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Mittwoch, 2. Apr-it 1890
Uro. 27. ^
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Württemberg.
-— Die Notiz von dem Uebertritt des Landgerichtsrat Freih. v. Gültlingen in ein Landgerichts-Kollegium und eine damit verbundene Neuwahl ist wie uns von zuverlässiger Seite mitgeteilt wird unrichtig.
cLudwigsburg, 29. März. Heute Mittag ^/sl Uhr ist in der hiesigen Aktienbrauerei ein ziemlich bedeutender Brand ausgebrochen. Der Schaden ist sehr bedeutend. Es ist Fahrlässigkeit als Ursache des Brandes anzunehmen; Küfer, die Fässer auspichten, haben, so lange sie zum Essen gegangen sind, den Arbeitsplatz, wie es scheint, unbewacht gelassen; das heiße Pech ist übergelaufen und entzündete sich, auf diese Weise soll der Brand entstanden sein.
Arendenstadt, 30. März. Um dem aus seinen Aemtern scheidenden großen Reichskanzler Fürst Bismarck die Liebe und Beiehrung zum Ausdruck zu bringen, die er allüberall genießt, und ihm zu bekunden, daß auch im fernen Süden des deutschen Vaterlandes, auf den Höhen des Schwarzwaldes, warme patriotische Herzen schlagen, ist seit einigen Tagen eine Adresse in Umlauf gesetzt worden, zu welcher Zeichenlehrer Hauser eine kunstvolle Einbanddecke entworfen hat.
Areudenlladt, 31. März. Diese Woche waren Prinz Wilhelm und Prinz Karl von Baden in Besenfeld und Hochdorf auf der Auerhahnenjagd. Ein prächtiges Tier wurde durch Prinz Karl geschossen.
R unüscha u.
Augsburg, 31. März. Die Lohnbewegung unter den hiesigen Bauhandwerkern zieht immer weitere Kreise. In einer gestern gehaltenen, von ca. 80 Personen besuchten Versammlung, haben nun auch die Bauschlossergehilfen beschlossen, in die Bewegung cinzu- tretcn. Sie fordern eine Lohnerhöhung von 10 Prozent bei lOstündiger Arbeitszeit und 20 Prozent für Sonntagsarbeit und lieberstunden.
Wayreuth, 31. März. Heute Morgen ist die weithin bekannte Kunstofen- und Thon- waarensabrik von Ludwig Sailer sämmt den
wertvollen Modellen ein Raub der Flammen geworden.
Mochum, 30. März. Heute wurde in Herne eine von etwa 800 Bergleuten besuchte Versammlung aufgelöst und die Kasse polizeilich beschlagnahmt.
— Aus Schalke im Essener Kohlenrevier meldet der „Rheinische Kourier", daß in Folge des Strikes alle Wirtschaften geschlossen seien und der Aufruhrparagraph proklamiert ist.
Mecklinghausen (Reg -Bez. Münster), 29. März. Seit heute Vormittag 11 Uhr ist hier ein Feuer ausgebrochen, das bisher 10 Häuser und 6 Scheuneneingeäschert hat. Die Kirche, welche gleichfalls vom Feuer ergriffen wurde, ist gerettet.
Köln, 28. März. Der neue Personendampfer „Lohengriu" der rheinisch-preußischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft traf heute Nachmittag auf dem Leistapelwerft an der Landebrücke, mit Böllerschüssen und von einer nach Tausenden zählenden Menschenmenge freudig begrüßt, ein. Das neue elegante Schiff machte bei seiner Ankunft einen gewaltigen Eindruck. Es soll vorzugsweise dem Personenverkehr dienen, kann jedoch auch vorteilhaft für den Güterverkehr verwendet werden, auch hat dasselbe gegenüber den bisherigen Schiffen der Rheindampferflotte manche Vorzüge in Bezug auf die Einrichtung sowie auf die räumlichen Abmessungen. Dasselbe ist auf der Schiffswerft von Top Smit in Kinderdyk in Holland erbaut und aus deutschem Stahl, sog. Nutzesten gefertigt. Es hat eine Länge von 67 Meter, eine Breite von 7,50 Meter.
