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Wiirttemverg.

Stuttgart, 20. Febr. Nachdem vor «twa drei Wochen ein Fall von Meningitis (Genickstarre) mit tödlichem Verlauf beim hiesigen Ulanenregiment aufgetreieu war, stnd dem Vernehmen nach neuerdings wiederum zwei -Ulanen an derselben erkrankt und ins Lazaretverbracht worden. Heute Vormittag fand auf hiesigem Amtsgericht die erste Gläubigerversammlung imKonkurs Stängler statt. Die angemeldeten Passiva betragen über 3 Millionen, welchen an Aktiven nun etwa 1200 Mk. und verschiedene kritische Forderungen im Ausland, welche erst erstritten werden müssen, gegenüberstehen; deshalb ist für den Konkurs eine ziemlich lange Dauer in Aussicht zu nehmen.

Die Landstände werden voraussichtlich miitte März wieder zusammentrcten. Siche­rem Vernehmen nach wird wegen des Artikels in Nr. 38 desBeobachters" von der Ge­neraldirektion der Staatseisenbahnen und von dem Kommandanten von Stuttgart, Oberst Graf Scheler, Strafkiage erboben.

18. Febr. Man spricht hier von -einem kurzen Gegenbesuch des Kaisers Franz Joseph in Stuttgart, doch scheint Genaueres noch nicht festzustehen.

Die Einführung der einreihigen Uni­form ist nun auch für die Steuerwache, so­wie für das Landjägerkorps in Aussicht ge­nommen.

Calmbach, 19. Febr. In den letzten Tagen ist es dem hier bediensteten Forstschutz­wächter gelungen, zwei Holzdiebe auf frischer That im benachbarten Revier Langenbrand unzutreffen. Es sind dies die Gebr. M., Mau­rer und Taglöhner von hier. Sie hatten zwei Stämme Holz bereits klein gesägt und Teile «auf einen Karren geladen. Es sind in letzter Zeit mehrfach Holzdiebstähle in den umgeben­den Waldungen vorgekommen.

Horb, 20. Febr. Restaurateur Bollin- ger von G und ringen, welcher am Stefans­tag v. I. den Gypser A. Bachmann in einem Streit mit einer Bierzange auf den Kopf schlug, fo daß letzterer am 14. d. Mts. im Kranken­hause zu Tübingen starb, wurde heute dem hiesigen Amtsgericht eingeliefert.

Einem Metzgerburschen, der ein Rind von Unterjettingen nach Nagold zu trans­portieren hatte, riß das unbändige Tier los, stürzte sich in voller Wucht auf seinen Führer und verletzte denselben an Kopf uud Brust schwer. Weil sich dem wütenden Thier kein Mensch ohne Lebensgefahr mehr nähern konnte, mußte es mit Flintenschüssen und Baumstützen -erlegt werden.

Der letzte Eisgang hat, wie schon be­kannt, auch das Wahrzeichen von Dürrmenz- Mühlacker.die alte hölzerne Enzbrücke ver­nichtet. Die Post nach Wurmberg mußte bis zur notdürftigen Ausbesserung der Brücke über .Lomersheim geführt werden. Die bürgerlichen Eollegien von Dürrmenz haben sofort die Her­stellung einer eisernen Brücke beschlossen; diese soll auf etwa 40000 Mk. zu stehen kommen. ES ist zwar ein Brückenbaufonds von 20 000 Mark angesammelt, da aber die Gemeinde so -gut wie gar keine Einkünfte hat und durch ei­nen Schulhausbau, eine Trinkwasserleitung rc. hart angelegt ist, wäre ein entsprechender Staats- und Amtskorporations-Beitrag sehr zu gönnen.

Besigheim, 18. Febr. Am letzten Dienstag Abend wurde Schultheiß Lipp vor Hessigheim verhaftet und hieher in Unter­suchungshaft abgeführt. Er soll sich unbegreif­liche Saumseligkeiten und.größere Unregelmäßig­keiten haben zu Schulden kommen lassen. Sein

Amtsdiener fiel den Tag vorher vom obersten Scheunenboden herab und brach dabei beide Arme, beide Beine und einige Rippen.

