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goldenen Millionen, die er bei dem riesigen Panama-Schwindel ergaunert hat. Von allen Schurken, die bisher in Sachen der Panama- Gesellschaft entlarvt wurden, ist dieser Herr Eiffel zweifellos der glücklichste und erfolgreichste gewesen. Er hat nachweislichJund 33 Millio­nen erhallen; davon hat er für Bauten am Panamakanal 45 Millionen verausgabt und seinen Mitbetrügern die gleiche Summe, 4 bis 5 Millionen, abgegeben. Der Rest, rund 24 Millionen, hat der Ehrenmann, dieser Stolz Frankreichs, in die Tasche gesteckt! Einzelne Rechnungen Eiffels sind geradezu klassisch. Er erhielt z. B. für Anschaffung des Baumateri­als für 4 Schleusen 18 Millionen, erkaufte die­ses Baumaterial um 1,200,000 Francs, brachte es aber niemals nach Panama hinüber. Bei der GesellschaftChantier de la Loire" bestellte er Eisenarbeiten um 2,800,000 Francs, ließ sich das Geld von der Panama-Gesellschaft auszahlen, wiederrief hierauf die Bestellung und entschädigte die genannte Gesellschaft für Vorauslagen und Zeichnungen mit 7000 Frcs., behielt aber natürlich das Panamageld! Und diesen Schwindler und Betrüger, der vor Ge­richt einen geradezu jämmerlichen Eindruck ge­macht haben soll, läßt die Pariser Polizei noch immer frei umherlaufen.

Paris, 16. Jan. Carnot soll erklärt haben, er werde seinen Posten unter keinen Umständen verlassen, Ribot erklärte in den Wandelgängen der Kammer, die Regierung werde nach Bewilligung des Budgets die Kammer­auflösung ernstlich erwägen. Die allgemeine poli­tische Lage wird immer verwickelter, hervorragende Provinzblätter sekundieren der Campagne gegen das Elysöe. Zwischen Carnot und Ribot kam es zu heftigen Scenen. Carnot fordert eine schnelle Beendigung des Panamaskandals. Eine osfizöse Note hebt hervor, man müsse mit dem General Saussier und der Pariser Gar­nison rechnen.

Paris, 16. Januar. Es wird bestätigt, daß der Urlaub, den der russische Botschafter Baron Mohrenheim im nächsten Monat an- trcten wird, nur die Einleitung seiner endgiltigen Abberufung ist. Man theilt mir soeben mit, daß bei Rothschild heute eine Haussuchung stattgefunden hat; diese Maßregel kann nicht überraschen, da das Haus Rothschild mit Baron Reinach und Cornelius Herz im Geschäftsverbind­ung stand.

Paris, 16. Jan. Eine Versammlung von Aktionären und Obligationsinhabern der Panamagesellschaft, dis in Vauxhall tagte, be­schloß die Bildung einer neuen Gesellschaft mit einem Kapital von 140 Millionen (!) zur Wiederaufnahme der Kanalarbciten.

Paris, 17. Jan. Der Marineminister ordnete die sofortige Verproviantirung.. des Panzergeschwaders an und gab dem Kontre- admiral Buge die Weisung, sich in Bereitschaft zu sezen, sofort an die Küste von Marokko ab­zugehen.

Rom, 16. Jan. Von überallher laufen Berichte über grimmige Kälte ein. In Turin zeigte das Thermometer heute 15 Grad unter Null, in Florenz 6. Die um die Stadt liegende Anhöhen sind mit Schnee bedeckt Der Arno ist theilweise zugefroren. Vor St. Peter in Rom bildete sich heute ein wahres Eisfeld, wo die Jugend sich nach nordischer Art amü- sirte.

Tanger, 14.Jan. Gegen den Gouverneur der Schatzkammer in der Stadt Marokko sind Beschwerden erhoben worden wegen vielfacher Mißhandlungen jüdischer Einwohner, insbe­sondere habe derselbe einem Greise 500 Peitschen­hiebe und einem andern Juden 800 Peitschen­hiebe ertheilen lassen. Es heißt nun, daß die

hiesigen Vertreter der Mächte identische Noten an den Hof in Marokko mit dem Verlangen richten werden daß diesen Verfolgungen ein Ende gesetzt werde.

New-Aork, 15. Jan. Der Kongreß von Kolumbia billigte die Fristerstreckung für den Bau des Panamakanals.

Es ist nicht nur in Europa kalt. Aus den Vereinigten Staaten kommen Nach­richten, daß die gegenwärtige Kälte die strengste ist, die man dort zu Lande seit Jahren erlebt hat. Viele Flüsse die im Winter gewöhnlich offen waren, sind jetzt zugefroren.

Chicago, 15. Jan. Ein Abgesandter des Chicagoer Wcltausstellungs-Comiiäs wird binnen Kurzem nach Englanv gehen, um den Prinzen von Wales persönlich zum Besuch ein­zuladen. Die Einladung ist kunstvoll auf Per­gament eingetragen.

Lokales.

(Eingesendet)

Wildbad. Mehrere hiesige Bürger und auch der Einsender dieses lesen wirklich in allen Zeitungen mit Ergötzen von den schönen und großartigen Schlittschuhbahnen in ganz Würt­temberg und wie in und von allen Kreisen diesem sowohl gesunden als fröhlichen und un­schuldigen Genuß Genüge geleistet wird. Nur wir arme Wildbader müssen dieses schöne Winter-Vergnügen entbehren, will man sich nicht auf einem kleinen Froschteich müde lau­fen und über den Haufen stoßen lassen. Wäre es nicht angethan, wenn unsere tit. Stadtverwaltung auch in dieser Sache ein Herz für Wildbads kleine und große Jugend hätte. Wenn nur der kleine Eissee um etliche große Schuh verlängert und erweitert würde, so würde dies gewiß von der ganzen Wild­bader großen und kleinen Jugend mit Freu­den begrüßt werden. Ach, würden diese wenigen Zeilen doch auch das Herz unserer Stadträthe ein wenig rühren!

