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Uro. 2S.
Donnerstag,
9. Wärz 1893.
29. takngang.
Württemberg.
— Se. Maj, der König hat dem Hilfsarbeiter im Ministerium des Innern Oberamt-! mann Hofmann den Titel und Rang eines Regierungs-Rats verliehen.
Stuttgart, 4. März. Der „Staats- anzeiger" veröffentlicht die Einberufung des württembergischen Landtags auf den 14. März.
— Wie in Hofkreisen verlautet, wird diese Ostern und zwar in Ludwigsburg Prinzessin Pauline konfirmirt werden. Herzog Wilhelm von Württemberg hat sich von hier wieder nach Wien zurückbegeben.
Stuttgart, 4. März. Seit einigen Tagen sind die Säle des Königbaus in einen Tannenwald umgewandelt, in welchem sich eine Schwarzwälder Kirchweih mit ihrem bunten Jahrmarkttreiben abspielt. Es handelt sich um ein schönes Kostümfest, das unter dem Protektorat der Königin Charlotte zu einem wohl- thätigen Zwecke abgehalten wird. Dem Eröffnungsakte wohnte der ganze Hof bei. Am ersten Tage wurde eine Einnahme von 5000 Mark erzielt.
Stuttgart, 7. März. Die Wohlthä- tigkeitskirmeß hat einen Bruttoertrag von etwa 30,000 Mk. ergeben. Die Ausgaben belaufen sich auf 5—6000 Mk., so daß gegen 35,000 Mark als Reingewinn übrig bleiben dürften.
— Wie der „Schw. B." hört, soll der Geh. Hofrat Jackson aus der Liste der Hofräte gestrichen und seines Titels verlustig erklärt werden. Es hängt dies mit den Aussagen eines wegen Erpressung angeklagtcn Dieners Jacksons zusammen, welcher letzteren mehrerer Sittlichkeits-Verbrechen beschuldigte. Jackson soll sich nach Amerika gewandt haben.
Stuttgart, 5. März. Ein für unsere Wirte nicht uninteressanter Prozeß hat gestern vor dem Reichsgericht seinen Abschluß gefunden. Der Bierbrauer I. Beck von Heimsheim ist vom Landgericht hier am 24. Nvv. vorigen Jahres wegen „wissenschaftlicher Behandlung" des Bieres zu 50 Mk. Strafe verurteilt worden. Der betreffende Bierbrauer hatte nämlich rumänische Gerste benützt; da jedoch die rumänische Gerste zu wenig Malz enthielt, war der Sud zu bi.ter geraten. Um diesem Uebel- stand abzuhelfen, hat der Angeklagte eine Quantität Saccharin verwendet, um durch den süßen Beigeschmack die Bitterkeit zu verdecken. Gegen das vom Stuttgarter Landgericht auf Grund des Paragraphen über Lebensmittelverfälschung gefällte Urteil hat der Beklagte an das Reichsgericht rekurriert, indem er ausführte, daß die Zuthat von Saccharin nicht als eine Fälschung von Lebensmitteln betrachtet werden könne. Das Reichsgericht war dagegen anderer Ansicht und bestätigte das Urteil des Stuttgarter Landgerichts.
Nagold, 4. März. In der heutigen gemeinschaftlichen Sitzung beider bürgerlichen Collegien wurde beschlossen, die von den HH. Klingler und Barthel hier beantragte Errichtung der elektrischen Beleuchtung der Stadt zu genehmigen. Der Kostenpunkt soll die bisherige Beleuchtungsart nur um Weniges überschreiten.
Altensteig, 7. März. Zwei Bürger in Fünfbronn holten dieser Tage im Badischen gekaufte Ochsen. Auf dem Heimweg brachen sie auf dem Kniebis mit den Tieren in metertiefem Schnee ein. Die Männer konnten sich herausarbeiten, die Tiere nicht. Es wurden Männer herbeigehohlt, welchen es endlich nach 12 Stunden langer mühevoller Arbeit gelang, die ganz ermatteten Tiere herauszuschaufeln und auf Schlitten in den nächsten Stall zu verbringen.
