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Amts- und Anzcige-Dlatt für Wildbad und Umgebung.

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Uro. 132.

Sarnstag, 7. Wovenrber' 18dl.

27. latingang.

Wochen-Rim-schau.

Die württcmbergische Stände­versammlung ist am Donnerstag wieder vertagt worden; die Kammer der Standes- hcrren hat die beantragte Erhöhung der könig­lichen Zivillistc ohne Debatte einstimmig an­genommen. Wie nötig die Erhöhung der Zivilliste war, beweisen 2 Zahlen: die Be­soldungen der Hofbeamten verschlingen allein die Summe von 1435 000 Mk, das Hof­theater erfordert einen Zuschuß von jährlich rund 370 000 Mk., einschließlich der Pen­sionen. Wie viel da dem König für seine Repräsentation und seine persönlichen Bedürf­nisse übrig bleibt, mag jeder sich selbst aus­rechnen; ohne die Erträgnisse des Krongutes würde eine Bilanz selbst jetzt noch nicht mög­lich sein. Zu der Repräsentation des Königs gehören bekanntlich zahlreiche Ausgaben für wohlthätigc Zwecke, welche sich das Jahr hin­durch zu einer recht bedeutenden Summe an- sammeln. Ueber alle Einnahmen und Aus­gaben der kgl. Zivilliste wurde der Finanz­kommission der Kammer der Abgeordneten durch den Hofkammerpräsidcnten von Tscher- ning bereitwilligst jede Auskunft erteilt. Der Wucht der Thatsachen trugen denn auch die meisten Mitglieder der Dolkspartei selbst Rech­nung, indem sie entweder mit Ja stimmten oder sich der Abstimmung enthielten. Bei der Schlußabstimmung über das ganze Zivillistcn- gcsetz stimmten auch die Demokraten Gebrüder Haußmann und Storz von Tuttlingen mit Ja. Auch die Adresse der zweiten Kammer an den König, welche die Thronrede im wesent­lichen umschreibt, wurde mit sämtlichen abge­gebenen Stimmen bei nur 4 Stimmenthal­tungen angenommen. Die Resultate der Nachwahlen für die Kammer der Abgeord­neten liegen nunmehr vor. In Neuenbürg wurde wie nicht anders zu erwarten war, Herr Commerell von Höfen mit ungeheurer Mehrheit gewählt, die Gegenkandidatur des Sozialdemokraten Bronnenmaler war von vorn­herein nicht ernst zu nehmen. In Obern­dorf wurde der bisherige Abgeordnete Direk­tor von Leibbrand mit 2378 Stimmen wieder- gewählt, sein demokratischer Gegenkandidat, Musikalienhändler Galler aus Stuttgart, brachte es nur auf 1290 Stimmen. Auch in diesem Bezirk war die sozialistische Kandidatur des Schriftstellers Stern aus Stuttgart, der 96 Stimmen erhielt, eine bloße Zählkandidatur. In Oehringen siegte der Demokrat Hart­mann mit großer Mehrheit über den bisherigen Abgeordneten Professor Leemann, welcher nun auch auf eine Reichstagskandidatur im 11. Wahl­kreise wird verzichten müssen. Da die Volks- partci den Bezirk Neuenbürg an die Deutsche Partei verloren und von letzterer den Bezirk

