Amts- und Auzkige-Dlatt für Wildbad und Umgebung.

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Uro. 32

Sainstag, 10. Wcii 1890

26 . laiu-gang.

Württemberg.

Ludwigsburg, 8. Mai. Seine Hoheit Prinz Wilhelm fuhr heute früh zu Wagen nach Stuttgart und nahm daselbst an der Sitzung der Kammer der Standesherren teil. Im Laufe des Nachmittags kehrte Seine Königl. Hoh. auf demselben Wege hieher zurück.

Mlingen, 7. Mai. Die bürgerl. Kolle­gien beschlossen heute, an der Stelle der höl­zernen Kapelle auf dem Ebershaldenfriedhof noch im Laufe des Sommers ein Leichenhaus mit Kapelle darüber in der Form eines Okto­gons aus lichtem Backstein Herstellen zu lassen. Voranschlag ist 20 000 ^

Neuenbürg, 7. Mai. Eine schreckliche Kunde durcheilt seit heute früh unsere Gegend; es seien zwei Bauersleute von Neuweiler von zwei Calmbacher Metzgern erstochen worden. Leider findet diese Hiobspost ihre volle Be­stätigung. Einem Privatbrief an einen hiesi­gen Verwandten entnehmen wir folgende zu­verlässige Darstellung des Sachverhalts. Auf dem Rückweg von Altenstaig (vom Viehmarkt) trafen oberhalb der Bernecker Steige (zwischen Berneck und Gaugenwald, bezw. Neuweiler) David Lörcher von Neuweiler und Lorenz Lörcher von Breitenberg, zwei Brüder, mit den Metzgern Gottlieb Frank und Karl Seyfried von Calmbach, welche ein Stück Vieh heim­wärts trieben, zusammen und geriten in Wort­wechsel mit einander, der heftig geworden sein muß, denn Frank griff zum Messer und stach

kenbruchartigem Regen, durch welchen erhebst-, cher Schaden angerichtet wurde. ^

KÜNseksau, 8. Mai. Soeben, kurz nach 11 Uhr Vorm., gelangte die Nachricht hieher, daß die Kammer der Standesherren einstim­mig die Bahn Waldenburg-Künzelsau als nor- malspurige Bahn genehmigt habe. Bald wurde allgemein beflaggt.

Neckargartach, 5 Mai. DieMaikäfer haben sich massenhaft hier eingestellt. Gestern abend in der Dämmerung wurden die Spazier­gänger von denselben so umschwirrt, daß man meinen konnte, in einem schwärmenden Bienen­volk sich zu bewegen. Kleinere Bäume beugen ihre Aestchen und Zweige unter der Last.

Rundschau

In Karlsruhe wird über Pfingsten das fünfte badische Sängerbundesfest abgehalten. Dasselbe wird auch von Württemberg stark besucht werden. Die Zahl der bis jetzt ange­meldeten Sänger beträgt schon mehr als 4700.

In Würzkurg hat sich am 6. Mai aus dem Exerzierplätze ein großes Unglück ereignet. Beim Gespannexerciren der zweiten fahrenden Batterie stürzte ein Geschütz so unglücklich, daß 3 Fahrkanoniere schwer verletzt wurden. Auf dem Transport ins Militärspital verschied be­reits der eine derselben, während für das Leben eines zweiten ernstlich gefürchtet wird.

Aus Jürth 7. Mai wird denM. N. N." gemeldet: Das weitläufige Fabriketablissement mup, oenn xznanr gr> ,.uu,jvon Ammersdörfer und Haas (Spiegel- und

auf die rc. Lörcher zu, so daß beide alsbald Rahmenfabrik) steh! in Brand und ist wahr­tot zusammenbrachen. Da in Folge des Vieh-1 scheinlich ganz verloren. Zwei Feuerwehrleute

0", -...v. -

Marktes der Verkehr auf dieser Strecke lebhaft war, gelangte die Nachricht bald nach Neu­weiler, wo Seyfried mit seinem Stück Vieh abgefaßt wurde, während sich der Thäter Frank, wie es scheint, auf einem Umweg der Sache entziehen wollte. Er wurde aber von Bürgern aus Neuweiler auf freiem Felde eingefangen, worauf die Verhaftung beider und die Ein­lieferung an das zuständige Amtsgericht Nagold erfolgte. Frank selbst soll einige Wunden am Kopf gehabt haben. Es wird weiter erzählt, daß die rc. Lörcher mit den beiden Metzgern schon beim Handel auf dem Markt nicht am besten aufeinander zu sprechen kamen und auf dem Rückweg sollen dann die beiden auf einem Wagen daherfahrenden Brüder den Wortwechsel veranlaßt haben, der zdurch den abscheulichen Gebrauch des Messers einen solch traurigen Ausgang genommen. Der eines der toten Brüder hinterläßt eine zahlreiche Familie, die nun so jäh in dieses Unglück versetzt worden ist. (E.)

