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Mühl, 25. Aug. Großhändler aus, Rheinland, Norddeutschland und der Schweiz haben sich über die Zwetschgensaison in Bühl niedergelassen, um Alles aufzukaufen, was zu Markt gebracht wird. Letzthin gingen 18 oder 20 Eisenbahnwagen Frühzwetschgen nach Mainz, Köln, Berlin, Hamburg, Konstanz, Basel, Zürich. Rechnet man den Zentner zu 8 Mk., den Wagen zu 100 Zentner, so ergiebt das die respektable Summe von etwa 16 000 Mk. für Zwetschgen und das nur an einem ein­zigen Tage! Nahezu in diesem Umfange geht es aber schon seit beinahe 3 Wochen und währt noch vielleicht 14 Tage, und tat­sächlich gibt es lt.Bad. Ldsztg." noch so viele dieser Obstsorte, daß man kaum merkt, daß schon etwas verkauft ist.

Iraukfurt a. M-, 27. August. Der aus Anlaß der elektrischen Ausstellung bicher einberufene, von 328 Vertretern aus 150 deutschen Städten beschickte Städtetag wurde heute Vormittag eröffnet und vom Oberbür­germeister Adikes und vom Ausstellungsvor- stand Sonnemann begrüßt. Za Vorsitzenden wurden gewählt: (Frankfurt), Adikes Stadt­rat Marggraff (Berlin), Syndicus Leo (Hamburg), Oberbürgermeister von Hack (Stutrgart) und Bürgermeister Back (Straß­burg). Ingenieur Uppenborn aus Berlin hielt einen Vortrag über die für Städte- verwaltungen wichtigsten Ausstellungsgegen­stände, worauf ein Rundgang durch die Ausstellung erfolgte.

Zu Ehren des gestern Abend begonnen deutschen Städtetages brannten in der elek­trischen Ausstellung 800 Glühlampen, welche von Lausfcn aus durch Kraftübertra­gung gespeist waren und 7080 Pferde­kräfte repräsentieren.

Arankfurt, a. M., 28. Aug. (Deutscher Städtetag.) Der Leiter der technischen Aus­stellung, v. Miller, sprach über die ver­schiedenen Systeme der Stromverteilung zur Bcleuchlungs- nnd Kraftübertragung in den Städten. Die Elektrotechnik stehe auf so vor­geschrittener Höhe, daß der Unterschied zwischen Wechsel- und Gleichstrom vollständig geschwunden sei. Der effektive Nutzeffekt beider sei völlig gleich, da durch das gelöste Lauffener Problem bewiesen sei, daß ganze Provinzen und Länder mit der Zuleitung elek­trischer Ströme versorgt werden können. Nicht nur für bevölkerte Großstädte, sondern auch für die kleinsten Dörfer sei die Nutzan­wendung der Elektrizität für Licht und Be­triebskraft möglich! Einen Beweis liefere das Dörfchen Sontheim bei Heilbronn, welches der elektrischen Leitung nach Heilbronn vermittels des von der Lauffener Wasserkraft übermittelten Stromes angeschlossen sei.

Dresden, 26. August. Der Kaufmann C. F. Hochmut, welcher aus abgekochtem Wasser und KorinthenWein" fabriziert und diesen unter der EtiquetteGriechischer Tischwein" rcsp.Tokayer"undSpanischer Wein" in den Handel gebracht hatte, wurde wegen dieses Vergehens gegen das Nahrungs­mittelgesetz zu 3 Monaten Gefängnis verur­teilt.

Uerlin, 27. August. Bei der Rückkehr des Kaiserpaares von Merseburg am Montag geriet bei Luckenwalde der Küchenwagen durch eine glühend gewordene Achse in Brand. Die Aussetzung des Wagens verursachte eine Stunde Aufenthalt. Der Gefreite Dehn, welcher den Ulanen Seifert hier beim Schwimmunterricht ertrinken ließ, wurde vom Kriegsgericht mit sieben Wochen Ge­fängnis und Ausstoßung aus allen Militär­verhältnissen bestraft.