Böblingen, 20. F br. Heute früh ist in Döffingen die Zehntscheuer mit ungefähr 700 Ztr. Stroh niedergebrannt.

H e i l b r o n n, 20. Febr. Wie versichert wird, aber noch der ^Bestätigung bedarf, sei gestern abend 9*/, Uhr der vielgesuchte Fran­zose Arton unte polizeilicher Aufsicht hier durch­gereist.

Ellwangen, 19. Febr. -Der Bau einer zeitgemäßen Turnhalle, dieses lang­jährigen Schmerzenskindes hiesiger Stadt, scheint endlich in Fluß kommen zu wollen. Letzten Freitag weilte Direktor Or. v. ,Dorn hier, der sich kür diesen Bau stets besonders inte- ressirt hatte, um mit den bürgerlichen Kollegien hierüber endgiltig zu verhandeln. Soviel man hört, gibt der Staat 20 000 Mark, die Rek­torats-Kasse 4000 Mk. Beitrag; den Rest be­zahlt die Stadt, die sich das Eigenthumsrecht vorbehält und die Unterhaltungskosten über­nimmt. Der Bau soll vorläufig auf 44000 Mark veranschlagt sein.

Ulm, 20. Februar. Bei der am letzten Samstag gehaltenen Felddienstübung bei Gög­gingen stürzte das Pferd des Prem.-L>eut. Esser, indem es auf einer Eisplatte ausglitt. Der Offizier erlitt einen schweren Beinbruch.

Rundschau.

Kar l sruhe, 19. Febr, Die schwedische Kronprinzessin, welche seit Monaten in Karlsruhe weilt, beabsichtigt gegen Ende dieses Monats sich zu längerem Aufenthalte nach Italien zu begeben. Die Kronprinzessin hat sich kürzlich einer in Folge eines Nasenleidens nothwendig gewordenen Operation unterzogen, welche zwar glücklich verlaufen ist, die hohe Patientin aber stark angegriffen hat. Gegenwärtig befindet sich die Kronprinzessin verhältnißmäßig wohl.

Heidelberg, 19. Febr. Gestern Nach­mittag traf der bekannte Pfarrer Kneipp hier ein und wurde am Bahnhof von einer zahl­reichen Menschenmenge begrüßt. Durch sein humorvolles, ungezwungenes Auftreten nahm der 72 jährige Mann alles für seine Persönlich­keit ein. Heute Morgen verkündete er in seiner bekannten derben und klaren Art seine Lehren, besonders über die Ernährung und Abhärtung des Kindes vor einem vielköpfigen Publikum im Saale derHarmonie".

In einer einzigen Münchener Leih­anstalt sind seit dem Beginn des Carnevals 340 Betten und nahezu an 600 Uhren ver­setzt worden.

Mainz, 18. Febr. Ueber den Angriff auf Bischof Haffncr wird derVoss Z." noch berichtet: Als Bischof Haffner in Mainz am Donnerstag Nachmittag mit einem seiner Sek­retäre an einer einsamen Stelle des Rhein­ufers spazieren ging, sprang ein Arbeiter namens Stickler mit erhobenen Fäusten auf ihn und schrie:Da seid ihr ja, Ihr schlechten Pfaffen; man müßte Euch allen die Hälse abschneiden." Beide Herren versuchten, zu entweichen, wurden aber von dem Burschen, der angetrunken gewesen sein soll, verfolgt und es wäre ihnen übel ergangen, wenn nicht andere Spaziergänger herbeigeeilt wären. Jetzt ergriff Stickler die Flucht u. entkam auch, wurde aber noch abends in dem nahen Weisenau ausfindig gemacht und verhaftet. Es ist vor­läufig unbekannt, was ihn zu dem Angriff veranlaßt hat.

Berlin, 18. Febr. Dem deutschen Adelsblatt zufolge beabsichtigt Graf Caprivi eine Verlobung mit einer jungen Witwe aus Ttlstt.

