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Amts- und Auzkigc-Dlatt für Wildbad und Umgebung.

Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Samstag.

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Usrv. 82.

Dienstag, 3L. Juli 1891

27. laki'gang.

Württemberg.

Stuttgart, 18. Juli. Auf dem alten Garnison-Schießplatz an der Rotebühlstraße werden die Pionierübungen der Unteroffiziere und Mannschaften des Grenadier-Regiments Königin Olga", wie später des 7. Infan­terie-RegimentsKaiser Friedrich" vorge- uommen. Bekanntlich werden in der ganzen deutschen Armee von jeder Kompagnie der Jnfanterieregimentcr Mannschaften als Pioniere ausgebildet, um im Notfall bei der Er­bauung von Verschanzungen aller Art mit- thätig zu sein. Diese Arbeiten werden mit einer wirklich überraschenden Pünktlichkeit, Exaktheit ausgesührt, die jedem Vorüber­gehenden Freude bereiten. Man sieht dort eine prächtig ausgesührle Schanze mit Laus­und Wassergräben, Brücken rc., einen Brunnen, Traversen aller Art, Latrinenanlagen u. s. w. Während dieser Uebungen bekommt der Mann pro Tag 1 Liter Bier und eine Wurst aus Kantinemitteln extra bewilligt.

Tübingen, 17. Juli. Der Urheber der Rotlenburgcr Brandbriefe, der bisherige Eisen­bahnpraktikant 2. Klasse Hascher von Rotten­burg harte sich heute Vormittag vor der hiesi­gen Strafkammer wegen Androhung eines ge­meingefährlichen Verbrechens zu verantworten. Der Staatsanwalt beantragte 3 Monate Ge­fängnis. Das Gericht erkannte auf 3 Wochen. Der Mitangeklagte Weltin erhielt 2 Wochen Gefängniß.

Wcutlinge«, 15- Juli. Heute fand das Probeschicßen auf sämtlichen Scheiben statt und ereignete sich hiebei leider ein schweres Unglück. Gleich nach Beendigung des Schießens wurde fest gestellt, daß der auf seinem in der Nähe des Schießplatzes gelegenen Gute mit der Heu­ernte beschäftigte 60 Jahre alte Färbermeistcr Wcckler von einer Kugel schwer getroffen wurde und zwar auf eine Entfernung von etwa 1700 Meter. Die Kugel ging in die rechte Brust und durchbohrte den Körper vollständig. Der Verunglückte wurde per Wagen nach Hause geführt; ob er gerettet werden kann, läßt sich noch nicht fefistellen.

Schramberg, 16. Juli. Ein kaum 11- jähriger Knabe verübte seit einigen Wochen ganz rasfinirte Gelddiebstähle im Betrage von 4500 Mark. Am Hellen Tage schlich er sich in Kaufläden und Privalhäuser; befand sich eine Person daselbst, kaufte er eineKleinig- keit oder hatte einen Auftrag zu besorgen, andernfalls machte er sich über die Geldkasse, die er bei früheren Besuchen wohl ins Auge saßte. Auch- und Spielwaaren, Cigarren rc. fielen ihm zum Opfer; besonders reiche Beute sollen die Jahrmärkte geliefert haben. Ja selbst das Gotteshaus war ihm nicht heilig

genug, da er sogar dierOpfergelder sich an" eignete. Hat er wohl seinGeschäft" von Anfang an im Großen betrieben? Dies ist kaum anzunehmen. Daß er aber mit der Erweiterung seines Geschäftsbetriebes" auch Komplicen hatte, stand außer Frage und bereits sind schon 810 solcher geständig, von denen einer die bedeutsame Acußerung machte, man könne sie noch nicht einsperren, sie seien noch nicht 12 Jahre alt."

Tuttlingen, 17. Juli. Die Höhe des bis jetzt entdeckten Kassenrestes bei der hiesigen § Stadtpflege beträgt ungefähr 80,000 Mark; der von dem hiesigen Gemeinderat von der K. Kreisregierung in Sachen des Kassenab­mangels erbetene Untersuchungskommissär, Reg.- Rat Hölldampf von Reutlingen, hat heute seine Thätigkeit begonnen und es wird sonach bald Klarheit in die Sache kommen, welche in unserer Stadt einen gerechten Sturm vcr Entrüstung über den ungetreuen Rechner und Kontroleur hervorgerufen hat. Daß diese Entrüstungsausbrüche nicht immer im Rahmen di s Erlaubten geblieben sind, beweisen mehrere beim hies. Amtsgerichte anhängig gemachte schwere Beleidigungsklagen des Gemeinderats. Wie bekannt, können die beiden Urheber des Kassenabmangels nicht zur Rechenschaft gezogen werden, da beide mit Tod abgegangen sind. Ebenso ist aus der Verlassenschaftsmasse außer der Kaution mit 8000 Mark keine Deckung zu erwarten, da bei dem verst. Stadtpfleger sich eine bedeutende Uebcrschuldung herausge-, stellt hat.

