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Werke auffordert. Sicherem Vernehmen nach beabsichigt das Komite, den Kaiser um die Uebernahme des Protektorates der Bestrebungen für die Errichtung des Denkmals zu bitten.

Fürst Bismarck soll in einem Dank­brief auf eine an ihn aus Dresden gerichtete Adresse erklärt haben, der Abschied habe nicht von ihm abgehangen. In Dresden herrscht darüber große Erregung.

Aerlin Bezüglich des geplanten Arbeiter- Feiertages am 1. Mai hat die Schering'sche Fabrik, Aktiengesellschaft, än ihre Arbeiter die Bekanntmachung ergehen lassen, daß jeder, der sich am 1. Mai an der Arbeitsenthaltung be­teiligen werde, entlassen werden würde. Eine ähnliche Kundgebung hat, derGerm." zu folge, die Gewehrfabrik Löwe und Comp, er­laffen.

Die Einberufung des neuen Reichs­tags auf den 14. April soll nunmehr eine beschlossene Thatsache sein. Von den zu er­wartenden Gesetzvorlagen wird in erster Reihe eine sozialpolitische genannt, nämlich ein Ent­wurf, betr. die Einrichtung von Gewerbege­richten bezw. Einigungsämtern.

Aus Sprotta« wird gemeldet: Das in Oberjehnsdorf bei Nimptsch gelegene Schloß der Großherzogin von Sachsen ist von einer Feuersbrunst eingeäschert worden.

Wraunschweig, 1. April. 1600 Mann, das Gesamtpersonal der Braunschweiger Jute­spinnerei, der größten in Deutschland, hat die Arbeit eingestellt und fordert SOprozentige Lohn­erhöhung.

Wern, 3. April. Wie dieNeue Züricher Zeitung" meldet, hat Scazziga, der Staats- kassirer des Kantons Tessins, 700,000 Fran­ken unterschlagen.

Wien, 1. April. Der Maurerstreik ge­winnt immer mehr an Ausdehnung. Die Zahl der streikenden Maurer beträgt mehr als 8000. Gegen Abend kam es in der Vorstavt Her­nals zu einem ernsten Zusammenstoß, wobei ein Wachmann verletzt und zwei der Streiken­den schwer verwundet wurden. Im Verlauf des Tages find zusammen sechzig Personen Verhaftet worden. Heute Abend wurde die Polizei von den Streikenden mit einem Stein­hagel empfangen. Die Polizei wandte blanke Waffen an, und es gelang ihr nur mit Mühe, die Ansammlungen zu zerstreuen.

Aus Gemesvar wird gemeldet: Der Lottofälscher Farkas und dessen Mitschuldige, die Lottobeamten Szobovits und Puespocky, wurden zu 8jähr. Zuchthause, Frau Telkesy zu 2jährigem Kerker, der Loltokollektant Her­gatt zu 3jährigem Gefängnis verurteilt.

Ein Millionendiebstahl, der in Ikvren; bei einer verwitweten Baronin v. Heyden, der Gattin eines ehemaligen Botschafters, verübt worden ist, beschäftigt alle europäischen Poli­zeibehörden. Die gewaltigen Werte sind teils in Staatspapicren, teils in Gold und Juwe­len aus einem geheimen Fach entwendet worden. Man vermutet, daß die Beute nach dem Aus­land verschleppt ist. Bei den Juwelen be­fanden sich auch mehrere Orden.

Wom, 3. April. Nach aus Genua ein­gelaufenen Berichten platzte bei Porto Allegre der Kessel des Auswanderer-SchiffesMarata", das sofort unterging; 30 Passagiere, meist Italiener, aber auch mehrere Deutsche, kamen um; die Namen der letzteren sind: Frau Wil­helm Hoff und Kinder; ferner Rosamunde Kley und Wilhelm Ehlers. In Bologna wurde vorgestern eine Falscbmünzer-Werkstätte entdeckt. Wie sich nun herausstellt, wurden daselbst 25 Mill. französische und spanische Rente fab- rizirt, wovon 500,000 in Umlauf gesetzt sind. In Bologna und Forli wurden gestern zahl­

reiche Graveure, die zur Falschmünzerbande ge­hören, verhaftet. Der Chef der Bande erschoß sich. (Berl. Tagbl.)

