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Kakifar (Neu-Schottland), 4. Dezember. Mährend eines heftigen Sturmes, welcher am Montag und Dienstag an der Küste wütete, sind 40 Schiffe, zumeist Schoner aus den Seeprovinzen St. Piere und Miquelon, untergegangen und 12 Personen umgekommen Auch auf dem Lande hat der Sturm großen Schaden verursacht: zahlreiche Brücken sind weggerissen worden, auch ist der Eisenbahnverkehr mehrfach unterbrochen.
Lokales.
Wildbad, 8. Dez. Die Einwohnerzahl in hiesiger Stadt beträgt nach der letzte Woche stattgehabten Volkszählung 3444 Personen, 1621 männl. und 1823 weibl. Vorübergehend abwesend sind 64. Im Jahre 1885 betrug die Gesamtzahl 3514, wovon 1631 männl., 1883 weibl., vorübergehend abwesend waren 35 Personen. Somit hat unsere Stadtum41 Personen abgenommen.
Tnkchsltrndks.
Die Tochter der Verstoßenen
Von C. Marold.
(Nachdruck verbot). s6s (Fortsetzung.)
An der Treppe traf sie Eberhard. Er reichte der Kousine die Hand. „Gut geschlafen, Gertrud?" fragte er, „Sie scheinen ein Kleiner Frühauf zu sein und.werden Papa durch eignen Morgcnbesuch gewiß sehr glücklich gemacht haben."
^ Gertrud ließ die Arme langsam herab- smken; ihre Augen hafteten finster auf dem Antlitze des Vetters, und ein stolzer Zug umgab den reizenden Mund. Ohne ihn einer Antwort zu würdigen, wollte sie an ihm worüber; Eberhard trat ihr schnell entgegen: „Habe ich Sie beleidigt, Kousine?" fragte er ^ernst und dringend.
„Mich?" erwiderte in feindseligem Tone Gertrud, „wie wäre das denkbar? Die Tochter eines —"
Sie konnte nicht weiter sprechen; die Kränkung war zu tief empfunden, als daß sie sich schon wiederholen ließ; aber Eberhard hatte sie verstanden. „Verzeihung," sagte er bittend; „ich weiß. Sie haben jene unglückseligen Worte gehört, die ich zu Hochheim sprach, nicht ahnend, daß Sie uns so nahe waren. Ich kann sie nicht ungesagt machen, ich kann Sie nur bitten, verzeihen Sie mir."
„Nimmermehr!" entgcgnete Gertrud herb. „Ihr hartes Wort sagre mir bei meiner Ankunft ebenso wie die spätere Begrüßung Ihrer Mutter, was ich in Ihrer Familie erwarten darf. So' hören Sie auch meine Worte: Ihr Vater, der die Güte und Liebe selbst ist, steht in meinem Herzen sehr hoch, und nie werde ich vergessen, wie sehr meine Mutter ihn einst geliebt hat. Um seinetwillen ertrage ich Ihre Behandlung, und schweige, wenn bei Gott, Eberhard Dalburg, wenn ich reden wollte, so würde Ihnen und Ihren hochgeborenen Verwandten ein Licht über ehrenhafte und unehrenhafte Leute aufgchen."
Sie ging, den jungen Mann in Verwunderung über ihre ihm unverständlichen Worte zurücklassend. Allmählich kam ihm seine gute Laune wieder. „Wie böse sie Kleine ist," dachte er, „und wie reizend sie aussah! Eine Vogelscheuche ist sie, weiß Gott, nicht!" Und die Melodie ,eines bekannten Volksliedes vor sich hinsummend, begab er sich in das Komtor hinunter
5.
Wohl seh'ich Spott, der deinen Mund umschwebt. Und seh' Dein Auge blitzen trotziglich.
Und seh' den Stolz, der Deinen Busen hebt, Und elend bis du doch, elend wie ich.
Heine.
Die prächtigen Räume des Dalburg'schen Hauses waren festlich erleuchtet uud eine kleine Zahl der nächsten Bekannten hatten sich versammelt. Mancher teilnehmende oder neugierige Blick traf Gerdrud, deren zartes Gesicht, von ihren schönen blonden Haaren umgeben, sich förmlich leuchtend von dem dunkeln Fenster- vorhange abhob. Sie sah gleichgültig auf ^die sie umgebenden munteren Gruppen, und nur zuweilen verrieten ihre Augen ein lebhafteres Interesse, wenn ein fröhliches Wort Astas, die sich mit Harder unterhielt, bis zu ihr tönte. Da näherte sich Eberhard. „So allein, Kousine?" fragte er freundlich, „wollen Sie sich nicht in unfern Kreis setzen?"
Sie sah ihn verwundert an. „Es ist sehr gütig von Ihnen, Vetter, daß Sie sich meinetwegen bemühen," sagte sie abweisend; „aber lassen Sie mich lieber hier, ich sehe gerne Ihrem Vergnügen zu."
„Es thut mir leid, Gertrud, daß Sie sich so von uns zurückziehen, und daß noch immer kein Schein von Frohsinn und Farbe Ihre blassen Wangen färben will. Ich kann nicht von Herzen froh sein, wenn ich Sie so traurig sehe."
„Ich bedaure. Ihnen durch meinen Anblick Unbehagen zu verursachen," gab Gertrud kalt zur Antwort; „ich will versuchen, mich zu ändern, soweit es in meinen Kräften steht, damit die Last meines Besuches nicht allzu hart von Ihnen empfunden werde."
„Wie ist es Ihnen nur möglich, meinen teilnehmenden Worten eine solche Auffassung zu geben?"
Die blauen Augen sahen düster zu ihm auf. „Ich fasse alles so auf, wie es gemeint ist/' sagte sie bitter, „und bei Ihnen darf ich ja darüber am wenigsten im Zweifel sein."