Freuden st adt, 5. März. Wie wir aus zuverlässiger Quelle erfahren, sind die seinerzeit auf Vorschlag des Herrn Oberingenieur Cox vom Gewcrbeverein an die hiesigen Gewerbetreibenden ausgegebenen Fragebogen betreffs Aufstellung von Elektromotoren und elektrischen Glühlampen gestern vollends eingegangen, und das Resultat dieser Umfrage ist folgendes, es wurden gezeichnet 27 Motoren mit zusammen 54 Pferdekräften und 600 bis 700 Lampen. Auf Grund dieses Resultats wird die zur Maschinenfabrik Eßlingen gehörige elektrotechnische Abteilung Cannstatt den Kostenvoranschlag berechnen, welcher alsdann den hiesigen bürgerlichen Kollegien vorgelegt werden wird. Wenn man bedenkt, daß der größte Teil der Gewerbetreibenden noch mit der Zeichnung vorsichtig zurückhält, um vorerst zu sehen, wie der Betrieb sich rentiert, so ist dieses Resultat als ein überaus günstiges zu bezeichnen, und es erinnern diese Vorgänge lebhaft an die Zeit der Einführung der Wasserleitung. Damals haben auch die Konsumenten zuerst vorsichtig erwogen, ob die Einrichtungskosten das Interesse tragen werden, und jetzt kann man lange suchen bis man ein Haus findet, das nicht seinen Wasserhahnen hat. Darum glauben wir auch angesichts dessen, daß die Beleuchtung mit Erdöl für unsere Stadt nicht mehr zeitgemäß ist, zuversichtlich , daß die Hoffnungen des weitaus größten Teils der hiesigen Einwohnerschaft sich noch im Laufe dieses Jahres verwirklichen werden. (Schw. B.)
Ludwigsburg, 3. März. Dem Prinzen Ernst von Sachsen-Weimar, Rittmeister im Dragonerregiment Königin Olga (l.würit), Nr. 25, ist gestern nachmittag ein Unglücksfall zugestoßen. Bei einer Ausfahrt zu Wagen scheute das Pferd, infolge dessen fiel ver Wagen um und der Prinz wurde auf die Straße geschleudert.
Bietigheim, 5. März. Unter der Kmderwelt in Bissingen a. E. herrscht neben den gewöhnlichen Kinderkrankheiten seit einiger Zeit in erschreckender Weise Halsbräune. Es sind seit Neujahr diesen Krankheiten bereits 35 Kinder im Alter bis zu 6 Jahren erlegen, so daß die Kinderschule schon geraume Zeit geschlossen werden mußte.
Müns ingen, 4. März. Ungeheure Wassermassen stürzen in de» letzten Tagen infolge des Schneeganges aus allen Schluchten und Thälern über Wiesen, Felder und Straßen, überall tiefe Furchen reißend und den Verkehr hemmend. Gestern mußte die Post von Schelk- lingen hieher ihre Fahrt im Schmiechenthal unterbrechen wegenUeberschwcmmung des Tha- les. In den niederen Lagen der Ortschaften sind Keller und andere Räumlichkeiten mit Wasser gefüllt und noch ist der Schnee nicht ganz geschmolzen.
Ulm, 6. März. In ganz unerhörter Weise werden die Gemüter der hiesigen Einwohnerschaft in Aufregung gebracht. Nicht nur werden betreffs der Ergreifung des Mörders der Frl. Reuß ganz unglaubliche Dinge erzählt, es werden auch täglich neue Verbrechen und Angriffe auf Personen in der Stadt kolportiert, die gänzlich aus der Luft gegriffen sind. Das Stärkste leistete hierin heute Vormittag die Fcau eines Bahnbediensteten, indem sie in der Nähe des Magirus'schen Fabrikan- weseus bei der Eisrnbayiibrücke ein an ihr ausgeübtes Sittlichkeitsverbrechen heuchelte und anscheinend bewußtlos dalag, mit aufgerissenen Kleidern. Die Arbeiter in der Fabrik von Magirus wurden allarmiert und suchten die ganze Umgebung nach dem Thäter ab. Ueber den Beweggrund zu diesem recht sonderbaren Schauspiel wird die eingeleitete Untersuchung näheren Aufschluß bringen.
Rundscha u.
P f o r z h e i m, 6. März. Vor sehr zahlreich besuchter Versammlung sprach gestern Nachmittag im „Schwarzen Adler" hier Hr. Reichstags-Abgeordneter Dr. Osann aus Darmstadt über die allgemeine politische Lage mit besonderer Berücksichtigung der Militär-Vorlage. In anderthalbstündigen, den erfahrenen Politiker und gewandten Parlamentarier bekundenden Ausführungen trat der Redner für eine Verstärkung uns.res Heercs ein, dabei betonend, daß das absolut Nolhwendige zu bewilligen, das nicht Nolhwendige aber abzulehnen sei. Der Vortrag wurde sehr beifällig ausgenommen. Eine von Wittum eingebrachte Resolution fand allgemeine Zustimmung.
Pforzheim, 5. Marz. Gestern abend nach 9 Uhr erscholl hier Feuerlärm. In dem