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abzulegen. Bis dahin könnt« ich ein Dar» lkhen daraus sehr gut wieder herbeischaffen. Doch mein Beamtengrwiffen sträubt sich gegen solchen unerlaubten Vorschuß."
„Um Gotteswillen rühre die Kaffe nicht nn!" wehrte Emilie. »Es ist am Ende nicht ausgeschlossen, daß plötzlich ein Revisor erschiene, unv dann würdest Du ohne Erbarmen wegen Unterschlagung zur Rechenschaft gezogen."
„Ich weiß es!" versetzte der Arme. „ES war das auch nur eine plötzliche Idee, vor der mir selber graut.
Der Möbelhändler in der Stadt hatte -ebenfalls kaum von der Geldverlegenheit des Försters Kunde erhalten, als er kurz und bündig in einem Schreiben erklärte, wenn seine Forderung nicht bis zu dem und dem Termine beglichen werde, sa lasse er dre Sachen wieder abholen.
Mit den Worten: „Unsere Ehe beginnt mit wenig Freuden I" gab Grashof der Gattin das kategorische Schreiben. „lieber- morgen kommt der Gerichtsvollzieher und räumt auf bei uns. So weit darf es aber nicht kommen. Ich will morgen nach der Stadt zum Viehhändler fahren. Der Knecht soll das junge Pferd und vier unserer besten Kühe vorauStreiben."
„Wenn kein anderer Ausweg möglich ist," schluchzte das junge Weibchen, „muß das Unvermeidliche geschehen. Zum ersten Mal in meinem Leben lerne ich es jetzt kennen, was das Wort „„Geld"" eigentlich bedeutet. . . . Ach. Wilhelm, Du bist gewiß ganz ungehalten auf mich, daß ich Dir nicht helfen kann. Ich thätc es so gernel"
„Nicht dock, Kind!" sagte der gutherzige Mann. „Du bist ja nicht schuld an dem Mißgeschick Deines Vaters. Wie könnte ich Dir zürnen? Laß uns ei» paar Jahre weiter sein, dann stehen wir, so Gott will, auf besseren Füßen. Den Mut habe ich noch nickt verloren." (Forts, st)
Vermischtes.
(Vom Panamaskandal.) Eine englische Touristin, die jüngst Mittelamercka bereiste, besuchte auch was man die Grabstätte LeS PanamakanalS nennen möchte. Eine düstere farbcnsatte Schilderung in der That: „Wir erreichten Colon und machten eine lange Fahrt über Land. Da sahen wir die Beweise für die größte Schmach des Jahrhunderts und der Jngenieurarbeit! In meilenlanger Reihe Lastwagen, die in Stücke zerfallen, Blumen und Farnkräuter wachsen überall über den Trümmern. Wir betreten die Lokömotiven- und Maschinen-Speicher — fünfzig Maschinen fanden wir von Rost zerfressen. Ich pflückte Farnkraut von einer derselben. Dergleichen ist von historischem Interesse und ich schließe darum ein Sträußlein bei. Im Kanal selber befanden sich fünfzig Aufräumungs-Maschinen- ioote und Dampfer, Schleppschiffe und Kähne — alle verfallend! Die halbe Stadt ohne Bewohner, den» drei Vierteile derselben bestand aus Maschinenwerkstättcn. Lcsseps häufte die Erde eines in die See reichenden Landstrichs zusammen, um sich ein Haus darauf zu bauen. Das allein kostete ein großes Vermögen, jetzt schaut es erbärmlich aus und eben dasselbe gilt vom Hause seines Sohnes. Zu beiden Palais führt eine Palmenallee. Der ganze Ort bietet ein elendes Schauspiel; er gleicht einer Höhle, so gottverlassen, als nur denkbar. Die einzige Rundfahrt reichte völlig au», um alles kennen zu lernen.
