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Urs. 28 .
Württemberg.
— Seine Majestät der König hat seine Genehmigung dazu erteilt, daß der württem- bergische Kriegerbunv dieses Frühjahr eine allgemeine Lotterie zu Gunsten seiner Witwen- und Waisenkasse eröffne. Das Vermögen des Kriegerbundes beläuft sich nach dem neuesten Stand auf 204 480 Mark.
Stuttgart, 2 März. Die hiesige Möbel- und Parketbodenfaörik W. u. St. ist infolge des schlechten Geschäftsganges in Zahlungsstockung geraten, hat aber unter der Hand mit ihren Gläubigern arrangiert.
— 3000 Flaschen Champagner sollen letzten Samstag auf der Stuttgarter Licder- kranz-Redout getrunken worden sein.
Ludwigsöurg, 3. März. Aus hiesiger Stadt verschwand vor etwa 14 Tagen Lieutenant Krapf vom Trainbataillon (früher bei dem hier stehenden 3. Württ. Inf.-Reg) unter Umständen, die seine steckbriefliche V r- folgung nötig machten. Krapf hat mehrere Bekannte unter irgend welchen Vorspiegelungen vermocht, Wechsel in hohem Betrage zu ac- ceptieren; ein Offizier hat 10 000 Mark, ein Reserveoffizier 17 000 und ein Stuttgarter Rechtsanwalt 8000 Mark gezeichnet. Krapf hat dann diese Wechsel zu Geld gemacht, sich Urlaub genommen und geflüchtet. Da er außerdem noch erhebliche Schulden gemacht hatte — bei einem Psorzheimer Juwelier, hatte er für mehrere 1000 Mark Schmucksachen gekauft — erschien sein Verschwinden verdächtig und man sah sich veranlaßt, nach ihm zu recherchieren. Es stellte sich heraus, daß Krapf bei einem Agenten ein Billet nach Newyork gelöst hatte und sich bereits auf hoher See befand. Die Geschädigten kabelten nach Newyork und es soll die Festnahme Krapss bereits erfolgt sein. Der hoffnungsvolle junge Mann hinterlicß übrigens — so geht das Gerücht — 3 „Bräute."
— 4. März Die Verhaftung des aus Ludwigsburg flüchtigen L eutenants Krapf in Newyork w rv bestätigt. Von den mitgenommenen 60,000 Mark wurden noch 18,000 Mark vorgefunden.
— Die Personenzüge Nr. 32a Mketig- heim — Mühlacker, Bietigheim ab 9.52 abends, Mühlacker an 10 35 abends midi Nr. 7 Mühlacker—Bietigheim, Mühlacker ab 4.25 morgens, Bietigheim an 5.01 morgens,! werden wegen ungenügender Benützung aufgehoben. Als Ersatz hiesür wird oer Güterzug 628 auf der Strecke Bietigheim—Mühlacker, Bietigheim ab 10 04 abends, Mühlacker an 11.12 abends, vom 5. März an und der Güterzug 605 auf der Strecke Mühlacker-Bietigheim , Mühlacker ab 4.40 mor
Aienstag, 8. März 1892
gens, Bietigheim an 6.00 morgens, vom 6. März an zur Personenbeförderung in 2. und 3. Wagenklassc eingerichtet.
Neuenbürg, 4. März. Das Kgl. Oberamt erläßt eine Bekanntmachung, betreffend die Erlassung von Arbeitsordnungen in den Fabriken. Nach derselben muß binnen 4 Wochen vom 1. April ab für jede Fabrik, in welcher in der Regel mindestens 20 Arbeiter beschäftigt werden, eine Arbeitsordnung erlassen werden. Die vor dem 1. April 1892 erlassenen Arbeitsordnungen aller Fabriken müssen, sofern sie wcht aufgehoben werden, den gesetzlichen Vorschriften und Bestimmungen angepaßt werden.
Rundschau.
Z>armstadt, 5. März. Nach der Darmstädter Zeitung wurde der Großherzog gestern nachmittag um 3 Uhr von einem Schlaganfall getroffen, die rechte Kö.perhälfte ist gelähmt.
— Der Zustand des Großherzogs ist äußerst bedenklich, er kann nicht sprechen, das Bewußtsein ist bereits getrübt, auch leidet er ,an starker Atemnot, für die Nacht wird das Schlimmste befürchtet!
