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Urs. SS.
Donnerstag, 13. Wovernber 1890
26 . talii'gang.
Württemberg.
Stuttgart, 10. Nov. Heute fand bei Ihren Majestäten im Spiegelsaul des König!. Residenzschlosses größere Tafel statt, zu welcher die Herren Staatsminister eingeladen waren.
Stuttgart, 10. Novbr. Im Laufe des heutigen Tages rückte eine größere Anzahl Reservisten zur zehntägigen Uebung behufs Ausbildung mit dem neuen Gewehr ein. Eine entsprechende Anzahl Mannschaften der hiesigen Jnfanteriebataillone mußte behufs Unterbringung dieser Leute in den Kasernen heute in der Stadt einquarliert werden.
Kakw, 10. Nov. Als Beweis, daß Ehrlichkeit noch nicht aus der Welt entschwunden ist, mag dienen, daß vor einigen Tagen eine hiesige Frau vor dem Stadtschultheißenamt erschien und 2 Obligationen im Werte von je 1000 überbrachte mit dem Bemerken, sie habe ein altes Kleidungsstück erhalten und in diesem eingenäht die Wertpapiere gefunden. Da das Geld nicht ihr Eigentum sei, wolle sie es hiemit zur Ermittlung des Eigentümers übergeben. Dieser wurde denn auch gefunden und wird der Betrag den Erben der einstigen Besitzerin des Kleidungsstückes zuteil.
Aagold, 9. Novbr. In den hiesigen Lehrerbildungsanstalten ist die Influenza ausgebrochen. Im Seminar erkrankten innerhalb der letzten Woche von 100 Zöglingen 33. Die Prüparanden-Anstalt zählte heute 28 Kranke, etwa die Hälfte der Zöglinge. Um einer weiteren Ausbreitung der Krankheit vorzubeugen, wurden sämtliche Zöglinge auf 14 Tage entlassen.
Jeuerbach, 9. Nov. Gestern früh kurz nach 7 Uhr verunglückten in der Siegle'schen Farbenfabrik mehrere Arbeiter. Dieselben waren am Dampfkessel mit einer Ausbesserung beschäftigt, wobei auf bis jetzt unaufgeklärte Weise Dampf und kochendes Wasser ausströmte, wodurch ein Arbeiter lebensgefährlich, zwei anvere stark verbrüht wurden.
— Ueber das Weingeschäft in Württemberg berichtet die „Heilbr. Ztg.": Von allen Seiten kommen üble Nachrichten über den Gang des Herbstgeschäftes. Die Weinverkäufe geraten in's Stocken; der Mangel an Käufern wird von Tag zu Tag größer. Die Wirte insbesondere wollen nicht „ziehen"! Die Folge ist ein Sinken der Preise. Es sind uns Weinorte bekannt, worin der Eimer (3 Hektoliter) weißen Gewächses von nicht übler Qualität zu 55 und 58 Mark abgegeben werden mußte. Der treibende Grund zu solchen Verkäufen, wobei der Produzent nicht einmal auf die Gestehungskosten kommt, ist der große Mangel an barem Geld. Diese Zahlen, 55 Mark per 3 Hektl., erscheinen um
so bedenklicher, als noch vor 14 Tagen der Obstmost per 3 Hektolirer auf 65—70 Mark zu stehen kam. Und doch zeichnet sich der Heurige durch großen Zuckergehalt aus.
— Der Verein für Arbeiterkolonien in Württemberg gedenkt eine weitere Kolonie zu gründen, leider ist es ihm noch nicht gelungen, ein gut geeignetes Anwesen zum Verkauf zu finden. Im Geschäftsjahr 1889/90 war der Dornahof, die bis jetzt einzige Kolonie in unserem Lande, von 440 Mann, seit Eröffnung der Anstalt (Nov. 1883) von 2441 Mann besucht. Der Durchschnittsaufenthalt eines Kolonisten beträgt 54 Tage. Immer mehr bewährt sich das Unternehmen als ein ersprießliches und segensreiches.
Rundschau.
Mrötzingen, 10. Nov. Die Dienstmagd des hiesigen Bärenwirts ist verhaftet worden. Sie steht im Verdacht, vor kurzem die Scheuer desselben in Brand gesteckt zu haben.