— Ein Glasermeister in Alt-Landsberg verpflichtete sich, die 254 Fensterscheiben auf^, einem dortigen Bau in sechs Stunden tadelt
frei einzusetzen. Die Zeit wurde so bestimmt, daß derselbe morgens um 6 Uhr die Arbeit beginnen und mittags 12 Uhr beendet haben sollte. Der Meister hat nun die Wette, so gewaltig, wie jeder Fachmann weiß, die Arbeit auch war dennoch glänzend gewonnen, da schon um 11 Uhr 41 Minuten die letzte Scheibe eingesetzt war, mithin hatte er seine Leistungsfähigkeit um 19 Minuten unterschätzt. Noch ist dabei als unwesentlich zu bemerken, daß er auch die Scheiben gerade zu schneiden hatte.
— Dem Erfinder des Holzschliffs, dem 76jährigen Mechaniker Fr. Gottlob Keller in Krippen a. d.Elbc, wurde dieser Tage in Anerkennung seiner Ve.dienste um die Papier- und Holzstofffabrikation eine Ehrengabe von 9000 Mk. überreicht. Dieses Gelb wurde größtenteits zur Ablösung einer gekündigten Hypothek benutzt, wegen deren sein Grundstück subhastirt werden sollte. Die Sammlung ist von dem Herausgeber der „Papier-Zeitung", Karl Hofmann-Berlin, veranlaßt und noch nicht geschloffen. Dieser hat noch über 5000 Mk. zur Verfügung, will aber soviel sammeln, daß Keller sorgenfrei leben kann. Unter den bisherigen Zahlungen befinden sich 3000 Mk. aus Amerika, 3000 Mk. aus Schweden-Norwegen, etwa 27000 Mk. aus Oestreich, kleinere Summe aus andern Ländern und der Nest aus Deutschland.
(Elektrische Holzfällung). Uralt ist die Verwendung bezw. Nutzbarmachung der Naturkräfte, nicht allein der natürlichen, sondern auch der künstlich erzeugten, wie Dampf, Magnetismus, Elektrizität rc. und ganz speziell findet die letztere stets weitere Verbreitung. E ne neue Verwendung der Elektrizität ist wie das Patent- und technische Bureau von Richard Bayer, Berlin S. O., Brückenstraßc 13 mitteilt, das Holzfällen vermittelst derselben. Ein dünner Metalldraht, der zwischen den Polen eines Elements ausgespannt wird, gerät bekanntlich, sobald das Element in Thätigkeit gesetzt wird, in ein dauerndes Glühen, und zwar um so sicherer, je dünner er ist; während zum Glühendmachen dickere Drähte auch stärkere > Elemente erforderlich sind. Versuche haben ergeben, daß mit einem derartig in Dauerglut erhaltenen Platindraht, Holz in «hulichcr Weise durchschnitten wie Seife mit einem kalten Draht. Es geht zwar nicht ganz so leicht, wie bei der Seife, aber jedenfalls leichter als mit der Säge, und dabei gibt es keine Späne, sondern nur eine leicht angekohlte Fläche, welche der Dauerhaftigkeit des so zerschnittenen Holzes entschieden günstig ist. Dieses Verfahren ist neuerdings im Großen zum Fällen der Bäume angewendet worden, indem Stämme mit dem glühenden Draht bis auf ein Fünftel ihres Umfanges durchschnitten und dann auf gewöhnliche Weise zum Umfallen gebracht (wurden. Das Vorschüben des glühenden Drahtes geschieht dadurch, daß derselbe in einem Bügel mit isolierten Griffen eingespannt ist und durch geeignete Vorrichtungen in dem Maaße vorgeschoben wird, wie das Einbrennen vor sich geht. Dabei ist ein Baum, besten Fällung in alt hergebrachter Weise 2 Stunden Zeit erfordete, in kaum einer Viertelstunde niedergelegt worden, wobei es keine Holzverluste gab, was bei wertvolleren Hölzern auch Beachtung verdient.
