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Amts- und AllZkige-Dlatt für Wildbad und Umgebung.
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Uro. SS.
Samstag, 13. Wovemberr 1890
26 . tskigang.
Wochen - Run-schau.
Wildbad, 14. November.
Der Entwurf einer Verwaltungsresorm ist von der württ. Kammer der Abgeordneten nunmehr auch in ziveiter Lesung durchberaten und in allen wichtigen Punkten nach der Regierungsvorlage mit großer Mehrheit angenommen worden, während umg kehrt die Anträge des Abgeordneten Haußmann mit allen gegen zwei oder gelegentlich 3 Stimmen, abgelehnt wurden. Nur in einem Punkt ist die Kommission wesentlich von dem Negierungsentwurf abgewichen, indem sie die Beiziehung von Höchstbesteuerten in circa 90 Gemeinden des Landes zu den Sitzungen des Gemeinderats bei der Feststellung des Gemeindeetats gestrichen hat. lieber diese Frage wird jedoch das Kammerplenum noch zu entscheiden haben. Die leitenden Gesichtspunkte für den Dizipli- nargerichtshof bei dem Strafverfahren gegen Gemeinde- und Körperschaftsbeamte sind von der Kommission aus den Motiven des Entwurfs in den Wortlaut des Gesetzes selbst herübergenommen morden, was eigentlich nur eine Formsache ist, denn schon bisher wurde das Recht der Gemeindekollegien, gegen ihren Ortsvorsteher eine Disziplinaruntersuchung zu beantragen, durch die Gerichts- bezw. Verwaltungspraxis thatsächlich nicht bestritten, wie ein in Heilbronn vorgekommener Fall beweist. — Der Abgeordnete für Maulbronn, Direktor vr. Schall, hat sein Abgeordnetenmandat niedergelegt, weil seine Berufung zu der Führung der Präsidialgeschäfte der Eisenbahndirektion, welcher bald auch seine Ernennung zum Präsidenten selbst folgen dürfte, seine Arbeitskraft ausschließlich in Anspruch nimmt. Die Ersatzwahl eines Abgeordneten für den Bezirk Maulbronn dürfte binnen kurzem ongeordnet werden. — Durch seine auf Ansuchen wegen hohen Alters erfolgte Pensionierung ist Prälat von Lang aus der Kammer der Abgeordneten ausgeschieden. Der betagte Prälat von Georgii in Tübingen hat gleichfalls um seine Pensionierung nachgesucht. Demgemäß werden auch zwei neue Prälaten in die Kammer eintreten. — Die Sammlung freiwilliger Gaben für die im heurigen Jahrgang vom Hagel Beschädigten hat bisher ein im Verhältnis zu dem heurigen Erntesegen sehr ungünstiges Resultat gehabt, weshalb neuerdings ein Aufruf zur rmterstützung der um ihren Erntesegen gebraten armen Mitbürger ergangen ist. Der Winter steht vor der Thüre; die Hagelbeschädigten befinden sich in einer trostlosen Lage; deßhalb sollte sich jeder des Wortes unseres Heilandes erinnern: „Was ihr dein Geringsten unter meinen Brüdern gethan, das
habt ihr mir gethan." — Der preußische Landtag ist am Mittwoch mit einer Thronrede eröffnet worden, welche nicht nur von den Abgeordneten aller Parteien, sondern auch von der gesamten Presse wie von der Börse sehr beifällig ausgenommen wurde. Außerhalb Preußens 'nteressiert vor allem der Schlußsatz der Thronrede, welcher versichert, daß die Beziehungen Deutschlands zu allen Mächten schon bisher freundlich gewesen seien, sich aber im Laufe dieses Jahres noch mehr gebessert und befestigt hätten, daß also die fernere Erhaltung des Friedens mit Vertrauen zu erwarten sei. Damit ist der Staatskunst des neuen Reichskanzlers nicht etwa blos von dem Kaiser, sondern von ganz Europa ein recht günstiges Zeugnis ausgestellt, weil der Kaiser eine Besserung unserer Beziehungen zu dem Ausland nicht konstatieren könnte, wenn dies nicht ven Thatsachen entspräche. Die angekündigten inneren Gesetzesvorlagen dürften übrigens auch über Preußen hinaus Bedeutung erlangen, denn die angekündigten Reformen der direkten Steuern, welche nicht etwa einen höheren Steuertrag, sondern eine gerechtere Verteilung der Steuern bezweckt, dürften da und dort Nachahmung finden, freilich kaum in Württemberg, weil wir z. B. die Selbsteinschätzung, eine besondere Gewerbesteuer und