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getretene Kälte noch verschärft. Zur Bekämpfung der Not in durchgreifender Weise würden nach dem Urteil der russischen Zeitungen Hunderte von Millionen gehören, und es steht also ein recht böser Winter zu erwarten.
Lokakes.
Elektrische Beleuchtung in Wildbad.
sis Wikdöad, 4. Nov. Die Kunde von dem Beschlüsse der hiesigen bürgerlichen Kollegien, von der Natur gebotene Wasserkräfte für die elektrische Beleuchtung der Stadt dienstbar zu machen, hat in der ganzen Stadt den freudigsten Widerhall gefunden. Während andere Städte gezwungen sind, viele Hundcrttausende aufzuwenden allein für die Erwerbung der nötigen Wasserkräfte, durch Ankäufen von Mühlen und Fabriken, durch Aufsuchen unbenützter Flußgefälle, während dort die Kosten der Anlagen und der Leitungen durch die großen Entfernungen ungemein gesteigert werden, «ährend wieder andere Städte in ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis zu geldkräftigcn Aktienunternehmungen geraten, welche wie in Lausten den elektrischen Betrieb schon eingerichtet haben oder wie am oberen Neckar mit Hilfe ihres allzumächtigen Kapitals alle Vorhandenen tauglichen Wasserkräfte erworben haben, ist die hiesige Stadt in der glücklichen Lage die nötigen Kräfte in nächster Nähe und in eigenem Besitze zu haben, und kann andere noch billig dazu erwerben. Mit großer Freude und großem Dank ist es daher zu begrüßen, daß die hiezu berufenen Männer zu rechter Zeit den raschen Entschluß faßten ein solch zeitgemäßes und gemeinnütziges Unternehmen ins Leben zu rufen. Mögen immerhin die nicht geringen Kosten dieser elektrischen Lichtversorgung manchem Anlaß zu Kritteleien geben, daran ist kein Zweifel, daß dieselben in ihr Nichts zerfallen werden, wenn man in Berechnung zieht, daß für die Stadt selbst die bedeutenden Ausgaben für Gasbeleuchtung künftghin wegfallen, daß ganz beträchtliche Einnahmen ihr bcvorstehen; denn wer würde dann noch diese glänzende Beleuchtung entbehren wollen, die frei ist von allen lästigen Erscheinungen wie Rauch, Geruch, Feuersgefahr, Erhitzung der oberen Luftschichten in vollen Lokalen, ungünstige Einwirkung auf die Augen, gewiß niemand. Ja nicht nur Wirte, Kauf- lcutc und Gewerbetreibende werden sich desselben bedienen, auch der Privatmann wird seine Wohnung damit beleuchten, denn nach den Kostenvoranschlägen, die man in öffentlichen Blättern gelesen hat, stellt sich der Geldaufwand für 1 Stunde elektrischer Beleuchtung billiger als selbst Erdölbeleuchtung, von Aufwand für Gas ganz und gar zu schweigen.
Zu wünschen ist nur noch, daß die Anlage nicht zu klein gemacht wird, sondern neben der Versorgung der Stadt mit elektrischem Licht, auch dem Kleingewerbetreibenden durch Kraftübertragung, ähnlich den Anlagen in Lausten und Marbach, zu statten kommt und auch die Wasserversorgung der Stadt eine Entlastung erfährt durch Wegfall der Wassermotoren. Für unsere vorgeschrittene Technik wird es gewiß nicht schwer werden, auch hier Rat zu schaffen, so daß für die Besitzer von solchen Motoren kein nennenswerter Schaden durch Abänderung derselben und Anpassung an die neue Kraft erwachsen wird.
— (Landtags-Wahl.) Bei der gestern stattgehabten Abgeordneten - Wahl haben in hiesiger Stadt von 697 Wahlberechtigten 264
abgestimmt. Sägwerkbcfitzer Co mm ereil erhielt 253, Bronnenmayer (soz.) 5, zersplittert 6 Stimmen. In Neuenbürg (408 Wahlb.) erhielt Commercll 234, Bronncnmayer 17, in Calmbach (382 W.) Commercll 255, Bronncnmayer 4, Höfen (162 W.) Commercll 148, Herrenalb (205 W) Commercll 97, Br. 2 Stimmen. Im ganzen Oberamtsbezirk (Schömberg fehlt) haben von 4992 Wahlberechtigten 2858 abgcstimmt. Commercll 2729, Bronnenmayer 49, zersplittert 80.
Tiiikchalikndks.
Entdeckt.
Kriminalerzählung von G. Struder.
(Fortsetzung.)
„Nun, werden Sie nur nicht hitzig, lenkte der Baron ein, „nichts lag mir ferner als die Absicht, Sie zu kränken und ich muß Ihnen jetzt auch gestehen, daß Sie Recht zu haben scheinen. Wäre ich ein Mann vom Gerichte, so hätte ich wahrscheinlich eber erfaßt, was Sie mir andeuten wollten. Hegen Sie denn gegen irgend eine bestimmte Persönlichkeit Verdacht?"
„Nein. Einige Handwerksbursche» haben wohl an diesem Tage bei mir gebettelt, aber keiner ist bis hinten in den Hof gekommen. Anzunehmen, daß einer über den Gartenzau» gestiegen sei und auf diese Weise den Strick gestohlen habe, geht auch nicht. Denn einmal hätte alsdann unser Kettenhund Lärm gemacht und zweitens würde ein gewöhnlicher Dieb sich gewiß nicht mit einem gestohlenen Gegenstand begnügt haben."
„So bliebe am Ende nichts übrig, als unter Ihren Gästen den Dieb zu vermuten."
