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Urs. 113.
Donnerstag, 18. Dezember 1890
26. taki'gang.
Württemberg.
— Das Befinden Se. Majestät des Königs ist in erheblicher Besserung begriffen.
tötutlgart. Der frühere Hauptmann Edmund Miller behauptet in einem seiner Schriftchen, ein preußischer General habe in Württemberg sein fünzigjähriges Dienstjubiläum gefeiert und zu diesem vom württem- bergischen Offizierskorps einen silbernen Tafelaufsatz zum Geschenk erhalten. Sofort nach seinem Tode habe die Generalin den Aufsatz verkauft. Frau Generalin von Schwarzkoppen, auf die sich die Geschichte allein beziehen kann, da v. Schwarzkoppen der einzige verheiratete General war, der sein 50jähriges Dienstjubiläum in Württemberg feierte, hat nun beim hiesigen Amtsgericht eine Beleidigungsklage gegen Edm. Miller angestrengt, da sie noch heute im Besitz jenes Silberzeuges ist.
— 15. Dez. Heute sind wieder 258 Petitionen mit 36,158 Unterschriften gegen die Aufhebung des Jesuitengesetzes von der hiesigen Sammelstelle nach Berlin abgeschickt worden. Die Gesamtzahl beträgt nun 563 Petitionen mit 68,466 Unterschriften.
— Dem „Frkf. I." schreibt man aus Slultgarl, 14. Dez.: Der Verein für das Wohl der arbeitenden Klassen, welcher vor drei Wochen das prächtige „Arbeiterheim" erstellte, gedenkt jetzt an die systematische Lösung der Wohnungsfrage für das arbeitende Volk zu gehen. Auch hier sind, wie eine Untersuchung ergeben hat, die Verhältnisse, um die es sich handelt, durchaus nicht befriedigender Natur, obschon Stuttgart mit dem Ausschluß der sog. Kellerwohnungen doch vielen andern Großstädten noch über ist. Der genannte Verein will Häuser für 1—2 Arbeiterfamilien erstellen, jedes mit einem Gärtchen versehen, und will dieselben unter solchen Bedingungen vermieten, daß die Bewohner nach einer Reihe von Jahren durch Abzahlungen Eigentümer werden. Zu diesem Zwecke bedarf der Verein vorerst 500,000 welche zu 3 pCt. verzinst werden sollen und denen der Wert der zu erbauenden Häuser als Hypothek dienen wird; außerdem haftet der Verein mit seinem ganzen, sehr beträchtlichen Vermögen für die Schuld. Unter den vielen Unterzeichneten des Aufrufs liest man unter anderem die Namen des Staatsministers Schmio, des Oberbürgermeisters Hack und des Reichstagsabgeordneten Siegle, welcher leider infolge von Ueberarbei- tungen an nervösen Congestionen gegen den Kopf leidet und in Italien Herstellung seiner Gesundheit suchen muß.
tzalw, 14. Dezbr. Gestern Vormittag brannte in Liebenzell die Papierfabrik von Gewinner total nieder. Entstehungsursache
ist bis jjetzt nicht ^bekannt; der Schaden ist ziemlich beträchtlich. Einen großen Verlust erlitt hiebei der Müller Haisch. Derselbe spannte seine Pferde an die Feuerspritze; während des raschen Fahrens kam ein Pferd zu Fall und brach den Fuß, wodurch dem Besitzer, da er nicht versichert war, ein Schaden von 800 erwuchs.
Aagold, 13. Dez. Seit Beginn dieses Monats wütet die Halsbräune unter der Kinderwelt in der Gemeinde Ueberberg in schrecklicher Weise und fordert furchtbar viel Opfer. Fast jeden Tag trägt man die Leiche eines Kindes hinaus auf den Friedhof. Einzelne Familien wurden besonders schwer heimgesucht. Jakob Seid, Bauer in Zumweiler, verlor in der vergangenen Woche von seinen 6 kräftigen Knaben 4 im Alter von ^ 2 , 3, 4 und 6 Jahren. Johann Georg Frey, Bauer von Heselbronn, verlor ebenfalls nacheinander 3 Kinder im Alter von ft?, 4 und 9 Jahren. Allen Eltern ist bang im Hinblick auf ihre Lieblinge und allen graut vor der fürchterlichen Krankheit.
ßakw, 16. Dez. Am Sonntag Abend um 11 Uhr wurde ein 40 Jahre alter Steinhauer aus einer hiesigen Bierwirtschaft auf die nur zwei Stufen tiefer liegende Straße hinausgeworfen, wobei er so unglücklich auffiel, daß ein Schädelbruch eintrat; infolge dessen ist er gestern, ohne noch zum Bewußtsein gekommen zu sein, gestorben. Der Unglückliche hinterläßt eine Frau mit 5 unversorgten Kindern.