Merlin. Um die Inhaber des eisernen Kreuzes, deren Anzahl sich von Jahr zu Jahr vermindert, in nähere Berührung miteinander zu bringen, soll ein Verein gegründet werden welchem nur Träger des eisernen Kreuzes beitreten dürfen. Die vorbereitenden Schritte sind bereits geschehen, so daß der Verein binnen Kurzem an die Oeffentlichkeit treten wird.
— Die Arbeiterschutz-Konferenz beendete ihre Arbeiten. Morgen erfolgt die Unterschrift des Protokolls und morgen abend sind sämtliche Delegierte zum Kaiser geladen.
Merlin, 29. März. Fürst Bismarck hat unter stürmischer Begrüßung des Publikums abends 5 Uhr 40 Min. mit dein Hamburger Schnellzug die Reichshauptstadt verlassen.
— Ueber die Pension des Fürsten Bismarck laufen in den Blättern die übertriebensten Gerüchte um. Dieselbe wird auf nicht weniger als drei Viertel von 54 000 Mk, nämlich auf 41 500 Mk. angegeben. Das ist ein gewaltiger Irrtum. Vom Gehalt des Reichskanzlers ist nur pensionsfähig der Betrag von 36 000 und vdn dieser Summe wird der 12 000 Mk. übersteigende Betrag nur zur Hälfte berechnet.
26. ^alingang.
Der Fürst wird sonach höchstens eine Jahrespension von 18000 Mk. vom Reich beziehen, wahrlich wenig genug für solche fast 30jähriae Dienste!
— Ein von Berlin nach Schrimm bestimmter Ballon der Luftschifferabteilung ist gestern verunglückt. Ein Gefreiter ist tot, ein Hauptmann hat beide Beine gebrochen.
Habkonz, 29. März. Streikende Glasarbeiter zündeten in vergangener Nacht die Breit'sche Schleifmühle in Oberwiesenthal an. Gendarmerie ist anwesend. Die Lage ist wegen der herumziehenden Haufen drohend und werden Unruhen befürchtet j
Wien, 31. März. Ein Maurer- und Steinmezstreik hat begonnen; 20000 Maurer drohen mit Ausstand; mehrere Exzesse haben heute Morgen stattgehabt; dabei sind einige Verwundungen vorgekommcn.
Schweiz. Ein Wirt in Mötlingen, Kt. St. Gallen, hatte letzthin Abends Dynamitpatronen zum Trocknen in das „Ofenrohr" gelegt. Am Morgen heizte die Magd ahnungslos den Ofen. Als sie dann mit dem kleinen Kinde allein in der Stube saß, flog der Ofen plötzlich mit lautem Krache auseinander. Beide, Magd und Kind, erhielten lebensgefährliche Verletzungen.
Mom, 25. März. Ein Dekret der Kongregation des heiligen Officiums verbietet der Geistlichkeit, bei Leichenverbrennungen den kirchlichen Segen zu spenden. Der Papst fordert die Bischöfe auf, den Gläubigen mitzuteilen, daß die Kirche die Leichenverbrennung unbedingt verdamme.
St. Metersburg, 28. März. Die Universität Charkow ist wegen nihilistischer Umtriebe unter der Studentenschaft geschloffen worden.
Marcekona, 27. März. In der hiesigen Arbeitcrbevölkerung herrscht eine große Gäh- rung. Ein Generalstreik wird geplannt, an welchem sich 30 000 Arbeiter beteiligen wollen.
Aewyork, 28. März. Durch den furchtbaren Wirbelsturm, welcher das Ohiothal heimsuchte, brannten nach ungefährer Schätzung 2500 Häuser, darunter 400 Geschäftshäuser nieder. 3000 Personen wurden verletzt, 800 getötet
— Dem ,,M." zufolge beschloß jdie brasilianische Regierung, Dom Pedro als Entschädigung für den Verlust seiner Güter in Brasilien 250 000 Frs. und überdies vom 1. April ab monatlich 75 000 Frs. zu zahlen.
Mio de Janeiro, 29. Mälz. Die hiesige Garnison befindet sich in Hellem Aufruhr. Die Offiziere wiegeln die Soldaten auf.
— Der König von Italien hat den brotlosen Arbeitern in Mailand 10 000 Lire gespendet.