Aewyork, 28. Aug. Gestern Abend ist zwei Meilen östlich von Statesville auf der Nord-Karolina-Eisenbahn ein Zug der Wrstkompagnie von Nordkarolina auf einer Brücke von 80 Fuß Höhe verunglückt. Eine große Anzahl Zuainsassen sind gelötet, 30 Leichen bereits aufgefundrn worden.

Aewyork, 29- Aug. DerNewyork Herald" meldet aus Valparaiso von gestern: Die Macht Balmaccdas in Chile ist gebrochen, seine Armee nach fünfstündigem verzweifelten Kampfe definitiv vernichtet. Die Insurgenten ergriffen Besitz von Valparaiso. Die Zukunft des Landes ist damit entschieden. Balmaceda ist Flüchling ohne jedeHilfsquellen. Die gro­ßen Häfen befinden sich in den Händen der Kongreßpartei,' der zukünftige Präsident Vi- cuna soll sich an Bord eines auswärtigen Kriegsschiffes geflüchtet haben. Da die Ein­wohner des Landes in Massen der Fahne der Kongressisten sich unterstellen, dürfte binnen wenigen Tagen auch die Hauptstadt Santjago völlig in Händen der Kongreßpartei sein. Eine Regierung mit R chter Belisairo Prats oder ssnior Manuel Joss Jrrasazaval an der Spitze soll eingesetzt werden. Dann dürften die Geschäfte den normalen Gang wieder aufnehmen.

Montreal (Canada), 26. Aug. Große Scharen flüchtender russischer Juden kommen fortwährend in Montreal an. Das Hirsch- Institut ist voll zum Erdrücken. Das jüdische Hilfskomite, welches die Ankömmlinge empfängt, hat sich an die kanadische Regierung mit der Bitte gewandt, ihm Land in Manitoba zu überlassen, um 150 Familien daraus anzu- siedcln. Den Handwerkern unter den Eimvandern sucht man Arbeit in Montreal zu verschaffen.

Aeber die Stammhoh- Merei auf der Lnz und Uagold

bemerkt die König!. Württembergische Zentral­stelle für Handel und Gewerbe in den soeben herausgegebenenJahresberichten der Han­dels- und Gewerbekammern in Württemberg für das Jahr 1890."

Die Kammer in Calw hat im vor­jährigen Jahresbericht einen Erlaß des Kgl. Ministeriums des Innern, betr. die Bitte um Aufhebung der Stammholzflößerei auf der Enz und Nagold veröffentlicht. Dies habe einer Reihe von Industriellen Anlaß gegeben, gegen die für den einstweiligen Fortbestand der Flößerei geltend gemachten Gründe Ein­wendungen zu erheben, welche die Kammer in nachfolgendem wiedergiebt:Die von der Handelskammer angestcllte Berechnung des den Wasserwerksbesitzern zugehenden Schadens ist keine willkürliche Schätzung, sondern hat als Grundlage mehrjährige von den Wasser- Werksbesitzern in wasserarmer wie in wasser­reicher Zeit gemachte Beobachtungen und No­tizen. Daß der Wasserwerksbesitzer, welcher stets Personal für den Betrieb bei vollem Wasser haben muß und dasselbe bei vorüber­gehend niedrigem Wasserstand nicht entlassen kann, in wasserreicher Zeit weniger geschädigt ist, ist selbstverständlich, und ist dieser Umstand in der den Durchschnitt bildenden Schadenbe­rechnung auch berücksichtigt. Was die Flößerei auf der Enz anbelangt, so ist die Bedeutung der Exportflößerei tatsächlich sehr unbedeutend. Sie wird nur von einigen wenigen Floß­holzhändlern in Calmbach und Gompelscheuer