Petersburg, 1. April. Neueren aus Berlin eingetroffenen Nachrichten zufolge, steht es fest, daß der deutsche Kaiser zum Besuch des Zaren im Sommer hieher kommen und an den Manövern von Krasnoje Selo teil­nehmen wird.

St. Petersburg, 2. April. Der Zar ist plötzlich erkrankt an allgemeinem Unwohl­sein mit Ohnmachtsanfällen.

Petersburg, 3. April. In Finnland und Polen herrschen Bauernaufstände. Der Aus­bruch offener Rebellion wird befürchtet.

London, 3. April. Bei den Wettrennen in Omvey (Grafschaft Cornwell) ereignete sich ein Zusammenbruch der Haupttribüne. 200 Personen stürzten 30 Fuß in die Tiefe und wurden schwer verwundet.

London, 3. April. Glaubwürdigen Nach­richten zufolge sind Peters und Tiedemann in Kawirondo angekommen.

Sansibar, 2. April. Emin Pascha ist in deutsche Dienste getreten und reist am 20. April mit einer Karawane nach Nyanza ab. Banaherihat Frieden geschlossen und kehrt nach Saadani zurück. Major Wißmann hat allen Karawanen das Betreten der deutschen Sphäre nördlich von Tanga ohne seine Erlaubnis unter­sagt. Konsul Michahelles geht morgen mit 2 Kanonenbooten nach Lamu, um den Sultan von Witu zu besuchen.

Hiesiges.

Zum Verständnis der Wetterkarte, welche demnächst am hiesigen Wetterhäuschen ange­bracht wird, möge Folgendes dienen:

Die Wetterkarte

zeigt die einfachen schwarzen Umrisse der Karte von Europa in Folioformat, überzogen von einer Schaar krummer Linien, welche Iso­baren heißen, was Linien gleichen Luftdrucks bedeutet. Auf allen Punkten einer solchen Linie wurde vermittelst eines Netzes von Be­obachtungsstationen der gleiche Luftdruck ver­mittelst des Barometers beobachtet und diesem gemäß diejenigen Orte, welche gleichen Luft­druck zeigten durch eine stätige Linie verbun­den. An jeder Luftdrucklinie iit die Höhe des Luftdrucks in Millimeter angegeben in den Grenzen von 740""" bis 780 Die nie­dersten und die höchsten Luftdruckstände zeigen geschlossene Linien, die dazwischen liegenden sind mehr oder weniger offen, weil sie in der Regel über Europa hinauslaufen. Man heißt die Stelle, welche von der niedrigsten Luft­drucklinie eivgeschlossen wird, das Minimum und diejenige, welche von der höchsten be­grenzt wird, das Maximum. Die Erfahrung hat nun gezeigt, daß an der Stelle, wo der Luftdruck am niedrigsten ist, die Luft mit Wasferdampf gesättigt ist und schwere Wolken­bildungen mit Sturm, Regen, Hag'el und Schnee auftreten; an der Stelle des höchsten Luft­drucks (Maximum) dagegen zeigt sich immer ruhige, trockene Luft und klarer Himmel. Man kann sich daher diese zwei Zustände im Luft­meer auch so vorstellen, daß man sich das Maximum als einen Lufttrichter denkt, in wel­chen die umgebenden Luftwaffen mit drehender Bewegung lebhaft einströmen in der Art eines Wasserstrudcls; das Maximum dagegen wäre als ein Luftberg zu denken, von welchem die Luftwaffen durch Anziehung (des Mondes und der Sonne?) festgehalten, nur langsam sich ebenfalls in drehender Bewegung loslösen. Die Luftwaffen drehen sich im Minimum ge­gen den Uhrzeiger, im Maximum mit dem­selben.

