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Wien, 31. Jan. Am Montag ist «in Frühmahl bei dem deutschen Botschafter Prinzen Reuß, woran auch das württembergische KönigSpaar, die Herzoge Wilhelm und Albrccht von Württemberg und der Prinz v. Schaum- burg-L ppe teilnemen.
Halle a. S.,19. Januar. Geheimerath Dr. Koch au» Berlin ist zur Untersuchung der Cholerafäll« in der Provinzialirrenanstalt Nietleben hier eingetroffen.
Halle, 20. Jan. Die von Prof. Koch in der Irrenanstalt Nietleben vorgenommenen Untersuchungen bestärkten den Verdacht, daß daS schlechte Wasser der Anstalt die Ursache der Erkrankungen sei. Es ist angeordnet worden, daß das Wasser zu Koch« und Trinkzwecke» nicht mehr benutzt werden darf. Der Anstalt wird Wasser aus der Saale zugeführt. Im Lauf des heutigen Tags sind weitere 7 schwere Erkrankungen vorgekommen. Behufs weiterer Absperrung ordnete Prof. Koch Qua- rantänemaßregeln an.
Paris, 18. Jan. Außer Arthur Meyer vom „GouloiS" erhielt noch Maier von der „Lanterne 40,000 Franks Panamagelder. — In ganz Frankreich herrscht ungeheure Kälte. In Lyon wurden gestern 29 Grad Celsius gezählt. Der Eisenbahnverkehr ist gestört.
Belgrad, 20. Jan. König Alexander erhielt gestern Abend folgende Depesche: „Ich habe mich mit Deiner Mutter versöhnt! Milan". Der König antwortete sofort: Deine Depesche hat mich aul» tiefste gerührt. Der heutige Tag ist der freudigste meines Lebens. Ich umarme Dich und bitte, meine Mutter statt meiner zu umarmen. Alexander."
Rom, 18. Jan. Vorgestern wurden in Monte Carlo acht italienische Anarchisten verhaftet, welche ein Dynamit-Attentat auf die Spielhölle beabsichtigten. Die französische Polizei ist ferner von dem Plan eines neuen Attentats auf die Spielhölle sowie das Kasino in Nizza unterrichtet.
Rom, 21. Januar. Im Distrikt Civita Vecchio sind hundertundfünflig Personen als Helfershelfer der Banditen Tiburzi und Fiora- nanti verhaftet, damnter der Kommunalafseffor von Montalto.
Rom, 20. Jan. Der „Opinione" zufolge stehen neue Verhaftungen in der Bankaffarie bevor. Die Energie Giolittis gegenüber dem Bankschwindel wird allgemein anerkannt, da niemals vorher ein italienischer Minister einzuschreiten gewagt hat.
Mailand, 17. Jan. Vom Berge Poto- fino in den ligurischen Bergen stürzte gestern eine vornehme junge Engländerin ab, die erst vor einigen Tagen mit ihren Eltern nach Italien gekommen war und in Santa Margherita Wohnung genommen hatte. Der gräßlich entstellte Körper der jungen Dame, die eine große Alpenfreundin und kühne Touristin war, wurde heut« in einer Felsschlucht am Fuße dcs Berge» gefunden.
London, 17. Jan. Nach einem Telegramm des „Norddeutschen BüreauS" aus Cairo stattete der englische Gesandte Cromer heute dem Khedive einen Besuch ab, bei welchem er erklärte, England erwarte bei allen wichtigen Schritten des Khedive, namentlich bei einem Ministerwechsel, zu Rate gezogen zu werden. Die englische Regierung könne die Ernennung Fakhiris zum Premierminister absolut nicht gutheißen da dieselbe als durchaus nicht wünschenswert erachtet werde. Cromer wird morgen den Khedive nochmals besuchen. — Der Khedive konferierte Nachmittags mit den früheren Premierministern Riaz und Nubar-Pascha.