eine ausgiebige gerechte Erbschaftssteuer schon haben. In dieser Beziehung hat Preußen etwas von uns gelernt. — Großes Aufsehen erregt in ganz Deutschland die Genehmigung des Entlassungsgesuches des Hofpredigers Stöcker durch den Kaiser. Wie allseitig versichert wird, hat sich der Großherzog von Baden über die vor einigen Wochen in mehreren badischen Städten gehaltenen Reden Stöckers beschwert und dies soll den Anlaß zu Stöckers Sturz gegeben haben. Der Kaiser, welcher ersichtlich bemüht ist, in jeder Richtung über den Parteien zu stehen, konnte kaum anders handeln, als er gethan. Stöcker ist nun eininal nicht der Mann, seinein Amte zulieb auf seine politische Thätigkeit, bei welcher er große Erfolge erzielt hat, zu verzichten. Er ist reich und kinderlos und hat seit seiner Entlassung schon mehrmals vor großen Volksversammlungen in Berlin unter dem Jubel seiner Zuhörer gesprochen. Seine zahlreichen Gegner, welche über seine Entlassung ein Jubelgeschrei anstimmen, dürften deshalb arger Enttäuschungen gewärtig sein; denn Stöcker braucht jetzt keine Rücksichten mehr auf sein Hofpredigeramt zu nehmen. — Johann Orth, vormals Erzherzog von Oesterreich, ein Sohn des verstorbenen Großherzogs von Toskana, ist mit seinem Schiff Margaretha verschollen und liegt mit diesem und seiner Mannschaft wahrscheinlich auf dem Meeres
grund an der Südspitze von Südamerika. Er war ein äußerst unruhiger Kopf, der sich vor allem nicht an Ordnung und Gehorsam gewöhnen wollte, umsomehr aber bestrebt war, Aufsehen zu erregen und von sich überall reden zu machen. Als junges Bürschchen schrieb er schon eine militärische Broschüre, worin er den ihm verhaßten Preußen beweisen wollte, daß sie von der Artillerie eigentlich nichts verstehen. Gleichwohl rückte er aber im österreichischen Heere in immer höhere Kommandostellen auf, machte sich aber schließlich durch allerlei Ungehorsam so bemerklich, daß ihin von höchster Seite der Kopf tüchtig gewaschen wurde. Aus Wut hierüber verzichtete er auf alle Titel und Würden und fuhr mit seinem eigenen Schiff als Handelskapitän in die weite Welt. — In Frankreich treibt der Boulangerskandal immer neue Blüten. Bekanntlich sind Boulanger mehrere Anhänger abgefallen und nun regnet es von den Getreuen und den Abgefallenen hinüber und herüber Vorwürfe, wobei ganz nette Geschichten aufkommen. So soll der von Boulanger abgefallene Deputirte Laguerre von Boulanger seiner Zeit 800,000 Fr. erhalten haben. Die französischen Deputaten leisten aber alle miteinander ihre schätzbaren Dienste nicht um billiges Geld. Der Wert des modernen Republikanismus besteht ja doch nur darin, daß die einzelnen Wortführer und Deputaten sich möglichst rasch bereichern, gehören sie nun einer Partei an, welcher sie wollen. — Den Engländern hat Stanley einen bösen Streich gespielt, indem er öffentlich erklärte, die Engländer unter Major Barttelott hätten in Afrika unmenschliche Grausamkeiten gegen die Neger verübt, ja sogar die Neger ihres Gefolges veranlaßt, eine eigens gekaufte zwölfjährige Sklavin zu schlachten und zu verspeisen ! Barttelott sei deshalb mit Recht getötet worden. Stanley will diese Behauptungen vor Gericht beweisen. Engländer als Förderer des Kanibalismus blosgestellt, das stimmt auffallend zu der sittlichen Entrüstung der edlen Söhne Albions über die bekanntlich unwahre Nachricht von der Gestattung des Sklavenhandels in Bagamojo durch deutsche Beamte. — Die Wahlbewegung in Italien scheint für den Ministerpräsideten Crispi einen sehr günstigen Verlauf zu nehmen. Crispi rechnet jetzt schon auf eine Mehrheit von 200 Stimmen im künftigen Parlament. — Die nordamerikanischen Schutzzöllner haben bei den letzten Repräsentantenwahlen eine furchtbare Niederlage erlitten. Sogar Mac Kinley wurde nicht mehr gewählt. Nunmehr bricht das ganze Kartenhaus der Berricherungs- sucht der republikanischen Partei jäh zusammen. Der künstlich hinaufgeschraubte Silberpreis ist