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Bumbala, zerstörten Fenster, Thüren und Vorräte und drangen mit Knitteln auf das requirierte Militär ein. Die Rädelsführer wurden verhaftet.
London, 1. Mai. Die „Times" meldet aus Paris, der Minister Constans beabsichtige, demnächst 5000 fremde Staatsangehörige, die die Ruhe der französischen Hauptstadt gefährden, auszuweisen.
London. Der Fastenkünstler Giovanni Succi brachte am letzten Samstag seine vierzigtägige Nahrungs-Enthaltung erfolgreich zu Ende. Nachmittags um 5 Uhr nahm er auf der Bühne des Royal Aquariums in West- minster vor Tausenden von Zuschauern öffentlich den ersten Löffel Bouillon zu sich, worauf ihm die goldene Medaille der Royal Aquarium Society vom Vorsitzenden der Gesellschaft auf der Brust befestigt wurde. Seit Beginn seiner Fastenzeit hat er im ganzen 34 Pfund 3 Unzen an Gewicht eingebüßt Man sagt, daß ihm die Fastcnprobe zwischen 2- und 3000 Pfd. Sterl. eingebracht habe.
Weivyork, 25. April. Der fortgesetzte Austritt des Missisippi verursacht ernste Dammbrüche in Unter-Louisiana, wo das Wasser höher steht, als es jemals vorher gestanden. Ein Bruch im Morganza-Damm hat verheerende Ueberschwemmungen in der ganzen Zuckerregion westlich vom Flusse verursacht. Fünfzehn Kirchspiele stehen bereits teilweise unter Wasser. Die Ueberschwemmungen am unteren Stromlauf des Missisippi werden immer größer und die Zahl der Dammbrüche nimmt zu. Bei Teche steht alles weit und breit unter Wasser. Der Morganza-Damm, der größte von allen, welcher 9 Dörfer und Ländereien im Werte von Doll. 20000 000 beschützte, hat 250 000 Dollars gekostet. Zum letztenmale brach er im Jahre 1874.
Weivyork, 30. April. Unweit Staun- ton (Virginia) entgleiste ein Schlafwaggon und stürzte den Bahndamm hinab. Die Hauptmitglieder einer den Zug benützenden italienischen Opern-Truppe sind lebensgefährlich verletzt, die Primadonna getötet.
Der König der Ginbrecher,
welcher an den großen Juwelendiebstählen in Wien, München und Paris beteiligt war, ist von der französischen Polizei in Toulouse auf der That ertappt und festgenommen worden. William O'Brien war seit vielen Jahren als der gefährlichste und kühnste Bankeinbrecher in den Vereinigten Staaten bekannt. Keine Bank war vor ihm sicher; kein „einbruchssicherer" Geldschrank war wider seine Kunst gefeit. Derselbe hatte an vierzig Banken beraubt ohne jemals bei der That erwischt oder derselben überführt worden zu sein, und wußte die Polizei, die immer ein scharfes Auge auf ihn hatte, trotzdem immer irre zu führen. William O'Brien wurde vor 45 Jahren in Irland geboren, kam aber als zweijähriges Kind mit seinen Eltern nach Newyork und wurde dort Schlosser. Er fand Beschäftigung in einer Kassenfabrik und zeigte ein wahres Genie für die Kunstschlosserei. Viele seiner Erfindungen wurden patentirt und er stieg rasch zu einer ausgezeichneten Stellung in dem Etablissement empor, wo er als Lehrling gearbeitet hatte. O'Brien war jedoch ein flotter Bursche; er brauchte mehr, als er einnahm, geriet in schlechte Gesellschaft und wurde professioneller Bankeinbrecher. Seine Einnahmen waren glänzend, reichten aber noch immer nicht aus, und der geniale Einbrecher beschloß endlich, „Alles auf eine Karte zu setzen" und einen großen Streich zu wagen.
