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zu empfehlen. Kranke wurden mittelst Wagen aufs Rathaus geführt.

Niederstetten, l2.Febr. JnGleicher- wiesen fand ein Ljähriger Knabe auf einem Fenstergesims noch 2 bis 3 für Ratten be­stimmte Pastillen, verschluckte dieselben und war nach einer kurzen Zeit eine Leiche.

Rundschau.

Karlsruhe, 14. Febr. Auf gräßliche Weise fand heute morgen eine etwa 30 Jahre alte Frau den Tod durch Ersticken. Man ver­mutet, daß die Frau, die sich nicht ganz wohl fühlte, das Licht zu nahe dem Bett gebracht, wodurch dieses in Brand geri t und ein Zimmer- brand verursacht wurde. Der Brand wurde alsbald bemerkt und gelöscht; nur das Zimmer ist ausgebrannt. Die Frau holte man sofort aus dem mit Rauch erfüllten Zimmer, doch blieben die angestcllten Wiederbelebungsver­suche ohne Erfolg. Brandwunden weist der Körper nicht auf, obgleich das Zimmer völlig ausbrannte.

Architekt Karl Moser (Württemberger) in Karlsruhe hat für seine Pläne einer neuen Pfarrkirche in Zug vom Preisgericht den ersten Preis von 2000 Frs. erhalten.

Mannheim, 14. Februar. Aus allen EegendenSüdwestdcutschlandslaufenMeldungen über Hochwasser in Folge heftiger Regengüsse und rascher Schneeschmelze ein. In der be­nachbarten Pfalz bilden Glanthal und Blies- thal mächtige Seen. Die Bewohner mußten vielfach die Häuser räumen. Großen Schaden erleiden die Bewohner des Neckarthals, wo das Wasser fußhoch auf den Feldern steht. Der bereits hochangeschwollene Neckar ist seit gestern wiederum einen Meter gestiegen. Der Rhein ist ebenfalls mehrfach aus den Ufern getreten. Der Rheinpegel beträgt 7,30, der Wasserstand des Neckars 7,40 Meter.

M a n n h e i m, 15. Febr. In dem nahen Ludwigshafen entspann sich vergangene Nacht in der Nähe derDrei Mohren" zwischen meh­reren Burschen eine große Schlägerei, wobei der 26 Jahre alte Taglöhner Christian Keller einen Stich in das Herz erhielt, daß er sofort tot war. Acht Burschen gelangten zur Haft, davon haben 3 ebenfalls schwere Verletzungen erhalten.

Leipzig, 14. Februar. Aus ganz Sachsen wird Hochwasser gemeldet. Die Elbe, die Elster und die Mulde steigen rapid. In Elsterberg stehen große gewerbliche Etablissements unter Wasser. D'k Bahnstrecke Oschatz - Zschöllau ist unfahrbar. In Dresden-A. ist der Verkehr am Elbquai eingestellt

Berlin, 16. Febr. Die Militärkomission des Reichstags lehnte auch den von der 2jährigen Dienstzeit handelnden Satz des ZI der Re­gierungsvorlage mit allen gegen die Stimmen der Konservativen und der Reichspartei ab. (Vorher waren die zu der Vorlage aus der Mitte der Komisfion gestellten Anträge abgelehnt worden.)

Der Reichstags-Abgeordnete Hermes stellt in derDeutschen Warte" die Reichs­tags-Auflösung für Ende März nach der An­nahme des Etats in Aussicht.

Eine von 214 deutschen Rabbinern veröffentlichte Erklärung gipfelt in dem Satze, daß die Sittenlehre des Judenthums keinen Ausspruch und keine Anschauung anerkenne, die einem Nichtjuden gegenüber etwas erlaube, was einem Juden gegenüber verboten sei, und daß dieselbe gebiete, in jedem Menschen das Ebenbild Gottes zu achten, im Handel und Wandel die strengste Wahrhaftigkeit gegen je­dermann zu betätigen, jedes Gelübde und

Versprechen, welches irgend einem Menschen, er sei Jude oder Nichtjude, geleistet wurde, als unauflöslich unverbrüchlich treu zu halten, Nächstenliebe gegen jedermann ohne Unterschied der Abstammung und des Glaubens zu üben, die Gesetze des Vaterlandes in treuer Hingebung zu befolgen, das Wohl des Vaterlandes mit allen Kräften zu fördern und an der geistlichen und sittlichen Vervollkommnung der Menschheit mitzuarbeiten.