Höerudorf a. W-, 8- Mai. Heute Nach­mittag entlud sich über der hiesigen Gegend ein schweres Gewitter mit Hagelfall und wol-

sind verunglückt, einer ist tot.

In Klöerfekd ist der Geschäftsführer der Zweigniederlassung der Firma Haasenstein und Vogler verhaftet worden, weil er in einen Brief, der 3000 enthalten sollte, statt des Geldes Papierschnitzel gepackt und das Geld, unterschlagen hatte.

Merlin, 6. Mai. Der Reichstag wurde durch Se. Maj. den Kaiser selbst eröffnet. In der Thronrede betonte der Kaiser, daß er vor­nehmlich auf den weiteren Ausbau der Arbeiter­schutzgesetzgebung rechne. In erster Linie han­delt es sich um Einführung der Sonntags­ruhe, sowie um die Beschränkung der Frauen- und Kinderarbeit. Weiter erstrebt er die Re­gelung der gewerblichen Schiedsgerichte. Der Kaiser vertraut auf die bereitwillige Mitwirk­ung des Reichstages, um einen bedeutsamen Fortschritt in der friedlichen Entwicklung unserer Arbeiterverhältniffe herbeizuführen. Der Kaiser ist aber auch Willens jeden Versuch, an der Rechtsordnung gewaltsam zu rütteln, mit un­beugsamer Entschlossenheit entgegen zu treten. Die dauernde Erhaltung des Friedens bildet unausgesetzt das Ziel des Strebens des Kaisers.

Zur Durchführung dieser Ausgabe bedarf das deutsche Reich der seiner Stellung im Herzen Europas entsprechenden Heeresmacht. Die Er­höhung der Friedenspräsenz-Stärke und die Vermehrung ver Truppenkörper, insbesondere für Feld-Artillerie, darf nicht länger hinaus­geschoben werden. Es wird dem Reichstage eine Gesetzesvorlage zugehen, nach welcher die notwendige Verstärkung unseres Heeres mik vem 1. Oktober l. I. in Kraft treten soll. Die in Ostafrika eingeleitete Aktion zur Unter­drückung des Sklavenhandels und zum Schutze der deutschen Interessen hat. Dank der auf­opfernden Thätigkeit der dorthin gesandten Offiziere und Beamten, während der letzten Monate Fortschritte gemacht. Es darf Ver­vollständigen Wiederherstellung der Ruhe da­selbst in der nächsten Zeit entgegengesehen wer­den. Die dadurch entstehenden Kosten werden durch Nachtragsbewilligung zu decken sein. Der Reichshaushalt für das laufende Rechnungs­jahr bedarf schon wegen der erwähnten Vor­lagen einer entsprechenden Ergänzung; außer­dem kann aber die schon längst in Aussicht genommene und immer dringender gewordene Besoldungs-Verbesserung für einen Teil der Neichsbeamten nicht länger verzögert werden.

Merlin, 8. Mai. DieNationalzeitung" meldet, der Kaiser habe vorigen Sommer er­fahren, daß Fürst Bismarck Morphium zu sich nehme. Daraufhin habe er den Professor 1)r. Schweningec gefragt, und dieser habe erklärt. Fürst Bismarck nehme nur auf ärzt­liche Verordnung und unter ärztlicher Kontrolle Morphium zur Bekämpfung seiner neuralgischen Schmerzen. Hieinit sei die Sache erledigt ge­wesen.

Aus Kannover wird berichtet: Seit einiger Zeit entströmt dem Bohrloche Nr. 6 der deutschen Mineralöl-Werke zu Wietze bei Celle eine solche Menge von Naturgas, daß man den Versuch gemacht hat, das Gas zu Heizzwecken zu ver­wenden. Der Versuch ist über Erwarten gut gelungen, denn schon seit 10 Tagen wird eine Opferdige Lokomotive mit diesem Gase voll ständig in Betrieb erhalten.

Wien, 6. Mai. Das Schloß Weinzierl bei Pöchharn, in welchem zur Zeit ein Institut für verwahrloste Knaben nntergebracht war, ist abgebrannt. Von den Zöglingen ist keiner zu Schaden gekommen.

Wien, 6. Mai. 650 Arbeiter der Ma­schinenfabrik Clayton and Shuttleworth und 950 Arbeiter der Teppichfabrik Haas sinken. Die Strikcs der Maschinenarbeiter in Prag, der Gerbergesellen in Agram und der Bäcker­gesellen in Pest dauern fort.

Mrag, 6. Mai. Hier streiken 10 000 Maschinenarbeiter, sie verhalten sich jedoch ruhig.