Die Northampton Bank in Newyork besaß die neuesten Kassen, die als ganz einbruchsicher galten, was zur Vernachlässigung gewisser Vorsichtsmaßregeln führte, die bei den anderen Banken beobachtet wurden. Zu jeder Kasse gehörten drei verschiedene Schlüssel, die sich in oem Besitze dreier Beamten befanden. O'Brien, der sich wiederholt in der Bank zu schaffen machte, beobachtete und erklärte schließlich seinen Spießgesellen, daß er die Schränke öffnen könne, wenn nur Einer der drei Schlüssel in seine Hände käme. Auf Grund dieser Erklärung wurde der Plan zur Beraubung der Bank ins Werk gesetzt und ausgeführt. In dem anstoßenden Hause wurde ein Zimmer gemietet, und von da aus, durch den Durchbruch der Scheidewand in der zur Ausführung des Verbrechens ausersehenen Nacht, der Eingang in das Bankgebäude gewonnen. Zur selben Zeit brachen einige Mitglieder der Bande in dem Wohnhause des Hauptkassiers ein und zwangen ihm den Kassenschlüssel ab. Der Mann wurde dann gebunden, geknebelt und bewacht. Porter schloß nun mit Hilfe des einen Schlüssels die Kassen auf und die gemachte Beute in Baar- geld, Wertpapieren und Juwelen betrug an drei Millionen Dollars! Die Kassen wurden dann wieder verschlossen und die Schlösser von dem Einbrecherkönig so verdorben, daß sie am nächsten Morgen, als der Einbruch aufgefunden und von dem Hauptkassier durch die Erzählung seiner Erlebnisse ergänzt worden, nicht aufgeschlossen zu werden vermochten. Die Bank mußte aus der Kassenfabrik in Chicago, von wo aus die Kassen bezogen worden waren, Schlosser kommen lassen, und 24 Stunden vergiengen, ehe die Schränke geöffnet werden konnten. Ganz, wie es Porter abgesehen, führte dies zu dem Glauben, daß es den Einbrechern nicht gelungen, die Kassenschränke zu öffnen, und dies ermöglichte es ihnen, an dem Tage, wo man mit der Oeffnung der Geldspinden beschäftigt war, den größten Teil der gestohlenen Noten u. Wertpapiere in Newyork umzusetzen und den Rest nach London abzusenden, woer auch glücklich versilbert wurde. Von den Thätern war keine Spur zu entdecken, und trotz des großen Aufwands, den Porter plötzlich machte, konnte er mit dem Verbrechen nicht in Verbindung gebracht werden. Es hieß, er habe als seinen Anteil 500 000 Doll, bekommen, und diese währten ihm für drei Jahre, während welcher Zeit die Banken Ruhe hatten.
Dann aber nahm Porter seine Thätigkeit wieder auf und vollführte alsbald seine kühnste That. Die Manhattan-Bank in Broadway war das Opfer. Die der Straße zugewandten großen Spiegelscheiben waren unverdeckt; die ganze Nacht über blieb das Banklokal hell erleuchtet, so daß es von jedem Vorübergehenden und von der Polizei vollständig übersehen werden konnte. Niemand konnte in dem Banklokal unbeachtet bleiben, und ein Einbruch schien daher ganz und gar unmöglich. Und doch wurde er ausgeführt! Porter wählte dazu einen Sommermorgen und wartete mit der Ausführung der That bis zum ersten Tagesgrauen. In dem Hause, in welches die Bande während der Nacht vom Hofe aus eingebrochen war, schlief der Kassendiener mit seiner Frau. Beide wurden überfallen, gefesselt und geknebelt, nachdem sie die Schlüssel zur Eingangsthür in das Banklokal ausgeliefert hatten. Als der Tag anbrach, begab sich einer der Einbrecher im Arbeitsanzuge des Kassendieners mit Kehrbesen und Staubtuch in das Banklokal, drehte dort, wie es zu dieser Stunde die Gepflogenheit war, das Gas aus und fing zu I fegen an. Im Dämmerlicht stahl sich nun