'.Ii u nasch a u.

Karlsruhe, 17. Jul>. (Zur Fächeraus­stellung). In der Orangerie wurden bis jetzt rund 5500 Einzelneintrittskarten gelöst, während unter Einrechnung der Abonnements­karten (10 Besuche 4 Pik.) und der Dauer­karten (6 Mk.) 9000 Eintrittskarten zur Ausgabe gelangten. Ein schöner Erfolg ist auch im Verkaufe oer Fächer erzielt worden; bis jetzt sind für rund 15 000 Mk. Aus­stellungsgegenstände verkauft worden.

Die 20. Versammlung deutscher Forstmänner findet in der Zeit vom 21. bis 24. September dieses Jahres in Karls­ruhe statt.

Der vor einigen Tagen in Karlsruhe verstorbene Amtsrichter a. D. Baumgartner hat 90,000 Mark dortigen Wohlthätigkeits- anstalten vermacht. So erhalten der Frauen­verein 50,000 Mark und das Waisen- und Pfründnerhaus je 10,000 Mark.

Areiöurg. Der 13jährige Sohn des Anwalts Schilling fuhr dieser Tage auf dem Zweirad nach dem Bad Sulzburg, um einen kranken Bruder zu besuchen. Unterwegs wurde

er von einem Hunde angefallen, und um den­selben zu verscheuchen, zog er ein Terzerol aus der Tasche und zwar so rasch, daß sich das­selbe vorher entlud uno ihm die Kugel in den Unterleib drang. Schwer verletzt wurde er nach Frciburg verbracht.

München, 27. Juli. Der angekündigte Bericht der Generaldirektion über das Eggols- heimer Bahnunglück umfaßt 15 Folioseiten. Nach demselben hängt die Entgleisung des Berliner Ferien-Extrazuges mit der Geleise­veränderung zusammen. Dieselbe wurde gemäß dem überall anerkannten Verfahren durchge­führt, die Unterstopfung der Querschwellen und Granitwürfel geschehe stets erst allmählig nachdem die Tragfähigkeit der Bahnzüge mit gemäßigter Geschwindigkeit stufenweise festge­stellt sei. Betreffs der notwendig werdenden Auswechslung vereinzelnter angefüllter Bahn­schwellen oder schlechter Schienennägel bestehe bei den., bayerischen Bahnen ebenso die strengste Kontrolle der Schicnenstrecken wie im übrigen deutschen Reiche.

Der achtstündige Maximalarbeitstag bildet bekanntlich eine der hauptsächlichsten Forderungen in der sozialdemokratischen Agi­tation. Eine interessante Illustration dazu liefert die in einer Münchener Bäckerversamm­lung festgestkllte Thatsache, daß in der dortigen sozialdemokratischen Genoffenschaftsbäckcrei eine Arbeitszeit von 18 bis 19, oder, wie selbst der Geschäftsführer zugeben mußte, von min­destens 13 bis 14 Stunden üblich ist. Das ist Praxis und Theorie der Sozialdemokraten.

Kaffes, 15. Juli. Ein unangenehmer Zwischenfall hat sich, wie dasL. Tgbl." be­richtet, bei der letzten hier stattgehabten Ziehung der kurhessischen Prämienanleihe (40 Thaler-Loose) zugctragen. In die eine Urne war nämlich ein Treffer zu wenig ein­gelegt worden In Folge dessen ist die Ziehung für ungiltig erklärt worden. Der Hauptgewinn beträgt 40 000 Thaler (gleich 120 000 ^il) ohne Abzug.

In Köln wurde in der Nacht zum 13. ein Engländer im Domhotcl verbaftet, der das Bankhaus Oppenheim um 100 000 Mk. betrogen hatte.

Merlin, 14. Juli. Nach derVoss. Ztg." hat ein Eisenbahnrat im Staatsmini­sterium stattgefunden. Es sollen künftig nur steinerne Brücken gebaut werden; auch sollen die noch vorhandenen eisernen Brücken durch steinerne ersetzt worden.

Iritdrichsruh, 16. Juli. Fürst Bis­marck ist mit seiner Gemahlin heute Mittag nach Schönhausen abgercist; er begibt sich von da in einigen Tagen nach Kissingen zur ge­wohnten Badekur.