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Stuttgart, 18. Okt. Der König von Rumänien und sein Sohn haben heute auf der Reise nach Sigmaringen den hies. Bahn­hof passiert.

20. Okt. Man wird sich des vielbe­sprochenen Falles noch erinnern, daß eine Münchener Dame hier ca. 70000 Mark in Wertpapieren verloren haben wollte. Es wurden damals 2000 Mark für die Wieder­einbringung als Belohnung ausgesetzt, aber ohne Erfolg. Das ist um so begreiflicher, als sich nachträglich herausgestellt hat, daß die Dame gar kein Geld verloren haben kann und zwar aus dem einfachen Grunde, weil sie keins mehr hatte. Sie hatte aller­dings vor einigen Jahren 42 000 Mark ge­erbt, die aber längst verputzt waren. Die Polizei gab sich viele Mühe wegen der Be­schaffung des Geldes, als sie sich aber an der Nase herumgeführt sah, entging die phantasie­volle Dame nur mit großer Mühe der Ver­haftung.

18. Okt. Bekanntlich sind die Preise für Mostobst in den letzten Wochen rasend in die Höhe gegangen und es besteht leider keine Aussicht, daß eine Preisreduktion ein treten könnte. Es ist bei dem sehr großem Bedarf den wir hauptsächlich deshalb haben, weil den Weingärtnern der letzte Tropfen Wein weggekauft wird, sogar eher anzuneh­men, daß die Preise noch höher hinaufgehen. Diese hohen Preise rühren hauptsächlich da­her, weil Oesterreich dieses Jahr nur sehr wenig exportieren kann und die Schweiz allein der starken Nachfrage nicht gewachsen ist. Aus der Schweiz sind bis jetzt nach Würt­temberg für 4 Millionen Mark Obst impor­tiert worden. Auf Grund eines Gerüchtes, welches wissen wollte, daß Mitte dieses Mo­nats 400 Waggons mit österreichischem Obst, die bisher gesperrt gewesen seien, zum Preise von 4.50 Mark per Zentner abgegeben wür­den, hat das hiesige Publikum mit dem Kau­fen zurückgehalten. Da sich dieses Gerücht aber als total falsch herausgestellt hat, so hat das Publikum den Schaden und muß die höheren Preise anlegen-

Areudenstadt, 20. Okt. Heute hat sich der Winter bei uns angemeldet. Nachdem wir in den letzten Wochen anhaltend Regen­wetter mit heftigen Südwestwinden gehabt, hat uns gestern der rauhe Nordost den ersten Frost (das Thermometer sank unter Null) und heute den ersten Schnee gebracht. Die Laubbäume, die voriges Jahr um diese Zeit bereits kahl standen, Heuer aber wegen der wenigen Reife noch dicht belaubt sind, ge­währen mit ihrem Schneedach einen fast weh­mütigen Anblick. Hoffentlich verläßt dieser ungebetene Gast uns bald wieder.

Sulz a. N., 18. Okt. In Dürrenmett- stetten, diesseitigen Oberarms, kam es in der Wirtschaft z.Löwen" am Kirchweihsonntag abend zu Streitigkeiten, die ein trauriges Ende nahmen. Der dortige, verheiratete Sattler L. schlug den von hier gebürtigen und auf Besuch anwesenden Gewehrfabrikar­beiter Eberhart, derartig mit dem Glas über den Kopf, daß derselbe blutüberströmt in der Wirtschaft zusammenbrach und nach Hause zu seiner Mutter, deren einziger Sohn er ist, ge­tragen werden mußte. Sogleich wurde der nächste Arzt von Dettingen geholt, der dem Schwerverletzten die Wunden zusammennähte und verband.

Rundschau.