Porter mit seinem andern Helfershelfer ein und begann sein Werk, wobei der Pseudo- Hausmeister, der sich beständig bei den Fenstern zu schaffen machte, stets das Herannahen von Passanten und Polizei avisirte. In einer kleinen halben Stunde war das Werk vollendet und die Hauptkasse ausgeleert, was den Dieben etwa 800 000 Dollars einbrachte. Porter wurde einige Stunden später, als man den Diener und seine Frau geknebelt aufgefunden, verhaftet. Beweisen konnte man ihm abermals nichts, man schüchterte ihn aber so ein, daß er seinen Anteil an der Beute — 400 000 Dollars — gegen das Versprechen des freien Abzugs aus Amerika, aushändigte. Porter, rsets O'Brien, wanderte nach England aus und ließ sich da als Mr. Morton nieder. Die Newyorker Polizei war unehrlich genug, seine Ankunft in Scotland-Pard zu avisieren, und Morton wurde von dem ersten Augenblicke, wo er seinen Fuß auf englischen Boden setzte, sorgsam überwacht. Er kam mit beträchtlichen Mitteln an, mietete ein hübsches Haus in Kensington, heiratete und lebte als „amerikanischer Rentier" sehr behäbig. Ec ging als „Gentleman" gekleidet, hatte sehr gewählte Umgangsformen und würde Mitglied eines angesehenen Westend-Klubs. Die Polizei ließ ihn aber nicht aus den Augen. Trotzdem verschwand er oft plötzlich und manchmal wußte man für Wochen nicht, was aus „W. Morton, Esq." geworden. Endlich fand man aus, „daß er auf dem Kontinent reise" — zur großen Beruhigung von Scotland-Jard. Höchst auffälliger Weise sielen die Meldungen über große Einbruchsdicbstähle in kontinentalen Städten stets init der Abwesenheit Mr. Mor- dons von London zusammen und Scotland- Dard schrieb ihm direkt den vor einigen Jahren in einem Wiener Juweliergeschäfte während eines Sonntags vom Nachbarhause aus vollführten Einbruchsdiebstahl, bei dem Schmucksachen und Edelsteine im Werte mehrerer hunderttausend Gulden gestohlen wurden, ebenso zu, wie den einige Tage später in München vollbrachten ähnlichen Diebstahl. In München war man Morton auf der Spur; er entkam jedoch und seine in England angestrengte Verfolgung blieb erfolglos. Er lebte wieder ruhig in Kensington als Gentleman, verkehrte fleißig in dem Klub und gewann viele Freunde in der besseren Gesellschaft. Vor fünf Monaten verschwand er jedoch abermals, und diesmal vermochte die Detektiv-Polizei keine Spur von ihm aufzufinden. Er war und blieb verschwunden. Man befürchtete, daß er sich irgendwo in London verborgen halte und einen großen Anschlag auf eine der Londoner Banken plane. Die größten Vorsichtsmaßregeln waren getroffen, alle Banken gewarnt worden, und die Beruhigung war darum keine geringe, als vor einigen Tagen die Polizei von Toulouse die Photographie eines Mannes einsandte, der dort bei einem äußerst kühnen Einbruch abgefaßt worden war. Man erkannte hier sofort in dem Blldnis den „Einbrecher-König", der nun zuerst in Frankreich und dann in München, wo seine Auslieferung bereits verlangt worden sein soll, Muße haben wird, über seine Reisen auf dem Kontinente in Ruhe nachzudenken. Die von Morton alias Porter, rsets O'Brien im Verlaufe seiner Einbrecherkarriöre gestohlenen Werte beziffern sich jedoch auf Millionen von Mark, und seine Frau und Kinder sind von dem sorgsamen Familienvater für alle Fälle sichergeßtellt und haben genug, um in Kensington weiter Haus führen zu können. Hoffentlich kehrt „William Morton, Esqu." nicht mehr zurück. g. O.