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rische Thätigkeit Müllers auf dem Gebiete der Geschichte war äußerst fruchtbar; vielverbreitet sind insbesondere seine Monographien Kaiser Wilhelms I., Bismarcks und Moltkes. Die politische Geschichte der Gegenwart hat Müller in Jahrbüchern geschrieben, die auch für künftig ein brauchbares Material sein werden. In den letzten Jahren hat Müller die altbekannte Beckersche Weltgeschichte neu bearbeitet.
N uudschau.
Aerlin, 8. Febr. Die zweite Beratung des Reichsversicherungsamtes wird fortgesetzt. Die Abgeordneten Möller und Hartmann beantragen baldige Vorlage einer Novelle zum Unfallversicherungsgesetz. Staatssekretär von Bötticher erklärt, die Novelle werde die Ausdehnung des Gesetzes auf andere Berufsaiten und die Abhilfe der hervorgctreten Mängel enthalten. Sie sei allerdings in diesem Jahr nicht mehr möglich. Das Klebegesetz habe sich glücklich eingeführt, bedürfe aber zur Durchführung der Mitwirkung aller Kreise. Besonders günstig sei das finanzielle Ergcb-, nis. Im Jahre 1891 wurden 15,45 M,ll. Rente gezahlt mit einem Kapitalwert von 54,5 Millionen. Dazu trete der Reservefonds mit 10,9 Millionen und die Verwaltungsiosten mit 11 Millionen. Insgesamt ..rwuchsen an Belastung 76,4 Millionen eingenommen wurden an Klebemarken 88,6 Millionen, also ist der Bedarf des ersten Ihres mehr als gedeckt Bötticher schließt mit der Bemerkung, die Durchstreichung der Marke genüge >ür die Entwertung nicht, das Datum sei erforderlich. Hirsch bekämpft das Gesetz und stimmt den Abänderungsanträgen der Sozialdemokraten zu. Hellborff erklärt sich füe das Gesetz, dessen Mängel abstellbar seien. Möller (na- tionallib.) erörtert die verschiedenen Punkte des Gesetzes und stellt schließlich fest, daß im Lande die Zufriedenheit mir demselben immer allgemeiner werde. Das Haus genehmigt nach einer dritten Lesung einstimmig den Weltpostvertrag.
— Die Budgetkommission des Reichstags hat folgenden konservativen Antrag m>t sechzehn Stimmen angenommen; Die verbündeten Regierungen zu ersuchen 1) Die M litärstraf- prozeßordnung einer baldigen Reform, namentlich in der Richtung einer größeren Oeffentlichkeit des Verfahrens, zu unterwerfen; 2) die Bestimmungen über das Beschwerderecht der Militärpersonen, namentlich in der Richtung einer Erleichterung des Beschwerderechts, einer Revision zu unterziehen; 3) auf die Pflege religiösen Sinnes unter den Angehörigen de? Heeres, sowie im gesamten Volksleben, insbesondere bei der Erziehung der Jugend, thun- lichst hinzuwirken.
ZLerlin, 8. Febr. Die Volksschulkom- missio» des Abgeordnetenhauses begann heute ihre Arbeiten mit einer allgemeinen Beratung. Ein Antrag Rickert (deutschfr.) zu Z 1 will ausdrücklich die Schule als Staatsanstalt erklären und unter Staatsaufsicht stellen. Die Konservativen und der Kultminister erklären sich damit einverstanden, was lebhaften Widerspruch des Zentrums hervorricf. Liberaler- seits wurde die Beschränkung auf ein Dotationsgesetz gefordert, wogegen der Kultminister widersprach. Der Minister versichert, er habe mit den Bischöfen nicht verhandelt.
Leipzig, 7. Febr. Die hiesigen Druckereien, die bei Beginn des Buchvruckerstrickes die Forderungen der Gehilfen bewilligt hatten, sind nunmehr, nachdem der Ausstanv zu Iln-
gunsten der Gehilfen entschieden worden ist, zu den alten Tarifsätzen zurückgekehrt. Auch der Verleger des „Wähler", des Organs der hiesigen Sozialdemokraten, wollte sich diesem Vorgehen anschließen, wurde jedoch von der Partei nach ernsten Auseinandersetzungen dazu bestimmt, die erhöhten Löhne fortzuzahlen.
Tntrrhaltkndes.
Dem Tode entronnen.
Von I. Clark.
(Schluß.)
„Ja, ja, buchstäblich um ihnen den Kopf abzunehmen," miede, holte dieser mit Nachdruck. „Sie sehen in mir — den Scharfrichter. So oft der Kaidinal meiner Dienste bedarf, erhalte ich den Befehl, mich hierher zu begeben. Das, was Sie mir von der gegen Sie erhobeneil geheimen Anklage erzählt haben, und die Zeit, zu der Sie vor Sr. Eminenz erscheinen sollen, lass n mir keinen Zwiesel darüber, baß Sie der Un glückliche sind, der heute Ade d in meine Hände ausgeliefert werben soll. Aber fürcvten Sie nichts. Ich werde Ihnen helfe», dieser Ihnen gestellten Falle zu euirinnen. Lassen Sie uns zu unser» Pferden eilen, und in wenigen Minuten hoffe ich Ihnen meinen Dank für die Höflichkeit, welche Sie einem Unbekannten erwiese», abzuzahlen."
Sprachlos vor Schrecken erhob sich der Reisende und beeilte sich, mit seinem Retter das Zimm r zu verlassen. Als sie durch das Schänkzimmer gingen, fanden sie es mit Bew'ffneten erfüllt, bei deren Anblick der ohne Verhör Verurteilte keineswegs viel Geistesgegenwart verriei. Während die Pferde gesattelt wurden, bezahlte er >:> der größten Hast die Rechnung der Wirtin, ohne ein Wort über deren unmäßigen Betrag zu verlieren. Im nächsten Angenbuck waren die Reiter schon unterwegs Sie gaben ihren Pferden die Sporen, hatten in einer halben Stunde den Walv durchritten und erblickten hierauf das Schloß des Kardinals.