Aus Naben, 13. Okt. Unweit Billig­heim (nicht Bietigheim) bei Mosbach wurde

gestern Nacht der Theilhaber der dortigen Kunst­mühle Westheimer Sohn, der 36jährige Kauf­mann Gerson Herz, ermordet aufgefundeu. Herz befand sich auf dem Heimweg von der Kunst­mühle zu seiner Wohnung. Wie die Behörden feststellten, liegt unzweifelhaft ein Raubmord vor. Die Taschen des Mannes, der Stiche in Hals und Kopf erhalten hatte, waren durch­sucht, und die Geldtasche fehlte. Alle Anzeichen wiesen auf einen furchtbaren Kampf zwischen Herz und dem Mörder hin. In Langenauheim bei Ulm ist das frühere Dienstmädchen des ermordeten Fabrikanten Herz von Billigheim verhaftet worden, weil es des Mordes dring­end verdächtig sei. Die Verhaftete hat mehrere Wunden, die sie im Kampfe mit dem .Er­mordeten erhalten halten haben könnte.

Die Untersuchung über den Billig- heimer Mord hat, wie bereits erwähnt, eine überraschende Wendung genommen. Die Verhaftung der Ehefrau des ermordeten Gcr- son Herz sowie von dessen Buchhalter soll nach der Bad. Lztg. aus folgenden Gründen erfolgt sein: Frau Herz, eine noch ziemlich junge Frau,soll schon kurz nach ihrer Verheiratung mit ihrem nunmehr ermordeten Ehemann gegen diesen eine gewisse Abneigung gefaßt haben. Dagegen soll sie einem Jugendfreunde sehr zugethan gewesen sein. Der betr. junge Mann, welcher damals seinen Studien an der Uni­versität Würzburg oblag, kam vor einigen Jahren auf Besuch nach Billigheim und hatte Gelegenheit, ein vertrautes Stündchen mit Frau Herz zu verleben, was angeblich von d m nunmehr verhafteten Dienstmädchen be­lauscht wurde. Das Schweigen des Dienst­mädchens wurde von Frau Herz um ca 1000 Mark erkauft. Nachdem der obenerwähnte junge Mann nach beendigten Studien Stellung im Auslande gefunden, scheint Frau Herz Ersatz in dem Buchhalter ihres Gemahls ge­funden zu haben. Um jedoch ungestört von dem ihr anscheinend immer mehr lästig ^ge­wordenen Manne zu sein, sann sie auf Mittel und Wege diesen zu beseitigen. Da erinnerte sie sich wieder ihres früheren verschwiegenen Dienstmädchens, das ihr wieder mir Rat und That beistehen sollte. Zu diesem Zwecke soll sie wieder vor einiger Zeit nach Ulm gereist sein und die nötigen Unterhandlungen einge­leitet haben. Diese scheinen sich um so leichter abgewickelt zu haben, als das Mäd­chen in sittlicher Beziehung mittlerweile sehr gesunken war. Es liegt nunmehr die Ver­mutung sehr nahe, daß dieselbe in Gemein­schaft mit ihrem Bruder sich den Vorschlägen der Frau Herz willfährig zeigte. Es ist nämlich festgestellt, daß sie mit ihrem Bruder an dem fraglichen Tage in Billigheim gewesen ist. Ein Mühlenbauer, der an dem Abend, an welchem der Mord verübt wurde, den Kunstmüller Herz auf einem Teil des Wegs begleitete, will in der Dunkelheit das Dienst­mädchen mit ihrem Begleiter genau erkannt haben. Wie bereits gemelvet, befindet sich das betr. Frauenzimmer in Haft. Der wegen Beteiligung an dem Raubmorde in Billigheim steckbrieflich verfolgte Schempp aus Langenau hat sich heute Nacht in einem Wäldchen bei Langenau erhängt. Die Schwester Anna Schempp wurde bereits, nachdem sie die Be­teiligung an dem Morde eingestanden hatte, nach Mosbach abgeliefert. Die Verhaftung der Frau Herz und det Buchhalters wurde durch das Geständnis der Schempp veranlaßt.

