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Die Betriebskosten, die sich nach seiner Aufstellung auf ca. 24 000 Mk. für eine erweiterte Anlage berechnen, setzen sich zusammen aus 1 Posten für
Verzinsung von 200 000 Mk. ä 4 mit . . . 8000 Mk.
einer Amortisation der Anlage mit 4"/o . . . 8000 „
und nur der Restbetrag mit. 8000 „
seien eigentliche Betriebskosten. Wenn also je in den ersten Jahren ein erheblich geringerer Consum hier stattfinde, als der von ihm der Rentabilitätsberechnung zu Grunde gelegte, so könne es sich doch immer noch nicht um eine Unterbilanz handeln. Es sei sicher, daß die Einnahme zu den Betriebskosten und der Verzinsung des Anlagekapitals hinrciche; wenn die Abschreibung am Anlagekapital in den ersten Jahren in der von ihm angenommenen Höhe nicht erfolgen könne, so habe dies keine große Bedeutung. Wie schon gesagt, glaube er aber, daß selbst eine Herabsetzung dieser Abschreibung nicht erforderlich sei.
Für die Höhe der Einnahmen könne er allerdings keine Garantie leisten, hier müsse er sich auf die Aufnahme der mit den örtlichen Verhältnissen vertrauten Personen Verlassen; doch gewähren andere Orte, wie z. B. Fürstenberg-Bruck, einem kleinen Orte von 2400 Seelen, doch auch einige Anhaltspunkte über den hier zu erwartenden Consum. Dort seien bereits 1700 Glühlampen im Betriebe, obgleich der dort aufgestellte Preis für elektrisches Licht noch über dem für Wildbad berechneten stehe. Der dortige Posthalter z. B., der jährlich für Petroleum die Summe von 480 Mk. ausgegeben habe, bezahle jetzt für elektrisches Licht, trotz einer sehr ausgiebigen Einrichtung desselben, nur eben so viel Die Bedenken gegen die Anwendung des Pauschaltarifs könne er nicht teilen. Wie schon gesagt, der Umstand, daß sich jeder Consument zum Voraus berechnen könne, was er für elektrisches Licht pro Jahr auszugeben habe, und daher in der Lage sei, sich das Lickt seinen Verhältnissen entsprechend zu Nutzen zu machen, spreche für den Pauschaltarif. Wenn z. B. einer jährlich 72 Mk zu bezahlen hätte, so sei ja damit nicht gesagt, daß man diesen Betrag auf einmal in einer Summe von ihm erhebe, man könne dieselbe ja monatlick mit je 6 oder schließlich auch halbmonatlich mit 3 erheben. Die Anwendung von Elektrizitätsmessern für die Großconsumenten könne man sich ja noch überlegen. Ob die Anwendung bei diesen aber im Interesse der Rentabilität des Werkes gelegen sei, sei eine andere Frage. Wenn z. B. ein größeres Hotel in Fremdenzimmern, die im Jahr nur einige Wochen benützt werden, Lampen einrichte, die jedesmal nur wenige Stunden gebrannt werden, so bezahle es für die Wohl- that des elektrischen Lichtes eine Kleinigkeit, welche in gar keinem Verhältnis zu den größeren Anlagekosten stehe, die das Werk dadurch erfordere, daß man auf solchen außerordentlichen, nur wenige Wochen im Jahre während der Hochsaison hier dauernden Consum Rücksicht nehmen müsse. Bei Berechnung nach Messern würden zwar die Preise pro Stunde selbstverständlich etwas höher, als die, welche sich nach dem Pauschaltarif ergeben. Auch gebe es noch verschiedene andere Berechnungsarten, durch die man die Preise möglichst gerecht und gleich für alle Consu- menten berechnen könne; so könne man für jede installierte Lampe eine gewisse Taxe erheben. Auch könne man jede einzelne Lampe besonders nach ihrem anzunehmenden Gebrauch einschätzen und berechnen. Es existiere u. A. eine Vorrichtung, die den Stromzufluß zu einem Consumenten selbst- thätig unterbreche, sobald der Consument mehr Strom entnehme, als er gleichzeitig zu entnehmen berechtigt sei. Die Frage also, ob eine gerechte und nicht zu complicierte Berechnung des Preises für das elektrische Licht möglich sei, die allen Verhältnissen Rechnung trage, sei er in der Lage, bejahend zu beantworten. Diese Frage sei für ihn übrigens nebensächlich, die Hauptsache sei, daß man untersuche, ob die von ihm angenommene Einnahme überhaupt zu erwarten sei. In der von ihm gefertigten Consum-Tabelle sei für jeden Consumenten ausgerechnet, wie viel er für Licht zu bezahlen habe. Vor allem anderen handle es sich jetzt darum, daß eine Commission der bürgerlichen Collegien diese Liste durchgehe und bei jedem einzelnen Consumenten untersuche, ob zu erwarten sei, daß derselbe den von ihni angenommenen Betrag für Beleuchtung ausgebe. Sei dies geschehen, so habe man sichere und überzeugende Anhaltspunkte über die Einnahmen und über die Rentabilität des Werks.