Man glaubt, daß weder Rußland noch Frankreich dem Khedive ihre Unterstützung gewährten oder versprochen haben. Die Aufregung in Kairo und den Provinzen dauert fort.
London, 18. Jan. Die Botschafter Rußlands und Frankreichs hatten sich gestern zum Auswärtigen Amt begeben, um dort die Versicherung abzugeben, daß ihre Regierungen von den Vorgängen in Egypten nicht die geringste Kenntnis hätten. Die Meldung, daß es bei dieser Unterredung zu lebhaften Auftritten gekommen sei, wird als vollständig erfunden bezeichnet.
London, 18. Jan. Die Auslieferunng von Herz wegen Betrugs und Erschwindelung von anderthalb Millionen Panamageldern unter falschen Vorspiegelungen gilt für zweifellos, so daß seine Verhaftung bevorsteht.
London, 18. Jan. Daily News meldet aus Kairo, der englische Gesandte habe an den Khedive ein Ultimatum gerichtet, worin dem Khedive eine 24stündige Frist gestellt wird, die neuen Ministerernennungen zurückzuziehen. Auf Verlangen des Khedive hat nunmehr Fakhiri Pascha seine Entlastung eingereicht. — Nach einer Times-Meldung aus Tanger hat der Sultan lOOOPfd. Schadenersatz für die Ermordung eines engl. Unterthans zugestanden. Da der Sultan aber mit keinem Wort die Forderung Englands erwähnte, daß der Sultan das Verhalten der Marokkanischen Minister des Auswärtigen mißbilligen solle, so werde die Antwort als nicht befriedigend erachtet.
Newyork,18. Jan. Der frühere Präsident der Ver. Staaten, HayeS, ist an einem Herzleiden gestorben.
New-Aork, 19. Januar. Furchtbare Kälte wird aus den ganzen Vereinigten Staaten gemeldet, ausgenommen dem Osten. Der Mississippi und seine Zuflüsse sind überall gefroren, die Nordhäfen vom Eise vollständig blockiert, zahlreiche Schiffe sind festgefroren und schwer bedroht. Die Versuche, durch Dynamit den Eisgang freizumachcn, sind gescheitert. Auf dem Delawarefluß bed roht schweres Treibeis die Ufer. Die Schiffe in der New- Jorker Bai sind vollständig mit Eis bedeckt. Von überall her treffen Meldungen über erfrorene Personen rin.
Chicago , 18. Jan. Eine Feuersbrunst zerstörte gestern Nacht den Calumat-Klub. Der dabei erlittene Verlust wird auf 300,000 Doll, geschätzt. Ein krankes, im Bette liegendes Dienstmädchen kam in den Flammen um, ein anderes Mädchen wurde schwer beschädigt. Nach dem Feuer starb ein Commis in Folg« übergroßer Aufregung.
Das Einwanderungsverbol für Nordamerika.
