Vereinigten Staaten von Nordamerika zu verbieten. Der Antrag, welcher doch ganz offen- bar allen Begriffen von republikanischer Freiheit Hohn spricht, ist bereits im Kongresse zu Washington eingebracht, eS sind auch die erforderlichen Formalitäten schon erledigt, so daß der Antrag in wenigen Tagen Gesetzeskraft erhalten kann. Nordamerika wird dann also für alle Europamüde während des laufenden Jahres ein unerreichbares Gebiet sein. Und wer weiß, ob man nicht im nächstem Jahre wieder etwas am alten Europa und seinen Bewohnern auszusetzen hat, und das Einwanderungsverbot alsdann verlängert. Mit solchen Beschlüssen sind die Jankee's unglaublich schnell bei der Hand. Das zu erwartende Verbot hat für Europa unstreitig sein Gutes. Nicht nur wird manchem, der in unbedachter Weise davonrennen und sich in Not und Elend stürzen will, die Ausführung seiner Absicht erschwert; es wird wohl auch vielen, denen das Gebiet der nordamerikanischen Union immer noch als das gelobte Land erscheint, das sie gegen alle Kritiken beharrlich verteidigen, klar werden, daß man drüben nach den europäischen Auswanderern gar nichts fragt, und noch viel weniger Lust hat, irgend etwas für sie zu thun. Das ist ein ganz ungemein hausbackenes Verfahren, das auf gar nichts weiter Rücksicht nimmt, als auf den eigenen Nutzen. Man sagt sich: „Was sollen wir mit den Europäern, die uns auf der Tasche liegen und uns ausziehen? Schnappt, schlagt Ihnen die Thür vor der Nase zu." Und so geschieht's, und die Europamüden mögen es sich merken. Es ist der erste Nasenstüber, welchen sie von Amerika erhalten, und es wird auch nicht der letzte sein, wenn die Amerikaschwärmerei nicht abnimmt. Vielleicht wird das erreicht. Was würde aber wohl geschehen, wenn etwa Deutschland unter irgend einem Vorwände alle überflüssigen fremden Elemente sich vom Halse schaffen wollte? Es hieße wohl, die Welt wolle untergchen. In der Beziehung können wir von den Nordamerikanern lernen, wo die Devise ohne jeden Parteiwiderspruch lautet: „Nur praktisch!" Die Uebrigen können dann sagen, was sie wollen, und reden, soviel sie wollen.
Lokales.
Wildbad. 21. Jan. Die Gustav Schmid' sche Restauration ging vor einigen Tagen um die Summe von 40000 Mark incl. Inventar in den Besitz des Hrn. Gustav Toussaint, Fruchthändlers dahier, über.
Unterhaltend«».
Unschuldig!
Eine Waidmanns-Erzählung von Hermann Robolsky.
(Forschung)
Marie wollte sich wieder entfernen. Sie fühlte ihre Schuld, und eine innere Strmme sagte ihr, daß Herr Grashof von ihrem Verrat unterrichtet sein mußt«. Der Förster hatte die vergangene Nacht wegen Unwohlseins still zu Hause bleiben wollen. So sprach er wenigstens am Abend, und nun kommt er am frühen Morgen munter und wohl mit einem Wilddiebe auS dem Forst zurück. Da« Alles hatte etwas zu bedeuten.
AlS der Hausherr de« verräterischen Zettel gelesen, wollte er die Falsche eigentlich
sofort entlassen; doch besann er sich klüglich eines Andern. Marie hatte sich als Leiterin des Haushaltes ausgezeichntt bewährt. An einen passenden Ersatz war im Augenblick gar nicht zu denken. Grashof beschloß, wenn auch mit innerem Widerstreben, die Hinterlistige bis zu seiner Verheiratung in ihrer Stellung zu belasten und sie dann zu entfernen. Immerhin sollte Sie aber jetzt erfahren, daß ihr verwerfliches Thun und Treiben entdeckt sei.
„Bleiben Sie noch einen Augenblick!" sprach der Waidmann in ungewöhnlich strengem Tone, als Marie bereits die Thürklinge erfaßt.
„Ja wohl!" versetzte das Mädchen und machte gehorsam Kehrt.
„Dieser Zettel gehört Ihnen?" fuhr der Hausherr im Frageton fort. „Ich weiß, was darauf steht!" fügteer hinzu, ohne die Antwort abzuwarten.
Die Sünderin begann am gangen Leibe zu zittern.
„So äußert sich also Ihr Dank für die gute Behandlung, die Sie bei mir genießen?" fragte der Mann tn schneidendem Tone weiter.
Jetzt war es mit der Fassung der Schuldigen zu Ende. Unter lautem Schluchzen fiel sie vor ihrem Gebieter auf die Kniee und bat flehentlichst um Gnade.
„Sie haben verdient, daß ich Sie zu allen Teufeln jage!" donnerte der Hausherr auf die Zerknirschte nieder. „Ein so schlechtes Frauenzimmer, wie Sie, ist mir in meinem Leben noch nie vorgekomme»! Stehen Sie auf!" befahl er. „Vor Menschen kniet man nicht!" j
Marie war äußerlich ein nicht unanseh- liches Mädchen, obwohl sie schon am Ende der zwanziger Jahre stand. Ihre Reue schien eine aufrichtige zu sein. Einen Augenblick sah der Beamte auf sie nieder. „Stehen Sie auf!" wiederholte er in milderem Tone.