Lahr, 10. Nov. Nach Mitternacht brach in der Cigarrenfabrik des Hrn. Hugo bei Friesenheim ein Brand, aus, der so rasend rasch um sich griff, daß die Bewohner sich kaum retten konnten; unangekleidet mußten sie auf Leitern aus den Fenstern des 2. Stockes das Haus verlassen. Sämtliche Fahrnisse und! Waarenvorräte des Eigentümers verbrannten; außerdem wurden einige tausend Zentner Tabak, welche im Transit lagerten, ein Raub der Flammen. Der Schaden an Gebäulichkeiten und Waren dürfte 250 000 bis 300 000 Mark betragen.
Hffenburg, 10. Nov. Zu der öffentlich ausgeschriebenen Stelle eines Bürgermeister der Stadt hat sich — kein Bewerber gemeldet, obgleich der Posteu mit 5000 Mark, nebst freier Wohnung dotiert ist.
Keidelöerg. Wie die „H. Z." zuverlässig vernimmt, ist beabsichtigt, hier ein Cre- matorium behufs fakultativer Feuerbestattung zu errichten und sind aus privaten Kreisen die zur Ausführung des Vorhabens erforderlichen Mittel in sehr erheblichen Betrage zur Verfügung gestellt worden.
Keidelöerg. In der Zeit vom 1. Jan. bis 31. Okt. haben die inneren Räumlichkeiten der Heidelberger Schloßruine einschließlich des großen Fasses 89 967, das letztere allein 50 405, zusammen 140 372 Personen besucht, die höchste Zahl, die bis jetzt erreicht wurde.
Augsburg, 8. Nov. Gestern nachmittag wurde hier auf dem protestantischen Gottesacker eine 60jährige Frau aus Memmingen beerdigt, die an einem Herzschlage gestorben war aus freudiger Erregung darüber, daß sie durch eine gelungene Operation in der Hofrat
Dr. Schauber'schen Augenheilanstalt das Augenlicht wieder gewonnen hatte.
Kassel, 10. Novbr. Die Zündholzfabrik von Stahl L Nölke wurde heute Nacht samt großen Vorräten eingeäschert. Man nimmt Selbstentzündung an.
Merlin, 10. Nov. Zwischen Crispi und Caprivi ist wesentlich auch die Handelspolitik erörtert worden; gegenseitige Zollerleichterungen wurden in Aussicht gestellt.-
— Die „Nordd. Allg. Ztg." bestätigt, daß Herr Hof- und Domprediger Stöcker den Kaiser um Entlassung aus dem Amte gebeten und dieselbe erhalten habe. Herr Stöcker hat wohl empfunden, daß sein Rücktritt vom Kaiser schon seit geraumer Zeit gewünscht wurde, denn das Kaiserpaar besuchte keine feiner Predigten mehr.
—- Feldmärschall Graf Moltke empfing zu seinem 90.. Geburtsfeste 2605 Telegramme mit 92 054 Worten. Die Glückwunschbriefe betragen annähernd 4000, dann 96 Einschreibbriefe und 129 Packetsendungen.
Aus Maris, 8. Novbr., meldet man der „Frankfurter Ztg.": Heute Vormittag nach Ankunft des Zuges aus Barcelona entstiegen einer ausgeladenen Kiste eine junge Spanierin und ein junger Maure; dieselben waren 5 Tage in der Kiste von Barcelona hiehergereist.
Wom, 10. Nov. Die offiziöse Riforma sagt: Die Freundschaft Deutschlands und Italiens habe durch den Besuch des Reichskanzlers von Caprivi neue Bestätigung erhalten. Herr v. Caprivi habe sicherlich die Ueberzeug- ung von der Aufrichtigkeit und Zuneigung Italiens mitgenommen und in Italien die angenehmsten Erinnerungen zurückgelassen.
Aus Spanien, 9. Nov. In den Gebirgen von Alicanie, Almansa und Leon, sowie in den baskischen Bergen ist viel Schnee gefallen.
London. Stanley hat einem Newyorker Vertreter der „Times" eine 3^/s Spalten lange Anklage gegen Barttelot, Jameson und die Offiziere seiner ehemaligen Nachhut diktiert. Barttelot sei teuflisch grausam gewesen und habe mit Jameson eine besondere Unternehmung nach Ungoro über Udschidschi geplant und Tippu-Tip als Begleiter anwerben wollen. Ferner habe Barttelot Stanley einen Giftmischer genannt, der die Nachhut ihrem Schicksal überlassen wollte. Schlimmer noch lauten die Anklagen gegen Jameson. Um sich persönlich von dem Bestehen des Kannibalismus zu überzeugen, habe Jameson durch TippuTip für l2 Taschentücher eine junge Sklavin kaufen und den Kannibalen übergeben lassen; dieselben hätten sie gebunden, mit einem Stich ins Herz getötet and dann verzehrt, während