Wildbad. Die Hauseigenthümer sind bei den gegenwärtigen Naiurverhältniffen da­rauf aufmerksam zu machen, daß sie bei jedem durch Frost oder Schnee herbeigeführien Glatt­eis die Trottoirs morgens mit Asche oder Sand bestreuen; denn fällt ein Passant vor ihrem Hause durch Ausgleiten auf dem Eise und zieht sich eine Verletzung wie Beinbruch u. s. w. zu, so hat der Eigentümer des Hau­ses nicht allein die Kosten für Arzt und Apo­theke zu bezahlen, sondern er kann auch, im Falle der Verletzte arbeitsunfähig wird, zur Ernährung der Person, bis sie die Arbeit wie­der aufnehmen kann, verurteilt werden. Es versäume also Niemand, schon in seinem eige­nen Interesse, den Vorschriften des Bestreuens der Trottoirs nachzukommen.

TnkosMkildks.

Anschuldig l

Eine Waidmanns-Erzählung von Hermann Robolsky.

(Fortsetzung)

Ich will einmal schwach sein," versetzte Grashof mitleidig und schnitt mit ein m Taschenmesser die festen Schnüre durch. Aber bei der geringsten Miene, zu ent­weichen," fuhr er fort, mache ich von meiner Schießwaffe Gebrauch!"

Das sollen Sie auch!" gab Breirschild unterwürfig zurück.Wir sind ja zudem bald an Ort und Stelle."

DaS Gespräch batte hiermit wieder sein Ende erreicht. Schweigend giengen die Männer nebeneinander weiter. Ab und zu begegnete ihnen im Morgendämmer ein Dorfbewohner; aber Keiner achtete der Wanderer.

Jetzt waren sie an ein großes Maisfeld gekommen. Die kräftigen schilfartigen Stauden wiesen zum Teil eine Höhe von sechs bis sieben Fuß auf und standen so dicht, daß sie einem kleinen Walde glichen.

Breitschild warf verstohlen einen Blick ans seinen Begleiter. Dieser schien ganz in Gedanken versunken zu sein.

Sieh da, eine Gabelweihe!" rief der Wilderer plötzlich überlaut und wies mir der Hand zum Firmament hinauf. Der Beamte erschrack und schaute umbewußt nach oben. In demselben Augenblick aber stieß er einen bangen Schmerzensschrei aus. Der hinter­listige Gefangene hatte seine Schnupftabacks- dose gezogen und den ganzen Inhalt dem Förster in das Gesicht geworfen.

M>t einem riesigen Satze sprang der Deserteur in das dichte Maisfelo und war im Nu darin verschwunden. Die Flucht sollte dem Hallunken aber dennoch nicht ge­lingen. Grashof rief laut, den Spitzbuben festzuhalten. Er selbst vermochte ihm nicht zu folgen, da er vollständig geblendet war.

Zwei Knechte, die sich auf einem nahen Acker eben zur Arbeit anschickte», sahen die ganze Scene mit an, die sich soeben zwischen den beiven Männern abspielte. Schleunigst warfen sie ihr Gerät bei Seite, und während der eine dem Flüchtigen in das Dickicht folgte, eilte der zweite auf die andere Seite des Feldes und kam dort gerade in dem Moment an, als der Verbrecher über einen breiten Graben gesprungen und auf das Ge­sicht gestürzt war. Ohne sich lange zu be­sinnen, packte der stämmige Bursche de» Ausreißer und hielt ihn fest. Nun kam auch der andere Knechl hinzu, der den Gau­dieb unter Pfüffen und Knüffen fesselte.

Grashof stand während der Zeit am Wegesrande und wischte sich mit einem Tuche die entsetzlich schmerzenden Augen. Sehen konnte der Bedauernswerte fast gar nichts. Zum Glück befand sich ein Weiher in der Nähe, dessen kühles Wasser ihm denn auch bald Linderung verschaffte und die Sehkraft zurückführte.

Die Arbeiter erboten sich aus freien Stücken, den wieder Ergriffenen ins Dorf zu schaffen. Sie nahmen ihn in die Mitte, und als er sich störrisch weigerte, mitzugehen, half der Gewehrkolben des ergrimmten Försters unwiederstehlich nach.

Eine halbe Stunde später saß Breitschild im Spritzenhaus, dem vorläufigen Unter­kunftsorte für Gefangene. Am Nachmittage jenes Tages aber schaffte ein Gendarm den Miffethäter »ach der Stadt und lieferte ihn in das Untersuchungsgefängnis ab.

Dre Nachricht von der Verhaftung des Korbflechters ging wie ein Lauffeuer durch den Ort. Seiner Wirtschafterin hatte Gras­hof die Neuigkeit selbst erzählt. Sie hörte die Mitteilung ihres Herrn scheinbar gleich­gültig an.Warum thut der Mensch so etwas?" meinte sie.

Trotzdem Mariedie dankbar größte Gleich­gültigkeit heuchelte, bemerkte der Hausherr die schwer bekämpfte Aufregung ihres Innern. Immer mehr drängte sich dem Manne der Verdacht auf, daß seine Haushälterin in irgend welcher Beziehung zu dem Verbrecher stehen müsse. Kennen Sie denn den Menschen ?" fragte er, jedes Wort scharf betonend.

Beim letzten Schützenfeste bat er mich

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