Die Schluchzende erhob sich.
„Wie konnten Sre sich derart vergessen, mit einem offenkundigen Strafhaus-Candidate» ein Verhäunis einzugehen?" fuhr der Grünrock fort. . . . „Breitschild ist Ihr Bräutigam, nicht wahr?"
„Er hat mir die Ehe versprochen!" jammerte die Sünderin. „Ich bin Elternlos und arm; er aber besitzt ein Eigentum."
„Und wenn auch!" setzte der Hausherr seine Strafpredigt fort. „Das Alles war kein Grund, an mir zum Verräter zu werden!"
„Nachdem es finster geworden war, kam mein Liebhaber an unsere Gartenecke und erwartete mich. Dann fragte er oft so beiläufig, wohin Sie die Nacht gehen würden. Ich dachte mir zuerst nichts dabei und gab, so gut ich es vermochte, die gewünschte Auskunft. Erst später bemerkte ich, daß Breischild auf Abwegegen wandelte und daß sein Forschen noch einen andern Zweck hatte."
„Hielten denn Sie dem Menschen das Gefährliche seines Treibens nicht vor?" gab Grashof zurück.
„Oft genug! Aber der Böse lachte mich jedesmal aus und »«einte das Wild gehöre allen Leuten und nicht der Statsregterung."
„Wenn es dahin käme," sprach der Waidmann mit finsterem Gesicht; wie lange würde es wohl noch Hirsche und Rehe geben? Von irgend einer Schonzeit des Wildes wäre doch sicher nicht die Rede. Jeder, der einigermaßen eine Flinte abzudrücken verstünde, knallte darauf los. Das Jahr
Achtundvierzig hat den schlagendsten Beweis geliefert, waS die Jagdfreiheit ist"!
Marie verstand nicht viel von dem Gesagten. „Wird mein . . . wird Breischild eine lange Haftstrafe erhalten?" fragte sie schüchtern.
«Ein Jahr bekommt er mindestens!" versicherte der Förster. „Wenn Sie ge- scheidt sind, geben Sie das Verhältnis mit dem Taugenichts auf."
Die jetzt vereinsamte Braut sagt« nicht „Ja" und auch nicht „Nein." Still nahm sie das Kaffeegeschirr und trug es in die nahe Küche.
(Fortsetzung folgt.)
Vermischtes.
(Ko hlen preise.) Welch bedeudenden Einfluß der Ausstand der Bergarbeiter jetzt schon auf die Kohlenpreise ausübt, zeigt die telegraphische Bestellung einer großen Mannheimer Fabrik bei einer Filiale der ersten Kohienfirmen an der Ruhr in Gustavsburg, welche lOO OOO Ztr. Kohlen, 1 Mark der Ztr. auftrug. Vor 14 Tagen war der Preis für diese Sorte Kohlen 49'/, bis 50 Pfg. der Ztr.
(Hohes Alter.) Im statistischen Bureau des Gesundheitsamtes zu Newyork traf neulich ein Todtenschein ein, auf welchem das Alter der in demselben verzeichneten Todten auf 124 Jahre und 6 Monate angegeben war. Die Verstorbene, eine russische Jüdin namens Liel Lescynski, starb, umgeben von ihrer 73 Jahre alten Tochter, 4 Enkelkindern und 7 Urenkeln, nachdem sie noch bis vor 5 Wochen ganz munter im Hause und auf der Straße herumgelaufen war.
— Ein gefährlicher Hochstapler ist in Karlsruhe in der Person ves 25 Jahre alten früheren Musikers Georg Mayer auS Bremervörde zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilt worden. In einem Maskengeschäft in Frankfurt a. M. erschwindelte er sich eine Uniform, mit der er sich nach Köln begab, um dort als Leutnant einen Juwelier grünlich zu „keimen." Dann fuhr er nach Bruchsal, stieg in einem Hotel ab, steckte sich in die Uniform eines AssistenzarteS und begab sich nach Karlsruhe. Hier ließ er an seinen Freund in B.uchsal (sich selbst) 11 Ringe und 1 Diamant schicken im Gesamtwert von 4616 Mk., holte das Packet auf der Post ab und verschwand nach Breslau, wo er festgenommen wurde. Für den Schaden, der dem Juwelier in Karlsruhe erwachsen ist, muß der Postschaffner aufkommen, der das Paket dem M. ohne genügende Legitimation ausgeliefert; ihm w rden monatlich 10 Mark abgezogen.
— Ein Schwitzmittel originellster Art hat in einem Dorf an der Saale die Frau eines Schreiners erfunden, der wegen der Gicht „tüchtig schwitzen sollte, daß er brät." Da nun das Bett diese Hitze hervorzubringen nicht im Stande war, so band die besorgte Frau den Mann (mit dessen Zustimmung) auf ein Brett, hüllte ihn tüchtig sin Wolltücher und schob ihn in den geheizten Backofen. Als sie nach Besorgung einiger Hausarbeit nachsah, fand sie den lieben Mann beinahe zu Tode geschwitzt. Er verzichtete unter Fluchen auf eine derartige Kur und muß es sich nun gefallen lasten, der „gedörrte Schreiner" zu heißem
— Die reichhaltige Bibliothek de» bekannten Balneologen „Hofrat Flechsig", Verfasser des auch in Laienkreisen viel verbreiteten „Bäder- Lexikon", ist von dem „Antiquariat von Gustav Fock in Leipzig erworben worden.