Mainz. Der IM Okt. v. I. verstorbene frühere konservative Reichstagsabgeordnete Dr. Perrot, der in recht gedrückten Verhältnissen lebte, hat sich kurz vor seinem Tode an den Bundesrat mit dem Ersuchen gewandt, ihm, der doch das heutige zweistufige Paketporto, die Sammelladungen u. s. w. angeregt habe, eine Ehrengabe zu gewähren, bezw. dieselbe beim Reichstag zu empfehlen. Er berief sich dabei auf das Beispiel der englischen Regierung, die seiner Zeit Rowland Hill, dem Begründer des einstufigen Penny-Portos, ebenfalls eine Dotation gewährt habe. Nach mehreren Monaten — Perrot ist inzwischen gestorben — ist, wie die „Frkf. Ztg. meldet, vom Reichskanzler die Antwort eingelaufen, daß die Eingabe „keinen Anlaß gegeben habe, dem darin enthaltenen Antrag näher zu treten." Freunde des Verstorbenen wollen, wie das genannte Blatt weiter mitteilt, nunmehr versuchen, ob sie für die Witwe desselben, bei dem Reichspostamt etwas erwirken können.
Irankfurt, 4. März. Heute wurde auch das Morgenblatt der ,Fiank>urter Zeitung ' vom 3. März wegen Majestätsbeleidigung beschlagnahmt und zwar auf Grund des Leitartikels, welcher Worte des Wiener „ Times Korrespondenten wiedergab.
Neustadt a. H., 2. März. An die hier wohnenden Eheleute Horn deren beide Söhne bei Niedermetzelung der Knützel'fchen Expedition in Witu am 15. Sept. 1890 ihr Leben
28 . laiingang.
verloren, wurde laut „Frkf. Ztg." vom auswärtigen Amt in Berlin eine Entschädigung von 3750 Mark ausgchändigt.
Perlin, 2. März. Im Reichstag begründete der Abgeordnete Bebel den sozialdemokratischen Antrag auf Verstaatlichung des Apothekcnwesens und legt die günstigen Existenzbedingungen der Apotheken und die ungünstige Lage des niederen Apothckerpersonals dar. Abgeordneter Witte (dfr.) erklärt die deutschen Apotheken für die besten der Welt. Die bisherigen Erfahrungen mit dem Staatsbetrieb seien nicht verlockend. Staatssekretär von Bötticher stellt baldigst eine Regierungsvorlage zur Abhilfe der Uebelstände des Apothekerwesens in Aussicht. Abgeordneter Men- zer (kons) wendet sich gegen Bebel. Wurm (Soz.) bespricht den Geheimmittelschwindel der Apotheken. Er beklagt die Ueberanstrengung der Apothekergehilfen und weist darauf hin, die Apotheken seien Personalkonzessionen, die aber im Laufe der Zeit zu Rcalgerechtigkeiten geworden seien. Witte (freist) bittet den Antrag abzulehnen, welchen die Sozialdemokraten auf dem Parteitage lediglich als Agitations- ! mittel bezeichnet hätten. Die Diskussion wird ^ geschlossen. Das Haus ist wiederum beschlußunfähig. Abgeordneter Prinz Schönaich-Ca- rolath schlägt vor, die Geschäftsordnung dahin abzuändern, daß die Beschlußunfähigkeit nur von mehr als einem Abgeordneten angezwei« feit werden könne. Die Presse solle die Säumigen namhaft machen.
Merlin, 4. März. Der Antrag wegen Freiheit des Privateigentums zur See in Kriegszeiten wurde heute im Reichstag von dem Grafen Caprivi mit unerwarteter Schärfe zurückgewiesen. — Das Abkommen mit Amerika wegen der Urheberrechte nebst Denkschrift ist dem Reichstag zugegangen. — Die erste Lesung des Zuhältergcsetzes soll schon nächste Woche statlfindcn.
— Die Verhaftungen, infolge der Herrlichen Berliner Unruhen betragen 22, der Schadenersatz wird auf 50—80 000 Mark geschätzt
— Welchen haarsträubenden Blödsinn sich das Paciser Publikum durch die dortigen Zeitungen über die Berliner Unruhen auftischen läßt, dafür giebt der „Figarro" einen Beweis. Das Blatt meldet allen Ernstes, „daß das Volk am Donnerstag durch die Zimmer des Schlosses gedrungen sei und der Kaiser, mit einem Revolver in der Hand, sich durch einen unterirdischen Gang vom Schützenplatz nach Spandau gerettet habe.
. — Letzthin ging fast durch die gesamte deutsche Presse die aus Ostafrika »ach Berlin gelangte Nachricht, daß Dr. Peters zwischen