Von Gefühlspolitik und von der Begeisterung, für Aufgaben der Humanität und Nächstenliebe ist der modern« Amerikaner ziemlich frei. Er versteht e» ausgezeichnet, ein Vermögen von einer netten runden Summe zusammenzubringen, und findet auch die Wege, welche diesem Ziele zuführen, mögen sie nun das Sonnenlicht scheuen oder nicht. Der Amerikaner legt das Gewicht nicht darauf, wie «in große» Vermögen errungen worden ist, sondern darauf, daß e» errungen wurde, er huldigt dem Reichtum, und vergißt darüber, daß die Straß« zu diesem Reichtum oft genug so unsauber war, daß die Ehrlichkeit ihn nicht ohne Schaden für ihr Helle», weiße» Gewand be« treren konnte. Vor kurzem starb der New- j Dorker Millionär Pay Gould, der seine 300 I Millionen Mark seinen Erben hinterlirß. In
ihren Lebensbeschreibungen deS Millionen- manneS kamen sehr zahlreiche s amerikanische Zeitungen zu der Frage, wen denn eigentlich Mr. Gould bei seinen Geldgeschäften nicht übers Ohr gehauen habe? Man ließ es auch sonst nicht an scharfen Worten fehlen und vergaß bei diesem Manne ganz und gar den Satz, daß man von einem Toten nichts als Gute» reden solle; aber alle diese scharfe Kritik kann doch die Thatsache nicht aus der Welt bringen, daß diese herben Tadler vor dem lebenden Gould ihre Hüte wer weiß wie tief zogen. Der Fall ist bezeichnend für ame» rikanische Verhältnisse, bezeichnend ist auch daS Verhalten der nordamerikanischen Union gegenüber den europäischen Auswanderern. Als e» galt, die Urwälder und die weiten Steppen mit fleißigen Bewohnern zu besetzen, da waren alle Auswanderer aus Europa hochwillkommen. Nun ist aber dem ersten Bedarf genügt, und die amerikanischen Arbeiter dulden auch nicht, daß billigere Arbeitskräfte zum Ersatz für sie importiert ^werden. Mittellose Auswanderer, die aus Europa auf gut Glück nach New-Iork reisen, und dort oft genug Gefahr laufen, von schlauen Aankee's um ihr geringes Bargeld betrogen zu werden, fallen also oft genug den dortigen Behörden zur Last. Nun haben die Vereinigten Staaten allerdings Geld im Ueber- fluß, und wenn sie ein paar Millionen jährlich zur Unterstützung bedürftiger Personen aus» gäben, würde dadurch keine Lücke im Staatsschätze entstehen. Aber solchen sentimentalen Gedanken ist man drüben eben nicht zugängig, wo für die Kleinen zu allen Zeiten das Wort galt: Seht selbst zu, wie ihr fertig werdet! Für die Großen galt dieser Satz nicht, und die berüchtigte Mackinley-Bill, welche denn endlich doch die Geduld der Be» völkerung erschöpfte, hat manche Taschen ganz weidlich gefüllt. Schon lange besteht daher die Bestimmung, daß mittellosen Auswanderern, welche sich nicht über ein bestimmtes Unter» kommen oder festes Engagement ausweisen können, der Zutritt zum amerikanischen Boden verwehrt wird. Die Leute werden einfach dem Kapitän, welcher sie über den Ozean geführt hat, überlaffen. Die ganze Härte des amerikanischen Egoismus zeig« sich beim Ausbruch der Cholera, in welcher Zeit man den Hamburger Dampfern selbst das Anlegen an unbewohnten Stellen verweigerte, und wo erst mit Gewalt eine entsprechende, unseren Kul- turverhältniffen Rechnung tragende Regelung geschaffen werden konnte. In dieses Jahr fällt nun die große Weltausstellung in Chicago, für welches so unendlich viel Reklame gemacht worden ist. Europäische Besucher, die mit wohlgefüllten Taschen kommen, sind selbstverständlich den Amerikanern äußerst angenehm; aber von den Einwanderern, die drüben erst Verdienst suchen wollen, hat man wenig oder gar nicht» zu erwarten. Diese haben meist selber nichts. Da ist man denn auf den guten Gedanken gekommen, die Einwanderung aus Europa nach Nordamerika für diese» laufende Jahr überhaupt zu untersagen. Daß man Einwanderer nicht haben mochte, weil sie vielfach Lasten bringen, aber kein Geld, mochte man doch nicht geradezu herauSsagen; dazu genierte man sich etwa» zu sehr. Doch man fand einen Ausweg: die Cholera konnte ja möglicherweise wieder auSbrechen und möglicherweise könnten Cholerakranke den amerikanischen Boden betreten und auch dort viel» leicht eine Epidemie Hervorrufen. Flug» ward daraus der Antrag geschmiedet, im Hinblick auf die Choleragesahr für da» ganze Jahr 1893 die Einwanderung au» Europa nach den