Hamburg, 15. Febr. Durch die Cho­leraepidemie des vorigen Jahres sind in unserer Stadt nicht weniger als rund 4800 Kinder verwaist, von denen 500 Ganzwaisen sind. Man ist jetzt seitens der Behörden damit be­schäftigt, den Grad der Bedürftigkeit dieser Waisen festzustellen und Beschluß zu fassen über die Art der den einzelnen Waisen zuzu­wendenden Unterstützungen. Es betragen die für solche Unterstützungszwecke eingegangenen Gaben 124 095 Mk-, einschließlich der Gaben des Kaisers in Höhe von 50 000 Mk. In der Hauptsache wird man darauf bedacht sein, den Waisen nach beendeter Schulzeit eine Stütze zu ihrer ferneren Ausbildung zu bieten, indem man ihren Anteil an dem in Frage stehenden Fonds für sie auf der Sparkasse anlegt. Die Kosten für Unterricht und Unterhalt der Waisen während der Schul- und Lehrzeit trägt selbst­verständlich die hamburgische Staatskasse.

Bremen, 15. Febr. Das nach Cardiff bestimmte Bremer SchiffCatalina" scheiterte an der Westküste Schottlands. Acht Mann sind, lautWeser-Ztg.", ertrunken.

Flensburg, 14. Februar. Seit Mitter­nacht wüthet ununterbrochen ein heftiger Schnee­sturm in Nordschleswig. Die Schneewehen sind stellenweise meterhoch. Große Verkehrsstör­ungen werden befürchtet.

Schweidnitz, 14. Febr. Die Kunst­möbelfabrik von Langer u. Co. ist durch eine große Feuersbrunst helmgesucht worden. Das im Trockenhause ausgebrochene Feuer verbreitete sich schnell über alle Räume. Der entstandene Schaden ist bedeutend 100 Arbeiter wurden beschäftigungslos.

Graudenz, 14. Februar. Bei einem Hunde, der sechs Menschen, mehrere Pferde und Hunde gebissen, bis es einem Fleischer gelang, ihn zu tödten, wurde heute durch Sektion Tollwuth konstatirt.

Triest, 15. Febr. Der jüdische Kauf­mann Balleli in Korfu, der vor Jahren hier ansässig war, begegnete in Korfu auf der Straße zwei Griechen, von denen der eine mit einem Revolver, um Balleli zu erschrecken, in die Luft schoß. Sein Genosse rief ihm in- deß zu:Wozu in die Luft schießen? Strecke doch den Juden nieder!" Der Elftere feuerte darauf nochmals, und Balleli sank, in's Herz getroffen, todt nieder.

Aus Brünn wird derWiener Pr." gemeldet: Der Polizei ist es bisher nicht ge­lungen, den Mörder des Fabrikbesitzers Max Rosenthal habhaft zu werden. Ein Postbe­diensteter hat um die Zeit 3 verdächtige Männer bemerkt und fand auch eine schwarze Leinivand- larve, vis offenbar von den Verbrechern nach der That weggcworfen wurde. Die Mörder hatten, wie vermutet wird, einen Aufpasser. Die beiden angeschossenen Arbeiter sind gleich­falls schwer verletzt. Einer, Namens Betschara, 25 Jahre alt, Schuhmacher, erlitt eine Schuß­wunde an der linken Brustseite; der Zweite der Hausdiener Rosenthals, eine Schußwunde an der rechten Brustseite. Max Rosenthal machte einen Tag vor seiner Ermordung zu seinem Rasierer die Bemerkung:Wenn ich zu dem Fenster meines Komptoirs hinaussehe und das Gesindel Vorbeigehen sehe, wird mir

angst und bange." Die Fabrik wollte er schon längst aufgeben und nur die Rücksicht auf seine Arbeiter veranlaßte ihn, dieselbe noch zu betreiben. Rosenthal hatte sich in letzterer Z it mildem Gedanken getragen, eine bedeutende Arbeiterstiftung zu errichten. Verschiedene An­zeichen deuten darauf hin, daß das Attentat auf den Brünner Fabrikanten Rosenthal ein von Anarchisten angestiftetes Verbrechen ist.