betrieben, deren jährlicher Gcsamtumsatz'höchstens 100 000 Mk. beträgt. Dagegen umfaßt die heutige Sägwerkindustrie des EnzthaleS einen Verbrauch von etwa 150 000 Festmetern Stammholz mit einem Vcrkaufswerte von etwa 4 Will. Mk. Eingeführt wurden von ersterer Ziffer etwa 3540000 Festm. Stamm­holz im Werte von 800 000 bis 1 000 000 M. Daß solchen Zahlen gegenüber die Annahme, die Verwertung der Holzanfälle in unmittel­barer Nähe der Erzeugungsstätte sei zur Zeit noch nicht in genügendem Umfange möglich, nicht zutrifft, bedarf keiner weiteren Erörterung. Ebensowenig stichhaltig erscheinen die betreffs der Einfuhr von Stammholz gemachten Ein­wendungen. An dieser Einfuhr sind außer 2 größeren Sägwerken in Höfen auch die größeren Sägwerkc in Calmbach wesentlich beteiligt. Wenn auch zugegeben werden muß, daß ein Teil des eingeführten Holzes aus feinerem, hochwertigerem Material und Holz­arten besteht, wie z. B. Fichten, welche im Enzthalgebiet wenig Vorkommen, so beläuft sich dieser Import doch höchstens auf 10 Proz. der gesamten Einfuhrsumme und ist damit die Behauptung nicht widerlegt, daß der Holzan­fall des Enzthals in diesem selbst mehr als genügende Verwendung finde. Der Umstand, daß auf der Enz noch eine erhebliche Binnen­flößerei stattfinde, kann als Grund für Beibe­haltung der Flößerei nicht gelten. Um die in Folge erhebl'cher Abnahme der Exportflößerei teilweise unbeschäftigten Flößer zu verwenden wird mancher Floß zu den Sägwerken ver­bracht, der sonst direkt per Achse dahin verbracht worden wäre. Auch die mitunter in sehr schlechtem Zustande sich befindenden Thalstraßen, namentlich des kleinen Enzthals, veranlassen sehr oft den Floßbezug. Man kann ruhig an­nehmen, daß ungefähr die Hälfte der Binnen­flöße aus den oben angegebenen Gründen zu Stande kommt, die zweite Hälfte wird durch diejenigen Gemeinden und Waldbesitzer ver­anlaßt, welche nur Abfuhrwcge zu Einbind­stätten besitzen, ihr Holz also nur perFloß abzu­setzen vermögen. Für die König!. Forstvcr- waltung, welche für ihre Holzabfuhr durch Weganlagen gesorgt hat, hat die Aufrechter­haltung der Flößerei kein wesentliches Interesse mehr, wie dies der Vorgang im Eyachthale erwiesen hat. Fällt das Interesse der Staats­forstverwaltung weg, so stehen den Interessen der Werkbesitzer nur noch diejenigen der Pri- vatw^vbesitzer und einiger Gemeinden gegen­über, zu deren Gunsten der Staat die Floß­straßen unterhält, wodurch die Industrie aufs empfindlichste geschädigt wird. Welche Interessen den Vorzug verdienen, dürfte un­schwer zu entscheiden sein. So lange aber die Floßstraßen unterhalten werden, werden von Seiten der Privatwaldbesitzer und der Ge­meinden die Wege nicht angelegt und so muß die Floßstraße benutzt werden, ob bei dieser Behandlungsweise Nutzen oder Schaden her­auskommt. Was die in der Eingabe der Handelskammer aufgestellte Berechnung resp- Vergleich der Langholztransportkosten per Bahn oder Flößerei betrifft, so muß solche für das Enzthal vollständig aufrecht erhalten werden. Man kann bei derartigen Berechnungen nicht von einzelnen Fällen ausgehen, sondern muß den Durchschnitt nehmen, aus dem sich zuver­lässig ergiebt, daß der Transport des Stamm­holzes im Enzgegiet per Floß nach Mannheim mindestens so viel als per Bahn kostet. Die Kosten des Fährlohns zur Einbindstätte sind in der That durchschnittlich nicht niederer als zu den Bahnhöfen.

(Schluß folgt.)