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tonte, daß durch dieselbe die Elektrizität volkstümlich geworden sei, worauf Oberbürgermeister Adickes mit einem Hoch auf den Kaiser schloß,
Erfurt, 17- Oktober. (Sozialistentag.) v. Volkmar wandte sich in Mündiger Rede gegen Bebel, welcher ein rascheres Tempo des Vormarsches der Sozialisten verlangte. Auch er wolle die Erlangung der politischen Macht und die Förderung des Parlamentarismus, in der Hoffnung, daß dieser dereinst der Partei zufalle. Es sei gefährlich, die Massen fortgesetzt mit Versprechungen zu sättigen, deren Verwirklichung zunächst unmöglich sei. Gegenwärtig sei lediglich der Weg der Verhandlungen zu beschreiten. Von Rußland drohe im Falle eines Sieges große Gefahr für die deutschen Sozialisten, deshalb sei deren ganze Kraft gegen Rußland einzusctzcn. Die Sozialisten müßten für den Frieden cintreten, da durch kjeden Krieg der nationale Gedanke erstarke. Singer und Liebknecht bezeichnen die Rede Vollmars als eine Gefahr und eine Beunruhigung. Die Partei werde die jetzige erfolgreiche Parteitaktik beibehalten.
Görlitz, 19. Okt. In der verflossenen Nacht fand ein Eisenbahnunglück auf dem , Bahnhof Kohlfurt statt. Der N. Görl. A. berichtet hierüber: Als der Schnellzug Brcs- lau-Bcrlin in den Bahnhof einlief, fuhr eine Rangiermaschine dem Schnellzug m die Flanke. Infolge des Zusammenstoßes fuhren ein Wagen 1. Klasse und einer 3. Klasse ineianander und standen alsbald in Hellen Flammen. Angstgeschrei ertönte sofort aus den Trümmern, unter denen viele Fahrgäste begraben lagen. 2 Aerzte, welche sich in dem Zug befanden, und selbst verletzt wurden, leisteten den Verwundeten Hilfe. Der Zug nach Görlch stand gerade zum Abfahren bereit, und so waren viele Augenzeugen des Unglücks, über das Einzelheiten noch fehlen. Nach einer weitern Meldung wurden 5 Reisende getötet.
Unterhaltkn-kL.
Entdeckt.
Kriminalerzählung von G. Struder.
(Fortsetzung.)
Gäste, die hier ins Zimmer traten, machte» der ungestörten und ziemlich kordial gewordenen Unterhaltung ein Ende. Heinrich entfernte sich kurz darauf, leider ohne noch einen letzten Blick rückwärts zu werfen. Denn sonst hätte er bemerken können, wie die blühende Gertrud seiner imposanten Gestalt mit Äugen nachschaute, aus denen eine ihrem Herze» gefährliche Bewunderung hervorleuch- tetc.
Inzwischen war auch der Baron nach dem Hotel zurückgekehrt, der dem Bürgermeister erklärt hatte, daß er in Betreff der »Schuld seines Bedienten nach wie vor im tiefsten Dunkel sich befinde, daß er indessen in der scharfen Beobachtung desselben nicht Nachlassen werde, Worte, welche der Beherrscher der Stadt K. unter fortwährenden Versicherungen seines Vertrauens in die Umsicht des Herrn Barons, sowie unter ergebenen Verbeugungen anhörte. Im Hotel sprach der Letztere oben auf seinem Zimmer hastig einige Worte mit seinem Bedienten und brach dann sofort wieder auf, um nach der Wohnung des Försters Baumbach sich zu begeben.
„Ist Herr Baumbach zu Hause?" fragte er die Hauswirtin.
„Ja, der Förster ist soeben zurückgekehrt," entgegnete diese, gehe» Sie nur nach oben
und klopfen Sie an die erste Thüre rechter Hand."
Herr Banmbach schien etwas betroffen, als er den vornehmen Herrn bei sich ein- trcte» sah, faßte sich jedoch schnell und bot dem Besucher so höflich, als es dem rauhen Manne möglich war, einen Stuhl an.
Der Baron lehnte indessen dankend ab, während er anscheinend gleichgültig mit vornehm nachlässiger Miene im Zimmer umher sah und dabei bemerkte, er wolle sich nicht lange aufhalten, er sei wegen eines rein geschäftlichen Anliegens gekommen. „Ich habe stark vor," erklärte er, „das Gut Homborn zu kaufen, möchte aber vorher hören, ob Sie geneigt und in der Lage wären, dort gleichzeitig meine Waldung unter Ihre Aufsicht zu nehmen. Sowie ich den Kaufvertrag abschlicße, will ich auch mein Eigentum unter genügendem Schutze wissen und wenn ich auf Sie nicht reflrktiren kann, werde ick mir aus meiner Heimatsgegend einen zuverlässigen Beamte» kommen lassen. Daß das Amt materiell für Sie nicht ohne Vorteil wäre, habe ich wohl kaum notwendig, noch beson- dels zu versichern."
„Ihr Vorschlag kommt mir ganz unerwartet, Herr Baron," entgegnete der Förster »ach einigem Nachdenken, „indessen könnte ich auf ein Jahr die Verantwortung für diese Aufsicht wohl übernehmen, länger aber vorläufig keinesfalls."
„Das genügt mir, Herr Baumbach," war des Barons Antwort, „ich bin Ihnen außerordentlich dankbar für Ihre Bereitwilligkeit. Vielleicht, daß ich nächste Woche schon Ihre Thatigkeit in dieser Hinsicht werde in Anspruch nehme» müssen. Apropos, darf ich Sie bitten, morgen Abend im „Goldnen Stern" mein Gast zu sein? Der Herr Bürgermeister wird gleichfalls erscheinen, und, wie ich hoffe, auch die übrigen Herren, die ich gestern Abend kennen zu lernen das Vergnügen hatte. Also ich darf auf Sie zählen morgen Abend."
