,2 des Reichsstrafgesetzbuchs nicht erfolgt.

Den 6. März 1893. Stadtschultheißenamt.

B ä tz n e r.

W i l d b a d. '

Aufforderung.

Diejenigen Personen, welche Ansprüche auf Zurückstellung Militärpflichtiger wegen häuslicher Verhältnisse in den Fällen des 8 32 Ziffer 2 as der Wehr­ordnung erheben wollen, sowie diejenigen Reservisten, Landwehrmänner, Ersatzre­servisten und ausgebildeten Landsturmpflichtigen des zweiten Aufgebots, welche auf Zurückstellung hinter die letzten Jahresklassen ihrer Waffe oder Dienstkategorie wegen häuslicher oder gewerblicher Verhältnisse Anspruch machen, werden aufge­fordert, ihre Gesuche binnen 10 Tagen hier anzubringen.

Den 6. März 1893.

Stadtschultheißenamt.

W Bätzner.

Verakkordierung.

Nächsten Donnerstag den 9. d. Mts., abends 6 Uhr

werden auf dem hiesigen Rathaus die Maurer­arbeiten zur Herstellung einer Stützmauer am Blöcherweg und Umdecken des Dachs am städt. Gebäude Hauptstr. Nr. 152 im öffentlichen Abstrcich verakkordiert.

Wildbad den 7. März 1893.

Stadtbauamt.

S a l m b a ch.

Kotz-Wersteigerung.

Aus hiesigen Gemeindewaldungen kommen am

Montag den 13. März 1893, nachmittags 2 Uhr

auf dem Rathaus hier zum Verkauf:

258 St. Langholz mit 116,90 Fm.,

99 Baustangen mit 18,29 Fm.,

8 Gerüststangen mit 1,12 Fm.,

36 Werkstangen III. u. IV. Kl.,

363 Hopfenstangen I. u. II. Kl.,

686 ., Neisstangen II.,III.,IV. u. V.Kl. 115 Rm Brennholz Abfuhr und Zahlungsbedingungen günstig. Den 4. März 1893.

Schultheißenamt.

Wagner.