Oehringen gewonnen hat, so bleiben die Frak­tionsverhältnisse in der Kammer der Abgeord­neten völlig unverändert. Im bayrischen Landtag hat Kriegsminister v. Safferling unter allgemeinem Beifall erklärt, die bayerische Re­gierung werde bei Beratung einer neuen deutschen Militärstrafprozeßordnung im Bundes- ratc die Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Verfahrens in wirksamer Weise zu wahren suchen und demgemäß ihre weitere Haltung bemessen. Die bayerische Regierung plant eine Aufbesserung aller Beamtengchälter, insbe­sondere auch derjenigen der Volksschullehrer. Wie vorauszusehen war hat der Kaiser von Rußland auf seiner Reise von Kopen­hagen nach Livadia B e r l i n nicht berührt und dem deutschen Kaiser die peiilllche Lage erspart, mit dem Todfeinde Deutschlands Höf­lichkeitsphrasen austauschen zu müssen. Es ist ja doch nur eine Frage verhältnißmäßig kurzer Zeit, bis wir den Kampf gegen eine russische Invasion aufnchmen müssen und wenn der Zar seine Feindschaft so offen kunv gicbt, so brauchen wir uns keinerlei Täuschungen hin­zugeben. Unsere auswärtigen Feinde legen uns immer neue Opfer auf, aber sie müssen eben gebracht werden, damit wir für alle Fälle vorbereitet sind. Die Anschaffung neuer Laf- feten für die Kanonen unserer Feldartillcrie erweist sich als notwendig und soll 50 Mill. Mark kosten. Ein paar elsässische Fabri­kanten begingen vor Kurzem die ungemeine Dreistigkeit, jenseits der Grenze der Eröffnung einer französischen Eisenbahn anzuwohncn uno den rachsüchtigen Reden der Franzosen gegen Deutschland ihren Beifall zu zollen. Die deutsche Regierung zeigte sich aber nicht schwach wie die Betreffenden vielleicht gehofft hatten, sondern ging mit ernsten Maßregeln gegen sie vor, einer derselben, ein Schweizer wurde kurzerhand ausgewiesen, ein anderer seines Amtes als Handelsrichter entsetzt. Emin Pascha ist mit den ihm zugcteilten Schutz­truppen aus seinem Verwaltungsbezirk ohne Vorwissen der deutschen Reichsrcgierung nach dem Innern Afrikas weiter gezogen, man weiß nicht, ob in westlicher oder nördlicher Richtung. In letzterem Falle würde er das englische Interessengebiet betreten und so auf eigene Faust den Vertrag zwischen Deutschland und England verletzen. Es ist deshalb nur zu begreiflich, daß der deutsche Reichskanzler et­waige Reklamationen der englischen Regierung gar nicht abwartete, sondern der letzteren von vornherein erklären ließ, daß Deutschland für das Vorgehen Emin Paschas keine Verant­wortung übernehmen könne. Möglicherweise holt indessen der letztere nur die ihm ge­hörigen in Wadela: am obersten Nil zurück- gelassenen Elfenbeinvorrätc und in diesem Falle wird man ihn nicht allzuschark ' eln können.

Die Handelsverträge Deutschlands und Oesterreichs mit Italien sind nunmehr abge­schlossen und auf den speziellen Wunsch der Berner Bundesregierung werden die Handels- vcrtragsverhandlungen mit der Schweiz dem­nächst wieder ausgenommen werden.

Der österreichische Ministerpräsident Graf Taaffe hat die Einführung einer czech- ischen Amtssprache wiederholt abgewiesen. Die altczcchischen Abgeordneten wollen deshalb ihre Mandate niederlegen, welche dann selbst­redend den Jungczechen in die Hände fallen würden. Der deutsch-czechische Ausgleich in Böhmen wäre dann erst recht nicht mehr mög­lich, weil die Regierung im böhmischen Land­tag nicht mehr die notwendige Zweidrittels­mehrheit hätte. Aber je schärfer die Czechcn den Bogen spannen, desto bälder wird er brechen.

Die Franzosen befinden sich in halber Verzweiflung. Die großen Banken können die neue russische Anleihe, die sie übernommen, weder im Inland noch im Ausland an den Mann bringen. Im Ausland borgt den Russen kein Mensch mehr etwas, und in Frank­reich selbst haben die Kapitalisten an den früheren russischen Anleihen mehr als genug sich beteiligt. Nun fangen die Banken bereits an zu wackeln und darunter leidet die gesamte französische Geschäftswelt. Der nach dem Kronstädtcr Rausch unausbleibliche Katzen­jammer hat bereits die Form einer schweren Krankheit angenommen.

In Irland geraten die Parnelliten und Antiparnclliten immer schärfer aneinander. Ein Neffe Parnclls hat den englischen Depu­tierten Healy in einer Gerichtssitzung durchge­peitscht und in den Straßen von Cork, wo demnächst eine Nachwahl in das Unterhaus an Stelle des verstorbenen Parnell stattfindet, liefern sich die feindlichen Parteien förmliche Schlachten.

In Rom haben die Verhandlungen des interparlamentarisch«« Friedenskongreßes be­gonnen. Gleich am ersten Tage lamentierten die französischen Teilnehmer über das zer­stückelt« Frankreich und brachten so trotz der Versicherungen der Italiener die sogenannte Frage von Elsaß-Lothringen doch aufs Tapet. Es gewinnt allen Anschein, als ob jener Kon­greß sich zu einer Art polnischem Reichstag auSbilden wolle, in welchem bekanntlich jeder eine andere Meinung hatte und mit seinem Vetorecht keinen einzigen vernünftigen Beschluß zustande kommen ließ.

Die Not in Rußland scheint nachgerade furchtbar zu werden; in mehreren Bezirken ist bereits der Hungertyphus ausgebrochen. Die 500 Millionen, welche Rußland von den Franzosen gepumpt hat, sind bereits für Kriegsrüstungen ausgegeben und letztere werden