Der unheimliche Begleiter unseres Reisenden hielt plötzlich sein Pferd an und machte ihn auf einen Teil des Schlosses aufmerksam, der in der dunklen Novembernacht kaum zu erkennen war.
„Sehen Sie," sagte er, „jenen mittleren Thurm mit dem kleinen Bogenfenster hoch oben! Dort werden die gehennen, unwiderruflichen Todesurteile des Kardinals gefällt und auszeführt. Sobald meine Arbeit vollbracht ist, öffnet sich eine Fallthüi, und die Leiche des Opfers stürzt in eine tiefe, im Fundament des Schlosses ausgegrabene, mit Kalk gefülle Grube, wo bald jede Spur von ihr vertilgt ist."
In diesem Augenblicke erschien Licht in dem verhängnisvollen Fenster.
„Sehen Sie, das ist das Zeichen, daß Alles bereit ist. Jetzt erwarte! man uns beide mit Ungeduld. Verlieren Sie keine Minute. Benutzen Sie die Dunkelheit und schonen Sie die Pferde nicht, bis Sie dte Grenze hinter sich haben. Dann erst dürfen Lie an Ihre Rechtfertigung denken."
„Was brauche ich mich zurechtfertigen? Ich bin unschulbigl" antwortete der Bürger.
„Ach, reden Sie keinen Unsinnl" unterbrach ihn sein Begleiter ungeduldig. ,Jhre Unschuld wird Ihnen nichts nutzen. Tbun Sie, was ich Ihnen sage, und flehen Sie,-
ohne sich umzusehen. Sonst muß die Hand, welche sich jetzt zu Ihrer Rettung ansstreckt, sich unausbleiblich erheben, um Ihrem Leben ein Ende zu machen."
Der Bürger ergriff lebhaft die ihm entgegengestreckte Hand — die Hand, vor der er sich sonst schaudernd abgswendrt hätte — und sprach aus tiefstem Herzen: „Bis a» mein Lebensende bin ich Ihr Schuldner.*
Sie trennten sich. Der Scharfrichter ritt dem Schlosse zu, der Andere gab seinem Psirde die Spore» und entfernte sich in rasendem Galopp von der gefährlichen Stelle. Er ruhte nicht ans, bis er die Gien,«- Frankreichs hinter sich hatte Erst nach dem Tode des Kardinals kehlte er in sein Vaterland zurück.
B ermischteK
Stutt gart, 5 .Febr .Ein h'esiger Groß- bierbraucr hat an der neuen Kirch 'nsteuer nicht weniger uls als 455 zu zahle». Als er siirien Kirchensteuerzettel erhnlt, meinte er: „Jetzt zahl > no a paar hundert Märkle druff, dann ihn i mr selber a Vckärle ein."
— Eine sehr ergötzliche Geschichte von eimm reichen Grafen N. wird gegenwärtig in den höheren Krenen in Petersburg erzählt. Vor Kurzem hatte sich der Graf aus London einen riesigen feuerfesten Schränk verschrieben Der Schrank hatte einen höchst ver- w'ckOten B-rschluß. Er konnte ohne Schlüssel durch einfaches Zuschlägen der Thür verschlossen werde», öffn» ließ er sich jedoch nur mit H lfe des Schluss ls. Als der Schrank in Petersburg ankam, ließ ihn der Graf in sein Kabinett schaffen und stellte nun Versuche a». Dabei trat er auch m-t dem Schlüssel in der Tasche in den Schrank und zog die Thür hinter sich so unvorsichtig zu, daß sie ins Schloß sprang. Rasch zog er de» Schlüssel aus der Tasche, um den Schrank von innen zu öffnen, allein von innen ließ sich der Schrank nicht öffnen. Der Graf erhob ein verzweifeltes Geschrei, das nur sehr gedämpft ins Kabinett drang. Sein gut geschulter Kamnterdiener vernahm die Hilferufe trotzdem, eilte insKabinett und fand auch bald den Arffemhalisort seines Herr». H>lfe konnte er ihm natürlich nicht bringen, denn der Graf hatte den Schlüssel seines neuen Schrankes in der Tasche. Man schickie sofort nach einemMechaniker. Stundenlang quälte sich nun dieser vor dem Schranke ab, um auf irgend eine Weise hinter das Geheimnis des Verschlusses zu kommen, aber vergeblich. Schließlich verließ er die Wohnung des Grafen. Nun Holle man noch Mechaniker aus einer Fabrik, aber auch diese konnten nichts machen. Es wurde jetzt nach London telegraphiert und um sofortige Entdeckung des Verschluß-Geheimnisses gebeten. Die Firma antwortete, daß sie einen zweiten Schlüssel mit der nächsten Post absende, das Geheimnis jedoch nicht verraten könne. Nun entschloß sich der Graf endlich, den teuren Schrank zu opfern und befahl, daß er zerbrochen werde. Aber das war gar nicht so leicht. Ein halbes Dutzend Schlosser wurden herbeigeholt, die mit Feilen und Brecheisen 6 Stunden lang arbeiten mußten, bis ein Loch in de» Schrank gebrochen war, groß genug, um den Grafen herausziehcn. Letzterr hatte 30 Stunden lang nicht geschlafen und nicht gegessen und war sichtlich abgemagert. Gegenwärtig hat er sich erholt und hat auch schon den zweiten Schlüssel zu seinem Schrank erhalten.