Wilhelmshaven, 18. Febr. Der Schaden, den der gestrige Brand auf dem PanzerschiffeKronprinz" verursachte, beläuft sich auf eine viertel Million Mark. Der Kaiser besichtigte heute Morgen die Brandstätte.

Steinau (Reg.Bez.Breslau), 20. Febr. Die städtischen Promenaden, der Turnplatz und viele Grundstücke sind von Hochwasser über­flutet. Die Umgegend ist ein großer See. Wild ist in Menge vernichtet.

Aus Wien, 18. Febr. wird berichtet: Bei den Pulvertürmen gegenüber dem Zcnt- ralfriedhof wurde ein älterer Soldat vom Wach­posten durch zwei Schüsse getötet. Der Wach­posten versichert, daß er Feuer gegeben habe, weil er auf wiederholtes Anrufen keine Ant­wort erhalten habe. In Prag erhängte sich auf dem Wolschaner Friedhofe der Kaplan Tykal, der vor einigen Tagen mit einem So­zialisten einen Streit hatte und in Rarodntz Listy angegriffen wurde.

Aus Elsaß-Lothringen, 19. Febr. Die Verurteilung der Panamisten zu verhält­nismäßig strengen Strafen wird hier allgemein mit großer Genugthuung ausgenommen. Es ist dies weiter nicht befremdlich, wenn man in Betracht zieht, daß das Reichsland beim Panamakrach Verluste erlitten hat, die mit 60 Millionen Mark eher zu niedrig, als zu hoch geschätzt sind. In den beteiligten Kreisen erörtert man vielfach die Frage, ob von den Verurteilten nicht auf zivilrechtlichem Wege die Herausgabe des Raubes zu erlangen wäre. Es widerstrebt dem Rechtsbewußtsein des Vol­kes, daß den Leuten, denen seitens dcS Straf­gerichtes der betrügerische Erwerb ihrer Millio­nen nachgewiesen ist, der Genuß dieser Millionen ungeschmälert gesichert bleiben soll.

Vermischtes.

Zu einer furchtbaren Katastrophe kam es in Deutsch - Perig in Ungarn im Wirthshause Joh. Ladislevs. Während die zahlreich anwesenden Gäste sich amusirten, explodirte aus unbekannten Gründen ein im Wuthslokal aufgestelltes Petroleumfaß. Es entstand eine wilde Panik, die Leute ergriffen die Flucht, allein in der Verwirrung konnten 15 bis 20 Kinder und Erwachsene den Aus­gang nicht finden und obgleich man verzweifelte Anstrengungen machte, die Unglücklichen zu retten, erstickten sie in dem gaserfüllten Raume. Die Untersuchung ergab, daß währenddes Tanz- festes'mehrere Kinder mit brennenden Kerzen im Keller des Wirtshauses einem Petroleumfaß zu nahe gekommen. Dieses gerieth sofort in Brand und die Gase erfüllten den Tanzsaal derart, daß die Leute keinen Ausgang mehr sahen. Das ganze Haus brannte bis auf den Grund nieder. Durch die Gase war auch das Eindringen in das Haus unmöglich ge­macht, so daß die Dorsinsassen, Deutsche und Slowaken, ihre Familienangehörigen vor ihren Augen hilflos verbrennen sehen mußten. Ver­brannt sind 14 Männer und 2 Mädchen. Eine Frau wurde noch lebend aus dem Schutt hervorgezogen; 12 Personen wurden verwundet. Unter den Verwundeten befindet sich auch der Gastwirth selbst, ferner ein Ehepaar, Vater und Sohn und ein Mädchen, das zu Gaste war.

(Rückkehr zurSolidität.)Arzt:Ja sehen Sie Verehrter, Sie müssen anfangen, solider zu leben. In Ihren Jahren geht das nicht mehr so mitWein, Weib und Ge­sang!""

Patient:Meinen Sie ? Dann werde, ich zuerst auf den Gesang verzichten!"