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Urs. 22.

Donnerstag,

23. Mebruar 1893.

29. talirgang.

Einführung der elektrischen Be­leuchtung in Wildbad.

Die für unsere Badestadt hochwichtige Frage der Ein­führung der elektrischen Beleuchtung ist ihrer endgiltigen Lösung wieder um einen Schritt näher gerückt. Nachdem, wie bekannt, die bürgerlichen Collegien schon verflossenen Sommer ein­stimmig den Beschluß gefaßt hatten, nach Ablauf des mit der hiesigen Gasfabrik bestehenden Vertrages das elektrische Licht hier einzuführen und in der Zwischenzeit von Ingenieur Oscar von Miller in München Projekte hiezu ausgearbeitet wurden, referierte der letztere verflossenen Samstag in einer Sitzung der bürgerl. Collegien des eingehenden über seine Ausarbei­tungen. Zur Unterstützung und Beratung der Collegien waren auf deren Ansuchen hierzu, Dank der liebenswürdigen Für­sorge des K. Ministeriums des Innern, Regierungsrat Haag von Stuttgart und Oberinspektor Ritter von der K. Tele- graphen-Anstalt von da erschienen.

Zunächst eröffnete Stadtschultheiß Vätzner die Sitzung, indem er den bürgerlichen Collegien die auswärtigen Herren vorstellte, diesen für ihr Erscheinen dankte und auch dem Danke der Collegien gegenüber dem Kgl. Ministerium des Innern für das durch die Abordnung des. Reg-Rat Haag und Ober- Inspektor Ritter bewiesene freundliche Entgegenkommen Aus­druck gab.

v. Miller führte hierauf in mehr als 2stündigem Vor­trage über das Projekt etwa Folgendes aus: Die erste Frage, die zu behandeln sei, sei die

Bedürfniß-Frage

und zwar sei hiebei zu unterscheiden zwischen Bedürfnis an elektrischem Strom zu Beleuchtungs-Zwecken und solchem zu Elektro-Motoren.

Die Vorzüge des elektrischen Lichtes seien den bürgerlichen Collegien ja bekannt. Neben den Vorzügen außerordentlicher Helligkeit, Sauberkeit nnd absoluter Sicherheit gegen Feuers- gefahr sei der Hauptvorzug des elektrischen Lichtes die denkbar größte Bequemlichkeit. Ein einziger Druck auf einen Knopf genüge, um ein Zimmer tageshell zu erleuchten. In Hotels sei das elektrische Licht eine große Wohlthat und Beruhigung und es werde von der reisenden Welt immer mehr und mehr darauf geachtet, nur in solchen Hotels zu logieren, wo elek­trisches Licht vorhanden sei. Ein größeres, gut eingerichtetes Hotel könne man sich eigentlich jetzt schon ohne elektrisches Licht nicht mehr denken. Hiebei falle noch der zweite Hauptvorzug dieses Lichtes, daß durch dasselbe die Luft nicht verunreinigt und erhitzt werde, sehr in die Wagschale und dieser komme nament­lich vom hygienischen Standpunkte aus für Wildbad als Kur- und Fremdenort sehr in Betracht. Wie das elektrische Licht jetzt schon bei der Frequenz der Hotels thatsächlich eine Rolle spiele, so werde es auch nicht ohne Einfluß auf die Frequenz der Kurorte bleiben und eine ganze Reihe derartiger Plätze habe deshalb das elektrische Licht bereits eingeführt. Auch sei hier in Wildbad jedenfalls Bedürfnis zu Elektromotoren vorhanden. Der Vorzüge des Elektromotors vor allen übrigen Motoren (wie Gas-, Petroleum- und Wassermotoren) seien es sehr viele. Zunächst seien die Anschaffungskosten eines Elektromotors um

mindestens ein Drittel niedriger als der aller anderen Mo­toren, dann könne derselbe in ganz geringen Stärken, schon zu Pferdekraft hergestellt und überall, in jedem Zimmer und selbst dem kleinsten Raum, angebracht werden. Er be­dürfe beinahe gar keiner Bedienung und höchst selten einer Reparatur. Der Elektromotor sei infolge dieser Vorzüge ge­eignet, das Kleingewerbe zu heben und es dem Großbetrieb gegenüber konkurrenzfähiger zu machen. Z. B. In Fürsten- berg-Bruck, einem Orte von 2400 Einwohner, wo bisher beim Gewerbe noch nie Motorcnkraft benützt worden sei, seien seit Einführung des elektrischen Lichtes d. h. seit ca. l'/s Jahren 12 Motoren im Betrieb. Hiedurch sei es verschiedenen der dortigen Handwerker ermöglicht worden, mit den Großbetrieben des nahen München in Konkurrenz zu treten.

Der für beide Zwecke (Beleuchtung und Motorenbetrieb) anzunehmende Konsum sei in Wildbad, ehe man an das Pro­jekt herangetreten sei, so genau ausgenommen worden, wie noch nirgends. Ortskundige Männer seien von Haus zu Haus gegangen, um bei jedem Einzelnen zu erheben, wie viel er für seine Zwecke des elektrischen Stromes bedürfe. Das Ergebnis dieser Aufnahme sei in der der Rentabilitätsberechnung zu Grunde gelegten Tabelle niedergelegt. Hiebei sei als ein­heitliches elektrisches Maaß für zwei Glühlampen » 16 Kerzen 1 Hektowatt und für Motoren pro Pferdekraft ca. 9 Hekto­watt angenommen worden. (Wie nämlich Gas nach Kubik­metern gemessen wird, so versteht man unter einer gewissen Menge elektrischen Stromes 1 Hektowatt). Bei der Aufnahme der erforderlichen Lampen sei zu unterscheiden gewesen zwischen solchen, die nur im Sommer oder nur im Winter und solchen, die das ganze Jahr hindurch in Benützung sind. Nach den gemachten Erhebungen finde der Maximalkonsum im Sommer statt, wann die Jahreslampen und Sommerlampen gleichzeitig in Benützung seien.

Ferner sei noch bei Ausarbeitung des Projektes ange­nommen worden, es werde dem voraussichtlich im Anfang et­was geringeren Konsum entsprechend zunächst eine etwas beschränktere Anlage so erstellt, daß durch deren späteren leichtmöglichen Umban auch größeren Bedürfnissen an elektri­schem Strome genügt werden könne.

Das Maximum der in Benützung befindlichen Lampen entspräche hienach, abgesehen von Elektro-Motoren, welche im Sommer während der Beleuchtungszeit (also Nachts) kaum im Betriebe sein werden, 800 Hectowatt im I. Ausbau, 1200 Hecktowat im II. erweiterten Ausbau.

Da aber nicht alle Lampen, welche überhaupt benützt werden, stets gleichzeitig im Betriebe seien, so genüge es, wenn die Stromerzeugungs-Anlage zunächst nur für 600 Hectowatt 1200 gleichzeitig brennende Lampen a 16 Ker­zen und später im II. Ausbau für 900 Hectowatt 1800 Lampen ä 16 Kerzen ausgeführt werde. Dagegen sei für das Stromverteilungsnetz eine gewisse Reserve nötig und seien die Leitungen dementsprechend im ersten wie im zweiten Ausbau für 2600 gleichzeitig brennende Lampen ä 16 Kerzen projektiert.

Nachdem also durch die bisherigen Ausführungen die Bedürfnisfrage genügend beantwortet sei und wohl alle in Betracht kommenden Verhältnisse zu Gunsten der Einführung des elektrischen Lichtes sprächen, handle es sich des Weiteren um