Der Buchhalter des ermordeten Herz in Billigheim wurde aus der Haft entlasten.

Nieser», 18. Okt. Gestern nacht fand hier eine große Schlägerei statt. Ein Dra­goner hatte seinen Gegner mit einem Glas

so zugerichtet, daß der Hals eine große klaf­fende Wunde aufzuweisen hatte und ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden mußte, 20 kleine Glasscherben wurden aus der Wunde entfernt. Wäre die Verletzung etwas tiefer gegangen, so wäre die Halsader durchschnitten worden. Der Thäter ist verhaftet.

Koblenz, 18. Okt. Die Cholera breitet sich in verschiedenen Orten des Kreises Mayen aus. Amtlich werden neue Erkrankungen aus Plaidt und Polch gemeldet. In Miesenheim sind 5 Todesfälle an asiatischer Cholera fest­gestellt .

Am schwersten werden durch den Zu­sammenbruch der Berliner Bank H. F. Schulze ver Generalarzt vr. K., der 300 000 Mar! verliert, und eine Witwe in Magdeburg, welche einen Verlust von 200 000 Mark zu beklagen hat, betroffen.

Merlin, 17. Okt. DiePost" meldet, der Kaiser Unterzeichnete am Samstag die Militärvorlage.

Der Kaiser überwies dem Senat 50 000 Mark für die Notleidenden Hamburgs.

Aus dem Leben des soeben verstorb. Geh. Rates, Lothar Bücher, des hervorra genden Mitarbeiters des Fürsten Bismarck wird mitgeteilt, daß Bücher noch als Geheimer Rat lange Jahre Beiträge zum sozialistischen Parteifonds gezahlt hat. Der Verstorbene war unvermählt.

Httenseu, 15. Okt. In der vergangenen Nacht ist die große Georg^Hallersche Petro­leum-Ofenfabrik niedergebrannt. Der Scha­den beträgt etwa 400 000 Mark. 180 Ar­beiter sind durch den Brand brodlos ge­worden.

Szegedin, 18. Okt. Ein wegen Gatten­mords zu 20jähriger, vor 2 Jahren beding­ungsweise in Freiheit gesetzter Mensch wurde wegen Falschmünzerei verhaftet. Derfelbe fer­tigte Taufende von Silberguldenfalsifikaten aus Packfong, derart versilbert, daß sie sogar die Silberprobe bestanden. Die Mitschuldigen des Verbrechers sind noch nicht entdeckt.

Brüssel, 19. Okt. DieJndependance Beige" erfährt, der Ministerpräsident Beernärt habe sich mit der Idee einer Doppel-Welt­ausstellung in Antwerpen und Brüssel im Jahr 1.895 und einer Verbindung beider Ausstellungen durch eine elektrische Eisenbahn einverstanden erklärt.

Palermo, 18. Okt. In Folge einer Explosion schlagender Wetter wurde in den Gruben von Sala der dortige Bergwerksdi­rektor, 2 seiner Söhne, 3 Arbeiter und eine Frauensperson, getötet. Zwei Gendarmen und eine Frauensperson, welche zur Hilfe­leistung herbei eilten, sind ebenfalls umge­kommen.

Lo k ate s.

Zmiter SchwarMlMdertag in Wildbad.

Bei schönem Herbstwetter brachte am 15. Oktober um 1 Uhr ein Sonderzug die Teilnehmer des zweiten Schwarzwald­bädertages nach Wildbad. Die Aerzte Wildbads empfingen ihre Gäste auf dem Bahnhofe und geleiteten sie durch die Stadt in das festlich geschmückte Badhotel, wo in dem mit Blumen und Pflanzen reich geschmückten Saale die Königl. Do­mänendirektion den Mitgliedern des Bäder­tages ein Frühstück bot. Der K. Bade­arzt, vr. Weizsäcker, begrüßte die Teilnehmer im Namen der Regierung, Or.