Nachdem Herr von Reisendm f den Förster verlassen, kehrte er nicht sofort nach seinem Hotel zurück. Es war etwa sieben Uhr, der Abend hell und klar, und langsam wandelte er über die quer durch das Städtchen ziehende Chaussee, dem Ausgange des letzteren zu. Die äußersten Häuser hatte er eben hinter sich, als eine große Mannesgestalt ans ihn zugeschritten kam. Es war Heinrich, der Bediente des Barons.
„Nun haben Sie etwas entdeckt?" frug dieser in gedämpftem Tone.
„Ja, ich habe eine Uhrkette wie diejenige, welche ich suche, au der Wand hängen gesehen, wollte dieselbe aber, um keinen Verdacht zu erregen, nicht näher in Augenschein nehmen. Wir müssen dieselbe in unser» Besitz bekomme», aber wie ist dies, ohne Gewalt zu gebrauchen, möglich? Und auch in dem Falle, daß Alles so zutrifft, wie wir es vermute», haben wir noch keinen vollständigen Beweis."
„Freilich. Indessen habe ich gleichzeitig i» Erfahrung gebracht, daß er der Eigentümer einer ganz hübschen Summe Geldes sein muß, die er sich auch nicht au seinem magern Gehalte abgespart haben wird."
„Das wäre allerdings sehr wichtig. Aber woher wissen Sie das?"
„Seine Braut hat es mir vorhin gestanden".
„Ah, die Wirtstochter. Und was denken Sie, was wir jetzt thun sollen?"
„Ruhig abwarten, wenn wir nicht Alles verderben wollen. Ich bin auf der besten
Spur und glaube, daß ich aus seiner Braut noch mehr herausbekommen werde, wenn wir nur recht vorsichtig zu Werke gehen."
„Das Mädchen dauert mich, aber was ist da Anderes zu machen?"
„Mich dauert sie ganz und gar nicht, denn sie wird sehr bald einen Eisatz für ihren jetzigen Bräutigam gefunden haben".
„Sind Sic vielleicht allwissend Heinrich?"
„Das nicht, aber mich kenne ich sehr genau und weiß daher, daß ich ernstlich um ihre Hand anhalten werde. Das Mädchen gefällt mir und an seiner Seite ein ruhiges und behagliches Dasein zu führen, den Gedanken finde ich gar nicht so übel. Mein Entschluß ist daher, nachdem diese Geschichte abgcwick.lt sei» wird, mir hier einen eigenen Herd zu gründen, an dem ich, unterstützt von einer tüchtigen Hausfrau, meinen Gästen gegen entsprechende Vergütung den trefflichen Wein kredenze."
„Sie setzen mich in das größte Erstaunen, Heinrich und zwar keineswegs in ein angenehmes, möchte Sie aber trotzdem nicht von Ihrem Vorhaben abzubringe» versuchen, da Sie jedenfalls nicht leichtsinnig zu einem solchen Schritte sich verstehen werden. Vorläufig indcß halte» Sie doch noch bei mir aus." _ (Fortsetzung folgt.)
Vermischtes.
— Ein äußerst wohlfeiles Barometer bildet nach einer neueren Beobachtung eine Taffe reinen Kaffees, in die man ein Stück Zucker gleiten läßt. Sammeln sich die auf- steigendeu Luftblasen in der Mitte der Tasse, so wird schönes Wetter cintreten. Verteilen sie sich gleichmäßig über die ganze Oberfläche, so ist veränderliches Wetter zu erwarten. Bilden dagegen die Blasen einen Ring oder ziehen sie sich auf die eine Seite, so deutet dies auf bevorstehendes Rcgemvettcr.
(Auch im Pfänderspiel.) Fräulein (beim Pfänderspiel): „Sie müssen ein Pfand geben, Herr Pumper, Ihre Uhr!" — Student (verlege») : „Die ist mir gestern bereits gepfändet worden, meine Damen, man hat sie mir aber noch nicht wieder zu- lückgegeben!"
(Scharfsichtige Farbe nbli nütz eit.) Junger Mann (nachdem er einem älteren Herrn im Wirtshause seine politischen Ansichten ausgekramt hat): „Sie müssen nämlich misten, ich bin rot!" — Herr: „So? Ich hätte Sie für grün gehalten!"
Marktberichte. ß»'Mtsi«rt, 20. Okt. (Obstpreiszettel.) Güterbahnhof. Zufuhr: 132 Waggon meist östr. Mostobst — 26 400 Ztr., Preis per Waggon 970 bis 1000 Mk. (schweiz. 880 bis 900 Mk.), pr. Ztr. 4 Mk. 90 Pfg. bis 5 Mk. 15 Pfg., (schweiz. 4 Mk. 70 Pfg. bis 4 Mk. 80 Pfg. — (Wilhelmsplatz): Zufuhr 500 Ztr. meist württemb. Mostobst. Preis 4 Mk. 80 Pfg. bis 5 Mk. 50 Pfg. pr. Ztr. (Linken 6 Mk)
Aeftgheim. Erligheim 19. Okt. (Weinpreiszettel.) Gestern mehrere Käufe schwarzes Gewächs zu 150 pr. 350 Liter rauh, gemischtes Gewächs 145 Mk. Frühgewächs (Schwarzriesling) 150 Mk. schon viel verkauft. Lese im Gang, ziemlich Vorrat.
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