„Warum nicht garl Mir kommen keine Leute in Haus, die an fremdem Eigentum sich ergreifen könne» und zudem war an jenem Nachmittage Niemand hier als der Förster, der mir hinten im Hofe Gesellschaft leistete und dort seinen Schoppen trank, während ich ein Faß ausspühlte."
„Hat Ihnen der Förster auch geholfen, das Faß in den Keller zu bringen?"
„Jetzt möchte ich beinahe über Sie lachen ! Sie werden doch nicht glauben, ich sei so ungeschliffen, um an einen solchen Herrn eine derartige Zumutung zu stellen. Außerdem war es nur ein Halb-Ohmfaß, welches ich allein hinuntertrug, während Herr Baumbach oben auf mich wartete. Nachher haben wir zusammen an diesem Tische noch eine Flasche getrunken und dann ist der Förster aufgebrochen, um nach K. zurückzukehreu."
„Der Förster kann den Strick nicht an sich genommen haben," meinte der Baron nachdenklich, „haben Sie übrigens das Gegenstück des gestohlenen noch in Ihrem Besitz ?"
„Gewiß der hängt wieder draußen in der SElne. "
„Wollen Sie mir denselben vielleicht mitgeben, so zeige ich ihn dem Herrn Bürgermeister jn K- und teile ihm das eben gehörte mit. Ich denke, dieser tüchtige und erfahrene B eamte weiß derartige Neuigkeiten besser und praktischer zu verwenden, als wir alle Drei zusammen." —
Bereitwilligst stand der Wirt auf, um das Verlangte herbeizuholen. Der aus Hanf gedrehte Strick, dessen dickeres Ende zu einer Oese zusammengeflochten war, zeigte auch nicht dag geringste Besondere oder
Auffallende, wodurch mau ihn von anderen Stricken etwa hätte unterscheiden können. Gleichwohl steckte Herr von Reifenberg denselben in die Tasche, dankte dem Wirte, schlug aber dessen freundliche Einladung, auf die zukünftige Nachbarschaft noch eine extra- gute Flasche mit ibm zu trinken, aus. Er wolle bei Zeiten in K. wieder zurück sei».
„Wir müssen jetzt vor allem unbedingt auf die eine oder die andere Art in den Besitz der Uhrkette zu glanzen suchen, Heinrich," sprach der Baron auf dem Rückwege, „stmimen auch hier wiederum unsere Mutmaßungen wie bis dahin mit der Wirklich- lichkeit überein, so sind wir weit genug, um sofort zum letzten entscheidenden Schritte überzugehcu. Wenn ich nur ein Mittel wüßte, um, ohne Aufsehen zu erregen, i» den Besitz der Ketle zu gelangen."
»Ich glaube, durch Vermittlung seiner Braut könnte es am Ende geh n."
„Das wäre möglich. Versuchen Sie also dort einmal Ihr Glück, während ich zu dem Bürgermeister eile und auf das Kommende ihn vorbcreite. Bis zu meiner Rückkehr entfernen Sic sich unter keinen Umständen aus unfern, Horel."
Am Eingänge zu dem Städtchen, wo sie gegen 4 Uhr aulangten, trennten sich Herr und Diener und letzterer ging bedächtigen Schrites nach dem Gasthose zum „Stern." Fräulein Gertrud, die allein im Zimmer saß, errötete, als der stattliche Mann eintrat, frug ihn dann aber sofort, ob sie ihm einen Scboppe» Wein herbeiholen sollte.
„Sofern Sie mir erlauben, den Wein an Ihrer Seite oder auch nur in Ihrer Nähe zu trinken, mein schönes Fräulein, bin ich mit Vergnügen bereit, denselben aus Ihrer Hand eutgegenzunehmen," cntgegncte Heinrich, der sich mittlerweile, ohne diese Erlaubnis abzuwarten bereits an demselben Tische, an welchem das Mädchen mit Strikten beschäftigt saß, niedergelassen hatte.
„Wie geht es Ihnen Fräulein Gertrud?" fuhr er in teilnehmendem Tone fort, „es kommt mir beinahe so vor, als sei cs Ihnen etwas schwer ums Herz."
Gertrud versuchte zu lächeln, aber dieses Lächeln war so unnatinlich und gezwungen, daß es fast auf eine Grimasse hinauskam.
„Ich weiß, was Sie drückt," setzte der unermüdliche Liebhabei hinzu, „Sie machen sich Gedanken, einen so heftige» und rücksichtslosen Menschen wie den Förster Baumbach zum Bräutigam gewählt zu haben. Sein Benehmen am gestrigen Abend hat mich schrecksich empört und es hätte wenig gefehlt, so wäre ich ernstlich mit ihm hintereinander gekommen». Wäre ich Ihr Bräutigam, Fräulein Gertrud, ich würde ein so liebes und elegantes Wesen, wie Sie es sind, auf den Händen trage/,."
Fräulein Gertrud wurde glühend rot bei diesen Worten. Sie bemerkte, es sei unschicklich, einer Braut derartige Dinge zu sagen, wobei sie es gleichwohl duldete, daß der Niese ihr etwas derbes Händchen mit seiner starken Faust ergriff und innig umfaßt hielt.(Fortsetzung folgt.)
Vermischtes.
— Dieser Tage langte in K«rksrnhe der Graf von Hachenburg nebst Familie an und nahm im Hotel „Germania" Absteigquartier. Die Eisenbahn verschmähend, legte die gräfliche Familie die i eabsichtigte Reise vou Hachenburg im Westerwald nach Italien in einem großen englischen Wagen zurück, der