Ein Helles Rot überflog Eberhards Gesicht. „Haben Sie noch nicht empfunden, Gertrud," sagte er innig, „wie aufrichtig mein Herz wünscht. Ihnen das Leben leichter zu gestalten, als es bisher für sie gewesen ist? Sehen Sie denn nicht, wie es immer und überall mein Bestreben ist, Ihnen den Aufenthalt bei uns angenehm zu machen?"
„Ich weiß, daß Sie ein guter Sohn sind und schon aus Rücksicht für Ihren Vater die Gäste des Hauses stets mit Höflichkeit behandelt werden," war die Antwort des jungen Mädchens. „Sie sehen, ich bin mir vollständig klar über die Beweggründe Ihrer Handlungsweise, und Sie dürfen nicht fürchten, daß ich Ihre Liebenswürdigkeit falsch auffassen könnte."
Verletzt trat Eberhard zurück. Da kam Hochheim auf ihn zu. Er hatte sein Glas fest in das rechte Auge gedrückt und sah hochmütig auf die schlanke Mädchengestalt vor ihm. „Verzeihung, mein gnädiges Fräulein, wenn ich störe," sagte er nachlässig, „ineine Tante wünscht Eberhard zu sprechen." Damit schob er seinen Arm in den des Veters und zog diesen mit sich fort.
„Die Kousine ist nicht übel, mein Freund", flüsterte er im Weitergehen; „schade, daß sie so eine bedenkliche Vorgeschichte hat. Indessen thut das ihrer Schönheit ja keinen Abbruch und macht das Amüsement mit ihr desto pikanter."
„Du sprichst von dem Gaste unseres Hauses, Benno," gab Eberhard scharf zurück, „ich bitte Dich, das nicht zu vergessen."
Hochheim sah ihn verwundert an. Allein er sagte nichts, nur ein vielsagendes Lächeln spielte um seine Lippen.
Sinnend sah Gertrud Eberhard nach. Sie hatte nicht bemerkt, wie die junge Welt sich erhoben hatte und sich nach dem anderen Zimmer wandte. Nun fühlte sie sich umfaßt, und Astas heiße Wange schmiegte sich an die ihre. „Gertrud," flüsterte sie ihr zu, „Du stehst hier so traurig, und ich bin so froh."
Sie sah ihr glücklich in die Augen, die voll herzlicher Liebe auf ihr ruhten. „Komm' mit, liebe Gertrud", bat sie, „Papa wünscht, daß wir singen sollen, und wir müssen doch unserem lieben Lehrer Ehre machen. O, wenn Du wüßtest, wie jedes seiner Worte so sym- patisch in meinem Herzen wiederklingt, wie ich glücklich bin, wenn er sich mit mir unterhält.
„Ich weiß es, meine liebe Asta, und freue mich mit Dir darüber. Harder besitzt auch meine volle Achtung und Zuneigung. Ein treuer Freund ist ein großes Glück. Was sagt aber wohl Graf Hochheim zu dieser Be» vorzugung Harders?" fügte sie neckend bei.
„O Gertrud, wie kannst Du die Beiden miteinander vergleichen? Komm', komm', Du siehst, Papa winkt schon. Welches Lied wirst Du singen, Liebe?"
Arm in Arm gingen sie in das anstoßende Zimmer. Harder blätterte in den auf dem Flügel liegenden Noienheft und die musikliebenden älteren Herrschaften, darunter Herr und Frau Dalburg, suchten sich einem zum Zuhöreen günstigen Platz.
Asta sang zuerst. Ihre Helle, schöne Stimme klang so rein, ihr ganzes Herz tönte jubelnd in dem von ihr gewählten Liede. „Wie ist doch die Welt so schön," so daß die Zuhörer entzückt waren und sich an Lobeserhebungen überboten. Dann folgten mehrere kleinere Vorträge anderer junger Damen.
„Singen Sie auch, Fräulein Hermes?" fragte, eine freundliche Dame Gertrud, die aufmerksam dem Gesänge lauschte.
Gertrud bejahte.
„O dann, bitte, wollen Sie uns nicht auch etwas Vorsingen?"
Dalburg hatte die Frage gehört. „Nun kommt die Reihe an Dich; Du weißt mein Kind, sagte er scherzend, „daß man das Beste stets bis zuletzt aufbewahrt."
(Fortsetzung folgt.)
Vermischtes.
— Pfarrer Kneipp veröffentlicht aus Anlaß einer Besprechung von Angriffen der „Wör. Bl." gegen Kochs Heilverfahren, welche Herr Viereck auch m seinem Vortrage erwähnte, folgende Erklärung: „Die „Wörishofer Blätter", redigirt von L. Viereck, sind weder mein Organ, noch stehen sie in irgendwelcher Beziehung zu mir und meinem Heilverfahren. Ich habe weder eine Zeile dieses Blattes gelesen, noch für dasselbe geschrieben. Bin überhaupt der Ueberzeu.;ung, daß meine Methode sich halten wird, falls sie gut ist; soll dieses nicht der Fall sein, so wünsche ich daß dieselbe fallen möge. Wörishofen, den 26. November 1890. Seb. Kneipp, Pfr." Diese offene Erklärung macht dem Hrn. Pfarrer alle Ehre!
— Ein Wett-Schlittschuh laufen um die Meisterschaft von Europa wird am 23. und 24. Januar, wenn die Witterung günstig ist, in Hamburg stattsinden, und zwar auf Veranlassung des Deutschen und Oester- reichischen Eislaufverbandes. Die Meisterschaft von Europa ist für Schnell- und Kunstlauf ausgeschrieben.
In Mühlhausen hatte einBäcker das I Mißgeschick, daß ihm beim Zerlegen einer ge-