— Der Kommandant Renard in Paris will einen neuen lenkbaren Luftballon erfunden haben. Derselbe hat die Form einer Cigarre, ist 70 Meter lang, und im Stande, während acht Stunden 11 Meter per Sekunde zurückzulegen. Er führt elektrische Motoren von 45 Pferdekräften mit sich.
Der „Ausschuß der deutsche» Lurver- schaft" hat in einer ausführlich begründeten Petition den Reichstag gebeten, bei Beratung vcr Militärvorlage die folgenden Punkte der Reichsregierung zur Berücksichtigung zu empfehlen :
I. Aufforderung an die einzelnen deutschen Regierung-n
1) den Turnunterricht in allen Schulen in den Städten und auf dem Lande verbindlich für beide Geschlechter einzuführen und für dessen tüchtige, allen Anforderungen entsprechende Durchführung zu sorgen,
2) dis Gemeinden zu veranlassen, Turnplätze und Turnhallen zu beschaffen,
3) die Zahl der Turnstunden zu erhöhen und durch Spielstunden zu ergänzen,
4) die Schulbehörden anzuweisen, erforderlichen Falls Schulturnhalleu den Turnvereinen gegen billige Bedingungen zur Benutzung zu stellen,
5) wo Fortbildungsschulen bestehen, den Unterricht in Leibesübungen thunlichst, nötigenfalls mit Hilfe der Turnvereine, in den Lehrplan aufzunehmen.
II. Einführung von Vergünstigungen in der Länge der Dienstzeit und in der Beförderung zu Gefreiten und Unteroffizieren für solche Ausgrhobcne, die gute Führung und tüchtige militärische Ausbildung vorausgesetzt, ein? ordentliche turnerische Ausbildung Nachweisen können, beziehentlich durch rin behördliches Zeugnis über eine bestandene Prüfung solche Nachweisen.
III. Verlangen eines gewissen MaßrS turnerischer Lcistungsfäh'gleit bei der Erlangung der Berechnung zum einjährig-freiwilligen Dienen.
Durch diese Maßregeln hofft die genannte Körperschaft, „dem H,runterkommen des Volkes an leiblicher und geistiger Tüchtigkeit" einen Damm entgegensetzen zu können.
Die neueste Nummer der Montagsausgabe der „Deutsches Warte" enthält neben den neuesten Drahimeldungen und hauptstädtischen Nachrichten eine große Anzahl politisch er, sozialer und volkswirtschaftlicher Aussätze und geistvoller, unterhaltender Feuilletons. Von po- liischen und volkswirtschaftlichen Artikeln erwähnen wir als besonders interessant: „Zur Verstärkung unserer Wehrkraft", „Jnseraten- steuer" und „Der hauswirtschastliche Untericht", Das besonders reichhaltige Feuilleton enthält u. A.: „Das Observatorium auf dem Montblanc", mit Abbildung des Gebäudes und Erbauers desselben; „Der Nicaragua-Kanal" mit Plan. Unter der Ueberschrift „Aus New- Aork" werden im darauffolgenden Aufsatz die Eigenschaften der Amerikanerin trefflich geschildert. Ferner finden wir das Portrait eines hundertjährigen Vegetariers Or. Severin Wyloczcki mit erläuterndem Text und das Bildnis Prinz Ferdinands von Rumänien, sowie Ansicht des von Letzterem zur Zeit bewohnten Schlosses Krauchenwies bei Sigma- ringcn. Theater- und Musikreferate der vergangenen Woche, die Erzählungen „Veilchen" von Heinrich Landsberger und „Verharrschte Wunden" von Karl Pröll, sowie auf unsere Preisaufgabe eingegangene „Beispiele komischer Rache", „Sprechsaal", „Volkswirtschaftliches" und das „Berliner Kunterbunt" bilden den Absch'uß der vorzüglichen Montagszeitung. Man bezieht dieselbe durch alle Buchhandlungen und Postanstaltrn für nur eine Mk. vierteljährlich. Probenummern gibt die Geschäftsstelle der „Deutschen Warte", Berlin SW. 68,' kostenlos ab.