— (Arbeiterkolonie.) Bei Backnang soll eine weitere Arbeiterkolonie für Württemberg eingerichtet werden Tübingen. (Tagesordnung der Sitzungen des Schwurgerichts vom 4. Quartal 1890) 1) Dienstag, 16. Dezember, vormittags 9*/s Uhr. Strafsache gegen den ledigen Augustin Laib, früheren Eisenbahnexpedienten in Rottweil, wegen teils erschwerter, teils einfacher Unterschlagung im Amte. 2) Am gleichen Tage, vormittags 10 '/2 Uhr. Strafsache gegen den ledigen Christian Holder, vormaligen Postpraktikanten in Tübingen, wegen erschwerter Unterschlagung im Amte. 3) Mittwoch den 13. Dez., vormittags 8 Uhr. Strafsache gegen den verheirateten Taglöhner Johannes Schmollinger von Altingen, O.-A. Herrenberg, wegen Verbrechens gegen die Sittlichkeit.
Tübingen, 10. Dez. Im hies. Bataillon dient zur Zeit ein Mann, der 5 Jahre der französischen Fremdenlegion in Algier angehört und dort auch einen Ausmarsch mitgemacht hat. Seine Erfahrungen im fremden Sold waren aber derart, daß der Mann es vorzog, in seine Heimat nach Freudenstadt zurückzu-
kchren und sich zur Ableistung seiner Militärpflicht zu melden.
Rundscha u.
In Nürnberg ist, laut M. N. N., am
12. ds. der 16^/sjährigc Lehrling Karl Metzger unter Mitnahme von ungefähr 5000 ^ flüchtig gegangen.
Werkin. Der Reichstag hat sich bis zum
13. Jan. vertagt und wird alsdann seine Thätigkeit mit der Beratung über die Anträge auf Abschaffung oder Ermäßigung der landwirtschaftlichen Zölle wieder aufnehmen. Er wird sich nach Neujahr zunächst hauptsächlich mit der 2. Etatsberatung und dem Arbeiterschutzgesetz zu beschäftigen haben. Von sonstigen größeren Vorlagen bleiben alsdann namentlich noch diejenigen über Reform der Zuckersteuer, üNr Aenderung des Kranken- versicherungs- und des Patentgesetzes, über den Schutz von Gebrauchsmustern zu erledigen. Es erscheint nicht unmöglich, mit diesen Arbeiten vor Ostern, also etwa bis 20. März fertig zu werden.
Wien, 13. Dez. Prof. Schrötter kon- statirte in der Gesellschaft der Aerzte, er habe bei vorsichtiger Behandlung mit Koch'scher Lymphe in 20 Fällen keinerlei Schaden, aber immer eine Gewichtsabnahme konstatiert. Der Einfluß des Mittels auf Tuberkulose sei zweifellos. In der Klinik Nothnagels starb trotz Behandlung mit Koch-Lymphe ein Kranker.
Waris, 14. Dez. 150 Sträflinge waren kürzlich aus Guyana ausgebrochen und in die Wälder entflohen. Es scheint aber, daß dieselben größtenteils umgekommen sind, da man zahlreiche Leichen im Walde gefunden hat.
Aus Wom wird der Nat.-Z. berichtet: Im Vatikan herrscht die größte Besorgnis. Die außerordentliche Kälte dieser Tage hat der Gesundheit des Papstes so geschadet, daß der Leibarzt Ceccerelli erklärte, man müsse sich auf das Schlimmste vorbereiten.
Zlew-Work, 16. Dez. Die eingeborene Indianer-Polizei versuchte gestern Sitting Bull, den berühmten Jndianerführcr, zu verhaften. Sein Gefolge widersetzte sich; in dem nun folgenden Kampfe wurde Sitting Bull, dessen Sohn und 8 Indianer getötet, 7 Schutzmänner fielen. Mit Gatlingkanonen herbeigeeilte weiße Truppen warfen schließlich nach heftigem Kampfe die Indianer zurück und zerstreuten dieselben vollständig. Der Tod Sitting Bulls dürfte dem Aufstand den Hauptrückhalt genommen haben.
Zlew-Work, 14 Dez. In Fort Smith, Arkansas ermordete ein Mann Namens Charles Joplin seine Geliebte, deren Eltern und noch 2 Personen. Darauf entleibte er sich selbst.