Diese Erscheinung ist, wie vielleicht später- auszuführen, durch die Umdrehung der Erde um ihre Axe bedingt. Das Maximum be­deutet für den Ort, wo es steht, Windstille und beständiges, Helles Wetter; das Minimum dagegen Sturm und Regen im Sommer oder Schnee im Winter. Je weiter die Luftdruck­linien auf der Karte von einander abffehen und je weniger es sind, desto beständiger ist die Wetterlage; ziehen sie sich aber zusammen und erscheinen in großer Anzahl, so ist rascher Witterungswechsel in Aussicht. Geht das Mi­nimum dabei herunter bis auf 740°"" oder noch weniger, so bedeutet es die Annäherung eines Wirbelsturms oder Orkans; hingegen birgt das Maximum von 770780"«° keine weitere Gefahr als Nachtfröste und Helle, aber kühle Tage; im Winter starke Kälte von 20" und mehr. Die Minima und Maxima blei­ben aber nicht auf einer und derselben Stelle stehen, sondern verändern ihre Lage von Stunde zu Stunde und zwar bei uns in der Regel von West nach Ost. Die Minima, welche ihrer Natur nach mit schnellerer Bewegung begabt sind, können in 1 2 Tagen über ganz Europa wegziehen. Dabei ist nicht ausgeschlossen, daß das Minimum in beliebiger Himmelsrichtung fortschreitet; nur gehören die Südrichtung und die rückläufigen Bewegungen (von Ost nach West) zu den Seltenheiten. Steht z. B. ein Minimum über der Nordsee, so strömt ihm die Luft aus England, Deutschland und Schwe­den zu, so daß die Engländer Westwind, die Deutschen Südwind und die Schweden Oft­wind haben. Dieß bedeutet für die Englän­der mildes, für die Deutschen warmes und für die Schweden kaltes Wetter. Steht aber ein Maximum über der Nordsee, so hat England Ostwind, Deutschland Nordwind und Schwe­den Westwind mit entsprechenden Witterungs­verhältnissen. Zieht das Minimum von der Nordsee nach der Ostsee, wie es häufig der Fall ist, so verändert sich bei uns der Süd­wind in Südwest und schlägt in West um, je i weiter das Minimum nach Rußland hinein sich bewegt. Bewegt sich umgekehrt ein Maximum von der Nordsee nach der Ostsee, so schlagt bei uns der Nordwind in Nordost und sodann in Ost um; das Wetter wird dabei immer kälter, der kälteren Gegend entsprechend, woraus der Wind bläst. Der Bauer und Unkundige sagt dann, cs müsse irgendwo stark gewittert haben, während in der That das Umgekehrte der Fall ist und die große Trockenheit der Luft ist Zeuge dafür. Vergleicht man 2 Wetterkarten von aufeinander folgenden Tagen, so ist daraus die Bahn des Luftdruckcentrums (Maximums oder Minimums) ersichtlich und es läßt sich mit großer Wahrscheinlichkeit die Wettervoraus­sage für den nächsten Tag ableiten. Darin liegt der große Wert der Wetterkarten, welche es auch dem Laien ermöglichen, auf Grund obiger Erklärungen selbst das Wetter voraus­zusagen. -Die Wettermacher von Profession haben allerdings noch mancherlei Regeln und Erfahrungen für sich, müssen sich aber doch der Hauptsache nach an dem Gesagten halten, so daß es ihnen möglich ist, 70"/» ihrer Vor­aussagen als Treffer zu verzeichnen.

Vermischtes.

(Kritischer Tag.) Von dem Erdbeben­theoretiker Rudolf Falb ist der 5. April (Samstag) als ein kritischer Tag zweiter Ord­nung bezeichnet worden. Wir wollen nicht unterlassen, zu bemerken, daß Falb mit dem 20. Marz als kritischen Tag erster Ordnung (Cyklon in Amerika) leider wieder einmal nur zu Recht gehabt hat.