Die Frage des Stadtvorstands bezüglich der Störungen
beantworte er dahin, daß man natürlich eine Garantie für den Ausschluß jeder Störung beim elektrischen Licht nicht übernehmen könne, dagegen sei dasselbe jedenfalls ebenso zuverlässig, wie das Gaslicht. Es sei schon vorgekommen, daß in großen Städten eine Gasarrstalt mehrere Tage versagt habe, z. B. bei großem Froste u s. w. Auch beim elektrischen Lichte könne das Vorkommen, doch sei durch die Anwendung von Accumu- latoren die Gefahr einer Störung sehr vermindert. Sämtliche Theater in Berlin hätten elektrisches Licht, meistens ohne Reserve-Anlagen und ohne Accumulatoren. Diese Institute könnten aber eine Störung während ihren Vorstellungen wohl am Wenigsten brauchen, und sei dies deßhalb ein Beweis, daß man sich auf das elektrische Licht in dieser Hinsicht verlassen könne. Auch die Reichsbank-Hauptstelle in Berlin habe elektrisches Licht ohne Reserve.
Eine Ausbildung des hiesigen Stadtbaumeisters zu seiner Benützung als Leiter der Anlage sei nicht gut möglich, da der Unterschied zwischen dem Baufach und der Elektrotechnik ein zu großer sei.
Nachdem hierauf Stadtschultheiß Bätznernoch erwähnte, daß es vielleicht auch möglich sei, die Betriebskosten dadurch zu verringern, daß man das Anlage-Kapital nicht, wie v. Miller angenommen, gegen 4°/oige, sondern schon gegen -U/sO/oige Verzinsung erhalte und daß für die ersten Jahre eine Amortisation von 2"/o, wenn es nicht anders gienge, auch genügend sei, erteilte er
Regierungs-Rat Haag von Stuttgart das Wort. Derselbe äußerte sich über das Projekt dahin, daß er sich im Interesse Wildbads als Badeort für dasselbe aussprechen müsse. Bei Beantwortung der Frage, ob diese große Ausgabe für die Anlage von der Stadtgemeinde gemacht werden soll, müsse für die bürgerlichen Collegien hauptsächlich die Eigenschaft Wildbads als Fremden- und Curort maßgebend sein, da die Einführung dieses Lichts jedenfalls auch von Einfluß auf die Frequenz unserer Badestadt sein werde. Verschiedene Kurorte hätten das Licht schon eingeführt, andere werden Nachfolgen, und da dasselbe namentlich in hygienischer Hinsicht und mit Rücksicht aufseine Sicherheit vor Feuersgefahr so große Vorzüge vor allen andern Beleuchtungsarten habe, werde es zukünftig bei der Entscheidung der Fremden, welchen Kurort sie besuchen wollen, jedenfalls eine Rolle spielen.
Er möchte nur noch wissen, wie viel bisher hier jährlich für Gas ausgegeben worden sei und ob zu erwarten sei, daß später hier nur das elektrische Licht Verwendung fände. Soviel er gehört habe, sei der Vertrag mit der hiesigen Gasfabrik demnächst abgelausen, eine Konkurrenz dieser also nicht mehr zn befürchten. Elftere Frage beantwortet Gemeinderath Schmid dahin, daß nach der von ihm gemachten Erhebung hier für Vas ca. 20 000 Mk. bezahlt, während für die elektrische Anlage ca. 29000 Mk. Brutto-Einnahme angenommen worden sei.
Schließlich richtete Stadtschultheiß Bätzner an v. Miller die Anfrage, ob es nicht möglich sei, daß die Anlage durch irgend ein Geschäft auf eigenes Risiko, also ohne Uebernahme einer Garantie für Rentabilität von Seiten der Stadt, ausgeführt und betrieben würde, wobei natürlich Voraussetzung sei, daß der Preis des Lichtes zum Voraus vereinbart würde, v. Miller bejaht diese Frage; das Licht werde aber in diesem Falle für die Consumenten um Bedeutendes theurer. Nach seiner Schätzung immerhin um 15 — 20 als der von ihm vorgeschlagene Preis. Während die Gemeinde schließlich auf einen Ueberschuß, eine Rente aus der Anlage verzichten könne, sei dies bei einem Unternehmen von privater Seite nicht der Fall. Hier müsse neben der Verzinsung und der Amortisation des Kapitals noch ein erheblicher Ueberschuß erzielt werden. Er empfehle die Uebertragung der Anlage an Unternehmer daher nicht. Es würde dadurch wieder ein Monopol geschaffen, dar zu Verhältnissen führe, wie sie derzeit mit der hiesigen Gasfabrik bestehen. Er habe gehört, daß gegen diese hier allgemein große Verstimmung herrsche. Hiegegen möchte er dieselbe einigermaßen in Schutz nehmen; der Grund zu dieser Verstimmung liege nicht in dem Umstande, daß die Gasfabrik vielleicht schlechteres Licht liefere als dies an anderen Orten der Fall sei, vielmehr in dem ihr eingeräumten Monopol. Er kenne keine Stadt der Welt, wo dieser Haß gegen die Gasfabrik und ihre Leiter nicht vorhanden sei und man die letzteren nicht gleichsam als Betrüger und Aehn-
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