Paris, 13. Febr. Heute begann vor dem hiesigen Schwurgericht der Proceß wegen der Verschleuderung der Gelder der Dynamit- Gesellschaft. Angeklagt sind der eh-malige Senator Le Guay, Vorsitzender des Verwal­tungsrats der Gesellschaft und der Kassierer Vervost, die sich beide gestellt hatten, und der flüchtige Aaron, genannt Arton, der General- Agent der Gesellschaft war. Sie werden be­schuldigt, zusammen 3 Millionen unterschlagen zu haben. Die beiden Angestellten der Ge­sellschaft schieben alle Schuld auf Arton.

Aus Paris, 14. Febr. wird gemeldet: Gestern Abend um 10 Uhr wurde zwischen Mosnac und Passy bei Les Seintes auf die Lokomotive des Expreßzuges ein Schuß abge­geben. Der Maschinist wurde von der Kugel gestreift. Ein ganz ähnlicher Anschlag wurde in diesen Tagen bei Rersac verübt.

Paris, 15. Febr. Das Schwurgericht verurteilte heute den vormaligen Senator Le Guay zu 5 Jahren Geiängnis und 3000 Frcs. Geldbuße, wegen Unterschlagung zum Schaden der Allgemeinen Dynamit-Gesellschaft. Gegen den flüchtigen Arton behält das Gericht sich seine Beschlüsse vor.

Der Ministerrat beschloß die Vorlegung eines Gesetzentwurfs betreffend die von den Inhabern der Panama-Obligationen unternom­menen gerichtlichen Schritte. Der Entwurf setzt ein allgemeines Vorgehen an die Stelle der Einzelklagen, die denjenigen einen größe­ren Anteil an dem Gesellschafts-Vermögen sich­ern würden, die andern Obligationären mit der Klage zuvorkämen.

Charles Lesseps ist heute früh wieder nach der Conciergerie gebracht worden. Cottu ist nach London abgereist, von wo er sich nach Wien begeben wird.

Florenz, 15. Febr. Fürst Ferdinand von Bulgarien hat zu seiner Verlobung 100 Glückwunsch-Telegramme erhalten. Er ist vor­gestern nach Wien abgereist. Aus Sofia wird gemeldet, in ganz Bulgarien herrsche große Freude über die Verlobung.

London, 14. Febr. 500 englische Pil­ger unter der Führung des Herzogs von Nor­folk begaben sich heute nach Rom. Der Lord­mayor, bekanntlich ein Katholik, befand sich unter den Anwesenden auf der Bahn, um dem Herzog von Norfolk eine glückliche Reise zu wünschen.

Nach einer Meldung derTimes" aus Kalkutta sind dort aus Kabul Nachrichten An­gegangen, denen zufolge der Emir von Afgha­nistan sehr leidend und nicht im Stande wäre, sich mit Staatsangelegenheiten zu beschäftigen.

Helsingfors,15. Febr. Die Direktion der hies. Volksbank teilt mit, daß sich der flüchtige Direktor Lindroth 90 000 Mark aus der Bankkasse aneignete. Aus dem bisherigen Bücher-Jnventar gehe hervor, daß kein Gläubiger der Bank in Mitleidenschaft gezogen sei.

Washington, 16. Febr. Harrison richtete an den Senat eine Botschaft betreffend Hawaii, begleitet von einem Vertragsentwurf, belr. Annektierung Hawaiis durch die Vereinig­ten Staaten unter einer provisorischen Regie­rung. Der Senat trat sofort in die Berat­ung der Botschaft ein, welche die Genehmig­ung des Vertrags befürwortet.